Weihnachten (Ludwig Thoma)
Christabend.
Knirschender Schnee.
Eisige Blumen
An allen Fenstern.
Im warmen Zimmer
Hinter der dampfenden
Punschterrine,
Lachende Augen um mich herum.
Und frohe Herzen.
Ei, Kinder, wie ist das behaglich!
Da wird einem warm,
Ruft Erinnerung wach
Und weißt du es noch?
Und wie ’s damals war
In dem alten, traulichen Försterhaus?
Das will ich erzählen.
Die Berge wie riesige Zuckerhüte,
Mit Demanten bestreut,
Und alle die Tannen
Mit Reif bedeckt,
Um Strauch und Baum,
Als hätten die Englein,
Den Herrn zu ehren,
Viel tausend Lichter
Und die Sterne funkeln
So mild und hell.
Drinnen im Haus
Die kleine Schar
Da führt uns die Mutter
Zum Fenster hinan.
In banger Scheu
Blicken die glänzenden Kinderaugen
In die schweigende Nacht.
Und horcht!
Ein Singen und Klingen
Geht durch die Luft,
Christkindlein zieht durch den Wald,
Wie klopfen die Herzen!
Wie glühen die Wangen!
Schon ist es da,
Und im hellen Schein
Strahlet wieder der Weihnachtsbaum!
Jubelnde Stimmen.
Glückliche Kinder.
Wißt Ihr, wie ’s damals war?
Stille wird es im Kreise,
Und in jedem erwacht
Mächtig Erinnerung
An die sonnige Jugendzeit.
Alle schweigen. Nur eine spricht,
Nur ein älteres Fräulein spricht.
Seufzend sagt sie, wer so erzählt,
Und er sollte, sobald es geht,
Sich verheiraten.