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Wärmstuben in München

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Wärmstuben in München
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 69, 81, 83
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[69]

Die neue Wärmstube in München: im Frauenraum.
Nach dem Leben gezeichnet von Fritz Bergen.

[81]

Die neue Wärmstube zu München: im Männerraum.
Nach dem Leben gezeichnet von Fritz Bergen.

[83] Wärmstuben in München. (Zu den Bildern S. 69 und S. 81.) Was an unserer vielverschrieenen Zeit schlecht ist, das erfahren wir täglich gedruckt und ungedruckt in reichlichem Maße. Ein Gutes jedoch hat sie sicherlich: Anregungen der werkthätigen Menschenliebe setzen sich rascher als jemals vorher in Entschlüsse und Thaten um, und das öffentliche Leben bereichert sich durch Einrichtungen, die man früher nicht dem Namen nach kannte. Eine Wärmstube mit billiger Erquickung für jeden, der müde und durchfroren des Weges kommt – kann man sich ein besseres Mittel denken, um vielen gleichzeitig im Winterfrost schnelle Hilfe zu bieten, die ihren Mut und Kräfte zu neuer Arbeit belebt?

Nach dem Vorgange von anderen deutschen Städten hat nun auch München eine solche Anstalt. Wo die Theresienwiese an die Stadt grenzt, dort, im Vorgebäude des ständigen Cirkus, dessen Garderoberäume benutzend, haben thätige Menschenfreunde die erste Wärmstube eröffnet, der in kurzer Zeit eine zweite und hoffentlich bis zum nächsten Winter in jedem Stadtteile eine folgen wird. Von früh bis nachmittags 5 Uhr steht sie dem Besuche offen. Den Eintretenden empfängt angenehme Wärme und ein behaglicher Kaffeegeruch, beides von dem großen Herd ausgehend, wo eine freundliche Köchin den braunen Trank aus einem Riesentopf ausschenkt, die Tasse für 3 Pfennig! Suppe ist zum selben Preis zu haben und beides umsonst, wenn ein Schein des Bezirksvorstehers die große Armut bestätigt. Ein Angestellter nimmt die Scheine oder das Geld in Empfang und händigt dagegen entsprechende Anweisungszettel von seinen Abreißblocks aus. Dieser Raum bietet, wie unser erstes Bild zeigt, zugleich den Aufenthalt für die Frauen und Kinder. Die den Schanktisch umdrängenden Kleinen wie die an den Tischen sitzenden Gäste machen einen anständigen bescheidenen Eindruck, wenn auch manchen die Entbehrung aus dem blassen Gesicht schaut. O, möchten doch viele von denen, die ihren Beitrag gleichgültig zahlen und glauben, damit alles gethan zu haben, hier einmal persönlich herkommen und die Erfahrung machen, welche warme menschliche Empfindung man mit elenden fünf Pfennigen – ein Brot muß auch zum Kaffee kommen! – sich erkaufen kann, wenn man einen dieser still Dasitzenden zu Gaste lädt! Und vollends die Kinder! Wie schmeckt ihnen der warme Trank auf dem Nachhauseweg von der Schule, wie lustig plaudern dann sie, die noch keine Sorgen kennen, an ihrem Tische zusammen! … Nebenan im Männerraum halten sich viel schweigsame Gestalten auf; aber auf den Gesichtern führen Entbehrung und Mißmut eine um so beredtere Sprache. Wenn, wie dies auf unserem zweiten Bild im Hintergrund eben geschieht, Anweisungszettel für Kaffee und Suppe, die ein Menschenfreund spendet, zur Verteilung gelangen, hält sich gar mancher zurück, dem die Gabe doch wohlthäte. Ja, auch in dem gemütlichen München hat das moderne Großstadtelend seinen Einzug gehalten. Und was für München gilt, das gilt für alle größeren Städte unseres Vaterlandes. Deshalb heißt es: Gebt, und gebt nach Kräften, nicht als Almosen, sondern als von den Zeitverhältnissen geforderten Beitrag zur Abhilfe von sozialen Schäden, denen mit gutem Willen gesteuert werden kann!