Zivilgerichtsstand Militärpersonen (Großh Hess)(1820)
Erscheinungsbild
[467]
Edict, den Gerichtsstand der Militair-Personen in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten betr.
LUDEWIG, von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein etc. etc.
Da der befreite Gerichtsstand, welcher bisher für die Militärpersonen, hinsichtlich ihrer bürgerlichen Rechtsangelegenheiten angeordnet war, die allgemeine Regel, wornach jeder Staatsbürger den allgemeinen Landesgerichten unterworfen ist, ohne Noth beschränkt, und da Wir es demnach für sachgemäß erkannt haben, diese Beschränkung nicht länger bestehen zu lassen, so verordnen wir hierdurch, wie folgt:
Artikel 1.
- Die seither von den Militärgerichten, nämlich den Regiments- Corps- und Garnisonsgerichten und Unserem Ober-Kriegs-Colleg in erster und zweiter Instanz ausgeübte Gerichtsbarkeit in den bürgerlichen Rechtsangelegenheiten der Militärpersonen, soll in Zukunft nicht mehr von denselben, sondern von den einschlägigen Civilgerichten (das heißt denjenigen, welche competent seyn würden, wenn die Betheiligten keine Militärpersonen wären) dergestalt verwaltet werden, daß solche in allen, sowohl streitigen als willkührlichen Rechtssachen der Militärpersonen allein zuständig sind.
Artikel 2.
- So lange die gegenwärtige Gerichtsverfassung in Unseren beiden Provinzen Starkenburg und Oberhessen rücksichtlich der Distinction zwischen Amtssässigkeit und Schriftsässigkeit[WS 1] noch besteht, gilt dieselbe auch in Ansehung der Militärpersonen in der Art, daß alle Militärpersonen [468] vom Secondlieutenant aufwärts, nebst dem Mittelstab, so wie die bei der Militärverwaltung angestellten Personen, die Rechte der Schriftsässigkeit genießen.
Artikel 3.
- Die Civilgerichte können ihre Erkenntnisse gegen Militärpersonen, wenn die Executionsobjecte nicht liegende Güter oder Geldausstände sind, nicht unmittelbar, sondern nur mittelst Requisition der einschlägigen Militärgerichte in Vollzug setzen.
Artikel 4.
- Die Militärgerichte haben die gegenwärtig bei ihnen anhängigen Rechtssachen bis zur Beendigung fortzubehandeln. Dagegen sind alle vom 1. Januar 1821 an neu vorkommende rechtliche Gegenstände, welche seither zur bürgerlichen Gerichtsbarkeit der Militärgerichte gehörten, so wie alle Berufungen gegen die Erkenntnisse der Militär-Untergerichte, welche von jetzt an ergriffen werden, vor die bürgerlichen Gerichtsstellen zu bringen.
- Alle, die es angeht, und insbesondere alle Unsere Militär- und Civilgerichte haben sich hiernach gebührend zu achten.
- Urkundlich Unserer Eigenhändigen Unterschrift und beigedrückten Staatssiegels.
- Darmstadt, den 22. September 1820.
LUDEWIG.
Scriba.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Siehe zu Amts- und Schriftsässigkeit Wikipedia: Schriftsässigkeit