Verfassung der reichsunmittelbaren Stadt Triest

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Titel: Verfassung der reichsunmittelbaren Stadt Triest.
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Fundstelle: Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Oesterreich, Jahrgang 1850, Nr. 139, Seite 765 – 790
Fassung vom: 12. April 1850
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 16. April 1850
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Kaiserliches Patent vom 12. April 1850,
wodurch die Verfassung für die reichsunmittelbare Stadt Triest erlassen und verkündet wird.


Wir Franz Joseph der Erste,
von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich;

König von Hungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs, von Dalmatien, Croatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Illirien, König von Jerusalem etc.; Erzherzog von Oesterreich; Großherzog von Toscana und Krakau; Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain und der Bucowina; Großfürst von Siebenbürgen; Markgraf von Mähren; Herzog von Ober- und Nieder-Schlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz und Gradiska; Fürst von Trient und Brixen; Markgraf von Ober- und Nieder-Lausitz und in Istrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc.; Herr von Triest, von Cattaro und auf der windischen Mark, Großwoiwod der Woiwodschaft Serbien etc. etc.; haben Uns in Gemäßheit Unserer kaiserlichen Entschließung vom 1. October 1849 und in Vollziehung der §§. 77–83 der Reichsverfassung, so wie des §. 6 des provisorischen Gemeindegesetzes vom 17. März 1849 über Antrag Unseres Ministerrathes bestimmt gefunden, für die reichsunmittelbare Stadt Triest nachstehende Verfassung zu verkündigen und in Wirksamkeit zu setzen:

Verfassung der reichsunmittelbaren Stadt Triest.

Erster Theil. Constituirung.

Erstes Hauptstück. Von der Stadt und ihrem Gebiete.

Begriff.

§. 1.
Triest mit seinem Gebiete ist eine reichsunmittelbare Stadt des österreichischen Kaiserthums, und bildet einen untrennbaren Bestandtheil desselben. [766]
§. 2.
Die Gränzen der reichsunmittelbaren Stadt Triest mit ihrem Gebiete dürfen nur durch ein Gesetz verändert werden.

Verhältniß zum Reiche.

§. 3.
Das Verhältniß der Stadt Triest zum Reiche ist durch die Reichsverfassung und durch die kaiserliche Entschließung vom 1. October 1849 bestimmt.
Innerhalb der durch die Reichsverfassung festgesetzten Beschränkungen wird der reichsunmittelbaren Stadt Triest ihre Selbständigkeit gewährleistet.
§. 4.
Das Wappen und die Farben der reichsunmittelbaren Stadt Triest werden beibehalten.
§. 5.
Der reichsunmittelbaren Stadt Triest kömmt gleich jedem Kronlande der Monarchie nach §. 41 der Reichsverfassung das Recht zu, zwei Mitglieder ins Oberhaus des Reichstages abzuordnen. (§. 103.)
Ueber die Wahl der Vertreter der Stadt Triest für das Unterhaus des Reichstages wird das Reichswahlgesetz das Nähere bestimmen.

Fractionen.

§. 6.
Die Stadt Triest mit ihrem Gebiete hat als Gemeinde das Recht, mit Genehmigung des Statthalters sich in Fractionen zu theilen, und denselben zur Erleichterung der Verwaltung einen gewissen Wirkungskreis anzuweisen.

Zweites Hauptstück. Von den Bewohnern.

Eintheilung.

§. 7.
Die Bevölkerung der Stadt Triest besteht:
a) Aus Gemeindegliedern.
b) Aus Fremden.
Die Gemeindeglieder sind:
a) Gemeindeangehörige.
b) Gemeindebürger.
Nur österreichische Reichsbürger können Gemeindeglieder von Triest seyn.

Angehörige.

a) Dermalen.
§. 8.
Als Angehörige von Triest sind dermalen zu betrachten, jene österreichischen Reichsbürger, welche ohne zu einer anderen Gemeinde zu gehören, entweder:
a) seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen in Triest ihren ständigen Aufenthalt haben, oder
b) seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen in Triest ihren ständigen Aufenthalt haben, und zugleich einer der folgenden Classen angehören:
1. Besitzer unbeweglicher Güter in der Stadt oder dem Gebiete von Triest;
2. Handelsleute, die den Handel selbständig betreiben;
3. Besitzer von Handelsschiffen für die weite Fahrt, oder für die Küstenfahrt, oder von Antheilen an solchen Schiffen; [767]
4. Capitäne von Schiffen für die weite Fahrt;
5. Doctoren einer der vier Facultäten, welche ihren Doctorgrad an einer inländischen Lehranstalt erlangt haben;
6. Architecten, Schiffbaumeister, öffentliche Kunstverständige, Magister der Chirurgie, Eigenthümer einer Apotheke.
7. Diejenigen, welche ein Gewerbe, Handwerk oder sonst einen bei der Behörde angemeldeten Industriezweig selbständig betreiben, oder
c) in Triest vermöge ihres Geschäftes oder ihrer Stelle dermalen den ständigen Aufenthalt haben, und zu einer der nachfolgenden Kategorien gehören:
1. Approbirte Großhändler und Kleinhändler, Advocaten, Notare und patentirte Sensale.
2. Staatsdiener und bleibend angestellte Gemeindebeamte, – auch wenn sie aus dieser Kategorie in den zeitlichen oder bleibenden Ruhestand übergetreten sind, – Officiere, Geistliche und öffentliche Lehrer.
b) In der Folge.
§. 9.
In der Folge wird die Angehörigkeit erworben:
a) durch Geburt,
b) durch Aufnahme in den Gemeindeverband,
c) durch besondere persönliche Verhältnisse.
aa. Durch Geburt.
§. 10.
Eheliche oder nach den bürgerlichen Gesetzen den ehelichen gleichgehaltene Kinder sind Angehörige der Gemeinde, wenn ihr Vater zur Zeit der Geburt, oder falls er früher gestorben wäre, zur Zeit seines Ablebens, oder bei legitimirten Kindern zur Zeit der stattfindenden Legitimation dem Gemeindeverbande angehörte.
Durch Annahme an Kindesstatt wird die Angehörigkeit nicht begründet.
Uneheliche Kinder treten in den Gemeindeverband, wenn ihre Mutter zur Zeit der Entbindung Gemeindeangehörige war.
Findlinge, welche im Umfange des Gemeindebezirkes gefunden werden, sind Gemeindeangehörige, so lange sich nicht ermitteln läßt, daß sie einer anderen Gemeinde angehören.
Die Angehörigkeit der Findlinge im Findelhause wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt werden.
bb. Durch Aufnahme.
§. 11.
Die Aufnahme in den Gemeindeverband geschieht:
1. Ausdrücklich durch einen Gemeindebeschluß,
2. stillschweigend;
bei Frauenspersonen durch Vermählung mit einem Gemeindeangehörigen.
cc. Durch persönliche Verhältnisse.
§. 12.
Staatsdiener, Officiere, Geistliche, öffentliche Lehrer werden auch in Folge Angehörige von Triest, wenn ihre Stelle ihnen den ständigen Aufenthalt daselbst anweiset.

Recht zur Aufnahme.

§. 13.
Jeder österreichische Reichsbürger hat das Recht, die Aufnahme als Angehöriger von Triest zu verlangen, wenn er [768]
1. die volle Befugniß hat, über seine Person und über sein Vermögen zu verfügen;
2.
a) wenigstens zehn Jahre unmittelbar vorher auf Grundlage eines giltigen, nicht erloschenen Heimatscheines ununterbrochen in dem Gemeindebezirke wohnhaft ist, oder
b) seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen in Triest ansässig ist, und eine der im §. 8, lit. b. bezeichneten Eigenschaften besitzt, oder
c) in Triest den ständigen Aufenthalt hat, und zu einer der im §. 8, lit. c ad. 1. aufgezählten Kategorien gehört;
3. sich eines unbescholtenen Rufes erfreut;
4. den Besitz eines den Unterhalt seiner Familie sichernden Vermögens oder Nahrungszweiges nachweiset.
Wird die Aufnahme verweigert, so entscheidet im Berufungswege der Statthalter.
§. 14.
Mit dem Aufgenommenen treten zugleich seine Gattin und die zur Zeit der Aufnahme unter seiner väterlichen Gewalt stehenden Kinder in den Gemeindeverband.
Ebenso folgen uneheliche Kinder, so lange sie noch minderjährig sind, der Eigenschaft der Mutter.

Veränderungen in der Gemeinde-Angehörigkeit.

§. 15.
Bei Veränderungen in der Gemeinde-Angehörigkeit folgen die minderjährigen, im Familienbande lebenden Kinder der Eigenschaft der Eltern, uneheliche minderjährige Kinder jener der Mutter, die Frau der Eigenschaft des Gatten.
Der Tod eines oder beider Elterntheile, sowie die Auflösung des elterlichen Verbandes oder der ehelichen Gemeinschaft ändert nichts an der Zuständigkeit der Kinder und der Gattin.

Verlust der Gemeinde-Angehörigkeit.

§. 16.
Die Gemeinde-Angehörigkeit wird verloren:
a) durch den Verlust der österreichischen Reichsbürgerschaft,
b) durch die Erwerbung der Angehörigkeit in einer andern Gemeinde.

Bürger:

a) dermalen.
§. 17.
Dermalen werden als Bürger von Triest erklärt:
Jene Angehörigen, welche in Triest oder dessen Gebiete geboren sind und zugleich eine der im §. 8 unter lit. b. oder unter lit. c ad 1 bezeichneten Eigenschaften besitzen.
b) künftig.
§. 18.
In der Folge erlangen das Bürgerrecht:
a) durch die Geburt die ehelichen oder den ehelich gesetzlich gleichgehaltenen großjährigen Kinder von Triester Bürgern, wenn bei ihnen eines der im §. 8 unter lit. b oder lit. c ad 1 enthaltenen Erfordernisse der Angehörigkeit eintritt;
b) diejenigen, welche das Bürgerrecht von der Gemeinde ausdrücklich verliehen wird.
Es darf jedoch nur solchen österreichischen Staatsbürgern das Bürgerrecht verliehen werden, bei welchen die Bedingungen des §. 13 sub 3 und 4 eintreten, und welchen keiner der im §. 35 enthaltenen Ausnahms- oder Ausschließungsgründe entgegensteht.

Aufnahmstaxe.

§. 19.
Jeder neu aufzunehmende Bürger hat zur Gemeindecasse die jeweils bestehende Aufnahmstaxe zu entrichten. [769]
Aus besonders rücksichtswürdigen Gründen kann von Entrichtung dieser Taxe befreit werden.

Verlust des Bürgerrechtes.

§. 20.
Der Gemeindebürger verliert das Gemeindebürgerrecht:
a) wenn er die Gemeinde-Angehörigkeit verliert (§. 16.);
b) zu einer Strafe verurtheilt wird, woran die Strafgesetze den Verlust der Ausübung der politischen Rechte knüpfen.
Bis zum Erscheinen solcher Gesetze aber, wenn er wegen eines Verbrechens oder eines aus Gewinnsucht hervorgegangenen oder die öffentliche Sittlichkeit verletzenden Vergehens oder einer solchen Uebertretung schuldig erklärt, oder wegen einer andern Gesetzübertretung zu einer mindestens halbjährigen Freiheitsstrafe verurtheilt worden ist;
c) wenn er in Concurs gerathen und seine Schuldlosigkeit nicht vollständig nachgewiesen worden ist. Doch treffen die nachtheiligen Folgen dieses Verlustes nur ihn allein, folglich weder seine Ehegattin, noch die vor diesem Zeitpuncte erzeugten Kinder.

Ehrenbürger.

§. 21.
Die Stadt Triest ist berechtiget, ausgezeichneten Männern, welche sich um den Staat oder die Stadt verdient gemacht haben, ohne Rücksicht auf deren Wohnsitz, das Ehrenbürgerrecht zu verleihen, welches die Theilnahme an allen Rechten der Gemeindebürger begründet, ohne die Verpflichtungen derselben aufzulegen.

Gemeindematrikel.

§. 22.
Die Gemeinde hat über alle Gemeindebürger und Gemeindeangehörige eine genaue Matrikel zu führen, deren Einsicht jedem Gemeindegliede frei steht.

Fremde.

§. 23.
Fremde in der reichsunmittelbaren Stadt Triest sind jene, welche, ohne Gemeindeglieder zu seyn, sich dort aufhalten.
§. 24.
Personen, deren Zuständigkeit nicht erweislich ist, fallen, wenn sie erwerbsunfähig werden, der Stadt Triest zur Last, soferne sie sich zuletzt daselbst aufgehalten haben.
Waisen der obgenannten Personen sind Angehörige von Triest, wenn sie sich beim Ableben ihrer Eltern daselbst befinden.

Rechte und Pflichten der Bewohner.

§. 25.
Die Fremden, selbst wenn sie Ausländer sind, haben in der Stadt Triest Anspruch:
1. auf polizeilichen Schutz der Person und ihres in der Gemarkung der Gemeinde befindlichen Eigenthumes;
2. auf Benützung der Gemeindeanstalten nach Maß der bestehenden Einrichtungen;
3. auf Theilnahme am activen Wahlrechte unter den Beschränkungen des §. 34;
4. auf ungehinderten gesetzlichen Betrieb von Handel und Gewerben.
§. 26.
Die Gemeinde-Angehörigen haben überdieß das Recht:
a) auf Benützung des Gemeindegutes nach den bestehenden Einrichtungen;
b) im Falle eingetretener Verarmung auf Unterstützung aus den Gemeindemitteln, nach Maßgabe der für die Armenversorgung bestehenden Einrichtungen;
c) auf Theilnahme am activen und passiven Wahlrechte innerhalb der im §. 33 angegebenen Gränzen. [770]
§. 27.
Die Bürger von Triest haben das unbedingte Wahlrecht und außerdem noch Theil an jenen Rechten, für deren Genuß entweder durch das Gesetz (§. 56) oder durch eine besondere Stiftung die Eigenschaft eines Triester Bürgers gefordert wird.
§. 28.
Die allgemeinen Verpflichtungen der Gemeindeglieder sind:
a) die Befolgung der, von der Gemeinde innerhalb des ihr gesetzlich zustehenden Wirkungskreises getroffenen Anordnungen;
b) die verhältnißmäßige Theilnahme an den Gemeindelasten.
Diese Verpflichtungen beginnen mit dem Tage des Eintrittes in den Gemeindeverband und dauern so lange fort, als das Verhältniß zur Gemeinde währt.
Dieselben Verpflichtungen liegen unbedingt auch jenen Fremden ob, welche nach §. 34 dieser Verfassung in Triest das active Wahlrecht genießen, oder daselbst Handel und Gewerbe treiben.
§. 29.
Personen, welche in der Gemeinde ihren Wohnsitz nicht haben, tragen nur die nach den landesfürstlichen Steuern oder nach dem Realbesitze umgelegten Gemeindelasten.

Drittes Hauptstück. Von der Vertretung der reichsunmittelbaren Stadt Triest.

Begriff.

§. 30.
Die reichsunmittelbare Stadt Triest wird in ihren Angelegenheiten vom Stadtrath vertreten.
§. 31.
In Betreff der legislativen Wirksamkeit in Landesangelegenheiten (§. 35 und 36 der Reichsverfassung) hat der Stadtrath die Eigenschaft eines Landtages, und seine Beschlüsse erlangen durch die Sanction des Kaisers die Kraft eines Landesgesetzes.

Stadtrath, dessen Wahl und Auflösung.

§. 32.
Die Mitglieder des Stadtrathes werden durch directe Wahl auf die Dauer von drei aufeinander folgenden Jahren frei gewählt.
Die Zahl derselben ist auf vier und fünfzig festgesetzt, wovon acht und vierzig auf die Stadt Triest und sechs auf das Gebiet entfallen.
Der Kaiser kann die Auflösung des Stadtrathes jederzeit anordnen.
In diesem Falle ist längstens binnen vier Wochen die neue Wahl auszuschreiben.

Wahlberechtigung.

§. 33.
Wahlberechtigt sind im Allgemeinen:
a) die Bürger von Triest;
b) unter den Angehörigen männlichen Geschlechts:
1. Diejenigen, welche die im §. 8, unter b oder unter c ad 1 bezeichneten Eigenschaften besitzen;
2. Staatsdiener und bleibend angestellte Gemeindebeamte, welche von ihrem Gehalte eine Einkommensteuer entrichten, sowie Pensionisten und Quiescenten derselben Kategorie.
3. Officiere, welche zur militia stabilis gehören.
4. Die Pfarrer und selbständigen Curaten aller anerkannten christlichen Bekenntnisse, und die Rabbiner und bleibend angestellten Prediger der israelitischen Religionsgenossenschaft. [771]
5. Die öffentlichen Professoren und die bleibend angestellten Vorsteher und Lehrer der öffentlichen Unterrichtsanstalten.

Bedingungen der Wahlberechtigung der Fremden.

§. 34.
Ausnahmsweise sind in der reichsunmittelbaren Stadt Triest auch Fremde, selbst wenn sie die österreichische Reichsbürgerschaft nicht besitzen, nach mindestens fünfjähriger Ansässigkeit wahlberechtigt, wenn sie einen solchen Besitz an liegenden Gründen oder die Innehabung einer solchen Handlung oder Fabrik nachweisen, wodurch die Einreihung der Gemeindeglieder in den ersten oder zweiten Wahlkörper (§. 39) begründet wird.

Ausnahmen von der Wahlberechtigung.

§. 35.
Ausgenommen von der Ausübung des activen Wahlrechtes sind alle Personen:
a) welche unter väterlicher Gewalt, Vormundschaft oder Curatel stehen;
b) diejenigen, welche eine Armenversorgung genießen.
Ausgeschlossen sind:
a) diejenigen, welche zu einer Strafe verurtheilt worden sind, womit die Strafgesetze den Verlust der Ausübung politischer Rechte verknüpfen.
Bis zum Erscheinen solcher Gesetze aber diejenigen, welche wegen eines Verbrechens oder einer aus Gewinnsucht hervorgegangenen oder die öffentliche Sittlichkeit verletzenden Vergehens oder einer solchen Uebertretung schuldig erklärt, oder wegen einer anderen Gesetzes-Uebertretung zu einer mindestens halbjährigen Freiheitsstrafe verurtheilt worden sind;
b) diejenigen, welche wegen eines Verbrechens in Anklagestand versetzt worden sind, so lange sie nicht schuldlos erklärt wurden;
c) diejenigen, über deren Vermögen Concurs ausgebrochen ist, so lange die Crida-Verhandlung dauert, und nach Beendigung derselben, wenn die Schuldlosigkeit des Cridatars nicht vollständig nachgewiesen wurde.

Wählbarkeit.

§. 36.
Wählbar ist jedes wahlberechtigte Gemeindeglied, welches das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt hat.

Ausnahmen von der Wählbarkeit.

§. 37.
Ausgenommen von der Wählbarkeit sind:
a) alle Fremden;
b) alle Personen, welche nach §. 35 von der Ausübung des activen Wahlrechtes ausgenommen sind;
c) Militär-Personen in der activen Dienstleistung;
d) die bleibend angestellten Gemeinde-Beamten;
e) die Pächter städtischer Gefälle, so lange ihr Pachtvertrag dauert.
Ausgeschlossen sind:
a) alle Personen, die nach §. 35 von der Ausübung des activen Wahlrechtes ausgeschlossen sind;
b) säumige Schuldner der Gemeinde, gegen welche die Einleitung gerichtlicher Schritte nothwendig geworden ist; [772]
c) jene Personen, welche über die aufgehabte Vermögensverwaltung der Gemeinde, oder einer Gemeindeanstalt, sowie jene, welche über ein ihnen speciell von der Gemeinde anvertrautes Geschäft mit der zu legenden Rechnung noch im Rückstande sind.
§. 38.
Wenn Personen in den Stadtrath gewählt sind, die über eine Anklage wegen eines Verbrechens oder eines aus Gewinnsucht hervorgegangenen, oder die öffentliche Sittlichkeit verletzenden Vergehens, oder einer solchen Uebertretung in Untersuchung stehen, so haben sie kein Recht an den Sitzungen des Stadtrathes Theil zu nehmen, so lange das richterliche Erkenntniß nicht herausgestellt hat, ob sie die Wählbarkeit für den Stadtrath verloren oder behalten haben.

Wahl der Vertretung:

a) In der Stadt: Wahlkörper.
§. 39.
Behufs der Wahl der Mitglieder des Stadtrathes, werden sämmtliche wahlberechtigte Gemeindeglieder der Stadt Triest in vier Wahlkörper abgetheilt, deren jeder zwölf Mitglieder zu wählen hat.
Den ersten Wahlkörper bilden:
a) diejenigen, welche in Triest liegende Güter besitzen, wovon sie an directer Steuer einen Betrag von Dreihundert Gulden Conv. Münze und darüber entrichten;
b) diejenigen, welche einen Besitz solcher in Triest intabulirten Satzposten nachweisen, für welche sie an Einkommensteuer einen Betrag von Dreihundert Gulden Conv. Münze und darüber entrichten;
c) die börsemäßigen Handelsditen;
d) dann die zur Zeit der Wahl in Triest anwesenden Ehrenbürger.
Den zweiten Wahlkörper bilden:
a) Diejenigen, welche in Triest liegende Güter besitzen, wovon sie an directer Steuer einen Betrag von Einhundert Gulden Conv. Münze bis ausschließlich dreihundert Gulden Conv. Münze entrichten;
b) diejenigen, welche einen Besitz solcher in Triest intabulirter Satzposten nachweisen, für welche sie an Einkommensteuer einen Betrag von Einhundert Gulden Conv. Münze bis ausschließlich dreihundert Gulden Conv. Münze entrichten.
c) die approbirten Großhändler;
d) die Besitzer von approbirten Fabriken;
e) die Rheder, welche Schiffe oder Antheile an Schiffen für die weite Fahrt oder Küstenfahrt im Gehalte von mindestens dreihundert Tonnen besitzen;
f) die Advocaten und Notare.
Den dritten Wahlkörper bilden:
a) Diejenigen, welche in Triest liegende Güter besitzen, wovon sie an directer Steuer einen Betrag von fünfundzwanzig Gulden Conv. Münze bis ausschließlich Einhundert Gulden Conv. Münze entrichten.
b) diejenigen, welche einen Besitz solcher in Triest intabulirter Satzposten nachweisen, für welche sie an Einkommensteuer einen Betrag von Fünfundzwanzig Gulden Conv. Münze bis ausschließlich Einhundert Gulden Conv. Münze entrichten;
c) die approbirten Waaren-Spediteure; [773]
d) die approbirten Kleinhändler;
e) die nicht approbirten, jedoch bei der Börse gehörig angemeldeten Großhändler;
f) die patentirten Sensale;
g) die Rheder, welche Handelsschiffe jeder Art oder Antheile von solchen Schiffen im Gehalte von mindestens Einhundert bis ausschließlich dreihundert Tonnen besitzen;
h) alle Gemeindeglieder, welche eine der im §. 8, lit. b sub 4, 5 und 6, oder lit. c. ad 2 begriffenen Eigenschaften besitzen.
Den vierten Wahlkörper bilden die übrigen Wahlberechtigten.
§. 40.
Behufs der Einreihung in den Wahlkörper, werden dem Vater die von seinen minderjährigen Kindern, dem Gatten die von seiner Gattin entrichteten Beträge an directen Steuern vom Besitze unbeweglicher Güter und Satzposten zugerechnet, so lange das dem Vater und Gatten gesetzlich zustehende Befugniß der Vermögensverwaltung nicht aufgehört hat.
Gesellschaftliche Handlungshäuser und Fabriken werden durch einen die Firma besitzenden Gesellschafter als einzigem Stimmführer vertreten.
b) Im Gebiete.
§. 41.
Das Gebiet theilt sich behufs der Wahl in sechs Bezirke, welche mit den Bezirken der sechs Compagnien der Territorial-Miliz zusammenfallen.
Der erste Bezirk, zu welchem Servola, Chiarbola sup., Chiarbola inf., S. Maria Maddalena sup. und S. Maria Maddalena infer. gehören, wählt Einen Vertreter.
Der zweite Bezirk, zu welchem Rozzol, Chiadino und Longera gehören, wählt Einen Vertreter.
Der dritte Bezirk, zu welchem Quardiella, Cologna und Scorcola gehören, wählt Einen Vertreter.
Der vierte Bezirk, zu welchem Barcola, Gretta und Rojano gehören, wählt Einen Vertreter.
Der fünfte Bezirk, zu welchem Basovizza, Banne, Gropada, Trebich, Padrich und Opchina gehören, wählt Einen Vertreter.
Der sechste Bezirk, zu welchen Prosecco, Contovello und St. Croce gehören, wählt Einen Vertreter.
§. 42.
Wer nach den Bestimmungen dieser Verfassung wählbar ist, kann von jedem Wahlkörper, auch wenn er nicht dazu gehört und in jedem Wahlbezirke, auch wenn er nicht in demselben wohnhaft ist, in den Stadtrath gewählt werden.
§. 43.
Die Wähler eines jeden Wahlkörpers der Stadt bilden für sich eine einzige Wahlversammlung.

Wählerlisten.

§. 44.
Ueber alle wahlberechtigten Gemeindeglieder sind nach Wahlkörpern und Bezirken abgesonderte Wählerlisten zu verfassen, und in jedem Wahlbezirke an einem geeigneten Orte, mindestens sechs Wochen vor der Wahl, zu Jedermanns Einsicht aufzulegen.
Die Auflegung dieser Listen ist durch eine dreimal der ämtlichen Zeitung einzuschaltende, und den Hauseigenthümern zur Verständigung der Parteien zuzustellende Kundmachung [774] unter Festsetzung einer Präclusivfrist von vierzehn Tagen zur Anbringung von Einwendungen dagegen zu veröffentlichen.
Der Magistrat entscheidet über die rechtzeitig erhobenen Einwendungen binnen längstens sechs Tagen und nimmt die für zulässig erkannten Berichtigungen sogleich vor.
Wird die begehrte Berichtigung verweigert, so steht die Berufung an den Stadtrath innerhalb drei Tagen offen.
Vierzehn Tage vor der Wahl darf in den Wählerlisten keine Veränderung mehr vorgenommen werden.
§. 45.
Besitzt ein Wähler der Stadt (§§. 39 und 43) die Wahlberechtigung für mehrere Wahlkörper, so kann er nur in einem derselben, und zwar in den höheren eingereiht werden.

Wahlausschreibung.

§. 46.
Zur Vornahme der Wahl sind acht Tage vorher sämmtliche Wahlberechtigte durch Erlaß des Statthalters in der Art einzuladen, daß das Wahlausschreiben, in welchem Zeit und Ort der Wahl, sowie die Zahl der in dem bezüglichen Wahlkörper und Wahlbezirke zu wählenden Mitglieder des Stadtrathes genau anzugeben sind, auf die im §. 44 angegebene Art bekanntgemacht wird.
Für jeden Wahlkörper ist ein besonderer Wahltag zu bestimmen in der Art, daß die Wahlen des vierten Wahlkörpers zuerst, dann die der drei übrigen Wahlkörper in aufsteigender Reihenfolge, hierauf die Wahlen des Gebietes stattfinden.

Leitung der Wahl.

§. 47.
Die Wahl der Mitglieder des Stadtrathes wird durch eigene Wahlcommissionen geleitet.
Für jeden Wahlkörper sowie für jeden Wahlbezirk des Gebietes wird von dem Stadtrathe eine Wahlcommission niedergesetzt, bestehend aus einem Mitgliede des Stadtrathes, welches dabei den Vorsitz führt, und vier stimmberechtigten Gemeindegliedern.
Die Wahlcommission ist für den gewissenhaften Vollzug der Wahl verantwortlich.
Die Mitglieder derselben haben sich jedes Einflusses auf die Stimmgebung der einzelnen Wahlberechtigten zu enthalten.
Jeder Wahlcommission wird ein vom Statthalter bestimmter Commissär beigegeben, dessen Aufgabe es ist, die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung und die Befolgung des gesetzlich bestimmten Wahlmodus wahrzunehmen.

Wahlhandlung.

§. 48.
Jeder Wahlberechtigte, welcher sein Wahlrecht ausüben will, muß zur bestimmten Zeit und an dem bestimmten Orte vor der Wahlcommission persönlich erschienen.
Nur jene Wahlberechtigten, welche im öffentlichen Dienste abwesend sind, können durch Bevollmächtigte vertreten werden.
Der Bevollmächtigte darf jedoch nur Einen Machtgeber vertreten, muß selbst wahlberechtiget sein (§§. 33–35) und eine in gesetzlicher Form ausgefertigte Vollmacht einlegen.
Die Namen der Erscheinenden werden in das von einem Mitgliede der Wahlcommission zu führende Wahlprotokoll eingetragen. [775]
Die Stimmgebung geschieht durch Stimmzettel, auf welchen die in dem Wahlausschreiben angegebene Zahl der auf den betreffenden Wahlkörper oder Wahlbezirk entfallenden Vertreter verzeichnet wird.
Bei Ueberschreitung dieser Zahl sind die auf dem Stimmzettel zuletzt angesetzten Namen unberücksichtigt zu lassen.
Bei den Wahlen im Stadtgebiete kann auch eine mündliche Abstimmung in der Art zugelassen werden, daß jeder Wähler vor der Wahlcommission den Namen des von ihm Vorgeschlagenen zu Protocoll gibt.
Nach Ablauf der, zur Abgebung der Stimmzettel festgesetzten Frist wird am Wahlorte selbst von der Wahlcommission die Eröffnung der Stimmzettel und die Stimmenzählung vorgenommen.
Als gewählt sind diejenigen anzusehen, welche die relative Mehrheit aller Stimmenden des Wahlkörpers oder Wahlbezirkes erhalten haben. Wird das Ergebniß der Wahl durch Stimmengleichheit zweifelhaft, so ist zu einer neuen Wahl zu schreiten, wobei sich auf jene Personen zu beschränken ist, hinsichtlich welcher wegen Stimmengleichheit kein Ergebniß erzielt worden ist.
Jede Stimme, welche auf eine nicht in die engere Wahl gebrachten Person fällt, ist als ungiltig zu betrachten.
Ergibt sich abermals Stimmengleichheit, so entscheidet das Loos.
Eine besondere Instruction innerhalb der Gränzen dieser Verfassung wird die näheren Bestimmungen über die Wahlhandlung aussprechen.
§. 49.
Die Gewählten dürfen keine Instructionen annehmen und ihr Stimmrecht nur persönlich ausüben.
§. 50.
Sogleich nach beendigter Stimmzählung ist von jeder Wahlcommission das Ergebniß der Wahl am Versammlungsorte kund zu geben, sohin das von den Mitgliedern der Commission und vom Commissär des Statthalters zu unterfertigende Wahlprotokoll mit den demselben beizuschließenden Belegen versiegelt dem Statthalter zu überreichen.
Der Statthalter sammelt diese Wahlprotokolle und beruft binnen acht Tagen die Versammlung der neuen Vertreter, welcher er auch die Wahlprotokolle zur Prüfung übermittelt.
Liegen dem Statthalter die Nachweise vor, daß ein Gewählter nach §. 37 von der Wählbarkeit ausgenommen oder ausgeschlossen sei, so hat er die Wahlacten mit seinen begründeten Bemerkungen dem Stadtrathe zu übergeben.
Den in den Stadtrath Gewählten hat der Statthalter mit Ausnahme des im vorigen Absatze erwähnten Falles ein Wahl-Zeugniß auszufertigen und zustellen zu lassen.
Dieses Zeugniß berechtigt den Gewählten zum Eintritte in den Stadtrath, und begründet in so lange die Vermuthung der Giltigkeit seiner Wahl, bis das Gegentheil erkannt ist.
Gleichzeitig mit dem Zusammentritte der neuen Versammlung erfolgt die Auflösung des bisherigen Stadtrathes, falls dieselbe nicht schon früher durch kaiserliche Verfügung geschehen wäre (§. 32).

Prüfung der Wahlen.

§. 51.
Die neue Vertretung hat unter dem Vorsitze des an Jahren ältesten Mitgliedes sich als constituirt zu erklären, und die Wahlen durch eine eigene Commission aus ihrer Mitte zu prüfen und über die Giltigkeit oder Ungiltigkeit derselben zu entscheiden. [776]
§. 52.
Einwendungen gegen die Giltigkeit einer Wahl sind bei der neuen Vertretung längstens binnen acht Tagen nach ihrer Constituirung anzubringen.
Werden binnen dieser Frist keine Einwendungen vorgebracht, oder die vorgebrachten als unstatthaft beseitiget und ergeben sich auch sonst keine Anstände, so wird die Wahl vom Stadtrathe bestätiget, und das Resultat derselben öffentlich bekannt gemacht.
Im entgegengesetzten Falle ist eine neue Wahl zu veranlassen.
Wurde von mehreren Wahlkörpern oder Wahlbezirken ein und dieselbe Person gewählt, so hat sie sich binnen derselben Frist zu erklären, für welchen Wahlkörper oder Wahlbezirk sie das Mandat annehme.
Auch in diesem Falle sowie, wenn die Wahl auf Jemanden gefallen ist, der einen gesetzlichen Entschuldigungsgrund gelten macht, endlich im Falle des §. 63 ist über Einschreiten des Stadtrathes vom Statthalter eine neue Wahl auszuschreiben.

Verpflichtung zur Annahme der Wahl.

§. 53.
In der Regel ist jedes Gemeindeglied verpflichtet, die auf selbes gefallene Wahl anzunehmen.
Ein Recht, die Wahl abzulehnen, haben nur:
a) Militärpersonen, welche nicht in der activen Dienstleistung stehen;
b) die in der Seelsorge verwendeten Geistlichen und Staatsbeamte;
c) Personen, die über 60 Jahre alt sind;
d) Personen, welche in der letztverflossenen Wahlperiode die Stelle eines Stadtrathes bekleidet haben, für die nächstfolgende Wahlperiode.
Wer ohne einen solchen Entschädigungsgrund die Annahme ungeachtet wiederholter Aufforderung verweigert, verfällt in eine Geldbuße, welche der Stadtrath von Einhundert bis Fünfhundert Gulden Conv. Münze bemessen kann, und verliert überdieß das active und passive Wahlrecht für die in der laufenden Wahlperiode stattfindenden Ergänzungswahlen und für die nächste Wahlperiode.
§. 54.
Der Stadtrath berichtet über die von ihm bestätigten Wahlen an den Statthalter und bringt gleichzeitig dieselben zur öffentlichen Kenntniß.

Beeidigung des Stadtrathes.

§. 55.
Sämmtliche Mitglieder des Stadtrathes haben hierauf in einer vom Statthalter eigens zu diesem Zwecke in kürzester Frist zu berufenden Versammlung in die Hände desselben den Eid der Treue dem Kaiser und sowohl der Reichsverfassung, als auf die Verfassung von Triest zu leisten.

Wahl des Vorstandes.

§. 56.
Nach erfolgter Beeidigung schreitet der Stadtrath zur Wahl des Vorstandes aus seiner Mitte.
Der Vorstand besteht aus einem Präsidenten, welcher den Titel: Podestà führt, und zwei Vicepräsidenten.
Die Mitglieder des Vorstandes müssen in Triest ihren Wohnsitz haben, und dürfen unter einander weder im ersten, noch im zweiten Grade verwandt oder verschwägert seyn.
Der Podestà muß insbesondere Bürger von Triest seyn. [777]
§. 57.
Die Wahl geschieht für jedes Mitglied des Vorstandes abgesondert.
Hiezu ist die Anwesenheit von wenigstens zwei Drittheilen der sämmtlichen Stadtraths-Mitglieder erforderlich, und ist derjenige als zum Podestà oder Vicepräsidenten gewählt anzusehen, welcher die absolute Stimmenmehrheit der gesammten Mitglieder des Stadtrathes für sich hat. Kommt die oben bezeichnete Mehrheit in zwei auf einander folgenden Abstimmungen nicht zu Stande, so wird zu einer engeren Wahl geschritten, welche sich auf jene zwei Mitglieder zu beschränken hat, die in der letzten Abstimmung die meisten Stimmen erhalten haben.
§. 58.
Zur Wahl des Vorstandes haben sich sämmtliche Mitglieder des Stadtrathes einzufinden.
Jene Mitglieder, die entweder gar nicht erscheinen oder vor Beendigung der Wahlhandlung sich entfernen, ohne ihr Ausbleiben oder ihr Entfernen durch hinreichende Gründe zu entschuldigen, sind als ihres Amtes verlustig zu erklären, und können in der laufenden Wahlperiode nicht wieder gewählt werden.
§. 59.
Die Wahl des Podestà und der Vicepräsidenten gilt für die dreijährige Dauer der Wahlperiode.
Der Austretende ist wieder wählbar.
Sollte der Austritt des Podestà oder eines Vicepräsidenten vor Ablauf der gesetzlichen Zeit erfolgen, so gilt die deßhalb vorzunehmende Wahl jedenfalls nur bis zum regelmäßigen Erneuerungstermine.
§. 60.
Die Wahl des Podestà unterliegt der Bestätigung des Kaisers.
Nach erfolgter Bestätigung hat der Podestà im versammelten Stadtrathe den vorgeschriebenen Eid in die Hände des Statthalters abzulegen, und ist die hierüber aufgenommene, von ihm eigenhändig gefertigte Eidesurkunde dem Statthalter vorzulegen.

Ausnahmsweise Bezüge der Stadträthe.

§. 61.
Die Mitglieder des Stadtrathes verwalten ihr Amt unentgeltlich.
Bei Besorgung von Gemeinde-Angelegenheiten außerhalb des Gemeindebezirkes haben die dazu abgeordneten Mitglieder des Stadtrathes auf die nämlichen Gebühren aus der Gemeindecasse Anspruch, welche in gleichem Falle den Räthen des Obergerichtes aus der Staatscasse verabreicht werden.

Genüsse der Vorstandsmitglieder.

§. 62.
Sowohl der Podestà als die beiden Vicepräsidenten erhalten eine Functionsgebühr, welche vom Stadtrathe festgestellt wird.
Dem Podestà wird insbesondere die Wohnung im Stadthause eingeräumt.

Verlust der Stelle eines Stadtrathes.

§. 63.
Ein Mitglied des Stadtrathes wird seiner Stelle verlustig, wenn in Ansehung desselben ein Grund eintritt, der es von der Wählbarkeit ausgenommen oder ausgeschlossen hätte (§. 37).
Sollte ein Mitglied des Stadtrathes wegen eines Verbrechens in Anklagestand versetzt worden seyn, so kann es vor erfolgter Schuldlossprechung sein Amt nicht ausüben.
Diese Bestimmungen gelten auch hinsichtlich der Vorstandsmitglieder. [778]

Verwaltungsausschuß.

§. 64.
Der Stadtrath wählt für die Dauer Eines Jahres, aus seiner Mitte einen Verwaltungs-Ausschuß von zehn Mitgliedern und fünf Ersatzmännern.
Dieser Verwaltungsausschuß, welcher auch, wenn der Stadtrath nicht versammelt ist, in Wirksamkeit zu bestehen hat, vertritt denselben in allen jenen Angelegenheiten, welche durch diese Verfassung oder durch spätere Gesetze dem Verwaltungsausschusse zugewiesen werden.
§. 65.
Der Vorstand des Stadtrathes ist zugleich Vorstand des Verwaltungsausschusses.
§. 66.
Der Verwaltungsausschuß bleibt auch, wenn eine neue Wahl des Stadtrathes Statt zu finden hat, noch so lange in Wirksamkeit, bis der neuerwählte Stadtrath einen neuen Ausschuß eingesetzt hat.

Vollziehendes Organ der Stadt Triest.

§. 67.
Das vollziehende Organ der Gemeinde ist der Podestà mit dem ihm untergeordneten Stadtmagistrate, welcher aus einem rechtskundigen, von dem Stadtrathe ernannten Leiter und der nöthigen Anzahl von rechtskundigen Referenten sowie aus dem erforderlichen Hilfspersonale besteht.

Art der Anstellung.

§. 68.
Die rechtskundigen Mitglieder des Magistrates müssen zur dießfälligen Geschäftsführung in der für den Eintritt in den Staatsdienst vorgeschriebenen Weise befähigt seyn, sie dürfen sich nebenbei weder in einem andern dienstlichen Verhältnisse befinden, noch die juristische Praxis ausüben.
§. 69.
Wenn die Stelle eines rechtskundigen Mitgliedes des Magistrates zu besetzen kömmt, so ist dieß durch Einrückung in die öffentlichen Zeitungsblätter mit dem Beisatze zu verlautbaren, daß diejenigen, welche sich zu diesem Amte für befähigt halten, binnen einer nach Umständen zu bestimmenden Zeitfrist ihre schriftlichen und mit den gehörigen Ausweisen belegten Gesuche bei dem Magistrate zu überreichen haben. Letzterer erstattet hierüber dem Stadtrathe einen begründeten, die Eigenschaften aller Bewerber würdigenden Besetzungsvorschlag, bei welchem er jedoch an die aufgetretenen Bewerber nicht gebunden ist.

Dienstesentlassung und Enthebung vom Dienste.

§. 70.
Die rechtskundigen Mitglieder des Magistrates werden auf Lebenszeit angestellt. Die Entlassung, so wie die einstweilige Enthebung derselben vom Dienste kann nur nach denselben Grundsätzen wie bei Staatsbeamten der Verwaltungsbehörden erfolgen.

Gehalte und Pensionen.

§. 71.
Die rechtskundigen, auf Lebenszeit angestellten Mitglieder des Magistrates erhalten Besoldungen und Pensionen.
Hinsichtlich ihrer Versetzung in den Ruhestand gelten die für Staatsbeamte der Verwaltungsbehörden bestehenden Vorschriften.

Territorialmiliz.

§. 72.
Das Institut der Territorialmiliz, welche aus den waffenfähigen Grundbesitzern des Gebietes von Triest in der Stärke eines Bataillons von Eintausend Mann besteht, und deren Bestimmung es ist, in Friedenszeiten für die Erhaltung der Ruhe und öffentlichen Sicherheit in der Stadt und im Gebiete zu wachen (§. 94), in Kriegszeiten [779] aber auf Verlangen des Militärcommando zur Küstenvertheidigung und zum Garnisonsdienste verwendet zu werden, wird aufrecht erhalten.
Die nähere Einrichtung der Territorialmiliz wird durch ein besonderes Reglement im Wege des Gesetzes bestimmt.
Bis dahin hat die dermalige Einrichtung in Kraft zu bleiben.

Zweiter Theil. Wirkungskreis.

Erstes Hauptstück. Wirkungskreis des Stadtrathes.

I. Abschnitt. Umfang des Wirkungskreises.

Wirkungskreis im Allgemeinen.

§. 73.
Der Stadtrath der reichsunmittelbaren Stadt Triest ist innerhalb der durch die Reichsgesetze gezogenen Gränzen berufen, dieselbe in der Ausübung ihrer Rechte und Pflichten zu vertreten, in den die Stadt betreffenden Angelegenheiten selbständig Beschlüsse zu fassen und deren Vollziehung zu veranlassen.
Es obliegt ihm in dieser Beziehung im Allgemeinen:
A) die Einsetzung, Regelung, Oberleitung und Controle der sämmtlichen Stadtverwaltungsorgane;
B) die Ordnung des städtischen Haushaltes;
C) die allseitige Wahrung und Förderung der Interessen und Wohlfahrt der Stadt durch ihre besonderen Anstalten;
D) die Vertretung der Stadt als Körperschaft nach Außen.

Wirkungskreis insbesondere ad A.

a) Normirung des Verwaltungsorganismus.
aa) Einrichtung der Verwaltungsorgane.
§. 74.
Der Stadtrath regelt die Einrichtung des Magistrates und der demselben untergeordneten Organe, sowie der städtischen Anstalten, und bestimmt die Zahl und Bezüge aller Beamten und Diener.
Die Beschlußfassung über die Einrichtung des Magistrates ist der Sanction des Kaisers zu unterziehen.
bb) Ernennung des Personales.
§. 75.
Der Stadtrath ernennt die bleibend anzustellenden Gemeindebeamten, deren jährlicher Gehalt den Betrag von vierhundert Gulden C. M. übersteigt.
Für eben dieses Gehaltsausmaß ernennet er auch die Beamten der städtischen Anstalten, in sofern nicht vermöge Stiftung oder Vertrag das Recht der Ernennung einem Dritten eingeräumt ist.
Die Ernennung erfolgt nach vorausgegangener Concursausschreibung über Vorschlag des Magistrates.
Der Stadtrath ist jedoch an den Vorschlag nicht gebunden. [780]
cc) Versetzung in den Ruhestand und Entlassung.
§. 76.
Der Stadtrath hat über die Versetzung in den zeitlichen oder dauernden Ruhestand und über die Entlassung der bleibend angestellten Beamten, ferner über die Bewilligung der Bezüge der Hinterbliebenen in Gemäßheit der für die Staatsbeamten der Verwaltungsbehörden bestehenden Normen zu beschließen.
b) Aufsicht und Controle der Verwaltung.
§. 77.
Der Stadtrath hat die Oberaufsicht über die Geschäftsführung aller städtischen Organe und kann dieselben durch eigene Commissonen untersuchen lassen.
Er hat ferner darauf zu sehen, daß die städtischen Cassen von Zeit zu Zeit scontirt werden.

Berufungen.

§. 78.
Der Stadtrath hat über alle an ihn gelangenden Beschwerden gegen die von dem Verwaltungsausschusse ausgegangenen Verfügungen zu entscheiden.

ad B. Vom städtischen Haushalte. Gemeinde-Vermögen.

§. 79.
Der Stadtrath ist verpflichtet, das gesammte, sowohl bewegliche als unbewegliche Eigenthum der Gemeinde und sämmtliche Gerechtsache mittelst eines genauen Inventars in Uebersicht halten und jährlich dasselbe veröffentlichen zu lassen.
Er hat dafür zu sorgen, daß das gesammte erträgnißfähige Vermögen derart verwaltet werde, daß es die thunlich größte nachhaltige Rente ergebe.
Er ist endlich verpflichtet, darauf zu sehen, daß kein berechtigtes Gemeindeglied aus dem Gemeindegute einen größeren Nutzen ziehe, als zur Deckung seines Bedarfes nothwendig ist.

Erwerbung und Veräußerung, Verpfändung und Verpachtung des Gemeinde-Vermögens.

§. 80.
Der Stadtrath hat das Recht zur Erwerbung, Verpfändung, Veräußerung oder zum Umtausche unbeweglicher Güter und der denselben gleichgehaltenen Gerechtsamen, sowie zur Eingehung von Pachtverträgen, in soweit die Beschlußfassung über diese Gegenstände den Wirkungskreis des Verwaltungsausschusses überschreitet.
Zu einer giltigen Beschlußfassung über eine Veräußerung ist die Anwesenheit von mindestens zwei Drittheilen der Mitglieder des Stadtrathes, und überdieß die Zustimmung der absoluten Mehrheit sämmtlicher Mitglieder des Stadtrathes erforderlich. Uebersteigt der Gesammtbetrag eines der obenerwähnten Geschäfte die Summe von Einmalhundert Tausend Gulden Conv. Münze, so ist die Beschlußfassung der Sanction des Kaisers zu unterziehen.

Voranschläge.

§. 81.
Der Stadtrath hat auf Grundlage der Inventarien und der Rechnung den Hauptvoranschlag der Einnahmen und Ausgaben der Stadtgemeinde für die drei nächstfolgenden Verwaltungsjahre ausarbeiten zu lassen.
§. 82.
Die Ausarbeitung dieses Voranschlages geschieht vom Magistrate unter Mitwirkung der vom Verwaltungsausschusse aus seiner Mitte abzuordnenden Commissäre.
Der ausgearbeitete Entwurf ist hierauf mit den Bemerkungen des Magistrats und der mitwirkenden Commission dem Stadtrathe längstens neun Monate vor Beginn des Rechnungsjahres vorzulegen. Vier Wochen vor der Prüfung durch den Stadtrath ist der Entwurf im Stadthause zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. [781]
Die Erinnerungen der Gemeindeglieder darüber werden zu Protokoll genommen und bei der Prüfung in Erwägung gezogen.
§. 83.
Die Feststellung des dreijährigen Voranschlages der Einnahmen und Ausgaben bedarf der Sanction des Kaisers.
§. 84.
Innerhalb der Gränzen des dreijährigen Hauptvoranschlages und auf Grundlage desselben, sowie der Rechnung des letztabgelaufenen Verwaltungsjahres ist von Jahr zu Jahr ein besonderer Voranschlag auf die oben (§. 82) angegebenen Weise auszuarbeiten, und durch den Stadtrath selbständig festzustellen. Dieser jährliche Voranschlag hat längstens innerhalb drei Monaten vor Beginn des Verwaltungsjahres an den Stadtrath zu gelangen und vierzehn Tage vor der Prüfung durch denselben zur öffentlichen Einsicht aufzuliegen.

Deckung des Ausfalles im Budget.

§. 85.
Zeigt sich bei der Feststellung des Hauptvoranschlages für die dreijährige Verwaltungsperiode, oder innerhalb derselben bei der Verfassung der einzelnen Jahresvoranschläge, oder endlich in außerordentlichen Fällen im Laufe des Verwaltungsjahres, daß die nöthigen Ausgaben durch die Einnahmen nicht gedeckt sind, so hat der Stadtrath durch Eröffnung neuer Einnahmsquellen für die Deckung des Abganges zu sorgen.

Neue Auflagen, Erhöhung der Auflagen.

§. 86.
Wenn der Stadtrath zur Deckung des Abganges neue Auflagen oder eine Erhöhung derselben um fünf und zwanzig Percent des in dem letzten Voranschlage berechneten Ertrages auszuschreiben findet, ist hiezu die Sanction des Kaisers erforderlich.
Bezüglich der Giltigkeit des Beschlusses haben auch in diesem Falle die im §. 80 aufgestellten Erfordernisse der Schlußfassung Anwendung.

Darleihen, Bürgschaften, Finanzoperationen.

§. 87.
Zur Aufnahme von einfachen Darlehen und zur Uebernahme von Bürgschaften, bei welchen der dargeliehene Betrag oder die verbürgte Summe das nach dem letzten dreijährigen Voranschlage durchschnittlich bemessene Jahreseinkommen der Gemeinde überschreitet, endlich zu jeder Finanz-Operation wird ebenfalls nebst der im vorhergehenden Paragraphe erwähnten Bedingung der Schlußfassung die Sanction des Kaisers erfordert.

Prüfung der Rechnung.

§. 88.
Dem Stadtrathe obliegt die Prüfung und definitive Erledigung der Schlußrechnung über die Gebarung in der letztabgelaufenen dreijährigen Verwaltungsperiode, so wie die Prüfung und Erledigung der sämmtlichen jährlichen Rechnungslegungen.
Vierzehn Tage vor der Prüfung durch den Stadtrath werden die Rechnungen zur öffentlichen Einsicht im Stadthause aufgelegt.
Die Erinnerungen der Gemeindeglieder darüber werden zu Protokoll genommen, und bei der Prüfung in Erwägung gezogen.

Verträge, Abschreibung von Forderungen.

§. 89.
Die Schlußfassung über Eingehung von Verträgen jeder Art, über Abschreibung von zweifelhaften und uneinbringlichen Forderungen und Nachsicht von Ersätzen, soweit deren Gegenstand den Wirkungskreis des Verwaltungs-Ausschusses überschreitet, ist dem Stadtrathe vorbehalten. [782]

Bauten und außerordentliche Auslagen.

§. 90.
Dem Stadtrathe ist ferner vorbehalten, die Schlußfassung über die Ausführung von Bauten, ferner die Bewilligung zu außerordentlichen, im Voranschlage nicht enthaltenen Auslagen, welche den Wirkungskreis des Verwaltungs-Ausschusses übersteigen.

ad C. Wirksamkeit des Stadtrathes zur Wahrung und Förderung der Wohlfahrt der Gemeinde durch besondere Anstalten.

§. 91.
Der Stadtrath hat die materiellen und geistigen Interessen der Bevölkerung der reichsunmittelbaren Stadt Triest wahrzunehmen, und für die Beförderung der Wohlfahrt derselben durch geeignete Anstalten zu sorgen.

Localpolizei.

§. 92.
Insbesondere obliegt ihm die Mitwirkung zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, sowie der öffentlichen Sittlichkeit, dann die Obsorge für die Stadtverschönerung, Reinlichkeit, Pflasterung, Anlegen und Erhaltung der Wege und Straßen, mit Ausnahme jener, deren Erhaltung dem Reichsschatze obliegt; der städtischen Brunnen, Wasserleitungen und sonstigen Anlagen; dann für Beleuchtung, Approvisionirung, Gesundheitspolizei, Feuerlösch-Anstalten und Vorkehrungen zur Abwendung der die Sicherheit der Person und des Eigenthumes bedrohenden Gefahren durch Elementar-Ereignisse.
Der Stadtrath hat für die in dieser Beziehung erforderlichen Anstalten und Einrichtungen innerhalb der Reichs- und Landesgesetze die Vorschriften zu geben, die nöthigen Geldmittel zu bewilligen, die nähere Anordnung und Ueberwachung der Ausführung aber dem Verwaltungs-Ausschusse zu übertragen.
Der Stadtrath ist für jede in dieser Beziehung ihm zur Last fallende Unterlassung verantwortlich. Der Staatsregierung bleibt die Controle und die Einwirkung dort, wo sie dieselbe aus öffentlichen Rücksichten für nothwendig findet, vorbehalten.
§. 93.
Der Stadtrath hat ferner die Mittel für jene Localpolizei-Anstalten zu beschaffen, welche von der Regierung im Interesse der Stadt geleitet werden.
Die Beiträge der Stadt zu dem Aufwande für polizeiliche Zwecke werden durch besondere Uebereinkommen der Staatsregierung mit dem Stadtrathe geregelt.
Bis dahin hat die Stadt in dem bisherigen Verhältnisse beizutragen.
§. 94.
Der Stadtrath hat für die Erhaltung des in Friedenszeiten zur Wahrung der Ruhe und öffentlichen Sicherheit bestimmten Bataillons der Territorial-Miliz (§. 72) zu sorgen, und die dafür nöthigen Geldmittel zu bewilligen, in soferne nicht der Aufwand für dieselbe nach den Bestimmungen des Reglements theilweise aus dem Staatsschatze bestritten wird.

Sanität.

§. 95.
Innerhalb der Gränzen der Reichsgesetze und der mit der Staatsverwaltung bestehenden Uebereinkommen obliegt dem Stadtrathe die Einrichtung und Oberaufsicht der Anstalten für das Local-Sanitätswesen, insbesondere des städtischen Spitals.
Er hat den betreffenden Verwaltungs-Organen die nöthigen Geldmittel zu bewilligen, und denselben die nähere Ausführung zu überlassen. [783]

Armenpflege und Wohlthätigkeits-Anstalten.

§. 96.
Für die der Stadtgemeinde obliegende Armenpflege hat der Stadtrath, in soferne die durch die Privat-Wohlthätigkeit und durch die Sorge der Direction der Armen-Versorgungs-Anstalten aufgebrachten Mittel nicht ausreichen, die erforderlichen Beiträge zu bewilligen, überhaupt für die Erhaltung und zweckmäßige Leitung der dießfalls erforderlichen städtischen Anstalten, sowie des Versatzamtes und der Sparcasse zu sorgen.

Kirchen-, Schulangelegenheiten, Bildungs-Anstalten, Stiftungen.

§.97.
Bezüglich der Kirchen- und Schulangelegenheiten, der wissenschaftlichen, Kunst- und sonstigen Bildungs-Anstalten obliegt dem Stadtrathe innerhalb der Reichs- und Landesgesetze und der bestehenden besonderen Uebereinkommen die Anordnung, Ueberwachung und die Beischaffung der erforderlichen Mittel.
Dasselbe gilt von den Stiftungen, unvorgegriffen der von den Stiftern bezüglich der Verleihung, Verwaltung und Verwendung getroffenen Verfügungen.

Commissionen.

§. 98.
Der Stadtrath hat das Recht, die städtischen Anstalten und Unternehmungen durch Abordnung eigener Commissionen untersuchen zu lassen, wozu er auch Commissäre außer seinem Mittel bestimmen kann.

Ad D. Vertretung der Stadt als Körperschaft nach Außen.

§. 99.
Der Stadtrath vertritt die reichsunmittelbare Stadt Triest als Körperschaft gegenüber einzelnen Personen, gegenüber der Regierung und dem Reiche.
a) Gegenüber einzelner Personen durch Verleihung des Bürgerrechtes.
§. 100.
Er hat das Recht in Triest angesiedelten Reichsbürgern das Bürgerrecht der Stadt zu ertheilen.
Die für die Verleihung des Bürgerrechtes zu entrichtende Taxe (§. 19) wird vom Stadtrathe festgestellt, welcher in einzelnen Fällen, aus rücksichtswürdigen Gründen dieselbe nachsehen kann.
Ihm steht es auch zu, das Ehrenbürgerrecht der reichsunmittelbaren Stadt zu verleihen (§. 21).
b) Gegenüber der Regierung.
aa) Recht der Beschwerde.
§. 101.
Der Stadtrath ist berechtiget, seine Beschwerden über eine ungehörige Vollziehung der Gesetze, und den Antrag auf Abhilfe beim Ministerium einzubringen.
bb) Erstattung von Gutachten.
§. 102.
In den die reichsunmittelbare Stadt Triest betreffenden Reichsangelegenheiten steht es dem Stadtrathe zu, über Aufforderung von Seite der vollziehenden Reichsgewalt die Bedürfnisse und Wünsche der Stadt zu berathen, und seine Vorschläge durch den Statthalter zu erstatten.
c) Gegenüber dem Reiche.
§. 103.
Der Staatsrath der reichsunmittelbaren Stadt Triest hat das Recht, zwei Abgeordnete für das Oberhaus des Reichstages aus seiner Mitte zu wählen.
Die Art der Wahl wird durch das Reichswahlgesetz bestimmt. [784]

II. Abschnitt. Art der Verhandlung.

Beschlußfähigkeit und Beschlußfassung.
§. 104.
Zur Giltigkeit eines Beschlusses des Stadtrathes ist die Anwesenheit von mindestens acht und zwanzig Mitgliedern, und die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich.
Die erhöhten Erfordernisse für besondere Gegenstände der Verhandlung sind in den §§. 57, 80, 86, 87, 110, 111 und 134 enthalten.

Ausschließung wegen Befangenheit.

§. 105.
Wenn die dienstliche Wirksamkeit des Podestà oder eines Mitgliedes des Stadtrathes den Gegenstand der Berathung und Schlußfassung bildet, haben sich die Betheiligten der Abstimmung zu enthalten, müssen jedoch der Sitzung, wenn es gefordert wird, zur Ertheilung der gewünschten Auskünfte beiwohnen.
§. 106.
Wenn ein besonderes Privat-Interesse eines Mitgliedes oder seiner nächsten Verwandten einen Gegenstand der Verhandlung bildet, hat dasselbe abzutreten.

Vorsitz.

§. 107.
Der Podestà oder im Verhinderungsfalle der erste, und bei dessen Abwesenheit der zweite Vicepräsident führt in den Sitzungen den Vorsitz.
Jede Sitzung, bei welcher dieß nicht beobachtet wird, ist ungiltig.
Der Vorsitzende hat sich in der Regel an der Abstimmung nicht zu betheiligen, und nur bei gleichgetheilten Stimmen mit seiner Stimme den Ausschlag zu geben. Findet er sich veranlaßt, an der Debatte Theil zu nehmen, so hat er den Vorsitz an den nächstfolgenden Vicepräsidenten abzugeben.
Die Vicepräsidenten haben bei jeder Verhandlung des Stadtrathes, bei welcher sie nicht den Vorsitz führen, eine entscheidende Stimme, die sie in der Reihenfolge der Stimmenden zuletzt abgeben.

Beiziehung von Magistrats-Mitgliedern.

§. 108.
Der Leiter des Magistrats, sowie die Referenten desselben müssen, so oft es der Podestà oder dessen Stellvertreter es für nöthig erachtet, in den Sitzungen des Stadtrathes anwesend seyn, haben jedoch dabei nur eine berathende Stimme.

Landesfürstlicher Commissär.

§. 109.
Der Statthalter oder der von ihm bestellte Commissär kann den Berathungen und der Abstimmung des Stadtrathes beiwohnen, und dabei jederzeit das Wort nehmen.
An der Abstimmung darf er sich jedoch nicht betheiligen.
Er ist berechtigt, Vorlagen der Regierung zur Berathung und Schlußfassung einzubringen.

Sistirung der Beschlüsse des Stadtrathes.

a) Durch den Podestà.
§. 110.
Erachtet der Podestà, daß ein Beschluß des Stadtrathes der Verfassung oder den bestehenden Gesetzen zuwider laufe, so ist er berechtigt und verpflichtet, die Ausführung des Beschlusses zu sistiren, und darüber ohne Verzug die Entscheidung des Statthalters einzuholen. [785]
Gegen die Entscheidung des Statthalters steht dem Stadtrathe die Berufung an das Ministerium offen.
Glaubt der Podestà, daß ein Beschluß des Stadtrathes ein wichtiges Gemeinde-Interesse gefährde, so liegt es ebenfalls in seiner Pflicht, mit der Ausführung innezuhalten und den Gegenstand einer nochmaligen Berathung und Schlußfassung des Stadtrathes, unter den im §. 57 angegebenen Erfordernissen zu unterziehen.
Beharrt der Stadtrath auf seinem ersten Beschlusse, so hat der Podestà demselben Folge zu geben, und hievon dem Statthalter die Anzeige zu machen.
b) Durch den Statthalter.
§. 111.
In den beiden, im vorigen Paragraphe erwähnten Fällen steht auch dem Statthalter das Recht zu, die Ausführung eines Beschlusses einzustellen, und die Gründe der Sistirung dem Stadtrathe mitzutheilen.
Erfolgt die Sistirung wegen Verletzung eines Gesetzes, so steht dem Stadtrathe die Berufung an das Ministerium offen.
Wenn die Sistirung wegen Gefährdung eines wichtigen Gemeinde-Interesses geschieht, hat der Stadtrath den Gegenstand einer nochmaligen Berathung und Schlußfassung, mit Beobachtung der im §. 57 erwähnten Erfordernisse zu unterziehen und den Beschluß zur Kenntniß des Statthalters zu bringen.

Oeffentlichkeit der Sitzung.

§. 112.
Die Sitzungen des Stadtrathes sind in der Regel öffentlich.
Wenn aber persönliche Angelegenheiten, geheime Licitationsbedingungen, Vorsichtsmaßregeln, Vorkehrungen und Einleitungen, die zur Sicherung des Zweckes die Geheimhaltung erheischen, in Verhandlung kommen, kann über Anordnung des Vorsitzenden, oder auf Verlangen von wenigstens zehn Rathsmitgliedern, die Berathung und Abstimmung in vertraulicher Sitzung stattfinden.
Auch ist im Falle, als durch die Haltung der Zuhörer die Berathung gestört, oder die Freiheit derselben beirrt wird, der Vorsitzende berechtigt und verpflichtet, nach vorausgegangener fruchtloser Ermahnung zur Ordnung, das Sitzungslocale von Zuhörern räumen zu lassen.

Ordentliche und außerordentliche Sitzungen.

§. 113.
Durch Beschluß des Stadtrathes ist die Zeit der ordentlichen periodischen Sitzungen festzustellen und darüber die Anzeige dem Statthalter zu erstatten.
Zu außerordentlichen Sitzungen kann sich der Stadtrath nur über Einberufung des Podestà oder in dessen Verhinderungsfalle, seines Stellvertreters versammeln.
Jede außerordentliche Sitzung, der eine solche Einberufung nicht zu Grunde liegt, ist ungesetzlich, und es sind die darin gefaßten Beschlüsse ungiltig.
Der Podestà, und in dessen Verhinderung sein Stellvertreter, ist jedoch verpflichtet, über schriftliches Einschreiten von wenigstens zwanzig Mitgliedern, oder im Auftrage des Statthalters den Stadtrath zu einer außerordentlichen Sitzung einzuberufen.
Der Statthalter ist von der Anordnung jeder außerordentlichen Sitzung in Kenntniß zu setzen. [786]

Deputationen.

§. 114.
Deputationen dürfen zu den Sitzungen des Stadtrathes oder seiner Ausschüsse nicht zugelassen werden.

Oeffentlichkeit der Abstimmung.

§. 115.
Die Abstimmung ist in der Regel öffentlich.
Bei Ernennungen jedoch, und wenn der Stadtrath sonst aus rücksichtswürdigen Gründen es beschließt, kann eine geheime Abstimmung stattfinden.

Sitzungs-Protokoll.

§. 116.
Ueber die Sitzungsverhandlungen ist von einem durch den Podestà zu bestimmenden Beamten ein Protokoll zu führen.
Dasselbe ist von dem Vorsitzenden, von zwei vom Stadtrathe zu benennenden Mitgliedern und dem Protokollsführer zu unterzeichnen und in dem Gemeindearchive aufzubewahren.
Ein Auszug des Protokolls der öffentlichen Sitzungen und im Falle einer geheimen Sitzung wenigstens die Ergebniße derselben, sind durch die Einrückung in das ämtliche Zeitungsblatt zu veröffentlichen.

Geschäfts-Ordnung.

§. 117.
Die näheren Bestimmungen über die Art der Geschäftsbehandlung des Stadtrathes, insbesondere auch über die Bildung von Ausschüssen für einzelne Gegenstände enthält die Geschäftsordnung.
Die Feststellung der Geschäftsordnung erfordert die Sanction des Kaisers.

Zweites Hauptstück. Wirkungskreis des Verwaltungsausschusses.

Im Allgemeinen.

§. 118.
Der Verwaltungsausschuß vertritt als berathendes und beschließendes Organ die Stelle des Stadtrathes in allen jenen Gemeindeangelegenheiten, welche durch diese Verfassung oder von dem Stadtrathe innerhalb der Gränzen seiner autonomen und in den vorausgehenden Bestimmungen ihm nicht speciell vorbehaltenen Wirksamkeit dem Verwaltungs-Ausschusse zugewiesen werden.

Im Besonderen.

§. 119.
Insbesondere liegt im Wirkungskreise des Verwaltungsausschusses.
a) Die Ernennung der Beamten und Diener der Gemeinde, sowie jener der städtischen Anstalten, in soferne deren jährlicher Gehalt den Betrag von vierhundert Gulden C. M. nicht übersteigt; dann
b) die Bewilligung aller Gehalts-Vorschüsse, die Suspendirung der städtischen Beamten aus wichtigen Gründen, und die Veranstaltung des nöthigen Provisoriums mit der Verpflichtung, den Fall dem Stadtrathe zur Entscheidung vorzulegen, dann die Entlassung der Gemeindediener;
c) die nähere Controle der Geschäftsführung des Magistrats und der städtischen Aemter, dann die Scontirung der städtischen Cassen;
d) die Entscheidung über Beschwerden gegen Amtshandlungen, des Magistrats bezüglich des natürlichen Wirkungskreises der Gemeinde.
Eine weitere Berufung gegen diese Entscheidung ist nicht zulässig. [787]
e) die Bewilligung zur Erwerbung, Verpfändung, Veräußerung oder zum Umtausche unbeweglicher Güter und der denselben gleich gehaltenen Gerechtsamen, wenn deren jährlicher Ertrag die Summe von Eintausend Gulden Conv. Münze nicht übersteigt;
f) die Bewilligung zu Geldgeschäften und zur Abschließung von Verträgen und Vergleichen jeder Art, welche mit der Gebarung der Gemeinde zusammenhängen, und den Betrag von Eintausend Gulden Conv. Münze nicht überschreiten. Ferner bis zu demselben Betrage die Bewilligung zu Gemeindebauten.
g) die Bewilligung jeder Art nicht präliminirter Ausgaben, welche den Betrag von Einhundert Gulden Conv. Münze nicht übersteigen;
h) die Bewilligung zur Abschreibung zweifelhafter und uneinbringlicher Forderung und Nachsicht von Ersätzen, welche den Betrag von Zweihundert Gulden Conv. Münze nicht übersteigen;
i) die Bewilligung zur Eingehung von Rechtsstreiten;
k) die Mitwirkung bei der Verfassung der Voranschläge der Stadt (§. 82, 84) und die Vorprüfung der nach §. 88 der Erledigung des Stadtrathes vorbehaltenen Rechnungslegungen und der außerordentlichen Voranschläge, deren Genehmigung vermöge des Betrages dem Stadtrathe vorbehalten ist;
l) die Bewilligung aller Ausgaben, welche zur Ausführung der genehmigten städtischen Voranschläge gehören, innerhalb der Gränzen der einzelnen Rubriken, und in so ferne in den einzelnen Puncten dieses Paragraphes nicht besondere beschränkende Bestimmungen enthalten sind.
m) Die näheren Anordnungen behufs der Detail-Ausführung der Beschlüsse des Stadtrathes über die Verwaltung des städtischen Vermögens und über die Reglung der nach §§. 89 – 92 zu dessen Wirkungskreise gehörigen Gegenstände;
n) die Aufnahme von Fremden in den Gemeindeverband als Angehörige in jenen Fällen, in welchen dieselben nicht schon nach §. 13 darauf Anspruch haben;
o) die Schlußfassung über jene Gegenstände, welche ihm vom Stadtrathe im Sinne des vorigen Paragraphes zugewiesen werden.

Allgemeine Bestimmungen über die Geschäfts-Behandlung.

§. 120.
Den Vorsitz im Verwaltungsausschusse führt der Podestà und in dessen Verhinderung der erste oder zweite Vice-Präsident.
Zur Beschlußfähigkeit ist die Anwesenheit von wenigstens acht Mitgliedern außer dem Vorsitzenden erforderlich.
Zur Beschlußfähigkeit genügt die relative Stimmenmehrheit.
Es steht jedoch dem Vorsitzenden das Recht zu, in den Fällen des §. 110 die Ausführung des gefaßten Beschlusses zu sistiren, und den Gegenstand zur Entscheidung des Stadtrathes zu bringen.
Die näheren Bestimmungen über die Art der Geschäftsbehandlung werden vom Stadtrathe festgesetzt.

Erweiterter Wirkungskreis, in Folge der Auflösung des Stadtrathes.

§. 121.
Für die Zeit, während welcher der Verwaltungsausschuß nach Auflösung des Stadtrathes im Amte zu bleiben hat (§. 66), ist er berechtigt, in Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung [788] wegen Gefahr am Verzuge solche Anordnungen zu treffen, welche nach der Verfassung dem Stadtrathe vorbehalten sind.
Von der Ausführung jedoch ist die Genehmigung des Statthalters einzuholen.
In jenen Angelegenheiten hingegen, welche dem Stadtrathe in seiner Eigenschaft als Landtag zugewiesen sind, kommt unter den obigen Voraussetzungen dem Kaiser das Recht zu, die nöthigen Verfügungen unter Verantwortlichkeit des Ministeriums mit provisorischer Gesetzkraft zu treffen, jedoch mit der Verpflichtung, darüber dem nächst zusammentretenden Stadtrathe, die Gründe und Erfolge darzulegen.

Ausnahmsweise Beschränkung des Wirkungskreises.

§. 122.
Dem Podestà oder seinem Stellvertreter steht das Recht zu, in einzelnen Fällen Gegenstände, welche nach dieser Verfassung oder den vom Stadtrathe gegebenen Normen dem Wirkungskreise des Verwaltungsausschusses zugewiesen sind, ausnahmsweise der Berathung und Schlußfassung des Stadtrathes zu unterziehen, wenn die besondere Beschaffenheit oder größere Wichtigkeit des Gegenstandes eine umsichtigere Behandlung zu gebieten scheint.

Protokoll.

§. 123.
Auch über die Sitzungen des Verwaltungs-Ausschusses ist durch einen, vom Vorsitzenden zu bestimmenden Magistratsbeamten ein Protokoll zu führen, vom Vorsitzenden, einem Mitgliede und dem Schriftführer zu unterfertigen und im Gemeinde-Archive aufzubewahren.

Drittes Hauptstück. Wirkungskreis des Podestà mit dem Magistrate, als vollziehenden Organs der Stadtgemeinde.

Im Allgemeinen.

§. 124.
Der Podestà mit dem ihm untergeordneten Stadtmagistrate ist das vollziehende Organ der Stadtgemeinde, unter der Controle der Stadtvertretung. Der Podestà ist verpflichtet, jeden giltigen Beschluß des Stadtrathes und Verwaltungs-Ausschusses durch den Magistrat in Vollzug zu setzen und er ist dießfalls dem Stadtrathe verantwortlich.

Vertretung der Gemeinde gegenüber dritter Personen.

§. 125.
Der Podestà repräsentirt die Gemeinde nach Außen sowohl in Civilrechts- als Verwaltungsangelegenheiten,
Urkunden, durch welche Verbindlichkeiten der Gemeinde gegen dritte Personen begründet werden sollen, müssen vom Podestà, und von zwei Mitgliedern des Verwaltungs-Ausschusses unterfertiget werden.

Disciplinargewalt, Leitung der Geschäfte.

§. 126.
Dem Podestà sind alle Beamten und Diener der Gemeinde untergeordnet und er übt über dieselben die Disciplinargewalt. Er kann unter eigener Verantwortung dem Leiter des Magistrates die Detail-Leitung der Magistratsgeschäfte, sowie die Unterzeichnung der ämtlichen Ausfertigungen mit Ausnahme der im vorigen Paragraphe bezeichneten Urkunden überlassen. [789]

Insbesondere

a . Bezüglich des natürlichen Wirkungskreises.
§. 127.
Der Magistrat unter der Oberleitung des Podestà hat insbesondere bezüglich des natürlichen Wirkungskreises der Gemeinde:
a) Alle an den Magistrat, an den Stadtrath und den Verwaltungs-Ausschuß gerichteten Eingaben entgegen zu nehmen, und ihrer Erledigung zuzuführen;
b) die laufenden Geschäfte zu erledigen;
c) die städtischen Voranschläge und Rechnungen zu verfassen (§§. 82, 84 und 88);
d) die unmittelbare Verwaltung des Gemeinde-Vermögens und der Gemeinde-Angelegenheiten zu führen;
e) die gesammte Cassagebarung der Gemeinde sowohl bezüglich der Einnahmen als Ausgaben, dann die Wirksamkeit sämmtlicher Gemeindeämter und Anstalten zu leiten und zu überwachen;
f) die der Gemeinde zustehende Localpolizei zu handhaben. Gegen Uebertretungen der dießfälligen Vorschriften kann er Geldbußen, welche in die Stadtcasse einzufließen haben, bis zum Betrage von fünfzig Gulden Conv. Münze androhen und verhängen, im Falle der Zahlungsunfähigkeit aber die Geldbuße in Haft bis zu zehn Tagen umwandeln;
g) Fremde, bei welchen die Erfordernisse des §. 13 eintreten, in den Gemeindeverband aufzunehmen;
h) der Stadtverwaltung alle geforderten Nachweisungen und Gutachten zu liefern.
b) Bezüglich des übertragenen Wirkungskreises.
§. 128.
Der Magistrat hat unter der Oberleitung und Verantwortlichkeit des Podestà die Geschäfte des von der Staatsregierung der Gemeinde übertragenen Wirkungskreises zu besorgen.
Die Regierung kann jedoch dieselben, wenn sie es für nothwendig findet, ganz oder theilweise auch durch von ihr bestellte Beamte versehen lassen.
§. 129.
Zu den Geschäften des von der Staatsregierung übertragenen Wirkungskreises gehören:
a) die Kundmachung der Gesetze und Verordnungen;
b) die Einhebung und Abfuhr der directen Steuern;
c) die Mitwirkung bei dem Conscriptions-Geschäfte und die Besorgung der Angelegenheiten in Bezug auf die Vorspann, Verpflegung und Einquartierung des Militärs;
d) die Ausstellung von Heimatscheinen für Gemeindeglieder auf die Dauer von vier Jahren und die Verlängerung derselben;
e) Die Aufsicht auf Maß und Gewicht;
f) Berichterstattung an den Statthalter über alle Vorkommnisse, welche für die Staatsgewalt vom Interesse sind.
§. 130.
Ueberhaupt hat der Magistrat alle Amtshandlungen, welche ihm durch die Gesetze übertragen sind, oder durch spätere Verordnungen zugewiesen werden, so wie alle ihm vom Statthalter zukommenden Befehle und Anordnungen in Angelegenheiten des öffentlichen [790] Dienstes genau und in der durch das Gesetz oder die berufene Behörde bezeichneten Weise zu vollziehen.

Instanzenzug.

§. 131.
In den Geschäften des übertragenen Wirkungskreises geht der Instanzenzug an den Statthalter.

Uebergangsbestimmungen.

§. 132.
Der erste, auf Grundlage dieser Verfassung berufene Stadtrath hat die Organisirung des Magistrates unverzüglich zum Gegenstande seiner Verhandlungen zu machen.
So lange diese Organisirung nicht genehmigt ist, hat der Magistrat bezüglich seiner Geschäftsführung sich an die bisher geltenden Gesetze und Verordnungen zu halten.
§. 133.
Bei den nach Kundmachung dieser Verfassung und auf Grundlage derselben zuerst stattfindenden Wahlen hat der gegenwärtige große und kleine Gemeinderath jene Amtshandlungen zu besorgen, welche in dieser Verfassung dem Stadtrathe und dem Verwaltungsausschusse vorbehalten sind.
§. 134.
Abänderungen dieser Verfassung können vom Stadtrathe, welcher zuerst berufen wird, im gewöhnlichen Wege der Gesetzgebung beantragt werden.
In der Folge ist zu einem Beschlusse über solche Abänderungen die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Abgeordneten, und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich.
§. 135.
So lange die Geschäftsordnung für den Stadtrath und den Verwaltungsausschuß nicht festgestellt ist, sind die gegenwärtigen bestehenden Normen, so weit sie sich mit dieser Verfassung vereinen lassen, zu beobachten.
So gegeben in Unserer kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien, am zwölften April im Jahre Eintausend Achthundert Fünfzig, Unserer Reiche im Zweiten.
Franz Joseph.
(L. S.)
F. Schwarzenberg. Krauß. Bach. Schmerling. Bruck. Thinnfeld. Thun. Kulmer.