Zimmerische Chronik/Band 1/Kapitel 20
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Wie her Friderich freiherr von Zimbern widerum zu
Als nu herr Fridenreich von Zimbern widerumb ainhaimsch worden und sein herrn vattern, herrn Gottfriden zu10
könig Balduino in Syriam zogen, aber darvor die herschaft Rosenfeldt sampt irer zugehörde mit großem nachtail seiner brüder verpfendt hat.15
Sant Jergen haimgesucht, den er gesundt und wolfarent befunden, auch etliche zeit müeßig und on alle unrhue oder arbait, da er dann von jugendt auf an höfen und in kriegen wol gewonet, verzeren was, fieng er an schwermüetig ze werden und in von herzen rewen, das er von andern 20
Teutschen widerumb über mer zu ruck zogen, in ansehung, das er sein jugendt [A46a] an dem kaiserlichen hove, darnach bei andern fürsten, zuletst bei zwaien königen von Jerusalem zubracht, bei denen er hoch geeret und ains merklichen ansehens für andere geachtet und gehalten worden. Derhalben25
er oft hinder sich denken was, welcher gestalt und wie er wider über meer komen möchte, damit er nit die überigen zeit seins lebens also unnutzlich und mit schwermüetigkait verzeren müeste; und sonderlich bedacht er den abgang seiner baider brüeder, weilandt herrn Conradts und herrn30
Albrechts, und aller deren, die bei Nicea und in Syria, auch an vil andern orten mer ir bluot umb den namen Christi vergossen hetten, dabei und mit er gewesen, auch wie vil eerlicher vom adl aus teutschen landen (die im wolbekannt) [67] sich jenat mer nidergelassen und gesetzt, denen es35
glicklichen und wol ergangen und vor andern nationen waren geeret worden. Mit dergleichen gedanken gieng er tag und nacht umb, also das im entlichen zu muot kam, widerumb über meer zu faren und die überigen tag seines lebens daselbst zu vertreiben, denen Cristen getrewlichen helfen. So
[94] baldt er nu solch fürnemen in seinem herzen endtlichen beschlossen, wiewol er nit dergleichen thet, schrib er seinem brueder, herrn Wilhelmen, der allwegen bei denen fürsten von Schwaben an dem hof gewesen, das er zu im und herrn
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Gotfriden dem jungern geen Herrenzimbern aufs fürderlichst komen welt. So bald das geschahe, hielt er [A46b] baiden seinen brüedern allerlai ursach für, in darzu bewegendt, das er begeren wer von inen sein gepürenden thail von der herschaft, dan er sich zu rhuwen und für sich selbert allain 10
sein welt; solich sein begeren geschehe inen auch nit zuwider, dann er nichts desterweniger nichts von den andern allen ungethailts haben wölt. Doch so war sein gemiet und will vil anderst. Es ward im zu seinem tail (aus gehaiß ires herrn vatters, bei dem sie alle drei zu Sant Jörgen 15
gewesen) die herrschaft Rosenvelt mit denen schlössern Harhausen und Tiefenberg sampt denen dörfern, zehenden und aigen leuten, auch aller oberkait, darzu gehörendt. Gleich bald, nachdem im die armen leut huldigung gethan und geschworn, fieng er an, dieselben hertigclichen zu schetzen, 20
und durch alle die mitl, dardurch er trawet gelt von inen zu bringen, darin het er gar kain erbermde. Sein hofgesind vom adl und andere, der er nit wenig von wegen seiner rais bei im het, denen auch sein anschlag unverborgen, dieweil sie mit im aus dem land ziehen wolten, halfen im 25
darzu nach allem irem vermögen. Zum letsten versetzet er alles mit ainandern on wissen seiner brüeder, nemlich die herschaft Rosenvelt mit den dörfern und aller zugehörde herzog Friderichen von Tegk, seinem schwager, dardurch kunftig über etlich jar ein großer zank und widerwill 30
zwischen denen herzogen von Tegk und der freiherrschaft Zimbern entstuende, die losung betreffendt, welchen widerwillen [A47a] ain apt zu Sant Gallen, von dem die herzogen von Tegk das schenkenampt zu lehen tragen, richtet und hinleget, dergestalt das die herrschaft Rosenveldt den herzogen von Tegk 35
beliben ist; aber das schlos und dorf Harhausen, das er doch ganz in ain abgang komen het lassen, gab er mit aller zugehörde zu kaufen denen closterfrawen zu Oberndorf am Negker, das seines brueders, herrn Gotfridts, schweher, der alt herzog von Tegk, ainer seiner döchteren zu lieb, die blind geboren, 40
gebawen hat. Dise kaufbrief umb Harhausen sein noch verhanden. Noch het er etliche zehenden zu Rosenveldt, Eerlach und Eisingen [68], die verpfendt er mit aller gerechtig-
[95] kait und jure patronatus dem Johannserhaus zu Rotweil. Die veste Tiefenberg gab er aim edelman, der Branthoch gehaißen, dergestalt das er und seine kinder, döchtern als knaben, das zu lehen von der freiherschaft Zimbern
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empfahen solten. Diser Branthoch Eisenhart was ain lange zeit seines herrn vatters amptman zu Rosenveldt gewesen und het ain son bei iezgedachtem herrn Fridenreichen, der nachvolgendts mit im hinweg über meer zog; het vorhin ain sitz allernechst bei dem schlos Tiefenberg gehabt,10
Untrewes Zil gehaißen, der was im von seinen missgönnern und feinden abgeprennt worden. Nach lenger zeit ist dises Tiefenberg von denen Branthochen in andere hend komen, zu letsten auch abgangen.
[A47b] Demnach aber herr Fridenrich sein herschaft15
ganz verpfendet und also aller on worden, nam er im für, widerumb von dannen in Syriam zu ziehen, der hoffnung, widerumb zum künig Balduino (so der anderst noch in leben) zu komen und Got zu lob, auch gemainer christenhait zu gutem wider die ungleübigen zu streiten. Es waren auch20
etliche vom adl und andere zu im, die sein fürnemen gehört, komen, deren ains thails umb Gotz willen, ain thail umb ritterschaft zu erlangen, auch ain thail umb sold und gelt, das er inen frei gutwillig gab, solchen zug für sich genomen und mit im ziehen wolten. Mit denselbigen und seinen25
aignen dienern schicket er sich, so pest er möcht, und zog auf ain ernempten tag darvon, nam sein weg für sich den nechsten durch das Rheintaal, da sich sein hauf meret, dann herr Gerolt freiherr von Fatz und andere mer zu im kamen, und volgendts den nechsten auf Mailandt. Daselbst30
erfur er, das die Genueser und Venetianer kriegsvolk annamen, die sie dem könig Balduino auf sein ernstliche pit und begeren [A48a] zu hilf schicken wolten. Darumb so saumet er sich nit, sonder zog on allen verzug geen Genua, alda das kriegsvolk iezundt in treffenlicher anzal darvon35
wölte. Mit denen fuor er über mer, fand den könig Balduinum stark vor der stat Accon, in latein Ptolemais genannt, ligen. So bald nu die Venetianer und Genueser ankomen, wardt die stat zu wasser und zu landt dermaßen genötet, das sie in zwaien monaten hernach gewaltigclichen40
erobert ward und der ungleubigen, doch mit grosem schaden und nachtail der Christen, ain merkliche suma erschlagen. Herr Fridenreich von Zimbern kam abermals gar hart
[96] verwundt darvon, dem was alles sein volk erschlagen worden und insonderhait sein getrewer gesell, herr Gerolt von Fatz. Dise schlacht geschach in dem sibenden jar nach der eroberung der stat Jerusalem anno domini tausendt
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ainhundert und sechse. Bald hernach kam herr Fridenreich von Zimbern in die stat Cesaream; da enthielt er sich bei aim [69] ritter aus teutschen landen, was ainer vom Horn, der im gar getreulich hilf und rat bewis, bis im seine wunden gehailten.
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Uf ain zeit gieng er in iezgemelter stat Cesarea in großem unmuot ganz traurig spaziern für ain thor, hin und wider gedenkendt an den grosen verlurst seiner guten freundt, auch seiner getrewen diener, die er mit im aus teutschen landen gebracht het, auch aller seiner hab, dessen er alles 15
von denen ungleubigen beraubt wer. In solchen gedanken bekam im aus der schickung Gottes ain priester, den fürt er nach freundtlichem grueß [A48b] in ain capellen, so unferr von inen stunde. Da claget er im seinen großen unfal, wie er zu mermalen wider die ungleübigen gestriten und 20
allwegen die seinen erschlagen, im auch zwen leibliche brüder von den unglaubigen umbkomen und im nechst abermals alle seine diener und soldaten, die er aus seinen aignen güetern umb Gotz willen verlegt und versöldet, auch das überig, alle sein hab und gut verloren het, er auch25
allwewegen hart auf den todt verwundt mit nöten darvon komen wer; huob darnach an und beüchtet im alle seine sindt, sovil er ir gedenken kunt, mit großem ernst. Der priester fraget in, waher sollich gelt im komen wer und wie er das zuwegen het gebracht. Da bekennt er im, wie er30
zu mhermalen seines herrn vatters, auch sein und seiner brüeder arme leut geschetzt, gestraft und beschweret het, damit er den mhererthail überkomen; wiewol er zu letst aus großer begierd auch sein vetterlich erb versetzet und on worden wer; seinen brüedern und allem seinem geschlecht zu 35
nachtail. Der priester ward in gar hertigclich darumb strafen und anzaigen, das gewislich allain die schatzung und das hart, unmilt abnemen von denen armen leuten ain ursach seins großen verlursts und unfals wer; dann wiewol er gemainet, das er sollich gut allain zu aim widerstandt der 40
ungleübigen gebrucht, daran nicht unrecht gethan haben, so wer es doch Got so größlich zuwider, so er nit herzlich rew und laid darüber het, das im on alles felen hie bei
[97] leben noch mer widerwertigkait und unfals widerfaren, und dennost dort mit eewiger peen und straf gebüeßt [A49a] werden müeste. Herr Fridenreich schluog in sich selber, verhieß dem priester sein leben zu pessern, schidt also
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wolgetröst von im, kam unlangs hernach wider zum künig Balduino; bei dem ist er hernach pliben. Er endet sein leben under könig Balduino, dem andern dises namens, ist in Syria begraben worden. Wie[1] in disem capitl gehört worden, das herr Friderich10
freiherr zu Zimbern seinem schwager, herzog Friderichen von Teck, das Rosenfelder ampt versetzt, dem es auch bliben, so ist zu wissen, das desselben herzog Friderichs nachkomen solchs auch nit behalten kinden, sonder herzog Conradt und herzog Ludwig von Teck, gebrüeder, haben15
solchs sampt der burg Beuren, so iren jaghaus gewest, auch der burg Aichstaig und aller irer zugeherde graf Eberharden von Würtemberg umb 4000 pfundt haller zu kaufen geben. Actum anno domini 1317[2].