Weißt Du, was mich schrecklich kränkt?
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Weißt Du, was mich schrecklich kränkt?
Daß ich um Deinetwillen nichts verlassen kann.
Keinen Vater, keine Villa, nicht mal einen Ehemann.
Ich wär’ so gern eine Königstochter von kaum siebzehn Jahren.
Und ich würde täglich in der Kutsche fahren.
Und so käm’ ich denn vorbei an der Kaserne,
Wo Du stündest in meines Vaters Sold,
Und es träfen sich die Augenpaare, meine schwarz und Deine grau,
Und ich sähe Deine blonden Haare
Und am nächsten Tag schon wär ich Deine Frau.
Wenn ich wenigstens ein Filmstar wäre,
So ein richtiger Vamp aus Hollywood,
Für den Männer täglich sich erschießen,
Eines Tages würd’ ich auf ein Gastspiel
Kurz entschlossen an die Moldau ziehn,
Und die Leute schrien Bravo, Hoch und Bravo, Lili Grün!
Eine tausendfache Menschenmenge sähe meiner Ankunft zu
Das wärst Du!
Wenn ich allerwenigstens ’ne Dame der Gesellschaft wäre,
Groß und schlank und stadtbekannt,
Und ich säß’ in meinem roten Auto blaß und interessant —
Zum Entsetzen aller Menschenkinder
Ließ ich meinen Achtzylinder
Mitten auf der Straße stehen,
Um mit Dir zu gehen!
Ueber hohe Zäune mit zerriss’nen Schuh’n,
Doch wozu
Soll ein Mädchen
Ohne Anhang
Lili Grün.