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Deutsche Sprache in Nordamerika

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Titel: Deutsche Sprache in Nordamerika
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aus: Das Ausland, Nr. 32, 33, S. 126–127, 130–131
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans bei Commons
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[126]
Deutsche Sprache in Nordamerika.

Es ist bekannt, daß ein großer Theil der Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Deutschen stammt, und bis auf die neuesten Zeiten ihrer vaterländischen Sprache und Sitte treu geblieben ist; weniger bekannt ist vielleicht die merkwürdige Thatsache, die wir der Mittheilung eines Freundes in New-Cambridge verdanken, daß auf dem letzten Kongresse des Staats Pennsylvanien die deutsche Sprache beinahe zur Landessprache erhoben worden wäre. Nur mit der Majorität einer einzigen Stimme behauptete das Englische seinen bisherigen Vorrang. So erfreulich für die Völker deutscher Zunge jenes Resultat gewesen wäre, so sehr hätte es uns überraschen müssen, da es in der That der erste Schritt zur Auflösung des bisherigen Centralsystems wäre. Dieses verlangt Ein Volk und indem es natürlich den englischen Grundstock als numerische und politische Superiorität anerkennt, sucht es daher das deutsche und jedes andere Volkselement zu bewältigen. Die Klage der Deutschen in Amerika über den Untergang ihrer Sprache ist alt; zwar sind Gesetze vorhanden, daß z. B. Urkunden, öffentliche Bekanntmachungen, in Gegenden, wo es viele Deutsche giebt, deutsch und englisch ausgefertigt werden sollen; allein selten werden diese genau beobachtet. Früher oder später wird die Zeit kommen, wo die große Gesammtunion vorerst nur vielleicht in drei kleinere Staatenvereine des Nordens, Südens und Westens zerfällt; in der Folge dürfte aber auch in diesen Länderverbindungen das Mißverhältniß ihrer Ausdehnung zu den gesellschaftlichen Zwecken eine neue Zertheilung derselben nothwendig machen. Um das Centralsystem, auch wenn es nicht mehr Bedürfniß ist, fortdauern zu lassen, sind die Amerikaner zu wenig Phantasiemenschen, welche dem stolzen Wohlgefallen an ihren großen geographischen Dimensionen, wesentliche Interessen opferten. Doch ist es gegenwärtig, und wird vielleicht noch lange Zeit Bedürfniß bleiben, und sich folglich erhalten. So lange Nordamerika im Zustande der Kolonisation, so lange seine Bevölkerung gleichsam in einer beständigen Bewegung des Zu- oder Abflusses sich befindet, konnten die Vereinigten Staaten ohne die Kraft eines Central-Willens nichts bestehen. An der Bevölkerung der noch unangebauten Landestheile, woran der Union alles liegt, würde den einzelnen Staaten nichts liegen. Die östlichen Staaten, die gegenwärtig jährlich Tausende ihrer Bürger an die westlichen Staaten abgeben, könnten, wenn sie sich nicht mit diesen als Ganzes betrachteten, den Verlust an Menschen, den sie auf diese Art erleiden, und den Zuwachs, der jenen zu Theil wird, nicht ohne Besorgniß ansehen; sie könnten sich schwächen, um gefährliche Nachbarn zu verstärken. Gelingt es den Unionsfreunden, wie es bei der jetzigen Lage der Dinge gut zu erwarten steht, die unorganischen Massen längere Zeit zusammen zu halten, so dürfte es den Deutschen in Nordamerika gehen, wie es den Longobarden in Italien, den Burgundionen und Franken in Gallien, den Gothen in Spanien gegangen ist: ihr Name, ihre Sprache, ihre Sitte verlöre sich in dem Hauptvolke, ihre Einzelheiten verschmelzten sich mit dem Ganzen. Wenn zuletzt auch dieses seinem Schicksale erliegt, und einer spätern Entwicklung freier und selbstständiger Völker-Individualitäten Raum giebt, wie dieß unter den gewaltigen Einflüssen des Himmels und des Bodens, des Verkehrs mit der Natur und den Menschen, nicht anders zu erwarten ist, so wird doch keine deutsche Volksthümlichkeit mehr zum Vorschein kommen, nachdem sie einmal in der englisch-amerikanischen untergegangen ist. Auf der andern Seite sollte man glauben, daß, trotz der anglicanischen Basis, welche das politische Leben Nordamerika’s hat, die neben diesem bestehende völlig unbeschränkte [127] bürgerliche und religiöse Freiheit einzelnen Volksgestaltungen sehr günstig seyn müßte. Allein dieß ist denn doch wieder eine geistige Crystallisation, die Zeit und Ruhe bedarf, und dann erst eintritt, wenn der Kampf mit dem Boden ausgekämpft ist. Kolonien sind Völkerfragmente, und als solche lange noch keine Völker: dazu werden sie erst, wenn sie viel miteinander durchlebt haben. Anfangs ist die Verbindung eine äußerlich politische, bedingt durch die gesellschaftlichen Bedürfnisse; später wird sie eine innerlich sittliche, und entspringt aus der freundlichen Theilnahme Aller an Allen, aus der geistigen und physischen Verwandtschaft, welche die Glieder eines Staats zu einer großen Familie vereinigt. Eine Kolonie, die einem einzelnen dieser Bruchstücke ein selbstständiges Leben einräumen wollte, würde damit den Keim der Zwietracht in ihrem Schoose nähren; hätten die Deutschen, so zahlreich sie auch in Pennsylvanien sind, sich als Deutsche dort geltend zu machen gesucht, so wäre die Union genöthigt gewesen, dieses Neu-Deutschland, wie vor einigen Jahren die Kolonie von Champ d’Asile der französischen Auswanderer, als einen mit dem Sinn des Ganzen nicht verträglichen Staat im Staate feindlich zu behandeln.

Wir gestehen als Deutsche unser Interesse an Ausbreitung deutscher Sprache und Sitte, und halten dieß für eine der schönsten und menschlichsten Eroberungen eines Volks; allein wie sollten wir es den Amerikanern verargen, wenn sie uns dieß Eroberungsrecht ihrer Seits bestreiten wollten? Wir hätten geerndtet, wo wir nicht gesäet hatten. Als die Deutschen nach Amerika wanderten, war das Land kein herrenloses Gut mehr; sie fanden eine gesetzmäßige Ordnung der Dinge vor, an welcher sie keinen Theil als Mit-Constituenten hatten. Darin pflichtet gewiß jeder Amerikaner dem jetzigen Präsidenten John Quincy Adams bei, der als Staatssekretär unterm 14 Junius 1819 an Baron Fürstenwerther schrieb: „Wir wissen recht gut, daß die Auswanderer nicht um unsers, sondern um ihres Vortheils willen, nach Amerika kommen.“ Wenn gutmüthige Deutsche meinen, ein amerikanischer Staat sollte sich ohne weiters germanisiren lassen, so dürfte ein solches Ansinnen den Anglo-Amerikaner nicht weniger befremden, als wenn er vernimmt, daß hanseatische Seefahrer es unbillig und gräuelhaft finden, wenn keine fremde Seemacht ihren Handel vor den Barbaresken schützt. Deutschland könnte und sollte bei seiner Uebervölkerung seine Kolonien haben; aber wenn es nichts dafür thun will, wird es keine bekommen.

Unsere Landsleute in den Vereinigten Staaten werden vor der hand wahrscheinlich darauf verzichten müssen, ihrer Nationalität eine politische Garantie zu erwerben; wir möchten sogar zweifeln, ob es für die deutschen Auswanderer selbst, deren es jetzt vielleicht eine Million daselbst gibt, so wie für die Republik in welche sie eintraten, gut gewesen wäre, wenn sie, – meist Leute voll Vorurtheilen, ohne Weltbildung, aus den niedersten Klassen – eine politische Bedeutsamkeit zu erlangen gewußt hätten, ehe sie bei ihren aufgeklärteren englischen Gastfreunden in die Schule gegangen waren; dagegen bleibt es ihnen aber unbenommen, privatim für ihre Deutschheit zu thun, so viel sie wollen, da der Staat fast in jeder Beziehung, besonders aber in der Sorge für das Religions- und Erziehungswesen, den Gemeinden vollkommen freie Hand läßt. Daß namentlich in der letzten Zeit in dieser Hinsicht viel geschehen ist, seitdem auch Gebildete unsers Volks dahin zahlreicher ausgewandert sind, ist unverkennbar. Statt daß früher der reich gewordene Deutsche seiner vaterländischen Literatur entsagte, und sich zur englischen wandte, sieht man jetzt selbst Anglo-Amerikaner genug, die das Deutsche mit Liebhaberei treiben.

Die holländischen Reformirten und die schwedischen Lutheraner, erstere früher die stärkste kirchliche Parthei in New-York und New-Yersey, letztere, wiewohl nie über 25 Kirchen stark, in Pennsylvanien, New-Yersey und Delaware, sind gegenwärtig fast ganz in dem Engländerthum untergegangen. Von den holländischen Reformirten haben seit 1750 über 200 Gemeinden die englische, beinahe 100 die deutsche Sprache beim Gottesdienst eingeführt, wobei viele auch das lutherische Bekenntniß mit angenommen haben. Das Holländische wird jetzt äußerst wenig gesprochen, manchmal noch als Kirchensprache gebraucht; schwedisch wird schon seit 1800 nicht mehr, und statt dessen deutsch oder englisch gepredigt.

Die deutsche reformirte Kirche dagegen besitzt gegen 400 Gemeinden, und die deutschen Lutheraner, mit ungefähr 800 Gemeinden, haben vier Synoden, von denen die bedeutendste die pennsylvanische ist, welche sich um die Erhaltung der deutschen Sprache höchst verdient gemacht hat. Die Synoden von Nordkarolina und Ohio folgen denselben Grundsätzen; namentlich hat letztere den ausschließlichen Gebrauch der deutschen Sprache zum Grundgesetz gemacht, und deßwegen auch eine Einleitung zu einer Centralsynode ausgeschlagen, weil sie befürchten, es möchten dort die Grundsätze der New-Yorker Synode vorherrschen, die das Deutsche durch das Englische zu verdrängen sucht. In den großen und reichen Niederlassungen der Deutschen in Ohio kann man Tage lang reisen, ohne ein Wort englisch zu hören. In den südlichen Staaten sind die wenigen deutschen Gemeinden fast ganz englisch geworden, und theils zur bischöflichen theils zur methodischen Kirche übergegangen. Im Verhältniß zu den zahlreichen deutschen Protestanten ist die Zahl der deutschen Katholiken unbedeutend; sie haben nicht mehr als 20 Pfarrer, die für die Erhaltung der deutschen Sprache wenig oder nichts thun. Der Gottesdienst wird meistens schon ganz in englischer Sprache gehalten.

[130] Ob die angeführten kirchlichen Bemühungen allein auf die Dauer hinreichend seyn werden, dem Untergang der Sprache, der letzten lebendigen Erinnerung an das vormalige Vaterland, vorzubeugen, ist sehr zweifelhaft. Jede Landessprache entartet auf den Grenzen, wo man in häufige Berührungen mit andersredenden Nachbarvölkern kommt; in Kolonien, namentlich in amerikanischen, wo Ableger aus ganz Europa ohne Grenzscheidung friedlich neben einander und unter einerlei Gesetz wohnen, ist diese Entartung noch weniger zu vermeiden: es bildet sich nach den Lokalitäten bald ein activer, bald ein passiver Sprachtauschhandel; daraus werden neue Mundarten, und zuletzt neue Sprachen. Die Concurrenz wird für eine Sprache um so nachtheiliger, je ärmer sie ist, oder je bildungs- und begriffsärmer die sind, welche sie sprechen. Die deutschen Einwanderer waren nicht im Vollbesitz ihrer so reichen Mutter-Sprache; jeder brachte die Mundart seines Dorfs, seines Städtchens mit, so rein und so gut er sie eben hatte; von deutschen Büchern wanderten außer Bibel und Gesangbuch nur wenige über den atlantischen Ocean. Wenn schon die Engländer das Englische der doch weit gebildeteren Yankee’s wegen einer Menge Provincialismen lächerlich machen, soll man glauben, daß die Deutschen dort besser verstanden hätten, die Reinheit ihrer Sprache zu erhalten, welche sie nie besaßen? Gelangte eine deutsche Familie, die nicht geradezu zu den unbeugsamen Sektirern gehörte, welch am Alten hängen, zu einigem Wohlstand, so gaben die Eltern, in Ermangelung einer deutschen Erziehung, die sie selbst in ihrer Jugend nur sparsam empfangen hatten, und wozu ihnen Amerika jetzt ebenso wenig Gelegenheit darbot, ihren Kindern lieber englische Bildung, und entfremdeten sie dadurch ihren rohern Landsleuten. So fruchtbar die Bemühungen einiger gebildeten Deutschen, die in der neuesten Zeit eingewandert sind, in Bezug auf die Ausbreitung der deutschen Literatur in Amerika für die Zukunft seyn mögen, so dürften doch die präsumtiven Wirkungen auf eine deutsche Bevölkerung, die über den unermeßlichen Continent zerstreut ist, nur langsam und nur theilweise sichtbar werden, und mehr den schon gebildeten, sowohl englischen als deutschen Amerikanern als wissenschaftlicher Gewinn [131] zu gut kommen, als den von den Haupt-Städten, den Vereinigungspunkten des geistigen Lebens entfernten Landbauern und Bewohnern der kleinern Orte.

Im Jahr 1826 erschienen in den Vereinigten Staaten 28 deutsche Zeitungen: sie geben einen Begriff vom Geist ihrer Leser. Einige Nummern des Lancaster-Adlers vom Sept. vorigen Jahrs liegen vor uns. Es ist ein Mitwochsblatt für die pennsylvanische Stadt Lancaster, wo die deutsche Bevölkerung bedeutend ist. Man sollte nicht denken, daß der deutsche Adler so demokratisch werden könnte, und doch ist es unser deutscher Amerikaner in einem Grade, daß man ihn in Europa einen Revolutionär nennen würde. Also ist er wohl auch ein Freidenker, vielleicht gar ein Atheist? Nein; dieß sind die Demokraten nur in Europa; in Amerika ist Frömmigkeit und Freiheitsliebe gepaart; und es zeigt sich, daß der Standpunkt des Monarchismus keineswegs der einzige ist, von welchem aus die Anerkenntniß einer göttlichen Ordnung der Dinge möglich ist. Amerika, das einen Priestley und einen Paine hat, ist im Ganzen der rationalistischen Religionsansicht fremd geblieben, und je ausgedehnter dort die bürgerliche und politische Freiheit ist, desto bescheidener und demüthiger bleibt der religiöse Sinn. Unser Adler hat einige poetische Schwingfedern, die ihn nicht selten auch zu religiösen Hymnen erheben. Das Blatt hat eine eigene Rubrik, Tempel der Musen genannt, wo wir ein und das andere Gedicht, meist aus den ältern Werken eines Gellert, Hölty, Schubart und anderer (z. B. von letzterem die Fürstengruft) lesen. Wie sehr unser deutsch-amerikanischer Journalist Demokrat ist, haben wir schon bemerkt. Als solcher nimmt er die Partei für Jackson, und unterstützt eifrig die Candidatur desselben um die Präsidentenstelle. Er scheint nicht zu fürchten, daß der tapfere General, wie die Faktion der Föderalisten glauben machen will, die Republik mit einem Militärdespotismus bedrohe. In einem Staate, der nicht volle 6000 Mann stehendes Militär, auf einer unermeßlichen Grenze zerstreut, zählt, ist wirklich diese Gefahr ebenso undenkbar, als die Furcht vor dem Ehrgeize eines ergrauten Kriegers selbst, der sich hohe Verdienste um sein Vaterland erworben hat. Ein großer Theil des Journals ist dem Wahlwesen gewidmet: die Bewerber um Scherifs-, Coroners-, Repräsentanten-Stellen empfehlen sich ihren Mitbürgern. Diese Art von Anbietung geht aber mit aller Anständigkeit, ohne Gehässigmachung der Mitbewerber, vor sich; es ist mehr eine Artigkeit, die man in allen Ländern denen beweist, die Stellen zu vergeben haben, und hier also dem Volke. Nur wo es sich um höhere politische Interessen handelt, verräth sich der Parteigeist, der dann keine Umtriebe gegen die Gegner spart. In Bezug auf das Ausland sind die Urtheile häufig hart, mehr aus Unkenntniß der Sachen, als aus Mangel an Wohlwollen, und wenn die Sprache des Amerikaners manches, was unsere zarten Ohren nicht vertragen, mit dem wahren Namen bezeichnet, so ist jene Freimüthigkeit oft weniger tadelswerth, als unsere übertriebene Delikatesse lächerlich und befangen. Der Landcaster Adler ist ein Freund der Neger, der Indianer und der Griechen, der Aufklärung und der religiösen Duldung; wo er diese bedroht glaubt, kann er sich dann auch heftiger Ausfälle nicht enthalten: davon zeugen seine groben Artikel gegen Frankreich, Spanien und andere Länder, in welchen die apostolische Partei mächtig ist. Ohne ein großer Politiker zu seyn, zeigt er in der Wahl der Gegenstände die er aufnimmt, einen hellen natürlichen Verstand, und das Bestreben, seine Mitbürger auf eine angenehme Art zu belehren. Was seine Sprache betrifft, so findet man sie bei Gegenständen des gemeinen Verkehrs schon etwas mit fremden Redensarten versetzt: sonst ist sie ziemlich rein. Wir geben zum Beschluß aus der Numer vom 8ten Oktober wörtlich einen Artikel über die deutsche Literatur, die der Adler aus der United-States-gazette, vom 2ten Juli des vorigen Jahrs entlehnt.

„Es ist zufällig denen, die keine Reise gemacht haben, ein Vergnügen, sehr häufig verachtende Anspielungen auf die Sprache, Sitten und Litteratur Deutschlands zu machen. Allein gegenwärtig sollten wir vermuthen, sind obige üble Sitten verschwunden: denn es herrscht jetzt eine ungemeine Neigung der Staaten Neu-Englands zur deutschen Literatur, und wir bemerken, daß nicht nur deutsche Professoren in den wissenschaftlichen Lehranstalten von Massachussetts angestellt sind, sondern daß auch die griechischen Bücher der Harward-Universität von deutschen Herausgebern sind, und die griechische Grammatik ein Deutscher abgefaßt hat, und eine Geschichte unsers eigenen Landes von einem deutschen Professor geschrieben ist.“

„Der Herausgeber der United States-gazette, (fügt der Adler bei,) führt nur einzelne Thatsachen an und glaubt, daß schon deßwegen die deutsche Literatur sehr empfehlenswerth sey. Wie würde er aber staunen, wenn er das ganze ungeheure Feld der ganzen deutschen Literatur übersehen könnte! Wir wollen nicht einmal von den großen Dichtern der deutschen Nation, von Hans Sachs, dem Nürnberger Schuhmacher, bis auf Göthe sprechen; wir wollen blos der wissenschaftlichen Werke in allen Fächern gedenken, der ausgezeichneten Philosophen, Mathematiker, Astronomen, Naturhistoriker, der vortrefflichen Geschicht- und Erdbeschreiber, der ausgezeichneten Mediziner, Theologen und Philologen. Wem es vergönnt ist, nur einen Theil dieses Feldes deutscher Literatur zu überschauen, wird staunen und mit Bewunderung erfüllt seyn. – Die wissenschaftlich gebildeten Amerikaner wissen die deutsche Literatur zu schätzen, und werden bei weiterem Fortschreiten in den spekulativen Wissenschaften immer mehr ihren Werth einsehen lernen.“

Anerkennen müssen wir es überhaupt, daß von unserm Landsmanne des alten deutschen Vaterlands immer mit Wohlwollen gedacht wird; insbesondere aber müssen wir ihm dafür danken, daß er seinen Amerikanern das Unschickliche jener Bettelvisiten für geistliche Hochschulen, womit sie das arme Deutschland schon belästigt haben, „um auch in dem freien Amerika Gewissensherrschaft und Vernunftvormundschaft einzuführen,“ ernstlich verweist.