Vom Teutschen Kaiser

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Textdaten
Autor: Kladderadatsch
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Titel: Vom Teutschen Kaiser
Untertitel:
aus: Kladderadatsch. Humoristisch-satirisches Wochenblatt, 23. Jg., Nr. 57, 1870. Seite 493
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 11. Dezember 1870
Verlag: A. Hofmann & Co.
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Heidelberg und Commons
Kurzbeschreibung: Satirisches Gedicht über die Planungen der Reichsgründung und Kaiserproklamation im Januar 1871
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Vom Teutschen Kaiser.


Hurrah, Germania! Nun sei
Treu, hold Ihm und gewärtig!
Hurrah, Germania! Nun ist
Der Teutsche Kaiser fertig!

5
Nun lächelt im Einheitsrahmen dir

Der Freiheit Bild, der holden!
Die Einen flaggen schwarz-weiß-roth,
Die Andern schwarz-roth-golden.

Schon wird in Sibiriens Wonnegefild

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Der Hermelin gefangen,

Mit seinem weichen schwarz-weißen Pelz
Im Kaisermantel zu prangen.

Schon sieht man Scepter und Kaiserkron’
Bei Wagner modelliren;

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Schon lassen Gebrüder Friedeberg

Des Reiches Apfel poliren.

Schon müssen die hohen Damen und Herrn
Dem Photographen sitzen;
Schon trocknen in Menzels Atelier

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Zum Krönungsbild die Skizzen.


Selbst Graf Stillfried-Alcántara
Hat schon vernommen die Kunde;
Schon nimmt im Arrangiren er
Bei Herrn Taglioni Stunde.

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Und all’ die Poeten im Teutschen Land,

Sie dichten und reimen sich heiser;
Sie setzen aufs „Schloß“ den „Barbaross’,“
Auf den „Kyffhäuser“ den „Kaiser.“

Und wie auf Erden ist überall

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Freud’ und Frohlocken im Himmel;

Die todten Teutschen tummeln sich
In seligem Gewimmel.

Ins Knopfloch seines Teutschen Rocks
Knöpft Vater Arndt einen Orden:

35
Heut trag’ ich ihn! Mein Vaterland

Ist endlich größer worden!

Der Vater Jahn schreit laut: Gut Heil!
Und schwingt sich auf der Stelle
Wohl achtzig Mal ums Himmelsreck

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In Kreuzbieg’ und Bauchwelle.


Zu Freudenfeuern verbrennen sie
An Holz wohl tausend Klafter;
Sie laden zu einem Himmels-Commers
Die seligen Burschenschafter.

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Und „Alles schweige“ – so beginnt

Das Teutscheste „Lied der Lieder“;
Und „Jeder neige“ – so hallt es laut
Im „frohen Chore“ wieder.

Beim neuen „Landesvater“ sieht man

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Die Himmelsschläger blitzen;

Mit seliger Andacht durchbohren sie
Die farbigen Himmelsmützen.

Sie schmunzeln: Was Diese heut vollbracht,
Das wollten auch wir! Doch freilich

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Roch’s dazumal im Teutschen Reich

Noch gar zu hausvogteilich!

Doch drüben saßen in Feuersgluth
Auf des Höllenvulcanes Koppe
Der selige Dambach, der selige Kamptz

60
Und der unselige Tzschoppe.


Zähnklappend und heulend saßen die Drei
Bei all’ dem fröhlichen Trubel,
Und schauten hinüber und schauten hinab
In den teutschseligen Jubel:

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Weh! Weh uns! Dazu haben so lang’

Wir Demagogen gerochen? –
Weh! Weh! – tönt’s dumpf von unten herauf –
Herr Dalwigk hat’s gesprochen.

Doch oben und unten schrie im Kreis,

70
Und wurde nimmer heiser

All’ Volk: Hurrah, Germania!
Hurrah dem Teutschen Kaiser!

Kladderadatsch.