Unterm Lindenbaum
[292] Unterm Lindenbaum. (Zu unserer Kunstbeilage.) Ein Künstlerheim der guten alten Zeit zeigt uns hier Simm, der unübertreffliche Schilderer der „Empire“-Menschen und ihrer so lange als unerträglich steif und nüchtern verschrieenen Umgebung. Wie reizend behaglich sitzt hier das junge Ehepaar unter der alten Linde, hinter dem Hause am uraltmodischen Eßtisch, wo sie soeben in glücklichem Beisammensein getafelt haben! Jetzt nimmt der Gatte – er ist Maler – sein großes Skizzenbuch wieder vor, und sein Frauchen im zierlichen, seideunterlegten Florkleid beugt sich voll Eifer mit darüber hin, sie versteht auch etwas von der Sache und muß beurteilen, ob er ihren reizenden Blondkopf mit den rings aus der griechischen Frisur sich heraus ringelnden Löckchen richtig abkonterfeit hat. Beide sind ganz ins Schauen vertieft, sie bewundernd, er zweifelnd, aber beide sind dabei doch von dem Wohlgefühl ihrer jungen Liebe und ihres glücklichen Heims unablässig durchdrungen. Ja, es ist ein beneidenswertes Stückchen Menschenglück, das uns aus diesem liebenswürdigen Bilde ansieht! Bn.