Ueberschwemmungen

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Titel: Ueberschwemmungen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 865
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Das Haus „Zum Kaffeebaum“ in Karlsbad nach seiner Zerstörung durch die Wasserfluthen.
Nach einer Photographie im Verlag von Hans Feller in Karlsbad.

Ueberschwemmungen. Der Winter brach in diesem Jahre mit einem Wettersturz herein, der im Gedenken vieler Menschen als eine Zeit des Schreckens und der Trauer sich eingraben wird. Heftige, andauernde Regengüsse und in der Nacht vom 23. zum 24. November ein gewaltiger Föhnsturm führten Hochwasser fast in ganz Mitteleuropa herbei und besonders der Rhein und Main, die Moldau und die Elbe traten verheerend über ihre Ufer, brachten Jammer und Elend über viele Tausende von Familien und begruben Millionen von Werthen in ihren schlammigen Fluthen. Unter all diesen grausigen Verwüstungen haben in hervorragender Weise die, welche Karlsbad betrafen, die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt; nicht, daß die Stadt der berühmten Ouellen am meisten zu leiden gehabt hätte – Barmen, Kösen u. s. w. haben vielleicht ebenso schwer gelitten – aber Karlsbad ist ein weltbekannter Ort, seine Straßen und Anlagen an der Tepl, jedes der alten gemüthlichen Häuser in der Nähe des Sprudels des Mühl- Markt- und des Theresienbrunnens, die Kaffeehäuser der „Wiese“ sind Hunderttausenden von Kurgästen vertraut und lieb geworden, all diese Oertlichkeiten umschweben sicher so mancherlei Erinnerungen unzähliger dankbarer Patienten, daß es wohl gerechtfertigt ist, wenn wir an diesem sozusagen klassischen Punkt die furchtbaren Wirkungen des rasenden Elementes unsern Lesern zeigen, zumal wir durch die Liebenswürdigkeit eines Freundes der „Gartenlaube“ in der Lage sind, an der Hand von Photographien unsere Leser mitten in die Greuel der Zerstörung hineinzuversetzen.

Die Ueberschwemmung in Karlsbad.
Die punktirte Linie giebt die Grenze des höchsten Wasserstandes beim Haus „Zur Stadt Hamburg“ an.
Nach einer Photographie im Verlag von Hans Feller in Karlsbad.

Wer in Karlsbad gewesen ist, weiß, daß die Tepl ein kleines harmloses Flüßchen ist, welches, eingeengt zwischen Wassermauern, Quais und meist alten Häusern, sich durch die Stadt windet. Am Montag den 24. November strömten plötzlich die Fluthen dieses Wasserlaufs mit rasender Gewalt drei Meter hoch durch die Marienbaderstraße, die alte und neue Wiese, den Marktplatz, die Mühlbadgasse, Sprudelgasse, Kaiser- und Egerstraße, überschwemmten den Quai und richteten fürchterliche Verheerungen an. Ein reißender Strom ergoß sich sozusagen mitten durch den Kern, den belebtesten, mit Geschäften erfüllten Theil, der Stadt, Thüren und Läden eindrückend, in die Häuser dringend und aus diesen fortschwemmend, was in sein Bereich kam. Die schwersten Möbel, Betten, Haushaltungsgegenstände wurden hinausgerissen, fortgetrieben, Brücken und Stege, Wassermauern und Quaianlagen stürzten in die schwarze tobende Fluth. – Nachdem die eiserne Sophienbrücke den rasenden Wassern zum Opfer gefallen, strömte die Fluth ungehemmt auf das Haus „Zur Stadt Hamburg“ zu – dessen Grundmauern sie unterwusch – man erwartete jeden Augenblick dessen Einsturz, und mit unsäglicher Mühe gelang es, die gefährdeten Einwohner zu retten – das allbekannte Haus „Zum Kaffeebaum“ an der Kreuzgasse stürzte unter furchtbarem Krachen zusammen. Vom Goethedenkmal, dieser Zierde Karlsbads, wurde die schwere Marmorbüste herabgeschleudert. – In den berühmten Puppschen Verkaufsläden stand das Wasser mannshoch – genug, es war für die Karlsbader ein Augenblick, als sollte die Welt untergehen. Ein besonders tragischer Zug kam in die Katastrophe dadurch, daß der Bürgermeister Knoll beim Beaufsichtigen der Rettungsarbeiten angesichts eines mit den Wogen ringenden Mannes vom Schlage gerührt wurde und sofort verschied. Schwer hat der weltberühmte Badeort gelitten, aber das Kostbarste, was er besitzt, – die Quellen, sind von der Verheerung völlig unberührt geblieben.