Wissenschaftlicher Ausflug des Aachener Geschichts-Vereins nach Roermond und Sittard

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Anonym
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Wissenschaftlicher Ausflug der Aachener Geschichts-Vereins nach Roermond und Sittard
Untertitel:
aus: Limburg's Jaarboek, Nr. 2 (1910): S. 144-148.
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1910
Verlag:
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: tijdschriften.delpher.nl
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[144]

Wissenschaftlicher Ausflug des Aachener Geschichts-Vereins nach Roermond und Sittard.

      Der für der 19. Mai angekündigte wissenschaftliche Ausflug des Aachener Geschichtsvereins nach Roermond und Sittard, der von vielen Seiten als ein etwas gewagtes Unternehmen bezeichnet worden war, nahm unter Teilnahme von einigen dreiszig Mitgliedern bei überaus günstigem Wetter einen unerwartet schönen Verlauf. Bei seiner Ankunft in Roermond wurde der Verein von den Vorstandsmitgliedern der Provinciaal Genootschap „Limburg” voor geschiedkundige Wetenschappen, Taal en Kunst empfangen und zum „Stadhuis” geführt, wo er von Bürgermeister Sanders und zwei Schöffen offiziell begrüsst wurde. Der Gemeinderatssaal, im dem der Empfang stattfand, ist in ähnlicher Weise wie der Aachener Gemeinderatssaal geschmückt mit prächtigen Oelgemälden, den Porträts bedeutender, für die Geschichte der Stadt wichtiger Fürstlichkeiten, so der deutschen Kaiser Karls VI., Franz I. und seiner Gemahlin Maria Theresia, Josephs II.; Leopolds II., Franz II., des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern als Statthalters der Niederlande, sowie des spanischen Königs[WS 1] Fhilipp IV. und seiner Gemahlin Elisabeth von Bourbon. Auf die herzliche Begrüssungsrede des Bürgermeisters, der der früheren Beziehungen der beiden Städte, besonders des grossen Roermonder Stadtbrandes gedachte, bei dem der Aachener Magistrat der Stadt Roermond aus freien Stücken eine sehr freigebige Spende von Lebensmitteln zugesandt habe, und den freundlichen Willkomm des Prasidenten des Geschichtsvereins „Limburg,” Notar van Wessem, erwiderte der Vorsitzsende, Landgerichtspräsident Schmitz, mit Worten lebhaften Dankes in teils holländischer, teils deutscher [145] Sprache. Hieran schloss sich ein längerer Vortrag des Herrn A. F. van Beurden Secretär, über die Geschichte der Stadt Roermond an, dem wir folgendes entnehmen:
      Roermond, in früherer Zeit die Hauptstadt des sogenannten Oberviertels des Gelderlandes, verdankt ihren Namen der Einmündung der Roer in die Maas, die ehemals einige Kilometer von der Stadt entfernt an dem alten, malerischen Schlosse Der Hornes vorbeifloss und erst im 17. Jahrhundert durch Verlegung ihrer Bettes in grössere Nähe der Stadt gebracht wurde. Schon frühzeitig, wahrscheinlich schon 1231, besass es Stadrechte. In den Jahren 1218 bis 1224 wurde daselbst das adelige Stift gegründet und die Münsterkirche erbaut. Letztere ähnelt sehr der Münsterkirche zu Neuss, der Apostelkirche zu Cöln und der Pharrkirche zu Andernach. (Vgl. Fr. Bock, Rheinlands Baudenkmale, 3 Serie.) Unter der Kuppel haben ihre Stifter Gerard III, von Nassau, Graf von Geldern und Maria von Brabant ihre Ruhestätte gefunden. – Die Hauptkirche der Stadt ist aber die am Marktplatze in der Nähe des Rathauses gelegene St. Christophoruskirche aus dem 15. Jahrhundert, auch Kathedrale oder Bisschopskerk genannt, in deren hohem Turme, wie an der Aachener Mariakirche, des Statue des Stadtspatrons, des hl. Christophorus, in vergoldetem Kupfer angebracht ist. Die Stadt war in früherer Zeit eine wichtige Festung mit sieben Toren, die oft der Schauplatz wilder Kriegsstürme geworden ist. Mehrmals wurden grössere Stadtteile durch Grossfeuer vernichtet. Nach dem letzten verheerenden Brande des Jahres 1665, bei dem die meisten der Bewohner kaum ihre Habseligkeiten in Sicherheit zu bringen vermochten, wurde eine regelmässige Verbauung und Anlage guter Strassen durchgeführt, wodurch das Stadtbild in erheblicher Weise verschönert wurde. Im Jahre 1312 wurde die Hauptmünzstätte von Arnhem nach Roermond verlegt. Es war immer die Stadt hoher Staatsbehörden, lange Zeit die Residenz der Oberherren von Gelderland und bekannt als die treue Stadt.
            Klein van goed,
            Groot van moed,
            Het wapen ter hand,
            De schoonste stad in Gelreland

[146]

      Heute hat sie 14000 Einwohner, meist Katholiken, ist Residenz eines Bisschofs, Sitz des Amtsgericbts, Landgerichts und Garnison, hat als evangelische Kirche, die schön restaurierte ehemalige Minoritenkirche, ein katholisches Priesterseminar, ein besonderes Bethaus für die Israeliten und zahlreiche Schulen; in den Zeiten des Kulturkampfes wurden auch mehrere deutsche Pensionate und Erziehungsanstalten gegründet, die sich auch heute noch eines lebhaften Besuches erfreuen. Auch als Wallfahrtsort ist Roermond bekannt, da in einem durch eine schöne Allee mit der Stadt verbundenen Vorort „het Genadebeeld van O. L. Vrouw in ’t Zand” besondere Verehrung genieszt. Im Anschluss am seinem interessanten Vortrage zeigte Archivar van Beurden den Versammelten drei gewaltige Pergamentbücher des römischen Rechtes mit prächtigen Initialen aus dem 13. Jahrhundert und zwei silbervergoldete, wappengeschmückte Becher, fürstliche Geschenke aus dem Jahre 1588. Auch die oberen Räume des Rathauses, die Bibliothek, das Archiv und der Festsaal mit dem vom Maler Windhausen 1906 verfertigten Oelgemälde der Königin Wilhelmina wurden eingehend besichtigt. Nachdem an der Freitreppe des Rathauses eine photographische Aufnahme gemacht worden, ging es nun unter sachkundiger Führung zur Besichtigung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten, der Cristophoruskirche, der Roermündung, der Maria Theresiabrücke, der evangelischen Minoritenkirche, des „Bisschoppelijk College” und nach einem kurzen Frühschoppen im Posthotel von Langenhoff-Reulen am schönen Münsterplatz zur Münsterkirche, die mit ihren vier Türmen und ihrer Oktogonkuppel einen herrlichen Anblick gewäht. Sie wurde von Herrn van Beurden und Prof. Buchkremer bis in die kleinsten Details hinein erklärt. Beim Mittagessen im Hotel Central, das von manchen humorvollen Reden begleitet war – besondere Erwähnung verdient die holländische Rede des Stadtverordneten Menghius – und der Küche der Witwe Stapper alle Ehre machte, erreichte die Begeisterung ihren Höhepunkt, als den beiden Vorsitzenden, Landgerichtspräsident Schmitz und seinem Vertreter, Prof. Cavelsberg, [147] seitens des Vorstandes des Geschichtsvereins „Limburg” die Diplome als Korrespondierenden Mitgliedern des Vereins überreicht wurden. Allgemein war man aufs angenehmste überrascht von den herzlichen Aufnahme, die der Aachener Geschichtsverein allenthalben in Roermond gefunden.
      Nach dem Essen ging die Reise weiter nach Sittard, wo Bürgermeister Gysels mit vier Mitgliedern des Gemeinderates den Verein in Rathause begrüsste. Hier hielt Notar van Wessem einen Vortrag über die Geschichte von Sittard. Nachdem er zunächst der wichtigsten Geschichtsschreiber der Stadt, des Gerichtsschreibers Martin Janssen, seines Nachfolgers Joseph Rüssel u. a. gedacht, gab er mehrere humoristische Erklärungen ihres Namens (in Urkunden: Citerium Sittardia) verbreitete sich dann über einzelne Ereignisse aus der Geschichte der Stadt, die bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht. Im Jahre 1000 gehorte sïe schon zum Gebiete des Herzogtums Limburg, 1243 wurde sie von Walram von Montjoie als Stadt anerkannt. Der betreffende Freibrief ist das älteste Dokument der Stadt. Im Mittelalter stand sie abwechselnd unter der Herschaft der Herzöge von Limburg, der Bisschöfe von Lüttich, der Herren von Valkenburg, sowie der Herzöge von Brabant und Jülich, 1632 wurde sie von den Niederländern erobert. Seit Kanton Sittard 1794 unter fransösischer Verwaltung, gehörte der Kanton Sittard zum Arrondissement Aachen im Roerdepartement. 1815 kam Sittard an Holland unter Wilhelm I. 1834–1839 gehörte es zu Belgien unt seitdem wieder zum Königreich der Niederlande. In der anfangs in romanischem Stil von Walram von Montjoie und Balkenburg erbauten Hauptkirche von St. Peter wurde 1291 ein Kollegium von 12 Domherren und einem Dechanten gestiftet. Nachdem die alte Kirche durch Brand zerstört worden war, wurde die neue im Spitzbogenstill im 14. Jahrhundert erbaut und 1861 nach einen abermaligen Brande restauriert. Besonderes Interesse erregten die Darlegungen des Vortragenden über die verschiedenen Stadtsiegel von denen er sechs schöne Abdrücke dem Vorsitsenden überreichte. Das älteste Sigilium oppidi de Sittard aus dem 13. Jahrhundert trägt [148] einen vollständig kirchlichen Character. Es zeigt die Figur der Stadtpatrones Petrus und das Schlangenkreuz, welches auch die Späteren Siegel tragen, und das am 20 October 1819 der Stadt als Wappen zugeteilt wurd. Landgerichtspräsident Schmitz dankte den beiden Vorrednern für den freundlichen Empfang bezw. Vortrag und sprach selbst über die lebhaften Wechselbeziehungen zwischen dem Herzogtum Jülich, im besonderen Aachen, und der Stadt Sittard. Die Besichtiging der Hauptkirchen begann mit der St. Peterkirche, in der Dechant Canoy mit freundlichem Entgegenkommen die Führung übernahm. Die eingehende Besprechung des prächtigen gotischen Chorgestühls aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, an dem die beiden westlichen Kopfstücke, reichentwickelte Wangen, die Verkündigung Mariä und die Kröhnung der Himmelsmutter darstellen, der schönen Kommunionbank, des Predigtstuhles aus der Mitte des 18. Jabrhunderts und eines Epitaphiums an der Seite des Marienaltars mit den Wappen der Familien Boetberg, Amstenrade, Gill und Printhagen, Bocholdt. Merwick, Horich und Dunck nahm geraume Zeit in Anspruch. Auch der sogenannten „Nonnekerk” der Ursulinerinnen mit dem weitverehrten Gnadenbilde unserer lieben Frau vom hl. Herzen und dem gegenüberliegenden modernen, überreich ausgestatteten Kreuzgange, sowie der alten Dominikanerkirche (jetzt zu dem bekannten Jesuitenkolleg gehörend) mit ihren herrlichen, an den Wänden rund genenden, antiken Wandbekleidungen wurde ein kurzer Besuch abgestattet.
      Nach herzlichem Abschiede von den Vorstandsmitgliedern des Geschichtsvereins „Limburg”, die sich in so unermüdlicher, liebenswürdiger Weise der Führung und Unterweisung der Aachener Geschichtsfreunde gewidmet hatten, ging die Rückfahrt nun über Hoensbroek und Heerlen nach Herzogenrath und von dort mit der Kleinbahn nach Aachen, wo die Ausflügler, wenn auch etwas ermüdet, so doch hochbefriedigt, gegen 9 Uhr anlangten.

Echo der Gegenwart No. 119.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Köngis