Wahrhaftige Historia, wie Claus Kniphoff, der große Seeräuber, von den Hamburgern überwältigt und gerichtet worden ist
Ao. 1522 mußte König Christiern II. von Dänemark und Norwegen sein Land verlassen. Er war zuvor ein gewaltiger Fürst gewesen, aber wie er Gott nicht fürchtete und dessen Gebote nicht hielt, so achtete er auch der Menschen Recht und Gesetz gering, verfuhr wie ein Tyrann nicht nur gegen seine Unterthanen, sondern auch gegen seine Nachbaren und vor allen gegen die Hansestädte, die er bitterlich haßte. Er plagte sie, wie er nur konnte, ihre Macht verkleinerte er, ihre Privilegien verletzte er und ihre Schiffe und Güter ließ er kapern, wo sich nur irgend ein Scheingrund dafür finden ließ. Und ein altes Weib war es, die ihn so übel berieth, Frau Sibreth Willems, die Mutter der schönen Düveke, seiner Geliebten. Als die Hansen nun lange vergeblich nach Erhaltung des Friedens getrachtet, aber keine Sühne gerechter Beschwerden erhalten hatten, rüsteten sie sich zum Kriege wider den König; und zu derselben Zeit stand auch Adel und Geistlichkeit in Dänemark gegen ihn auf, und da er mit wenigen Getreuen sich weder im Lande behaupten noch die Haufen abwehren konnte, so mußte er heimlich entweichen. Er floh also mit seiner Gemahlin Isabella oder Elisabeth von Oesterreich, seinen Kindern und vielen Schätzen und Kleinodien nach Zeeland und Flandern und an den Hof der Frau Margaretha von Oesterreich, der Regetin der Niederlande.
In den folgenden Jahren suchte er, sowohl beim Kaiser Karl V., als in England, Brandenburg und fast bei allen [167] Fürsten Europa’s Hülfe zu bekommen, um sein Reich wieder zu erobern. Denn nach seiner Flucht war sein Oheim, der Herzog Friedrich von Schleswig und Holstein zum König erkoren, und die Hansestädte hatten ihm ihren Beistand gern zugesagt. Aber Christiern fand wenig Theilnahme, geringen Trost und nirgends Hülfe. Er mußte also auf eigne Faust sein Heil versuchen. In der Ostsee vertrat Sören oder Severin Norby seine Sache, indem er von der Insel Gothland aus die Kaperei, sonderlich gegen die Hansen, in Christiern’s Namen trieb. Es wurde den tapfern Lübeckern schwer, ihn zuletzt von Gothland zu verjagen, aber sein verderbliches Handwerk setzte er dennoch fort.
Nun war’s im Jahre 1525, als der König gedachte, eine Flotte auszurüsten, die sich mit Sören Norby vereinigen sollte, um dann mit doppelter Macht, sowohl die Hansen zu demüthigen als auch Norwegen zu erobern. Zu dieser Unternehmung fand er leider bei denen zu Zeeland und Flandern mehr thätige Hülfe, als sie verantworten konnten. Denn sie waren alte Freunde der Hansen, und diese hatten sich’s von so frommen guten Leuten nimmer versehen, daß sie ihnen ein so arges Spiel bereiten helfen würden. Aber es ward später erwiesen, wie viel Vorschub sie diesem bösen Handel geleistet. Die Ausrüstung der Schiffe und deren Bemannung geschah zu Vere in Zeeland, wo öffentlich freilich von einem ehrlichen Kriegszuge, und nicht von beabsichtigter Piraterei geredet wurde.
Des Geschwaders Hauptschiff war ein gewaltiger Viermaster, die Gallion, wie man (von dem also benannten Schiffsschnabel) die größten Kriegsschiffe der Spanische Silber-Flotte [168] zu nennen pflegte, und dann auch alle ähnlich gebauten Schiffe, etwa von der Mächtigkeit eines heutigen Fregatt- oder Linienschiffes. Zwei minder große Schiffe hießen der Bartum und der fliegende Geist, ein viertes, eine kleine Yacht, hieß der weiße Schwan. Zum Ober-Anführer dieses Geschwaders ernannte König Christiern den Claus Kniphoff. In der Bestallung bevollmächtigte er ihn: nach Bedürfniß ehrliche Landsknechte anzuwerben, Capitaine, Schiffer und andere erforderliche Officiere zu ernennen, und alle Schiffe, Schlösser, Städte und Lande, die ihm Gott als gute Prisen verleihen werde, wohl zu verwalten oder von tauglichen Personen regieren zu lassen.
Demgemäß ließ Kniphoff die Werbetrommel rühren, und bekam bald eine Menge kriegskundiger und seegewohnter Leute; ein Volkslied spricht von 1000 Mann, deren Zweifel über die versprochenen Soldzahlungen Kniphoff durch Hinweisung auf die reiche Kriegsbeute zu heben verstand. Abentheurer und Glücksritter aller Art fanden sich zu ihm, darunter Edelleute, wie Simon Gans (vermuthlich von Puttlitz) und Jürgen von Sidow, wie auch Benedict von Alefeld, ein Holsteiner, der seine Güter an den verstorbenen König Johann verkauft und sein Vermögen verpraßt hatte, weshalb man ihn sportweise nur den Ritter Anefeld (ohne Feld) nannte; der gedachte unter Kniphoff’s Banner neue Güter zu erwerben. – Als die Ausrüstung vollendet war, ging das Geschwader in der Fastenzeit des Jahres 1525 unter Segel und kreuzte vorerst in den Gewässern bei der Insel Vlieland.
Claus Kniphoff war ein Jüngling von 25 Jahren, groß und schön, ritterlichen Ansehens, kräftigen gewandten Körpers und ungewöhnlich begabten Geistes; sonst hätte auch wohl König Christiern dem noch so jungen Manne schwerlich ein so wichtiges Commando, ein so unbegränztes Vertrauen verliehen. [169] Er war in Copenhagen geboren und guter Leute Kind; sein Stiefvater, Jürgen Kock, genannt Mynter, ein Bürgermeister zu Malmoe, hatte ihn gut erzogen, und selbst ein ihm feindliches Volkslied lobt Kniphoff’s edle Sitte und feine Art. Sein rasches Aufsteigen im Kriegsdienst hatte aber seinen Ehrgeiz geweckt, der wurde sein Verderben; des Königs Auftrag: die Macht der Hansestädte zu vernichten und Norwegen zu erobern, zusammenstimmend mit seinen hochfliegenden Plänen, wie mit seiner unbedingten Anhänglichkeit für die Sache seines Herrn, in welchem er nur einen Unglücklichen sah, ließen ihn die Grenze zwischen dem ehrlichen Kriege und der Piraterie bald verkennen und überschreiten. Eine offene Kriegs-Erklärung erachtete er den Hansen gegenüber für unnöthig. Um seinem Zwecke näher zu kommen, bedurfte er noch viel größerer Mittel, weshalb er vor allen Dingen nach Beute trachtete, die er den verhaßten Hansen abgewinnen wollte. So kam’s, daß der kühne Jüngling, der zu edlerem Beruf bestimmt schien, durch Ehrgeiz und Ruhmsucht geblendet, so schnell die Ehrenbahn des Kriegers verließ und zum Freibeuter hinabsank. Aber sicherlich nicht ohne die Mitschuld eines seiner Genossen, des rothen Claus (auch Rode Claus oder Claus Rode genannt), eines kriegskundigen Abentheurers, der zu Kniphoff’s Geschwader in den Vlieländischen Gewässern kam, und sich bald so sehr des jungen Anführers Vertrauen zu erwerben verstand, daß er zunächst unter ihm befehligte. Von der Zeit an, als dieser Mensch, dessen tyrannische Bosheit und Grausamkeit die Volkslieder verwünschen, zu Kniphoff gekommen war, begannen auch dessen Frevel und Verbrechen, und füglich kann man den rothen Claus seinen bösen Dämon, seinen Teufel nennen.
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Um diese Zeit wurden die Vlieländischen Gewässer unsicher. Kniphoff und seine Gesellen kreuzten umher, und machten Jagd auf die Hansischen Kauffahrer, die mit reicher Ladung völlig ungewarnt und deshalb wehrlos aus der Schelde kamen oder dahin segelten. Diese Probestücke fielen erfolgreich aus, und spornten die Beutelust des Geschwaders zu verdoppeltem Eifer; auch die Schiffe anderer Nationen fielen sie an und plünderten sie aus. Die Beute suchten sie in den Niederländischen Seestädten zu Gelde zu machen, wobei sie Anfangs willige Käufer genug fanden.
Als es nun aller Orten ruchtbar geworden, daß Kniphoff ein Seeräuber, daß sein Kriegs-Unternehmen nichts als ein gemeiner Piraten-Zug geworden sei, und als die beraubten Hansischen Kaufleute bei ihrer Obrigkeit um Hülfe gebeten hatten, da beschickten die Städte den Hof zu Brüssel, und führten Klage gegen Knipphoff.
So gern nun auch die Regentin Frau Margaretha ihren Verwandten, König Christiern, schonen mochte, so konnte sie doch nicht umhin, die Sache zu untersuchen. Christiern, um seinen Antheil an Knipphoff’s Zügen befragt, stellte es durchaus in Abrede, ihn zur Seeräuberei bevollmächtigt zu haben, und gab als Zweck der ganzen Expedition wiederholt die Vereinigung dieses Geschwaders mit dem des Sören Norby an, welcher sich zu der Zeit in den Gewässern der Ostsee umhertrieb und dort den Hansen in aller Weise schadete. Demnach sandte die Regentin den Hansestädten ein besiegeltes Schreiben, worin sie dem Kniphoff keinen Schutz in ihren Landen zu geben versprach, ihn für einen Seeräuber erklärte, und die Hansen ausdrücklich aufforderte, ihm und seinen Gesellen, wo sie derselben habhaft werden könnten, der Seeräuber Recht und Gericht widerfahren zu lassen. Den [171] Niederländern aber wurde aller Verkehr mit Kniphoff verboten; auch die Herren von Amsterdam schickten ihm Botschaft, daß er ihre Gewässer schleunigst meiden müsse, da sie mit den Hansestädten im Frieden lebten und ferner in Freundschaft zu leben gedächten. Zugleich wurde es in ganz Holland scharf untersagt, Kniphoff’s Beute, wo sie etwa zu Markte käme, zu kaufen.
Da nun die Freibeuter in den Niederländischen Gewässern kein Heil mehr zu erwarten hatten, gingen sie in die offne Nordsee, wo sie fortfuhren, ohne Rücksicht und Schonung ihr Gewerbe zu treiben. Auf der sogenannten Trade, einem Fahrwasser zwischen Jütland und Norwegen, stießen sie auf eine Flotte Dänischer Handelsschiffe, und gedachten sie zu nehmen. Aber die Dänen waren für solchen Fall wohlgerüstet mit Geschützen, Pulver und Blei, und verstanden damit so trefflich umzugehen, daß Kniphoff’s Gesellen Gott danken mußten, als sie mit leidlich heiler Haut davongekommen waren. – Darnach landeten sie auf der kleinen Norwegischen Insel Fleckeroe (bei Mandal) und an andern Küstenorten dieses Reiches, wo sie nicht nur die Hansischen Kaufmannsgüter raubten, sondern auch die friedlichen Landesbewohner überfielen und überall plünderten und schlimmen Frevel übten gegen Geistliche, Bürger und Bauern.
Kühn gemacht durch das bisherige Glück, faßte Kniphoff nun den Anschlag, nach dem Beispiel der Vitalianer die Stadt Bergen zu nehmen. Bergen, Norwegens reichste und mächtigste Stadt, worin damals 36 Kirchen, Klöster und Stiftungen bestanden, hatte in seinen Augen noch den Vorzug, daß hier die berühmte Factorei der Hansestädte (das sogenannte Hansische Comtoir) blühte, in deren Gewölben er außer reichen Waarenvorräthen auch große Schätze baaren Geldes zu finden hoffte. Er würde also durch einen siegreichen Angriff auf [172] Bergen, zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen haben, indem er sodann in den Besitz der Hauptstadt[WS 1] eines der abgefallenen Reiche seines Königs gekommen wäre, und zugleich dessen Erzfeinden, den Hansen, einen schwer zu verwindenden Schaden beigebracht hätte.
Der Anschlag aber war zu verwegen und überstieg die Kräfte seines Geschwaders. Die Bergen’schen Bürger, und nicht minder die Hansischen Kaufleute, kräftige abgehärtete Männer, die eher von ihrem Leben als von ihrem Gute zu lassen entschlossen waren, rüsteten sich zeitig, und setzten den anstürmenden Freibeutern einen so geordneten und wirksamen Widerstand entgegen, daß dem übermüthigen Kniphoff nichts anderes übrig blieb, als vorläufig aufs offene Meer zurückzuweichen, wo er inzwischen seine Räubereien eifrig fortsetze. Die brauchbarsten Seeleute der genommenen Schiffe pflegte er durch Zwangsmittel zu nöthigen, in seinem Dienste zu bleiben.
Dies böse Spiel verdroß nun billig alle Städte des Hansabundes, daß sie darauf sannen, dem Dinge ein Ende zu geben. Und angesehen Hamburgs Macht und Gelegenheit, wie auch seiner See- und Kriegsleute Tüchtigkeit, baten die Schwesterstädte unsern Rath, daß er die Sache in die Hand nehmen und Wandel schaffen möge. Die Lübecker hatten genug zu thun, sich des Sören Norby zu erwehren, mit dem ihre Schiffe um die Pfingstzeit bei Buwyck an der Schwedischen Küste bei Nacht und Nebel hart zusammen stießen, jedoch siegreich dem Freibeuter 3 Schiffe abnahmen. Dies zeigten sie dem Hamburger Rath an und baten dringend, er möge den Zug gegen Kniphoff fördern. Anfangs hatte unser Rath nicht gern daran gewollt, weil er wußte, wie schwer [173] es hält, unter Bundesgenossen wieder zum Kosten-Ersatz zu kommen. Aber die Nothwendigkeit, den eigenen Handel gegen die Freibeuter zu schützen, brachte die Hamburger doch dahin, eine Flotte von 4 Kraffeln zu rüsten. Solch ein Kraffel war ein zweimastiges Seeschiff von mäßiger Größe, etwa wie eine Brigg oder ein Schoner, also jedenfalls viel kleiner als die Gallion Kniphoff’s, von der Mächtigkeit eines Linienschiffes.
Gegen Pfingsten war Alles bereit, die Schiffe gerüstet, das See- und Kriegsvolk geworben und gemustert. Simon Parseval wurde Admiral; er, so wie Ditmar Kohl, Claus Hasse und Dirk von Minden befehligten Jeder einen der 4 Kraffel als Schiffs-Patron. Unter ihnen dienten als Hauptleute des Kriegsvolks Michel Schröder, der große Helmeke, Jürgen Sibbern und Hans Holck.
Darauf gingen diese Schiffe in See und kreuzten die lange Sommerszeit in den Gewässern der Norwegischen Küste, und suchten den saubern Gast mit allem Fleiße, konnten ihn aber nicht finden, und kehrten unverrichteter Sache gegen den Herbst auf die Elbe und an die Stadt zurück. Das behagte dem Rath übel, denn es sah fast aus wie ein Schimpf für der Hamburger guten Willen und Tapferkeit. Darum ließ er’s erkunden, wo Kniphoff anjetzt zu suchen und zu finden wäre, und gab den Schiffen Befehl, sich alleweil segelfertig zu halten, um gleich wieder auslaufen zu können. Schiffs-Patrone, Hauptleute und alles Volk waren dess’ wohl zufrieden, nur Hans Holck und der große Helmeke, die Hauptleute, die wollten nicht weiter mit; darum gab der Rath ihnen den Abschied und setzte Asmus Stolte und Cord Blome an ihre Stelle. Auch vermehrte der Rath die Flotte noch um 2 Bojer (kleine einmastige Seeschiffe, etwa wie die jetzigen Ever oder Smacken), welche von Hans Lüders und Jacob Block commandirt [174] wurden. Kurz darauf erhielt der Rath die sichere Zeitung, daß Claus Kniphoff in der Osterems läge, in dem Fahrwasser zwischen den Watten östlich der Insel Borkum, unfern des Meerbusens Dollart bei Ostfriesland, in den die Ems sich ergießt. Obwohl es nun um die Zeit der herbstlichen Tag- und Nachtgleiche war, wo schwere Stürme in den Nordischen Meeren zu toben pflegen, so beschloß der Rath dennoch, die Flotte sofort auslaufen zu lassen. Denn es galt, ein großes und gutes Werk verrichten, und die Ehre der Stadt Hamburg vor aller Welt zu behaupten; darum ließ der Rath sogleich die Trommeln rühren, daß Jeder eilends zu Schiffe stieg, und am 3. October segelte die Flotte im Namen Gottes, der einen frischen guten Ostwind dazu verlieh, seewärts dem Kampfe mit Stürmen und Feinden entgegen.
Daß Claus Kniphoff aber nach der Osterems gefahren war, das war also gekommen: Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, ganz Norwegen einzunehmen; und eroberte er erst eine Stadt, so wäre dem Sieger genug Beute zugefallen, um Landsknechte in Menge anzuwerben, mit welchen Kriegsvölkern er dann nach und nach das ganze Land erobert hätte. Das wäre schon gegangen. Doch fehlte es ihm für’s Erste zur Einnehmung der einen Stadt sowohl an Lebensmitteln als an Mannschaft. Darum trachtete er nach der Osterems und den Friesischen Küsten, wo er beides zu finden hoffte. Denn die Leute dort herum hielten es damals oft mit den Seeräubern, wie aus Störtebeker’s Geschichte erinnerlich ist.
Nun hatte er unter seinem Volk keinen andern Lootsen, der des Fahrwassers zur Osterems kundig gewesen wäre, als [175] einen gefangenen Hamburger Steuermann, der mußte sie dahin führen. Um seinen Hals zu retten, versprach der Hamburger, was von ihm gefordert wurde, sofern er selbst nur richtigen Bescheid wüßte. Denn er war ein Schalk und ließ die Schiffe nahe der Osterems auf den sogenannten Hamburger Sand laufen. Da wollten die Bootsleute den Steuermann über Bord werfen. Aber Kniphoff schützte ihn, weil er zuvor gesagt, er sei des Fahrwassers nicht kundig genug. Er spielte gewagtes Spiel, denn wenn Kniphoff geargwohnt hätte, daß er die Schiffe vorsätzlich auslaufen lassen, damit die Hamburger davon Nachricht erhielten, um sie allda zu bestricken und zu fangen, – dann war sein Kopf geliefert. Mit Verlust eines Mastes kamen die Schiffe wieder ab vom Sande und in die Osterems bei Gretsyl, wo sie ankerten.
Als nun die Hamburger nach der Insel Neuwerk kamen, wurde ihnen dort die Zeitung bestätigt, daß Kniphoff in der Osterems läge, wo er sich nur ein wenig stärken wolle, um Norwegen zu bezwingen. Da setzten sie noch mehr Segel bei und kamen am 6. October in den Meeresarm, den man die Grete nennt, bei Gretsyl.
Da warfen sie vorerst Anker, und die Schiffs-Patrone und Hauptleute kamen zusammen, um Kriegsrath zu halten, wie Kniphoff am besten anzugreifen sei. Und weil Jeder der tapfern Männer die Ehre des schwersten Kampfes für sich begehrte, so warfen sie das Loos darüber, wer die Gallion angreifen und erstürmen sollte. Und Ditmar Kohl traf’s, der sollte mit seinem Kraffel dem riesigen Hauptschiff der Feinde an Bord legen, um es zu entern, und Simon Parseval, der Admiral, und die zwei kleinen Bojer sollten ihm zur Hülfe bereit bleiben, während Claus Hasse den „fliegenden Geist“ und Dirk von Minden den „Bartum“ angreifen und nehmen sollten.
[176] Noch selbigen Tages, am 6. October, legten sich die Hamburger Schiffe so nahe an Kniphoff’s Schiffe, daß sie sich einander wohl sehen, aber mit Geschützen nicht bestreichen konnten.
Als nun Claus Kniphoff die Hamburger Schiffe gewahrte, da rief er sein Volk zusammen, um zu berathen, ob es thunlich sei, davon zu fahren und dem Kampf auszuweichen. Als er sich mit seinem Volke so besprach, da antwortete dasselbe: er möchte nur liegen bleiben und die Hamburger Landratzen nur herankommen lassen, sie wollten ihrer wohl mächtig werden; die Hamburger wären doch nur Apfelschützen, dererwegen sie unverzagt seien; wenn sie den Streit nicht annähmen, so würde die Kunde vor Fürsten und Herren kommen, daß sie vor Apfelschützen geflohen wären; solche Schande könnten und möchten sie nicht leiden; sie wollten sich wehren mit Macht, – übrigens würden sie die kleinen Hamburger Kraffeln und Bojer mit den Karthaunen und Serpentinen der Gallion leichtlich in den Grund schießen.
Als nun Kniphoff diese mannhafte Antwort seines Volks vernahm, wurde er froh und sprach: „Hei frisch, ihr lieben Gesellen, wir wollen Preis und Ehre gewinnen. Da liegen güldene Berge, die sollen unser sein. Jeder Büchsenschütz und Constabler lade und schieße aber Büchse und Geschütz nur auf die Kraffeln ab, und nicht auf die Bojer, bei Leib und Gut! damit wir unser Kraut und Loth nicht unnütz verschießen.“ Daß er somit verbot, auf die Bojer zu schießen, das hat ihm nachmals großen Schaden gebracht. So mag der Mensch, wenn Gott im Himmel einmal seinen Untergang beschlossen hat, es anfangen, wie er will, und noch so klug [177] zu handeln vermeinen, es hilft doch nichts, und Alles muß zu seinem Verderben dienen.
Hierauf war Kniphoff bedacht, den Hamburgern kund zu thun, daß er den Kampf mit ihnen annehme, und sie zu grüßen, wie gute Kriegsmänner achtbare Feinde mit Ehren zu grüßen pflegen. Er steckte also auf seinen Schiffen die Fähnlein auf und ließ sie fliegen. Dazu ließ er aus den größten Stücken seiner Geschütze drei Schüsse thun, den Hamburgern zu Ehren und um sie willkommen zu heißen. Solchen Kriegesgruß erwiederten die Hamburger und feuerten auch aus ihren größten Stücken drei Schüsse. Dabei ist es am 6. October geblieben. Und als es dunkelte und die Nacht das weite Meer bedeckte, und nur auf jedem Schiffe die Leuchte beim Steuer schimmerte, da lagen die beiden Flotten so friedlich und still einander gegenüber, als wenn sie nimmer morgen auf Tod und Leben zu streiten bestimmt gewesen wären; und das Volk aß und trank und war guter Dinge, und ging schlafen, und freute sich auf den Morgen wie auf einen Ehrentag, und doch sollte manch junges frisches Blut dahin fließen und manch kühnes Auge den Abend nicht wieder schauen.
Aber Claus Kniphoff konnte nicht schlafen, denn es mahnte ihn düster, und es kam ihm ein Grauen an, wenn er des kommenden Tages gedachte. Vielleicht fiel ihm das Geschick seines Namensvetters, Claus Störtebeker, ein, in dessen Fußstapfen er leider getreten, welcher vor mehr als 100 Jahren von den Hamburgern überwunden und zum Blutgericht fortgeführt war. Das Mögliche zu seiner Rettung versuchend, schickte er mit einbrechender Nacht heimlich und still seinen Schiffsschreiber mit einem Boote ans Land, damit er noch Volk anwerbe und auf die Schiffe brächte. Der Schreiber war eifrig im Dienste seines Herrn, und brachte in der Nacht zusammen, wen er antraf und halbwegs bereit fand; einige [178] holte er aus den Betten, Fischersleute und Bauern, die an dortiger Meeresküste insgesammt der Seefahrt wohl kundig – denen sprach er schöne Dinge vor und verhieß ihnen reiche Beute, wenn sie nur einige Stunden lang helfen wollten. Sie ließen sich bereden und gingen mit zu Schiffe, und gedachten nicht länger dort zu weilen, als zum Verzehren eines Härings gehört, und bald genug mit Geld und Gut beladen wieder daheim am warmen Ofen zu sitzen; ja der Mensch denkt und Gott lenkt! und daß ihrer Viele dort erschlagen oder als Gefangene mit nach Hamburg vors Gericht geführt werden würden, das dachten sie freilich nicht, als sie die Betten verließen und von Weibern und Kindern schieden, um Kniphoff’s Mannschaft zu verstärken.
Der Morgen des 7. Octobers brach an; es war ein Sonnabend, und Jedweden verlangte darnach, wie der Tag enden werde. Claus Kniphoff, der gewöhnlich einen herrenmäßigen Anzug trug, kleidete sich ganz unscheinbar. Er zog ein weißes Hemde an, dazu ein blaues Wams und eben solche Hosen, in welchem Anzug er auch gefangen und nach Hamburg gebracht worden ist, wo er seinem Beichtvater im Kerker die Löcher gezeigt hat, welche die Hamburger Kugeln in die Aermel und Falten gerissen, ohne ihn zu verwunden.
Die Hamburger trugen großes Verlangen zum Kampfe, nach den Feinden stand ihr Begehr. Die Anführer ließen dem Volke einen guten „zarten“ Morgentrank vorsetzen, Warmbier mit Schießpulver darin, gut durcheinander gerührt; mit solchem Trunk im Leibe konnten die Männer des Tages Arbeit schon tragen. Die Hauptleute redeten ihr Kriegsvolk an und sprachen: „Ihr Hamburger, gute Gesellen, heut’ nehmt euch [179] zusammen, und habt der Feinde Acht. Wenn ihr euch von ihnen bezwingen lasset, so wisset ihr, daß es euch Leib und Leben kostet; das vergeßt nicht, und schaffet, daß ihr es euren starken Vorfahren gleich thut, die alle Freibeuter aus der See holten; gedenket des tapfern Simon von Utrecht und seiner Mannen, wie sie einst den Störtebeker bezwangen; und zeiget euch werth, ihre Nachkommen zu sein, auf daß die ehrenreiche Stadt Hamburg bei ihrem alten Ruhm und Preise bleibe! Daran gedenket ihr Alle!“
Nun eröffneten die Hamburger das Treffen um 8 Uhr früh, indem ihre kleinsten Schiffe, die beiden Bojer, sich in möglichster Schnelligkeit dicht an die Gallion machten, deren großer hoher Bord fast ihre Masten überragte, da konnten die Gallion-Kanonen ihnen nichts anhaben, weil ihre Schüsse darüber hin gegangen wären; das hatte Kniphoff auch wohl bedacht, und deshalb Pulver und Blei zu sparen geboten. Er hätte sie aber zusammen schießen sollen, ehe sie so nahe heran kamen, dann wäre er ihrer entledigt geblieben. Die Bojer lagen nun längs der Gallion und schossen ihm ihre Bleipillen in den Rumpf und aufs Deck, so viel sie vermochten, und manch guten Kerl schossen sie aus der Wehre. Bald darnach segelte Simon Parseval, der Admiral, mit seinem Kraffel heran, ließ in Schußnähe den Anker fallen und beschoß die Gallion; aber die vergaß den Admiral auch nicht, ließ die Karthaunen und Schlangen spielen und feuerte Blitz und Donner auf den Kraffel. Der Admiral hatte sein Volk unter Deck bleiben lassen, so daß nur etwa 12 Mann oben waren zur Regierung des Schiffes, weshalb das Feuer der Gallion ihm wenig Schaden that; indessen kam das Admiralschiff von seinem Anker los und trieb seitab von der Gallion weg.
Während dieser Zeit hatte Claus Hasse mit seinem Kraffel den „fliegenden Geist“ angelaufen, und nach einigen gewechselten [180] Lagen des groben Geschützes sogleich geentert, und die Hamburger waren so heftig auf den „fliegenden Geist“ gefallen, und hatten so tapfer auf dem Deck gefochten, Mann gegen Mann, daß dies gute Schiff Kniphoff’s bezwungen war, bevor der Hauptangriff gegen die Gallion geschah. Und die Schiffs- und Kriegsleute vom fliegenden Geist wurden gefangen und in den Schiffsraum gesperrt, so viel ihrer nicht im Streit erschlagen oder über Bord geworfen waren; sie waren von Kniphoff’s Gesellen die ersten, die’s empfanden, daß die Hamburger doch keine Apfelschützen sind.
Derweile hatte Dirik von Minden mit seinem Kraffel weniger Glück; er sollte den Bartum angreifen, aber sein Steuermann versah’s und lief auf den Grund, so daß dies Schiff fest saß und am Kampfe nicht theilnehmen konnte, welches Dirik sehr nahe ging. Jedoch schickte er sein Volk in Booten den andern Schiffen zu Hülfe, damit diese ihre Mannschaft verstärken möchten.
Während dies geschah und das Admiralschiff von der Gallion abgetrieben war, vergaßen die kleinen Bojer ihren Dienst nicht, sondern setzten allein dem mächtigen Feinde mit unaufhörlichem Schießen tapfer zu. Nun hielt aber auch Ditmar Kohl nicht länger zurück, sondern befahl hart auf die Gallion zu steuern, um den Hauptangriff zu wagen. Kniphoff, der Ditmar’s Kraffel heransegeln sah, glaubte, dessen Volk würde wie das des Admiralschiffes unter Deck sein; also machte er seinen Plan darnach, und ließ seine wehrhaftesten Männer allesammt auf’s Deck und an Bord treten, und befahl: sobald der Kraffel heran käme, sollten sie mit aller Macht ihn entern und darüber herfallen; so würden sie den Kraffel nehmen, ehe die Hamburger es sich versähen. Also hat Kniphoff nachmals seinem Beichtvater selbst erzählt.
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Ditmar Kohl aber erwog, daß sowohl die beiden Bojer als das Admiralschiff schon lange Zeit die Gallion beschossen, und sicher auch gut getroffen hätten; darum schien ihm der Augenblick günstig, den Sturm zu wagen, damit er den Preis des Tages und um so größere Ehre erringen möchte, als der Admiral noch nicht wieder herbei gekommen war. Darum rief er sein Volk aufs Deck, und gab Befehle, und stellte die Constabler an die Stücke (Kanonen), und jeder Mann mußte seine Hakenbüchse bereit halten, oder sein Faustrohr, und dazu das Schwert locker in der Scheide.
Als nun der Kraffel dicht an die Gallion kam, deren Volk auf dem Deck und am Bord gedrängt da stand, in der Meinung, Ditmar’s Schiff zu entern und zu nehmen, – da eröffneten die Hamburger auf Ditmar’s Commando zu gleicher Zeit aus Kanonen, Hakenbüchsen und allen Gewehren ein so wohl gezieltes Feuer, daß gleich bei der ersten Lage an 30 Mann von Kniphoff’s Gesellen fielen und todt blieben. Und die Hamburger, die nicht Zeit verlieren mochten mit Laden und Richten, auch des ehrlichen Kampfes Mann gegen Mann begehrten, griffen flugs, bevor der Pulverdampf sich verzog, zu den Sturmleitern und Enterhaken, erklommen und erstiegen das große Schiff und warfen sich mit Ungestüm und Todesverachtung auf das Deck und auf die ihnen an Zahl weit überlegenen Feinde.
Zu derselben Zeit merkten die Besatzungen der tapfern kleinen Bojer, die immer schießend an der andern Seite der Gallion lagen, daß Ditmar Kohl entern wolle, und schnell kamen sie heran, um stürmen zu helfen; und während Ditmar Kohl’s Leute die Gallion rechts erstiegen, sprangen die Bojersleute von links her über Bord aufs Deck.
Nach der ersten vollen Lage der Hamburger war ein Theil von Kniphoff’s Leuten unter Deck gegangen, um mit den dort [182] liegenden Karthaunen den Kraffel in den Grund zu schießen; aber noch ehe sie gerichtet hatten, kamen ihnen die Hamburger schon ungestüm über den Hals, denn während ihrer die Meisten auf dem Deck gegen den Feind sieghaft kämpften, waren Andere auf Ditmar’s Befehl gleich hinunter gestiegen, um den Sieg auch hier zu sichern.
Das war ein mörderischer Streit! Wüstes Toben, Kampfgeschrei und Commando-Rufen; unter den Tritten der Männer erbebte das Schiff, hieher, dorthin wälzten sich die Haufen der Kämpfenden; die Schwerter saus’ten und trafen krachend ihr Ziel, das Blut floß in Strömen. Leichen bedeckten den Boden. Von beiden Seiten wurde mit höchster Kraft und Tapferkeit gestritten. Unter Kniphoff’s Leuten waren viel wilde Gesellen, die schon, ehe sie in seinen Dienst getreten, manch böse That ausgesessen; landflüchtige Friedensbrecher, Geächtete und Verfestete. Die wußten jetzt wohl, woran sie waren. Ergeben mochten sie sich nicht, denn hinter schimpflicher Gefangenschaft dräute das Gericht und das Schwert des Henkers! Darum verkauften sie jede Wunde so theuer als sie konnten, damit ihr Tod in Wehr und Waffen, eines wilden Lebens blutiges Ende, mindestens nicht ungerächt bleibe.
Aber die Hamburger fochten wie die Helden, ihrer großen Vorfahren würdige Söhne! Im Angriff so kühn als besonnen, im Kampfe fest und stark, keinen Schritt zurück, – vorwärts dringend oder todt wieder sinkend. Nicht nur die wohlbewehrten eigentlichen Kriegsleute (von denen ein Theil in der Stadt Sold und Diensten stand, ein anderer aber Freiwillige oder für diesen Zug Geworbene waren), sondern auch die Hamburger Bootsleute, so viel ihrer entbehrlich, waren auf die Gallion gekommen, und grade diese richteten mit ihren kurzen Handbeilen, die sie gebrauchten wie unsere Vorfahren ihre Streitäxte, ein furchtbares Blutbad an; wen die Bootsleute [183] faßten, den schlugen sie todt, sie gönnten auch Keinem das Leben, sondern ließen ihre Beile umhertanzen, wo noch ein feindlicher Mann zu sehen war; in die Mastkörbe und ins Tauwerk stiegen sie, die Flüchtigen verfolgend, bis zum Schiffsraum hinunter. Die Hamburger Kriegsleute dagegen gaben Pardon Allen, die darum baten, und machten also Gefangene, die dann eingeschlossen wurden. Es war auch manch ehrlicher Kerl unter Kniphoff’s Volk, der bei der Anwerbung nicht gewußt hatte, daß der Kriegszug in Seeräuberei ausarten werde, oder der hernach gefangen und gezwungen war, auf der Gallion zu dienen; auch einige fürwitzige Leute, nämlich die erst zur Nacht an Bord gekommenen Friesen. Diese Alle brauchten den Meister Büttel von Hamburg nicht so sehr zu fürchten, darum ergaben sie sich den Söldnern und Landsknechten der Hamburger.
Mittlerweile war der Kampf, obwohl er noch fortdauerte, doch schon außer Zweifel; die Hamburger hatten überall die Oberhand und wurden Meister der großen Gallion. Von Kniphoff’s Gesellen lagen die Besten in ihrem Blute am Boden, oder trieben als zerhauene Leichen auf den Meereswogen dahin. Herrn Benedict von Alefeld war gleich Anfangs der Hirnschädel weggeschossen; die Tritte von Freund wie Feind gingen über seinen verstümmelten Leichnam. Ein andrer vornehmer Anführer, ein früherer Bürgermeister von Copenhagen, und seine Gesellen, waren wie die tollen Hunde erschlagen. Kniphoff’s Cumpan, der rothe Claus, wehrte sich wie rasend; er war als der böseste und ruchloseste von Allen bekannt, und ein rechter eingefleischter Teufel; darum ließen die Bootsleute nicht von ihm ab, und da sie ihn endlich bei seinen Armen fingen und festhielten, kühlten sie ihre Wuth mit den Beilen – er wurde zerhauen in kleine Stücke, wie man das Fleisch zerhackt zum Grapenbraten! Wie Viele verwundet oder todt [184] ins Meer gestürzt waren, wie Manche freiwillig dort ihr Ende gesucht, das weiß man nicht, die Wellen trieben die Körper dahin, – aber der Todten von Kniphoff’s Volk waren Viele – auf der Gallion allein lagen hernach noch 88 Mann; der Verwundeten und Gefangenen Zahl mochte doppelt so groß sein.
Als Claus Kniphoff seines Genossen, des rothen Claus, grausiges Ende gesehen, da wurde er inne, welch’ ingrimmig Volk die Hamburger Bootsleute wären; vor ihrer Uebermacht zu erliegen, unter ihren Schlachterbeilen zerhauen zu werden, das däuchte ihm noch widerwärtiger, als ehrliche Kriegsgefangenschaft, auf die er hoffte, wenn er sich freiwillig stellte.
Und noch einen Blick that er über den Kampfplatz, ob sich keine Möglichkeit der Rettung zeige; da er aber Alles verloren geben mußte, brauchte er noch einmal sein gutes Schwert, um sich durch die Bootsleute eine Bahn dahin zu erfechten, wo er Hamburger Kriegsleute gewahrte, denen wollte er sich ergeben. Und da ihm dies mit Mühe gelungen war, und er einen graubärtigen Rottmeister ersah, sprach er zu dem: nimm mich gefangen, lieber Kriegsmann! Der fragte hingegen: wer bist du? wie ist dein Name? Indem merkte Kniphoff, daß die Bootsleute mit blutigen Beilen ihn überall suchten und nach ihm schrieen, um ihn zu viertheilen, und dringender noch bat er: o lieber Krieger, ich bin Claus Kniphoff, der Hauptmann der Schiffe, schone meines jungen Lebens und verhehle mich vor den Bootsleuten! Und der alte Kriegsmann nahm ihn als Gefangenen in seinen Schutz, und nannte ihn laut vor allem Volk „Hinrik Moller,“ damit er unerkannt bleibe, und stieß die Bootsleute zurück, und deckte ihn vor ihren Beilen und führte, ihn aus der Gallion [185] in Ditmar Kohl’s Schiff hinüber; und Kniphoff hatte ihm sein Schwert überliefert, und dazu einen goldenen Fingerring geschenkt zum Lohn, daß er ihn vor den Bootsleuten geschützt.
Als Ditmar Kohl seiner ansichtig wurde, erkannte er ihn gleich für Claus Kniphoff. Aber er schwieg und brachte ihn aus dem Wege, denn sein Hauptmann Cord Blome und die Wärwölfe, die Bootsleute, rannten umher und schlugen Alle todt, auf die sie stießen. Und insonderheit schrieen sie nach Kniphoff, wo der steckte, sie wollten ihm seinen Lohn geben und ihn in Stücke zerhauen.
Dies ernsthafte Spiel hatte wohl an acht Stunden gedauert, von Morgens 8 Uhr bis Nachmittags gegen 4 Uhr. Kniphoff, dem war’s sonderbarlich ergangen. Die Kugeln hatten ihm seine Kleider am Leibe durchlöchert, und sogar sein Hemde war davon zerrissen, in so dichtem Kugelregen hatte er gefochten, und doch war er unversehrt und unverwundet! Gottes Hand mag ihn gnädig beschirmt haben, nicht um sein armes Leben zu retten, denn dessen Glück und Frieden war verspielt; sondern um des Heils seiner unsterblichen Seele willen, auf daß er nicht mitten in seinen Freveln und Sünden dahinführe, sondern erst durch Reue und Buße seine Schuld sühne. Das hat er selbst im Gefängniß zu Hamburg seinem Beichtvater erklärt. Er blieb in Ditmar’s Schiff, obschon der Admiral ihn bei sich haben wollte, aber Ditmar behielt ihn als seinen Gefangenen, und behandelte ihn freundlich und mild, wie’s dem Sieger wohl ansteht.
Nun waren noch unbezwungen der weiße Schwan und der Bartum. Dieser saß auf einer Untiefe; seine Besatzung, als sie der Gallion Geschick wahrnahmen, warf zur Erleichterung Ladung und Geschütz über Bord und untersuchte den Grund, um sich in der Stille davon zu machen. Aber dies gelang nicht, denn der Admiral Parseval sah ihnen auf die [186] Fäuste. Er schickte, da er der Untiefe wegen mit seinem Kraffel nicht nahe kommen konnte, sein Volk auf Booten an den Bartum, um ihn zu nehmen. Als sie an die Planken legten, warfen die Feinde große Stein-Geschütze über Bord und hätten sie’s nicht zeitig gemerkt, sie wären allesammt zerschmettert oder versoffen. Und gleich darauf schossen die vom Bartum mit Kanonen, Büchsen und allen Gewehren so heftig auf die Boote, daß sie Gott dankten, wie sie außer Schußweite und zum Admiral zurück kamen. Darauf befehligte der Admiral einen der Bojer heran, der legte sich, da er nicht so tief ging als ein Kraffel, dicht an den Bartum, den die tapfere Mannschaft alsbald enterte und erstieg. Zugleich kamen des Admirals Boote wieder, und seine Leute erstiegen auch den Bartum und wollten dessen Besatzung insgesammt in die Pfanne hauen; aber die aus dem Bojer bezähmten die Wuth der Bootsleute, und nahmen der Feinde eine große Zahl gefangen.
Darnach ergab sich auch der Schwan, darin nur wenig Volk lag, und damit waren alle Schiffe Kniphoff’s genommen, und die Hamburger hatten einen herrlichen Sieg erfochten, darum ließen sie ihre Fähnlein fliegen, löseten alle Geschütze und riefen Victoria, zur Ehre Gottes des Allmächtigen, der den Sieg in ihre Hand gegeben.
Am Ufer bei Gretsyl standen viele Menschen, die hatten von früh Morgens an dem Treffen zugesehen, und weil einige der Ihrigen dabei waren (wie oben erzählt ist), so trauerten und wehklagten sie sehr, als sie die Hamburger siegen sahen, um das Schicksal ihrer Gefreundeten.
Auch Herr Edzardus, Graf von Ostfriesland, war am Ufer und sah dem Kampfe zu. Den hatte Kniphoff noch [187] zwei Tage seither am Lande heimgesucht und ihn gebeten, fein Acht zu geben, wenn etwa die Hamburger kämen, um zu gewahren, wie kurz und gut er mit ihnen umspringen werde. Da der Graf nunmehr Kniphoff’s Niederlage ersahe, rief er überlaut, „daß dich der Teufel hole! keine zwei Tage konntest du dich halten, der du dich doch zuvor berühmtest, du wolltest in zwei Stunden, kurz und gut, mit den Hamburgern fertig werden!“
Andern Tages wehte ein großer Sturm aus Nordwesten. Die Hamburger konnten weder an ihre Heimfahrt denken, noch konnten sie an’s Land fahren, die Todten allda zu begraben. Da machten sie’s „kurz und gut,“ und warfen sie über Bord ins Meer. Dann vertheilten sie ihre Gefangenen; einige blieben in der Gallion und wurden da verwahrt, die andern kamen auf die Kraffeln, bei welcher Gelegenheit die Bootsleute es wieder nach ihrer Weise „kurz und gut“ machten, wenn irgendwo der Raum zu enge wurde für die Gefangenen, nämlich: todt geschlagen und über Bord geworfen, was zu viel war! Aber Claus Kniphoff blieb bei Ditmar Kohl wohlbewahrt.
Darnach gingen die Schiffe unter Segel; die Hamburger brachten die vier Seeräuberschiffe mit aller Ladung und noch 162 Gefangenen auf. Die Fahrt ging langsam der Elbe zu der widrigen Winde wegen. Aber ihnen voraus flog die gute Kunde vom glorreichen Siege nach Hamburg. Und Ein Ehrbarer Rath, da er diese Zeitung vernahm, schickte zwei seiner Mitglieder, Dietrich Lange und Otto Bremer, den Siegern entgegen, um sie willkommen zu heißen. Da die Herren nun in Ditmar Kohl’s Schiff traten, gingen sie in seine Cajüte, und ließen Kniphoff vor sich bringen. Sie redeten ihn freundlich an und sagten, willkommen Claus, und hießen ihn sich setzen. Er antwortete: „freilich Ihr Herren, [188] Ihr möget billig mich willkommen heißen, so, wie Ihr mich jetzt hier sehet!“ Darnach setzten sie ihm einen Trunk Weines vor in einem güldenen Pocal, der war des Kniphoff’s Eigen gewesen, und sagten, trinket aus Eurem Becher, Claus! Er antwortete: „es ist nicht mehr mein Becher, er gehört den guten Gesellen, die ihr Leben daran gewagt haben, mich mit Hab und Gut zu gewinnen; und liebe Herren, das möget Ihr wissen, ich hätte nicht geglaubt, daß, solche Männer in solchen grauen Wämsern stecken! Sie fielen zu mir ins Schiff, nicht wie Menschen, sondern wie die leibhaftigen Teufel.“
Endlich kamen die Schiffe die Elbe herauf und legten sich am Ufer unten beim Eichholz, welches damals noch außerhalb der Stadt lag, vor Anker. Und am 22. October, am Sonntage vor St. Catharinen-Kirchweih-Feste, wurden Kniphoff und seine Gesellen ausgeschifft, und durch das Millernthor in die Stadt und zum Rathhause geführt, von den siegreichen Schiffs- und Kriegsleuten begleitet. Trommler und Pfeifer und fünf Fähnlein Kriegsknechte zogen voran, dann ging Claus Kniphoff, zwischen den vornehmsten seiner Mitgefangenen, den beiden Edelleuten, Simon Gans von Puttlitz und Jürgen von Sidow. Dann kam das geringere Volk seiner Gesellen, paarweise oder zu dreien; ein langes starkes Tau lief die ganze Reihe der Gefangenen entlang, daran waren sie geschnürt; die Verwundeten gingen nicht mit, die wurden zu Schiff bis zum Rathhause gebracht, und daselbst in die Reihe gestellt.
Nachdem sie alldort von Bürgermeistern und Rathmännern, auch sonstigen angesehenen Bürgern in Augenschein genommen waren, wurden sie in einen Thurm am Winserthore [189] gesetzt, vielleicht denselben, der unter dem Namen „Roggenkiste“ erst vor etwa 30 Jahren abgebrochen worden ist. Kniphoff brachte man auf den höchsten Boden des Thurmes, weil er das Haupt der Freibeuter gewesen war; ein Stockwerk niedriger sperrte man die beiden Edelleute ein, und zu unterst die Gemeinen, so viele ihrer dort Platz fanden; die andern geringen Gefangenen wurden im Büchsen- oder Zeughause, einige auch im Baren-Thurme an der Brooksbrücke untergebracht.
Desselbigen Tages kam an den Rath ein Schreiben des Grafen Edzard von Ostfriesland; der hatte, wie gedacht, gute Freundschaft mit Claus Kniphoff gepflogen, und war auch durch König Christiern bewogen, alles Mögliche zur Rettung seines Hauptmanns zu thun. Er forderte in diesem Briefe vom Rathe die schleunige Auslieferung Kniphoff’s, seines Volkes und seiner Schiffe, da dieselben auf seinem, des Grafen, Stromgebiet gefangen und erbeutet wären. Noch selbigen Sonntags rief der Rath die Bürger aufs Rathhaus und legte ihnen die Sache vor. Die Bürger, die ihr kaiserlich Recht gegen alle Seeräuber wohl kannten, lachten des gräflichen Begehrs, und beschlossen einmüthig, dem Grafen zurückzuschreiben: wenn er unsere Schiffe und Leute haben möchte, so könnten sie ihm wohl geschickt werden, aber nur, um auch ihn, den Grafen, abzuholen, der die Seeräuber vertheidigen wolle; denn der Hehler wäre so schlecht wie der Stehler. Doch hat’s der Rath, als er dem Grafen Antwort schrieb, etwas glimpflicher und höflicher abfassen lassen, wenn schon der Sinn derselbe gewesen ist. Und der Graf hat auf solche Erwiderung nichts weiter von sich vernehmen lassen. Dagegen kam vom regierenden Könige von Dänemark, Friedrich I., ein Schreiben an den Rath, worin er diesen aufforderte, die Gefangenen zur Rechenschaft zu ziehen, scharf zu examiniren und Justiz zu üben.
[190] Am 24. October, Dienstag vor Allerheiligen, sind Kniphoff’s sämmtliche Fähnlein, die im Seetreffen erbeutet waren, mit klingendem Spiele und unter Rührung der Trommeln in die Domkirche gebracht, und alldorten über dem Predigtstuhl aufgehängt worden, als Siegeszeichen und zum rühmlichen Gedächtniß an Ditmar Kohl und seine tapfern Kampfgenossen. Daselbst haben sie lange Jahre gehangen, zuletzt sind sie ins Zeughaus gebracht, wo auch das grobe Geschütz aus Kniphoff’s Schiffen aufbewahrt wurde.
Dann wurde den tapfern Kriegs- und Schiffsleuten, wie ihren heldenmüthigen Anführern der Sold ausbezahlt. Ueberdies behielten sie die selbstgewonnene Beute, und bekamen noch dazu als Belohnung, den Werth eines der eroberten Raubschiffe, 2720 Pfund Pfennige oder Thaler, für damalige Zeit eine große Summe.
Mittwoch, den 25. October, ist Kniphoff mit seinen Gesellen vor Gericht geführt, und daselbst verhört von 8 Uhr Morgens bis 3 Uhr Nachmittags. Da wurde er vom Fiskal auf Seeräuberei verklagt, und sein ganzes Sünden-Register, alle die Schiffe, die er genommen und geplündert, nicht weniger als 172, und all’ das unschuldige Blut, so dabei vergossen war, wurde ihm vorgehalten. Und Kniphoff vertheidigte sich selbst mit großer Klugheit und Kraft in bescheidentlicher Rede. Er entgegnete vornämlich, daß er keinen Seeraub begangen, da er König Christiern’s bestallter Hauptmann, und von ihm zu Kriegszügen gegen seine abgefallenen Reiche wie gegen die Hansen befehligt sei. Alle Schiffe, die er genommen, habe er nach Kriegsrecht genommen, darum sei er jetzt auch Kriegsgefangener und verlange für sich und seine Leute anständige Haft bis zur Auslösung, nach Kriegsrecht [191] und Kriegsbrauch. Und seine Bestallung und all’ seine Briefe und besiegelten Documente wurden verlesen, aber nichts konnte ihn retten. Denn er konnte es nicht rechtfertigen, daß er die Feindseligkeiten ohne alle Wahrschauung und Kriegs-Erklärung angefangen hatte, daß er namentlich die Hansischen und Hamburgischen Schiffe, die sonder alle Kunde von seinem Vorhaben so wehr- als arglos gewesen, gekapert und geplündert habe. Und der Brief der Regentin Margaretha, die ihn dem Seeräuber-Recht für verfallen erklärte, machte sein Maaß voll. Die Richtherren waren die Rathmänner Jürgen Plate und Albert Westede, die erkannten ihn schuldig des Seeraubes, und fanden zu Rechte, daß er mit der Strafe der Seeräuber, der Enthauptung, zu belegen sei. Und von seinen Genossen wurden vorerst sechszehn zu gleicher Strafe verdammt. Kniphoff schalt zwar dies Urtheil vor dem Rath, und forderte dessen Sentenz, aber der Rath judicirte nicht anders, sondern bestätigte das Todesurtheil. Da Kniphoff dies vernahm, bat er nicht um sein Leben, sondern um Gnade für seine Genossen, zumal für die, welche ihm nur gezwungenerweise gedient hatten. Dann wurde er wieder in den Thurm zurückgeführt.
Unterdessen kam noch manch’ Fürwort beim Rathe ein, von großen Herren, die sich für Kniphoff verwendeten. Auch sein Stiefvater, der Bürgermeister von Malmoe, schrieb gar beweglich, und bot ein großes Lösegeld für seinen Sohn. Aber der Rath mußte wohl beim strengen Rechte bleiben, denn Kniphoff hatte zu viel geschädigt und gesündigt, als daß es hätte ungebüßt und ohne die ordentliche Strafe des Gesetzes bleiben können; darum verschmähete der Rath das Lösegeld, davon der Vater dann eine Armenstiftung in Malmoe gründete, zum Seelenheile seines unglücklichen Sohnes.
[192] Der saß indessen im Winserthurme und schaute aus seinem hohen Gitterfenster ins Freie, über den Elbstrom hin, den segelnden Schiffen nach, weit hinaus in die Welt, aus der er nun in jungen Jahren so unglücklich scheiden sollte; scheiden von aller Erdenlust, Größe und Macht, von der er geträumt! Er war zu hoch geflogen, darum fiel er so tief. Und Herr Stephan Kempe, damals noch Klosterbruder, nachmals aber erster lutherischer Pastor zu St. Catharinen, saß bei ihm und tröstete ihn aus Gottes Wort, vermahnte ihn zur Reue und hörte seine Beichte an. Denn er fand in Kniphoff’s tiefstem Innern einen guten Grund, und Gottes Gnade war in ihm mächtig, so daß er seinen Tod durch Henkershand als eine gerechte Strafe und Buße seiner vielen Sünden und als ein Heilsmittel zu seiner ewigen Seligkeit erkannte; deshalb bereitete er sich, in Hoffnung auf die Absolution und das Sacrament, mit Freudigkeit zum Tode.
Auf dem Grasbrook wurden seit uralten Zeiten Angesichts des freien Elbstroms die Seeräuber enthauptet, nahe dem Element, auf dem sie gesündigt; wonach dann die Köpfe auf hohe Pfähle gesteckt wurden, die den Schiffern schon von Weitem als Denk- und Warnungszeichen galten. Da hinaus wurde Kniphoff am Montag, den 30. October, geführt, er ganz allein, denn dies hatte er sich als eine Gnade erbeten, damit es ihm nicht das Herz breche, wenn er etwa die Verwünschungen seiner Genossen vernehmen müsse. Es war früh Morgens, da der Frohn ihn abholte. Kniphoff war bereit, er streckte ihm die Hände entgegen. Unverzagt und frisch schritt er zwischen den Bütteln und Kriegsknechten durch die Straßen, und in seinem Angesicht sah man kein Zeichen von Todesfurcht und Bangen. Und wer ihn dahin gehen sah, den jammerte es, und manch mitleidig Herz, absonderlich bei den Frauen, konnte sich der Thränen nicht erwehren über das [193] schreckliche Ende des jungen schönen Hauptmanns. Auf St. Catharinen-Kirchhof stand schon Pater Stephan, der ertheilte ihm hier vor allem Volk, das betend niederfiel, die Absolution und reichte ihm das Sacrament der Versöhnung. Und als Kniphoff sich vom Knien erhub und weiter schritt, sprach er Allen vernehmbar: „Herr Jesu Christe, der du dein Blut auch für mich vergossen, erbarme dich meiner und sei mir gnädig!“
Dann ging’s zum Brookthore hinaus, und am Strande der Elbe, auf der Stelle, wo 123 Jahre früher Claus Störtebeker und seine Gesellen denselben Tod erlitten, kniete Kniphoff nieder und empfing mit gefalteten Händen den Schwertstreich, der sein Haupt vom Rumpfe, und seine Seele von der Erde schied.
Eine Stunde später wurden 16 seiner Gefährten in derselben Weise hingerichtet. Und am 10. November empfingen noch 46 ihr Urtheil, das lautete auch auf den Hals; da wurden sie wild und zornig und schalten überlaut auf Rath und Bürgerschaft; es half ihnen aber nichts, denn am Montage nach Martini wurden sie enthauptet. Am 24. November wurden 26, und am 4. December noch 20 Gefangene vom Gerichte freigesprochen, die hatten bewiesen, daß Kniphoff sie zum Dienste gezwungen. Am 13. December aber wurden wieder acht Freibeuter, darunter der Edelmann Simon Gans und im Januar 1526 noch ihrer vier zum Tode verurtheilt, und bald darauf hingerichtet.
Endlich wurden noch zur ebengenannten Zeit die letzten drei von Kniphoff’s Gesellen freigesprochen, also daß, ihn selbst eingeschlossen, im Ganzen 75 enthauptet, die Uebrigen aber frei erkannt und losgelassen worden sind. Mit selbigem Richtschwerte aber, welches Kniphoff und seine Gesellen vom Leben zum Tode gebracht hat, ist kein Mensch mehr gerichtet [194] worden. Es ist ins Zeughaus gebracht, und wurde dort bei den erbeuteten Seeräuber-Waffen und Kanonen aufbewahrt.
Die alte Chronik, aus der diese Geschichte größtentheils genommen ist, schließt ihren Bericht also: „Gott gebe, daß die Richter alle Schuldigen gestraft und alle Unschuldigen freigesprochen haben mögen; und Gottes Gnade und Barmherzigkeit sei mit Allen, die in diesen unglücklichen Kniphoff’schen Begebenheiten in irgend einer Weise umgekommen sind. Amen!“
Anmerkungen
[382] Durchgehends geschichtlich. Der Eingang nach verschiedenen histor. Quellen; darunter: Altmeyer, Isabelle d’Autriche et Christiern II. Brux. 1842. Der Hauptinhalt nach dem trefflichen Plattdeutschen Bericht eines Gleichzeitigen im I. Hefte der von Lappenberg herausgegebenen Hamb. Chroniken S. 22 u. s. w. – Die Lieder über Kniphoff: Zeitschrift für Hamb. Geschichte II. 118 u. 577.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Haupstadt