Verwaltungsgericht Karlsruhe - Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil vom 11.05.2006 Aktenzeichen: 6 K 1363/04
In der Verwaltungsrechtssache
XXX, - Klägerin - prozessbevollmächtigt: XXX gegen
Stadt Rastatt, vertreten durch den Oberbürgermeister, Kaiserstr. 48 a, 76437 Rastatt, Az: XXX - Beklagte -
wegen Rückbauverfügung
hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe - 6. Kammer - durch den Richter am Verwaltungsgericht XXX als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2006
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
TATBESTAND
Die Klägerin ist (Teil-)Eigentümerin des Grundstücks „XXX“, das mit einem zweigeschossigen massiven Wohnhaus mit Walmdach bebaut ist. Das Gebäude wurde im Jahre 1925 durch den Architekten XXX im Auftrag des jüdischen Fabrikanten XXX erstellt. Die Klägerin wendet sich gegen eine denkmalrechtliche Verfügung, mit der ihr aufgegeben wird, die graue Dacheindeckung des Wohnhauses zu entfernen und stattdessen die Dachfläche mit roten oder rotbraunen Biberschwanzziegeln einzudecken.
Auf dem Grundstück der Klägerin fand am 25.06.2002 ein Ortstermin unter Beteiligung der unteren Denkmalschutzbehörde und der Konservatorin des Landesdenkmalamtes - Außenstelle Karlsruhe - statt. Im Aktenvermerk der unteren Denkmalschutzbehörde heißt es dazu u.a. wie folgt:
„Außerdem hat Frau XXX (= die Klägerin) die Dacheindeckung (originale Biberschwanzziegel) herunternehmen lassen, da das Dach nach ihrer Ansicht an einigen Stellen undicht war und in diesem Zusammenhang auch die Dachdämmung erneuert wurde. Sie beabsichtigt, das Dach mit hellgrauen, glänzenden Biberschwanzziegeln einzudecken. Dazu passend soll die Fassade gestrichen werden. Es wird festgestellt, dass die bisherigen Arbeiten ohne Abstimmung bzw. denkmalschutzrechtliche Genehmigung erfolgt sind. Frau XXX (= die Klägerin) wird aufgefordert, umgehend eine detaillierte Maßnahmenbeschreibung, getrennt nach Maßnahmen, die bereits bis zum heutigen Tag erfolgt sind, und Maßnahmen, die noch anstehen, der unteren Denkmalschutzbehörde vorzulegen. Bei sämtlichen Arbeiten ist zu beachten, dass die originale Bausubstanz sowie Ausstattungen im Gebäude zu erhalten sind und das äußere Erscheinungsbild gewahrt bleiben muss. Aus diesen Gründen kann das Landesdenkmalamt der grauen Dacheindeckung nicht zustimmen. Stattdessen sind Biberschwanzziegel wie zuvor vorhanden zu verwenden (empfohlen werden wiederverwendete Ziegel). Hinsichtlich der Farbgebung ist ebenso nach erfolgter Farbuntersuchung das ursprüngliche Erscheinungsbild zu berücksichtigen.“
Dieser Aktenvermerk wurde der Klägerin nachrichtlich übersandt. Unter dem 01.07.2002 teilte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin auf Anfrage nochmals sinngemäß mit, eine Dacheindeckung mit hellgrauen Biberschwanzziegeln sei denkmalrechtlich nicht genehmigungsfähig. In unmittelbarem zeitlichen Anschluss ließ die Klägerin das Dach ihres Anwesens mit grauen - glasierten - Biberschwanzziegeln eindecken und sie ließ insbesondere die Eindeckung - trotz sofort vollziehbarer Baueinstellungsverfügung der Beklagten - bis zum 08.07.2002 vollständig fertigstellen.
Unter dem 04.12.2003 ordnete die Beklagte die oben dargestellte Änderung der Dacheindeckung mit der Begründung an, die graue Dacheindeckung beeinträchtige das Gebäude, bei dem es sich um ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 DSchG handele, erheblich. Den Dachflächen des Gebäudes komme aufgrund der Ausführung als Walmdach sowie der steilen Dachneigung eine wesentliche Bedeutung für das Erscheinungsbild zu. Die graue Farbgebung wirke befremdend, weil sie von der herkömmlichen, klassischen Farbgebung völlig abweiche. Die glänzende Ausführung gebe dem Gebäude den Charakter eines Neubaus in moderner Bauform. Zwar leide bei jeder Neueindeckung eines denkmalgeschützten Gebäudes der Charakter des Denkmals vorübergehend durch die neue und einheitliche Ausführung der Dachfläche; bei nichtglasierten Ziegeln, die einer denkmalgerechten Ausführung entsprächen, sei aber durch das Patinieren der Dachflächen gewährleistet, dass ein natürlicher Alterungsprozess entstehe. Bei den hier verwendeten oberflächenbehandelten Ziegeln sei dies dagegen gerade nicht der Fall. Das Anwesen der Klägerin liege zudem in unmittelbarer Umgebung des XXX, bei dem es sich um ein eingetragenes Kulturdenkmal im Sinne von § 12 DSchG handele; auch das Erscheinungsbild dieses Denkmals werde im Sinne von § 15 Abs.3 DSchG durch die von der Klägerin vorgenommene Dacheindeckung erheblich beeinträchtigt.
Im Rahmen der Ermessensentscheidung führte die Behörde weiter aus, die öffentlichen Interessen an einer herkömmlichen roten Farbgebung im Sinne einer einheitlichen Dachgestaltung seien höher einzustufen als die persönlichen Beweggründe der Klägerin, das Dach mit grauen, glänzenden Materialien einzudecken. Die Klägerin habe nicht erwarten können, dass sie die unrechtmäßigen Zustände belassen könne. Nach der Entfernung der alten Ziegel, als das neue Dachmaterial noch nicht angeliefert und der Klägerin bekannt gewesen sei, dass die zuständigen Behörden die graue Dacheindeckung ablehnten, hätte ohne wesentliche Nachteile die Möglichkeit bestanden, den denkmalfachlichen, gestalterischen und städtebaulichen Forderungen nachzukommen. Naturrote Biberschwanzziegel hätten im Übrigen denselben Zweck wie die verwendeten erfüllt und außerdem keine höheren Kosten verursacht.
Den Widerspruch der Klägerin vom 05.01.2004 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2004 als unbegründet zurück. Der Bescheid wurde der Klägerin am 15.04.2004 zugestellt.
Am 12.05.204 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie Folgendes vor: Bei ihrem Gebäude handele es sich um kein Kulturdenkmal im Sinne des § 2 DSchG. Auch wenn das Gebäude ein Kulturdenkmal sei, beeinträchtige die vorgenommene Dacheindeckung dessen Erscheinungsbild nicht erheblich. Die graue Dacheindeckung werde nicht als Fremdkörper empfunden und widerspreche nicht dem Charakter des Gebäudes. Sie habe vielmehr das zuvor vorhandene Farbkonzept der Fassade in Form von verschiedenen Grautönen beibehalten und diesem auch die Dacheindeckung angepasst. Zudem entspreche die graue Dacheindeckung derjenigen des Schlosses, das eine farblich entsprechende graue Schiefereindeckung aufweise. Der ursprüngliche Zustand des Daches könne auch bei Verwendung von roten oder rotbraunen Biberschwanzziegel nicht mehr hergestellt werden. Die heutzutage verfügbaren Industrieziegel hätten eine glatte Oberfläche im Gegensatz zu den vor Jahrzehnten in Handarbeit hergestellten Ziegeln. Ein natürlicher Alterungsprozess (Patinierung) wäre hier ebenso wenig gegeben wie bei den von ihr verwendeten Ziegeln. Auch die Ermessensausübung durch die Beklagte halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Schließlich habe die Beklagte bei Erlass der Verfügung nicht berücksichtigt, dass sie nicht Alleineigentümerin des Anwesens sei; Miteigentümer zu ½ sei ihr Lebensgefährte XXX.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.12.2003 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 08.04.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat das Anwesen der Klägerin und die nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 31.08.2004 Bezug genommen.
Dem Gericht liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 04.12.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 08.04.2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die verfügte „Dachumdeckung“ ist § 7 Abs.1 DSchG. Danach haben die Denkmalschutzbehörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben (siehe § 1 Abs.1 DSchG) diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihnen nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Diese Generalklausel ermächtigt grundsätzlich zu einer Anordnung, mit der dem Eigentümer als Pflichtigem (§ 7 PolG) die Beseitigung einer nicht genehmigten und nicht genehmigungsfähigen Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals (1.) zu dem Zweck aufgegeben wird, das ursprüngliche Erscheinungsbild - in etwa - wiederherzustellen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.06.1991 - 1 S 2022/90 -, VBlBW 1992, 58). Die graue Dacheindeckung bedurfte gemäß § 8 Abs.1 Nr.2 DSchG einer Genehmigung; sie erfolgte somit formell rechtswidrig (2.). Sie entspricht darüber hinaus auch nicht den materiell-rechtlichen Anforderungen des Denkmalschutzrechtes und ist damit auch nicht genehmigungsfähig (3.). Die Rückbauverfügung ist schließlich frei von Ermessensfehlern, die geforderte Umdeckung des Daches ist für die Klägerin insbesondere - auch unter Kostengesichtspunkten - zumutbar (4.).
1. Bei dem Gebäude der Klägerin handelt es sich um ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 Abs.1 DSchG; an seiner Erhaltung besteht aus wissenschaftlichen und künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse.
Die Abteilung Denkmalschutz beim Regierungspräsidium Karlsruhe - früher Landesdenkmalamt -, deren sachverständigen Stellungnahmen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg maßgebliches Gewicht zukommt (vgl. Urt. v. 10.05.1988 - 1 S 1949/87 -, NVwZ-RR 1989, 232; Urt. v. 10.05.1988 - 1 S 524/87 -, NVwZ-RR 1989, 238), hat die Denkmalfähigkeit des Gebäudes in den schriftlichen Stellungnahmen vom 15.11.2004 und 03.03.2006 aufgrund der wissenschaftlichen, künstlerischen und auch wegen der heimatgeschichtlichen Bedeutung angenommen, wobei in den Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2006 vor allem den künstlerischen Gründen entscheidende Bedeutung beigemessen worden ist. Das Gericht folgt dieser Bewertung bezüglich der wissenschaftlichen und künstlerischen Bedeutung; ob darüber hinaus auch heimatgeschichtliche Gründe - im Hinblick auf die Arisierung des Anwesens in der Zeit des nationalsozialistischen Unrechtsregimes - eine Einschätzung als Kulturdenkmal rechtfertigen, kann dahinstehen.
a) Wissenschaftliche Gründe erlauben die Annahme eines Kulturdenkmals, wenn eine Sache für die Wissenschaft oder für einen Wissenschaftszweig von Bedeutung ist. Im Vordergrund dieses Schutzmerkmals steht dabei die dokumentarische Bedeutung einer Sache für die Wissenschaft, weil sie einen bestimmten Wissensstand einer geschichtlichen Epoche bezeugt. In diesem Zusammenhang verweist das Landesdenkmalamt bzw. die Abteilung Denkmalschutz beim Regierungspräsidium nachvollziehbar auf die Bedeutung des Gebäudes für die Architektur- und Sozialwissenschaft. Nach der sachkundischen Einschätzung stellt das Gebäude ein beispielhaftes Zeugnis gesellschaftlichen Wertewandels in der Zeit nach dem Kaiserreich bzw. nach dem Ersten Weltkrieg dar. Die 1925 errichtete Fabrikantenvilla, die von dem zur damaligen Zeit führenden Architekten in Rastatt XXX errichtet worden ist, dokumentiert die Lebensweise der im Zuge der Industrialisierung in Rastatt entstandenen neuen Oberschicht. Das Gebäude nimmt einmal historische Formen des Neuklassizismus und des Neobarock auf und verbindet diese mit (damals) zeitgenössischen „neusachlichen“ Ideen. Das Gebäude steht beispielhaft für einen Unternehmertypus, der sich - so die sachverständige Auskunftsperson - vom oft schwülstigen Pomp der Kaiserzeit ab - und einem modernen Lebensstil in helleren und schlichter möblierten Räumen zuwandte und sich damit um Zweckmäßigkeit, Schlichtheit und Behaglichkeit auf hohem ästhetischen und handwerklichem Niveau bemühte. Diese zeitgeschichtliche Entwicklung ist sowohl heute noch an der äußern Form des Gebäudes als auch an der Inneneinrichtung bzw. am Zuschnitt der Räume ablesbar; insoweit kann dem Gebäude ein dokumentarischer Wert zuerkannt werden.
b) Das Merkmal der künstlerischen Bedeutung verlangt eine gesteigerte ästhetische oder gestalterische Qualität. Sie ist dann gegeben, wenn eine Sache das ästhetische Empfinden in besonderem Maße anspricht oder zumindest den Eindruck vermittelt, dass etwas nicht Alltägliches oder eine Anlage mit Symbolgehalt geschaffen worden ist, wenn ihr exemplarischer Charakter für eine bestimmte Stilrichtung oder für das Werk eines Künstlers beizumessen ist oder wenn sich Form und Funktion eines Bauwerks in besonders gelungener Weise entsprechen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.05.1988 - 1 S 1949/87 -, aaO.). All diese Qualitätskriterien sind im hier zu beurteilenden Fall einschlägig. Das Gebäude spricht - wie der Augenschein gezeigt hat - das ästhetische Empfinden in besonderem Maße an; entgegen der vom Bevollmächtigten der Klägerin geäußerten Ansicht stellt das Gebäude auch für das Baujahr 1925 etwas „Außergewöhnliches“ dar. Ferner kommt dem Gebäude exemplarischer Charakter für die gelungene Synthese von klassizistischen bzw. neobarocken Elementen einerseits und Elementen bzw. Ausdrucksformen der „Neuen Sachlichkeit“ andererseits zu. Die Villa gehört zusammen mit den beiden Gebäuden auf den Grundstücken, XXX XXX und XXX, zu den hervorstechendsten und am besten erhaltenen Werken des Architekten XXX; auch insoweit ist von einem exemplarischen Charakter auszugehen. Schließlich entsprechen sich Form und Funktion der Villa in besonders gelungener Weise; das hohe ästhetische wie auch handwerkliche Niveau des Bauwerks korrespondiert mit einem sehr anspruchsvollen Raumprogramm sowie einer hochwertigen Funktionalität der Innenausstattung.
c) An der Erhaltung des streitgegenständlichen Gebäudes besteht schließlich nach der hierzu erforderlichen Abwägung der denkmalpflegerischen Belange ein öffentliches Interesse (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.05.1988 - 1 S 524/87 -, aaO, m.w.N.). Das Gericht zweifelt nicht daran, dass die Denkmalfähigkeit des Gebäudes und die Notwendigkeit seiner Erhaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung, jedenfalls aber eines breiten Kreises von Sachverständigen, eingegangen ist. Von hervorragendem Erhaltungszustand, verdeutlicht es durch ein hohes Maß an Integrität und Originalität die stilistische Synthese von Klassizismus bzw. Neobarock mit der „Neuen Sachlichkeit“ und damit den städtebaulichen Wandel im Anschluss an das Kaiserreich. Unerheblich in diesem Zusammenhang ist, dass sich in der Umgebung, insbesondere auf beiden Seiten des XXX in Rastatt, weitere bemerkenswerte Bauwerke aus derselben Zeit finden. Der „Seltenheitswert“ eines Kulturdenkmals ist nur einer von mehreren denkmalpflegerischen Belangen, die bei der Abwägung, ob an der Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht, zu berücksichtigen sind. Die Denkmalpflege ist gerade nicht auf die Erhaltung lauter letzter Exemplare beschränkt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.07.1990 - 1 S 2998/89 -, DVBl.1990, 1113). Von untergeordnetem Gewicht ist dieses Kriterium insbesondere dann, wenn der Aussagewert eines Kulturdenkmals durch seine Situation im Gefüge gleichartiger Kulturdenkmale aus derselben Entstehungszeit gesteigert wird. So stellt sich die Situation hier dar. Der Dokumentationswert des Gebäudes wird bestätigt und verstärkt durch die weiteren Villen rings um den XXX in Rastatt.
2. Als Kulturdenkmal darf das Gebäude nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde in seinem Erscheinungsbild beeinträchtigt werden (§ 8 Abs.1 Nr.2 DSchG). Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung durch die im Jahre 2002 vorgenommene Neueindeckung des Daches erfüllt sind, steht außer Frage. Die Genehmigungspflicht wird durch die Beeinflussung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmals ausgelöst, die der als Maßstab gedachte aufgeschlossene Durchschnittsbetrachter als nachteilige Veränderung des Kulturdenkmals wahrnimmt. Die graue - glänzende - Dacheindeckung ist als nachteilige Veränderung des Erscheinungsbildes ohne Weiteres wahrzunehmen; das Dach des klägerischen Anwesens sticht geradezu aus der Umgebungsbebauung heraus und dieser Eindruck wird je nach Lichtverhältnisse durch die Spiegelungswirkung der Ziegel verstärkt.
3. Die nicht genehmigte Dacheindeckung ist auch nicht genehmigungsfähig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. zuletzt Urt. v. 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, VBlBW 2006, 20) ist die denkmalschutzrechtliche Genehmigung nur dann zu versagen, wenn die Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmales erheblich ist und höherrangiges Recht, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, keine abweichende Entscheidung gebietet. Bei unerheblicher Veränderung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmals besteht hingegen regelmäßig ein Genehmigungsanspruch.
Davon ausgehend ist die Beeinträchtigung des klägerischen Gebäudes durch die graue - glänzende - Dacheindeckung als erheblich einzustufen; der Klägerin steht demzufolge ein Genehmigungsanspruch nicht zu.
a) Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vor, wenn der Gesamteindruck von dem Kulturdenkmal empfindlich gestört wird. Sie muss - unterhalb der Schranke einer baurechtlichen Verunstaltung - deutlich wahrnehmbar sein und vom Betrachter als belastend empfunden werden (vgl. Urt. v. 23.07.1990 - 1 S 2998/89 -, aaO.). Diese wertende Einschätzung wird zum einen vom Denkmalwert bestimmt. Zum anderen hat die Entscheidung „kategorienadäquat“ zu erfolgen, d.h. sie muss sich an der für das Schutzobjekt maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorien orientieren. Vor diesem Hintergrund ist bei der Beurteilung der Erheblichkeit einer Veränderung eines Kulturdenkmals zunächst zwischen der künstlerischeren Bedeutung einerseits und der wissenschaftlichen und der heimatgeschichtlichen Bedeutung andererseits zu unterscheiden. Bei einem Kulturdenkmal, an dessen Erhaltung aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, hat eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der Identität seiner Substanz und seines Erscheinungsbildes eine überragende Bedeutung; die Schwelle zur belastenden Wirkung, die zur Erheblichkeit der Beeinträchtigung führt, ist hier tendenziell bald erreicht. Bei den Schutzgründen der wissenschaftlichen und insbesondere der heimatgeschichtlichen Bedeutung kann die Sache anders liegen, weil das Kulturdenkmal gerade in seinem dokumentarischen Charakter über sich hinausweist. In dieser Funktion - seinem „Zeugniswert“ - kann es Veränderungen oftmals von vergleichsweise größerem Gewicht unbeschadet überstehen (vgl. zum Ganzen: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.06.2005, aaO.).
b) Ausgehend von diesen Maßstäben stört die grau - glänzende - Dacheindeckung den Gesamteindruck des Gebäudes empfindlich. Die Verwendung von glasierten Ziegeln, bei denen auch in Zukunft kein natürlicher Alterungsprozess (Patinierung) eintreten wird - anstelle der ursprünglich roten bzw. rotbraunen Dacheindeckung - wirkt auf die Denkmaleigenschaft des Gebäudes wesentlich ein. Zu Recht stellt die Behörde darauf ab, dass die glänzende Ausführung des Daches dem Gebäude den Charakter eines Neubaues in moderner Bauform verleiht. Aufgrund der Größe und der Dominanz des Walmdachs tritt die Veränderung auch aus größerer Entfernung dominant in Erscheinung. Die Fernwirkung besteht insbesondere im Winterhalbjahr, wenn die zahlreichen Laubbäume des XXX ohne Blätter sind und demzufolge das Anwesen der Klägerin von weitem einsehbar ist. Die Erheblichkeit der Beeinträchtigung wird ferner deshalb besonders manifest bleiben, weil die verwendeten glasierten Ziegel im Laufe der Zeit nicht altern und ein klassisches Dachflächenbild (Patinierung) auch in Zukunft - unstreitig - nicht entstehen wird. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf, auch bei der Verwendung von roten oder rotbraunen Ziegeln heutiger Machart werde ein natürlicher Alterungsprozess nicht einsetzen. Gerichtsbekanntermaßen sind auch heute Ziegel ohne weiteres verfügbar, bei denen ein natürlicher Alterungsprozess eintreten wird; mithin wird bei einer Neueindeckung des klägerischen Daches - die in Absprache mit der Denkmalschutzbehörde zu erfolgen hat - dafür Sorge getragen werden können, dass jedenfalls auf mittlere bzw. lange Sicht ein Dacherscheinungsbild entstehen wird, das dem ursprünglichen Kulturdenkmal weitaus näher als die bisherige Dacheindeckung kommt. Da an der Erhaltung des klägerischen Gebäudes nicht nur am wissenschaftlichen, sondern gerade auch aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, ist der Erhaltung eines möglichst originalgetreuen Erscheinungsbildes eine überragende Bedeutung mit der Folge beizumessen, dass jedenfalls die großflächige Veränderung des ursprünglichen „Dachbildes“ als belastend und damit als erheblich beeinträchtigend zu qualifizieren ist. Hinsichtlich des Daches hat die Klägerin mit anderen Worten das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals gerade nicht umfassend und ungestört erhalten, sie hat vielmehr - entsprechend ihren eigenen künstlerischen Vorstellungen - ein neues „Gesamtkunstwerk in verschiedenen Grautönen“ geschaffen. Denkmalrechtlich kann dies nicht hingenommen werden, auch wenn die Vorgehensweise der Klägerin in menschlicher Hinsicht verständlich erscheint.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann offen bleiben, ob die von der Klägerin vorgenommene Dacheindeckung auch im Hinblick auf den Gesichtspunkt einer Beeinträchtigung des eingetragenen Kulturdenkmals „XXX XXX“ nicht genehmigungsfähig ist (vgl. § 15 Abs.3 DSchG).
4. Entgegen der Auffassung der Klägerin hält die Ermessensausübung der Denkmalschutzbehörde auch einer gerichtlichen Überprüfung stand (vgl. § 114 VwGO).
Da es nach § 1 Abs.1 DSchG Aufgabe der Denkmalschutzbehörde ist, die Kulturdenkmale zu schützen und zu pflegen, insbesondere den Zustand der Kulturdenkmale zu überwachen, entspricht der Erlass einer Verfügung zur Sicherstellung dieser Aufgabe - hier: Anordnung, das ursprüngliche Erscheinungsbild des Daches wiederherzustellen - regelmäßig dem Sinn und Zweck der Ermächtigung in § 7 Abs.1 Satz 1 DSchG und damit einer pflichtgemäßen Ermessenausübung. Die Denkmalschutzbehörde handelt mit anderen Worten grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck der Ermächtigung und damit rechtmäßig, wenn sie die Beseitigung einer nicht genehmigten und nicht genehmigungsfähigen Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals zu dem Zweck anordnet, das ursprüngliche Erscheinungsbild wiederherzustellen. Es kann rechtsstaatlich nicht hingenommen werden, wenn einem Eigentümer, der ohne die erforderliche denkmalschutzrechtliche Genehmigung bzw. in Widerspruch zu den Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes Veränderungen an einem Kulturdenkmal vornimmt, hieraus ein materieller Vorteil erwächst.
Die mit der Dachumdeckung verbundenen - erheblichen - Kosten sind für die Klägerin auch nicht unzumutbar. Vor Dacheindeckung war ihr bekannt, dass nach Auffassung der Denkmalschutzbehörde eine Eindeckung des Daches mit grauen - glänzenden - Ziegeln nicht genehmigungsfähig ist. Dennoch hat sie sich über die Rechtslage hinweggesetzt und ohne Genehmigung und damit auf eigenes Risiko vollendete Tatsachen geschaffen; mithin sind die zur Ausführung dieser Verfügung entstehenden Kosten ausschließlich im - zudem ordnungswidrigen - Verhalten der Klägerin begründet. Dass sie nach ihren derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen zur Aufbringung dieser Kosten nicht in der Lage ist, hat sie selbst nicht behauptet.
Ein Ermessensfehler ist schließlich nicht deshalb anzunehmen, weil die Beklagte bislang eine denkmalschutzrechtliche Verfügung lediglich gegenüber der Klägerin und nicht gegenüber dem Miteigentümer des streitgegenständlichen Hausgrundstücks erlassen hat. Die Denkmalschutzbehörde braucht die privatrechtliche Beziehung zwischen mehreren Beteiligten im Einzelnen nicht zu untersuchen. Grundsätzlich ist jeder von mehreren Beteiligten Störer und daher richtiger Adressat. Sind - wie hier - zwei Beteiligte vorhanden und hat nur einer eine denkmalschutzrechtliche Anordnung erhalten, so bedeutet dies nur, dass gegen den anderen Beteiligten nicht vollstreckt werden kann und gegen den Adressaten - hier die Klägerin - auch nur dann, wenn gegen den Miteigentümer entweder ebenfalls eine vollzugsfähige Anordnung vorliegt oder aber gegen diesen eine vollzugsfähige sogenannte Duldungsverfügung ergangen ist. Es ist aber nicht notwendig, dass denkmalschutzrechtliche Anordnungen und Duldungsverfügungen gleichzeitig ergehen; das Fehlen einer Duldungsverfügung berührt nicht die Rechtmäßigkeit der denkmalschutzrechtlichen Anordnung. Es genügt, wenn nachträglich eine Duldungsanordnung gegen den sich weigernden anderen Miteigentümer im Zeitpunkt des Vollstreckungsbeginns vorliegt (vgl. zum parallel gelagerten Fall einer Abbruchsanordnung bei mehreren Beteiligten: Sauter, LBO für Baden-Württemberg, 3.Aufl., § 65, Rd.Nr.69).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO. Anlass für einen Ausspruch nach § 167 Abs.2 VwGO besteht nicht.