Venezianische Epigramme
[206]
Haec ego mecum
Compressis agito labris, ubi, quii datur oti
Illudo chartis. Hoc est mediocribus illis
Ex vitiis unum.
[207]
Sarkophagen und Urnen verzierte der Heide mit Leben,
Faunen tanzen umher, mit der Bachantinnen Chor
Machen sie bunte Reihe, wir sehen lebendig den Marmor;
Flatternde Vögel! wie schmeckt herrlich dem Schnabel die Frucht!
Diese Rolle, die er reichlich mit Leben geschmückt.
Kaum erblickt’ ich den blaueren Himmel, die glänzende Sonne,
Reich vom Felsen herab Epheu zu Kränzen geschmückt,
Sah den emsigen Winzer die Rebe der Pappel verbinden,
Da gesellten sich wieder die Musen zum Freunde, wir pflogen
Abgerißnes Gespräch, wie es den Wanderer freut.
Immer halt ich die Liebste begierig im Arme geschlossen,
Immer drängt sich mein Herz fest an den Busen ihr an,
Nach dem lieblichen Mund, ihr nach den Augen hinauf.
Weichling! schölte mich einer, und so verbringst du die Tage?
Ach, ich verbringe sie schlimm! Höre nur wie mir geschieht!
Allen Freuden des Lebens hab ich den Rücken gekehret,
Vetturine trotzen mir nun, es schmeichelt der Kämmrer
Und der Bediente vom Platz sinnet auf Lügen und Trug.
Will ich ihnen entgehn, so faßt mich der Meister der Posten,
Postillone sind Herrn, dann die Dogane dazu!
Paradiesisch zu ruhn, ganz wie Rinaldo beglückt?«
Ach! ich verstehe mich wohl: es ist mein Körper auf Reisen,
Und es ruhet mein Geist stets der Geliebten im Schooß.
Noch ist Italien, wie ichs verließ, noch stäuben die Wege,
Deutsche Rechtlichkeit suchst du in allen Winkeln vergebens,
Leben und Weben ist hier, aber nicht Ordnung und Zucht;
Jeder sorgt nur für sich, ist eitel, mistrauet dem andern,
Und die Meister des Staats sorgen nur wieder für sich.
Das ist Italien nicht mehr, das ich mit Schmerzen verließ.
Ruhig saß ich in meiner Gondel, und fuhr durch die Schiffe,
Die in dem großen Kanal viele befrachtete stehn;
Jede Waare findest du da, für jedes Bedürfniß,
Schnell drang die Gondel vorbei, mich schlug ein verlorener Lorbeer
Derb auf die Wangen, ich rief: Daphne verletzest du mich?
Lohn erwartet ich eher! die Nymphe lispelte lächelnd:
»Dichter sündgen nicht schwer, leicht ist die Strafe, fahr hin.
O! wie beseliget uns Menschen ein falscher Begriff!
Eine Liebe hatt’ ich, sie war mir lieber als alles,
Aber ich hab’ sie nicht mehr! schweig, und ertrag den Verlust.
Diese Gondel vergleich’ ich der Wiege, sie schaukelt gefällig,
Recht so! Zwischen Sarg und Wiege wir schwanken und schweben,
Auf dem großen Kanal, sorglos durchs Leben dahin.
Feierlich sehn wir neben dem Doge den Nuncius gehen,
Sie begraben den Herrn, dieser versiegelt den Stein.
Lächelt über den Ernst dieses Gepränges gewiß.
Warum treibt sich das Volk und schreit so? Es will sich ernähren,
Kinder zeugen, und die nähren so gut es vermag.
Merke dir, Reisender, das, und thue zu Hause desgleichen.
Wie sie klingeln, die Pfaffen! Wie angelegen sie’s machen,
Daß man komme, daß man plappre, wie gestern so heut!
Scheltet mir nicht die Pfaffen, sie kennen des Menschen Bedürfniß;
Denn wie glücklich ist er, plappert er morgen wie heut!
Sand, die Perle sei mein, du, o vernünftiger Freund.
Süß den sprossenden Klee im Frühling mit weichlichen Füßen,
Und die Wolle des Lamms tasten mit zärtlicher Hand,
Süß voll Blüthen zu sehn die neu lebendigen Zweige,
Aber süßer, mit Blumen dem Busen der Schäferin schmeicheln,
Und dies vielfache Glück läßt mich entbehren der May.
Diesen Ambos vergleich ich dem Lande, den Hammer dem Fürsten,
Und dem Volke das Blech, das in der Mitte sich krümmt.
Ungewiß treffen, und nie fertig der Kessel erscheint.
Warum macht der Schwärmer sich Schüler und rühret die Menge,
Wenn der vernünftige Mann einzelne Liebende zählt?
Wunderthätige Bilder sind meist nur schlechte Gemählde,
Herrscher möge der seyn, der seinen Vortheil verstehet;
Doch wir wählten uns den, der sich auf unsern versteht.
Noth lernt beten, sagt man; wer beten will lernen, der gehe
Nach Italien: Noth findet der Fremde gewiß.
Wägt man, empfängt das Geld, reicht man die Waare dahin.
Schnupftobak wird hier verkauft. Das heißt, sich selber erkennen!
Nieswurz holt sich das Volk ohne Verordnung und Arzt.
Jeder Edle Venedigs kann Doge werden, das macht ihn
Darum sind Oblaten so zart im katholischen Welschland,
Denn aus demselbigen Teig weihet der Priester den Gott.
Vor dem Arsenal stehn zwei altgriechische Löwen,
Klein wird neben dem Paar Pforte, Thurm und Kanal.
Vor den Wagen, und sie freute sich ihres Gespanns.
Aber nun ruhen sie traurig, denn der geflügelte Kater
Überall schnurrt er, und ihn nennet Venedig Patron.
Emsig wallet der Pilger, wird er den Heiligen finden?
Nein, es führte die Zeit ihn hinweg, du findest nur Reste,
Seinen Schädel, ein Paar seiner Gebeine verwahrt.
Wir sind alle Pilger, die wir Italien suchen,
Nur ein zerstreutes Gebein ehren wir gläubig und froh.
Denn ein vielfach Geschenk giebst du in Einem Moment,
Giebst Venedig zu trinken, und grünes Wachsthum dem Lande,
Manches kleine Gedicht giebst du dem Büchelchen hier.
Gieße nur, tränke nur fort die roth bemäntelten Frösche,
Nur durchwäßre mir nicht dieß Büchlein, es sei mir ein Fläschchen
Reinen Arraks, und Punsch mache sich jeder nach Lust.
Sankt Johannes im Koth heißt eine Kirche; Venedig
Nenn ich mit doppeltem Recht heute Sankt Markus im Koth.
Hier ist Venedig, du kennst nun auch den Pfuhl und den Frosch.
Schläfst du noch immer? Nur still und laß mich ruhen; erwach ich,
Nun was soll ich denn hier? Breit ist das Bette, doch leer,
Ueberall ist Sardinien, wo man allein schläft; und Tibur
Oft sind alle neune gekommen, ich meyne die Musen;
Doch ich hörte sie nicht, hatte das Mädchen im Schooß.
Nun verließ ich mein Liebchen, mich haben die Musen verlassen,
Und ich schielte, verwirrt, seitwärts nach Messer und Strick.
Langeweile! du bist Mutter der Musen gegrüßt.
Welch ein Mädchen ich wünsche zu haben? ihr fragt mich? ich hab sie,
Wie ich sie wünsche, das heißt, dünkt mich, mit wenigem viel.
An dem Meere ging ich, und suchte mir Muscheln, in einer
Vieles hab ich versucht, gezeichnet, in Kupfer gestochen,
Oel gemahlt, in Thon hab ich auch manches gedruckt,
Aber unbeständig, und nichts gelernt noch geleistet;
Nur der Meisterschaft nah bracht ich ein einzig Talent:
In dem schlechtesten Stoff, leider nun Leben und Kunst.
Schöne Kinder tragt ihr, und steht mit verdeckten Gesichtern,
Bettelt. Das heißt mit Macht reden ans männliche Herz;
Jeder wünscht sich ein Knäbchen, wie ihr das Dürftige zeiget,
Das ist dein eigenes Kind nicht, worauf du bettelst, und rührst mich;
O! wie rührt mich erst die, die mir mein eigenes bringt!
Warum leckst du dein Mäulchen, indem du mir eilig begegnest?
Wohl, dein Züngelchen sagt mir, wie gesprächig es sei.
Zeigt er ein schönes Talent, wenn er sie ernstlich ergreift.
Eine Kunst nur treibt er, und will sie nicht lernen, die Dichtkunst,
Darum pfuscht er auch so, Freunde, wir habens erlebt.
Oft erklärtet ihr euch als Freunde des Dichters, ihr Götter,
Erstlich freundliche Wohnung, dann leidlich zu essen, zu trinken,
Gut, der Deutsche versteht sich auf den Nektar wie ihr,
Dann geziemende Kleidung, und Freunde vertraulich zu schwätzen,
Dann ein Liebchen des Nachts, das ihn von Herzen begehrt.
Gebet mir ferner dazu Sprachen, die alten und neu’n,
Daß ich der Völker Gewerb und ihre Geschichten vernehme,
Gebt mir ein reines Gefühl, was sie in Künsten gethan,
Wollt ihr mir Ansehn beim Volke, mir Einfluß bei Mächtigen geben,
Gut – schon dank ich euch, Götter, ihr habt den glücklichsten Menschen[1]
Ehstens fertig, denn ihr gabt mir das meiste ja schon.
Eines Menschen Leben ist wenig, doch tausende können
Reden über den Mann, was er und wie ers gethan;
Tausende tadeln, mein Freund, lebe nur, dichte nur fort.
Müde war ich geworden, nur immer Gemählde zu sehen,
Herrliche Schätze der Kunst, wie sie Venedig bewahrt.
Denn auch dieser Genuß verlangt Erholung und Muße;
Gaucklerin! da ersah ich in dir das Urbild der Bübchen,
Wie sie Johannes Bellin reizend mit Flügeln gemahlt,
Wie sie Paul Veronese mit Bechern dem Bräutigam sendet,
Dessen Gäste, getäuscht, Wasser genießen für Wein.
Weich und ohne Gebein, wie die Molluska nur schwimmt;
Alles ist Glied, und alles Gelenk, und alles gefällig,
Alles nach Maaßen gebaut, alles nach Willkühr bewegt;
Vieles kannt ich, Menschen und Thiere und Vögel und Fische,
Und doch staun ich dich an, Bettine, liebliches Wunder,
Denn du bist alles zugleich, und bist ein Engel dazu.
Kehre nicht, o Kind, die Beinchen hinauf zu dem Himmel,
Jupiter sieht dich der Schalk, und Ganymed ist besorgt.
Arme betend empor; aber nicht schuldlos, wie du.
Seitwärts neigt sich dein Hälschen, ist das ein Wunder? es träget
Oft dich Ganze, du bist leicht, nur dem Hälschen zu schwer.
Mir ist sie gar nicht zuwider die schiefe Stellung des Köpfchens,
So verwirret mit seltnen willkührlich verwebten Gestalten,
Höllisch und dunkel gesinnt, Breughel den schwankenden Blick;
So zerrüttet auch Dürer mit apokalyptischen Bildern,
Menschen und Grillen zugleich, unser gesundes Gehirn;
Tönend die Neugier mit Macht in dem verwunderten Ohr;
So beweget ein Traum den sorglichen, wenn er zu greifen
Glaubt, und vorwärts zu gehn, alles veränderlich schwebt;
So verwirrt uns Bettine, wenn sie die Glieder verwechselt,
Gern überschreit’ ich die Gränze, mit breiter Kreide gezogen,
Macht sie Bottegha das Kind, drängt sie mich artig zurück.
»Ach! mit diesen Seelen was macht er! Jesus Maria!
»Bündelchen Wäsche sind das, wie man zum Brunnen sie trägt.
»Sieh nur wie steht sie! wie leicht! Alles mit Lächeln und Lust!«
Altes Weib, du bewunderst mit Recht Bettinen, du scheinst mir
Jünger zu werden und schön, da dich mein Liebling erfreut.
Alles seh ich gerne von dir, doch seh ich am liebsten,
Du dich im Schwung überschlägst und, nach dem tödtlichen Sprunge,
Wieder stehest und läufst, eben als wär nichts geschehn.
Schon entrunzeln sich alle Gesichter, die Furchen der Mühe,
Sorg’ und Armuth, sie fliehn, Glückliche glaubt man zu sehn.
Thun sich kärglich dir zwar, aber sie thun sich doch auf;
Und der Bewohner Venedigs entfaltet den Mantel, und reicht dir,
Eben als flehtest du laut bei den fünf Wunden des Herrn,
Bei dem Herzen der seligsten Jungfrau, beim heiligen Anton,
Jeder kleine Knabe, der Schiffer, der Höker, der Bettler
Drängt sich, und freut sich bei dir, daß er ein Kind ist wie du.
Dichten ist ein lustiges Handwerk, nur find ich es theuer;
Wie dieß Büchlein mir wächst, gehn die Zecchinen mir fort.
Wird dieß Mädchen ein Buch? Stimme was klügeres an.«
Wartet, bald will ich die Könige singen, die Großen der Erde,
Wenn ich ihr Handwerk und sie besser begreife wie jetzt.
Unterdessen sing ich Bettinen, denn Gaukler und Dichter
Geht zu meiner Linken, ihr Böcke! wird künftig der Richter
Sagen, und Schäfchen, seyd mir ruhig zur Rechten gestellt.
Wohl! Doch eines ist noch von ihm zu hoffen, dann sagt er:
Kommt, Vernünftige, mir grad gegen über zu stehn.
Fertige, führet mich nur weit von der Liebsten hinweg.
Alle Freiheits–Apostel sie waren mir immer zuwider,
Denn es suchte doch nur jeder die Willkühr für sich.
Willst du viele befrein, so wag es vielen zu dienen!
Könige wollen das Gute, die Demagogen desgleichen,
Sagt man, doch irren sie sich, Menschen, ach! sind sie, wie wir.
Nie gelingt es der Menge für sich zu wollen, wir wissens,
Doch wer verstehet für uns alle zu wollen? Er zeig’s.
Kennt er nur einmal die Welt; wird der Betrogne der Schelm.
Frankreich hat uns ein Beispiel gegeben, nicht daß wir es wünschten
Nachzuahmen, allein merkt, und beherzigt es wohl.
Tolle Zeiten hab ich erlebt, und hab nicht ermangelt
»Sage, thun wir nicht recht? Wir müssen den Pöbel betrügen,
Sieh wie ungeschickt wild, sieh nur, wie dumm er sich zeigt.«
Ungeschickt scheint er und dumm, weil ihr ihn eben betrüget,
Seyd nur redlich, und er, glaubt mir, ist menschlich und klug.
Ihr bedeutendes Bild, lange betrügt sich das Volk.
Schwärmer prägen den Stempel des Geistes auf Unsinn und Lügen,
Wer den Probierstein nicht hat, hält sie für redliches Gold.
Jene Menschen sind toll, so sagt ihr von heftigen Sprechern,
Auch mir scheinen sie toll, doch redet ein Toller in Freiheit
Weise Sprüche, wenn ach! Weisheit im Sklaven verstummt.
Lange haben die Großen der Franzen Sprache gesprochen,
Halb nur geachtet den Mann, dem sie vom Munde nicht floß;
Zürnet Mächtige nicht, was ihr verlangtet, geschieht.
»Epigramme seyd nicht so frech!« Warum nicht? Wir sind nur
Ueberschriften, die Welt hat die Kapitel des Buchs.
Wie dem hohen Apostel ein Tuch voll Thiere gezeigt ward,
Ob ein Epigramm wohl gut sei? wer kann es entscheiden?
Weiß man doch eben nicht stets, was er sich dachte, der Schalk.
Je gemeiner es ist, je näher dem Neide, der Mißgunst,
Desto eher begreifst du das Gedichtchen gewiß.
Sagt mir ein Kenner. Schon gut, glaubt’ ichs, da wär’ es vorbei.
Niemand liebst du, und mich liebst du so heftig, Philarchos,
Ist denn kein anderer Weg mich zu bezwingen, als der?
Ist’s denn so großes Geheimniß, was Gott und der Mensch und die Welt sei?
Vieles kann ich ertragen! die meisten beschwerlichen Dinge
Duld ich mit ruhigem Muth, wie es ein Gott mir gebeut;
Wenige sind mir jedoch wie Gift und Schlange zuwider,
Viere, Rauch des Tobaks, Wanzen und Knoblauch und †
Die so zierlich und schnell fahren dahin und daher.
Schlängelchen scheinen sie gleich, doch viergefüßet, sie laufen,
Kriechen und schleichen, und leicht schleppen das Schwänzchen sie nach.
Seht hier sind sie! und hier! sie sind verschwunden! wo sind sie?
Wollt ihr mir’s künftig erlauben; so nenn ich die Thierchen Lacerten,
Denn ich brauche sie noch oft als gefälliges Bild.
Wer Lacerten gesehn hat, der kann sich die zierlichen Mädchen
Denken, die über den Platz fahren dahin und daher.
Und es rauscht das Gewand hinter der Eilenden drein.
Sieh! hier ist sie! und hier! verlierst du sie einmal, so suchst du
Sie vergebens, so bald kommt sie nicht wieder hervor.
Wenn du aber die Winkel, die Gäßchen und Treppchen nicht scheuest,
Was Spelunke nun sei? verlangt ihr zu wissen, da wird ja
Fast zum Lexicon dies epigrammatische Buch;
Dunkle Häuser sind es in engen Gäßchen, zum Kaffee
Führt dich die Schöne, und sie zeigt sich geschäftig, nicht du.
Eine beinahe zu groß, eine beinahe zu klein.
Siehst du beide zusammen, so wird die Wahl dir unmöglich,
Jede besonders, sie schien einzig die schönste zu seyn.
Weise Leute, sagt man, sie wollten besonders dem Sünder
Wär ich ein häußliches Weib, und hätte, was ich bedürfte,
Treu und froh wollt ich seyn, herzen und küssen den Mann.
So sang, unter andern gemeinen Liedern, ein Dirnchen
Mir in Venedig, und nie hört ich ein frömmer Gebet.
Denn ein erbärmlicher Schuft ist, wie der Mensch, so der Hund.
Frech wohl bin ich geworden, es ist kein Wunder. Ihr Götter
Wißt, und wißt nicht allein, daß ich auch fromm bin und treu.
Hast du nicht gute Gesellschaft gesehn? es zeigt uns dein Büchlein
Gute Gesellschaft hab ich gesehn, man nennt sie die gute,
Wenn sie zum kleinsten Gedicht keine Gelegenheit giebt.
Was mit mir das Schicksal gewollt? es wäre verwegen,
Das zu fragen, denn meist will es mit vielen nicht viel.
Hätte die Sprache sich nicht unüberwindlich gezeigt.
Mit Botanik giebst du dich ab? Mit Optik? Was thust du?
Ist es nicht schönrer Gewinn, rühren ein zärtliches Herz?«
Ach! die zärtlichen Herzen! ein Pfuscher vermag sie zu rühren,
Weiß hat Newton gemacht aus allen Farben. Gar manches
Hat er euch weiß gemacht, das ihr ein Säkulum glaubt.
»Alles erkläret sich wohl, so sagt mir ein Schüler, aus jenen
Theorieen, die mich weislich der Meister gelehrt.«
Paßt ein lebendiger Leib freilich zur Strafe daran.
Wenn auf beschwerlichen Reisen ein Jüngling zur Liebsten sich windet,
Hab er dieß Büchlein, es ist reizend und tröstlich zugleich;
Und erwartet dereinst ein Mädchen den Liebsten, sie halte
Wie die Winke des Mädchens, das keine Zeit hat, und eilig
Im Vorbeigehn nur freundlich mir streifet den Arm,
So vergönnt, ihr Musen, dem Reisenden kleine Gedichte,
O! behaltet dem Freund größere Gunst noch bevor.
Stunden sendet; wie still wandeln die Pfade wir fort!
Dränget der Regen den Wandrer; wie ist uns des ländlichen Daches
Schirm willkommen! wie sanft ruht sichs in stürmischer Nacht!
Aber die Göttin kehret zurück! schnell scheuche die Nebel
Willst du die Freuden der Liebe mit reinem Gefühle genießen;
O! so laß Frechheit und Ernst ferne vom Herzen dir seyn;
Jene will Amorn verjagen, und dieser denkt ihn zu fesseln,
Siehe, da lächelt der Gott beiden das Gegentheil zu.
Dieses Auge bleibt wach, drückt mir es Amor nicht zu.
Liebe flößest du ein und Begier, ich fühl’ es? und brenne,
Liebenswürdige, nun flöße Vertrauen mir ein.
Ha! ich kenne dich, Amor, so gut als einer! Da bringst du
Aber du führest uns bald verworrene Pfade, wir brauchten
Deine Fackel erst recht, ach! und die Falsche verlischt.
Eine Einzige Nacht an deinem Herzen! – das andre
Giebt sich. Es trennet uns noch Amor in Nebel und Nacht.
Busen an Busen belauscht, Phöbus, der frühe, sie weckt.
Ist es Ernst, so zaudre nicht länger, und mache mich glücklich.
Wolltest du scherzen? es sey, Liebchen, des Scherzes genug.
Daß ich schweige, verdrießt dich? Was soll ich reden? Du merkest
Eine Göttin vermag der Lippe Siegel zu lösen,
Nur Aurora, sie weckt einst dir am Busen mich auf;
Ja dann töne mein Hymnus den frühen Göttern entgegen,
Wie das Memnonische Bild lieblich Geheimnisse sang.
Zuzuwerfen, doch gleich kehrt es im Fluge zurück.
O! wie achtet’ ich sonst auf alle Zeiten des Jahres!
Grüßte den kommenden Lenz, sehnte dem Herbste mich nach;
Aber nun ist kein Sommer, kein Winter, seitdem mich Beglückten
Sage wie lebst du? Ich lebe! und wären hundert und hundert
Jahre dem Menschen gegönnt, wünscht’ ich mir morgen, wie heut.
Götter, wie soll ich euch danken? Ihr habt mir alles gegeben,
Was der Mensch sich erfleht, nur in der Regel fast nichts.
Frühe den Boten des Tags grüßen, dich freundlichen Stern,
Ungeduldig die Blicke der Himmelsfürstin erwarten,
Wonne des Jünglings! wie oft locktest du Nachts mich heraus!
Nun erscheint ihr mir Boten des Morgens, ihr himmlischen Augen
Du erstaunest, und zeigst mir das Meer, es scheinet zu brennen,
Wie bewegt sich die Flut flammend ums nächtliche Schiff.
Mich verwundert es nicht, das Meer gebahr Aphroditen,
Und entsprang nicht aus ihr, uns eine Flamme, der Sohn?
Frisch mit günstigem Wind zogen die Segel dahin.
Keine Sehnsucht fühlte mein Herz, es wendet mein Auge
Nach dem Schnee des Gebirgs, rückwärts, den schmachtenden Blick.
Welche Schätze liegen mir südwärts, doch einer in Norden
Ach! mein Mädchen verreist! Sie steigt zu Schiffe! – Mein König!
Aolus! mächtiger Fürst! halte die Stürme zurück!
Thörigter! ruft mir der Gott zu, befürchte nicht wüthende Stürme,
Fürchte das Lüftchen, wenn sanft Amor die Flügel bewegt.
Damals gefiel sie mir nakt, wie sie mir jetzt noch gefällt.
Oftmals hab ich geirrt, und habe mich wieder gefunden,
Aber glücklicher nie, nun ist dies Mädchen mein Glück!
Ist auch das ein Irrthum, so schont mich, ihr klügeren Götter,
Traurig, Midas, war dein Geschick! in bebenden Händen
Fühltest du, hungriger Greis, schwere verwandelte Kost.
Lustiger geht mirs auf ähnliche Weise, denn was ich berühre
Wird mir unter der Hand gleich ein behendes Gedicht.
Drück’ ich sie fest an die Brust, mir nicht zum Mährchen verkehrt.
Ach! mein Hals ist ein wenig geschwollen! so sagte mein Liebchen
Aengstlich. – Stille, mein Kind, still und vernehme das Wort:
Dich hat die Hand der Venus berührt, sie deutet dir leise,
Bald verdirbt sie die schlanke Gestalt, die zierlichen Brüstchen,
Alles schwillt nun, es paßt nirgend das neuste Gewand.
Sei nur ruhig, es deutet die fallende Blüte dem Gärtner,
Daß die liebliche Frucht schwellend im Herbste gedeiht.
Wenn ihr klopfendes Herz Liebe zuerst dir gesteht.
Wonniglicher, das Pochen des Neulebendigen fühlen,
Das in dem lieblichen Schooß immer sich nährend bewegt.
Schon versucht es die Sprünge der raschen Jugend, es klopfet
Harre noch wenige Tage! Auf allen Pfaden des Lebens
Führen die Horen dich streng, wie es das Schicksal gebeut.
Widerfahre dir, was dir auch wolle, du wachsender Liebling,
Liebe bildete dich, werde dir Liebe zu Theil.
In der neptunischen Stadt Tage wie Stunden hinweg.
Alles was ich erfuhr, würzt’ ich mit süßer Erinnrung,
Würzt’ ich mit Hoffnung, sie sind lieblichste Würzen der Welt.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Menscheu