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Zwei deutsche Briefe an Papst Leo XIII.

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Textdaten
Autor: Unbekannt
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Titel: Zwei deutsche Briefe an Papst Leo XIII.
Untertitel: Volksblatt. Eine Wochenzeitschrift mit Bildern. Jahrgang 1878, Nr. 27, S. 214
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Herausgeber: Dr. Christlieb Gotthold Hottinger
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Dr. Hottinger's Volksblatt
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Erscheinungsort: Straßburg
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Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
siehe auch Personenseite Leo XIII.
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Zwei deutsche Briefe an Papst Leo XIII.

Leo XIII. benachrichtigte bald nach seiner Erwählung den deutschen Kaiser von seiner Erhebung auf den päpstlichen Stuhl, wobei er zugleich sein Bedauern darüber aussprach, nicht die guten Beziehungen vorzufinden, welche einst zwischen Preußen und dem päpstlichen Stuhle bestanden hätten. Darauf antwortete Kaiser Wilhelm mit folgendem Schreiben:

Berlin, den 24. März 1878.     
Guilielmus Dei Gratia Imperator et Rex Leoni XIII., Summo Ecclesiae Romano-Catholicae Pontifici Salutem.[1]
Ich habe das Schreiben vom 20. v. M., durch welches Ew. Heiligkeit Mich von Ihrer Erhebung auf den Päpstlichen Stuhl in Kenntniß zu setzen die Güte haben, durch Vermittelung der verbündeten Regierung Sr. Majestät des Königs von Bayern mit Dank erhalten. Ich beglückwünsche Sie aufrichtig dazu, daß die Stimmen des heiligen Kollegiums sich auf Ihre Person vereinigt haben und wünsche Ihnen von Herzen eine gesegnete Regierung der Ihrer Obhut anvertrauten Kirche.
Ew. Heiligkeit heben mit Recht hervor, daß Meine katholischen Unterthanen gleich den anderen der Obrigkeit und ihren Gesetzen die Folgsamkeit beweisen, welche den Lehren des gemeinsamen christlichen Glaubens entspricht. Ich darf in Anknüpfung an den Rückblick, den Ew. Heiligkeit auf die Vergangenheit werfen, hinzufügen, daß Jahrhunderte hindurch der christliche Sinn des deutschen Volkes den Frieden im Lande und den Gehorsam gegen dessen Obrigkeit treu bewahrt hat und für die Sicherstellung dieser werthvollen Güter auch für die Zukunft Bürgschaft leistet.
Gern entnehme Ich den freundlichen Worten Ew. Heiligkeit die Hoffnung, daß Sie geneigt sein werden, mit dem mächtigen Einfluß, welchen die Verfassung Ihrer Kirche Ew. Heiligkeit auf alle Diener derselben gewährt, dahin zu wirken, daß auch diejenigen unter den letzteren, welche es bisher unterließen, nunmehr dem Beispiel der ihrer geistlichen Pflege befohlenen Bevölkerung folgend, den Gesetzen des Landes, in dem sie wohnen, sich fügen werden.
Ich bitte Ew. Heiligkeit, die Versicherung Meiner größten Hochachtung genehmigen zu wollen.

 Guilielmus Imperator et Rex.
  gegengezeichnet von Bismarck.


Am 17. April richtete der Papst ein weiteres Schreiben an den Kaiser, worin er der Hoffnung auf Erneuerung des früher bestandenen guten Einvernehmens wiederholt Ausdruck gab und als Mittel zur Erreichung desselben die Abänderung verschiedener in Preußen bestehender gesetzlicher und verfassungsmäßiger Bestimmungen bezeichnete. Darauf erwiderte Kronprinz Friedrich Wilhelm in nachstehendem Briefe:

Berlin, den 10. Juni 1878.     
Ew. Heiligkeit für die auf Anlass des Attentates vom 2. d. M. bewiesene Theilnahme Selbst zu danken, ist der Kaiser, Mein Herr Vater, leider noch nicht im Stande; gern lasse Ich es daher eine Meiner ersten Obliegenheiten sein, an Seiner Statt Ihnen für den Ausdruck Ihrer freundlichen Gesinnung aufrichtig zu danken.
Der Kaiser hatte mit Beantwortung des Schreibens Ew. Heiligkeit vom 17. April gezögert in der Hoffnung, daß vertrauliche Erläuterungen inzwischen die Möglichkeit gewähren würden, auf den schriftlichen Ausdruck prinzipieller Gegensätze zu verzichten, welcher sich bei Fortsetzung des Schriftwechsels im Sinne des Schreibens Ew. Heiligkeit vom 17. April nicht vermeiden läßt. Nach Inhalt des letzteren muß Ich leider annehmen, daß Ew. Heiligkeit die in dem Schreiben Meines Herrn Vaters vom 24. März ausgedrückte Hoffnung nicht glauben erfüllen zu können, daß Ew. Heiligkeit den Dienern Ihrer Kirche den Gehorsam gegen die Gesetze und gegen die Obrigkeit ihres Landes empfehlen würden.
Dem dagegen in Ihrem Schreiben vom 17. April ausgesprochenen Verlangen, die Verfassung und die Gesetze Preußens nach den Satzungen der römisch-katholischen Kirche abzuändern, wird kein preußischer Monarch entsprechen können, weil die Unabhängigkeit der Monarchie, deren Wahrung Mir gegenwärtig als ein Erbe Meiner Väter und als eine Pflicht gegen Mein Land obliegt, eine Minderung erleiden würde, wenn die freie Bewegung ihrer Gesetzgebung einer außerhalb derselben stehenden Macht untergeordnet werden sollte. Wenn es daher nicht in Meiner, und vielleicht auch nicht in Ew. Heiligkeit Macht steht, jetzt einen Prinzipienstreit zu schlichten, der seit einem Jahrtausend in der Geschichte Deutschlands sich mehr als in der anderer Länder fühlbar gemacht hat, so bin Ich doch gern bereit, die Schwierigkeiten, welche sich aus diesem von den Vorfahren überkommenen Konflikte für beide Theile ergeben, in dem Geiste der Liebe zum Frieden und der Versöhnlichkeit zu behandeln, welcher das Ergebniß Meiner christlichen Ueberzeugungen ist. Unter der Voraussetzung, Mich mit Ew. Heiligkeit in solcher Geneigtheit zu begegnen, werde Ich die Hoffnung nicht aufgeben, daß da, wo eine grundsätzliche Verständigung nicht erreichbar ist, doch versöhnliche Gesinnung beider Theile auch für Preußen den Weg zum Frieden eröffnen werde, der anderen Staaten niemals verschlossen war.
Genehmigen Ew. Heiligkeit den Ausdruck Meiner persönlichen Ergebenheit und Verehrung.

 Friedrich Wilhelm, Kronprinz.
 ggz. von Bismarck.

Anmerkungen der Vorlage

  1. Die lateinischen Worte heißen in’s Deutsche übersetzt: Wilhelm, durch Gottes Gnade Kaiser und König, Leo dem Dreizehnten, dem obersten Bischof der römisch-katholischen Kirche, Gruß.