Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit
In Proc. Amst. Acad. Februar 1913 (Band 15, S. 1297) und diese Zeitschr. 14, 429, 1913 habe ich gezeigt, daß die Existenz spektroskopischer Doppelsterne, deren Bewegung den Keplerschen Gesetzen folgt, in der Wahl zwischen den Lichttheorien von Ritz (Emissionstheorie) und Lorentz (konstante Lichtgeschwindigkeit) zugunsten letzterer entscheidet.
Verläßt man den Standpunkt, daß nur zwischen diesen zwei Theorien zu wählen sei, so wird die Fragestellung eine andere. Die Lichtgeschwindigkeit in der Richtung der Quelle kann dann z. B. gesetzt werden
Sind nur k = 0 (Lorentz) oder k = 1 (Ritz) zulässig, so ist die Wahl unzweideutig. Läßt man auch zwischenliegende Werte von k zu, so ist die Frage eine obere Grenze für k zu bestimmen. Man kann ja experimentell niemals die Konstanz irgendeiner Größe behaupten, sondern nur die Konstanz innerhalb gewisser Grenzen.
Wie Herr P. Guthnick (Astr. Nachr. 195, S. 265) und Herr E. Freundlich (diese Zeitschrift 14, 835) sehr richtig hervorheben, wird in der Bewegung eine scheinbare Exzentrizität auftreten, die proportional ist mit k · u0 · Δ, wo u0 das Maximum von u ist.
Um eine obere Grenze für k zu finden, nehmen wir z. B. den gut bekannten Stern β Aurigae. Die Beobachtungsdaten sind:
Setzen wir als obere Grenzen, die durch die Ungenauigkeit der Beobachtungen noch zulässig sind:
π < 0″,05, also Δ > 65 Lichtjahre e < 0,015, |
so findet man:
Vielleicht werden andere Sterne noch kleinere Werte geben. Die kleinsten Werte werden natürlich geliefert von den Sternen mit den kleinsten Parallaxen. Leider sind von den meisten Sternen die Parallaxen noch unbekannt. Es gibt aber eine große Anzahl spektroskopischer Doppelsterne mit großen Geschwindigkeiten und kleinen oder verschwindenden Exzentritäten, und es kann nicht bezweifelt werden, daß die Mehrzahl dieser Sterne kleine Parallaxen hat und deshalb noch viel kleinere Werte für k geben wird als β Aurigae. Dieser Stern ist ja nur gewählt worden, weil seine Parallaxe bekannt und folglich verhältnismäßig groß ist.
Herr Freundlich hebt hervor, daß die Statistik der spektroskopischen Doppelsterne eine gewisse Vorliebe der Apsidenlinien für die Richtung nach der Sonne hin aufweist. Das würde für die Hypothese eines meßbaren Wertes von k sprechen. Es gibt aber eine andere statistische Tatsache, die meiner Meinung nach weitaus besser verbürgt ist, die dagegen spricht. Das ist auch schon von Herrn Guthnick hervorgehoben. Die spektroskopischen Doppelsterne mit kurzer Periode, also großem u, haben kleine oder verschwindende Exzentrizitäten, während diejenigen mit langen Perioden und die visuellen Doppelsterne im allgemeinen größere Exzentrizitäten haben. Wenn k einen beträchtlichen Wert hätte, müßte das natürlich gerade umgekehrt sein.
Der oben gefundene kleine Wert der oberen Grenze für k scheint jedoch alle ferneren Betrachtungen dieser Art überflüssig zu machen.
Leiden, Oktober 1913.