Zum Inhalt springen

Die Gartenbau-Ausstellungen in Berlin und Hamburg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Gartenbau-Ausstellungen in Berlin und Hamburg
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 378–382
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[378]

Die Gartenbau-Ausstellungen in Berlin und Hamburg.

Der erfreuliche Aufschwung, den der deutsche Gartenbau in den letzten Jahrzehnten genommen hat, ist zum großen Teile der anregenden unermüdlichen Thätigkeit unserer Gartenbauvereine zu danken. Zwei derselben begingen in diesem Jahre die Jubiläen ihrer Gründung; denn vor 75 Jahren trat der Berliner Gartenbauverein ins Leben und vor 60 Jahren schlossen sich die Gärtner Hamburgs zu einem solchen Verbande zusammen. An beiden Orten wurde der Beschluß gefaßt, diese Festtage durch Veranstaltung großer Gartenbau-Ausstellungen zu feiern. So hatten denn Blumen- und Gartenfreunde in den beiden größten Städten des Deutschen Reiches mit Lenzesanfang die Gelegenheit, die Leistungen unserer Gärtnereien in trefflichen Zusammenstellungen überblicken und bewundern zu können.

Die Berliner Ausstellung, die zwölf Tage dauerte, wurde am 28. April durch die deutsche Kaiserin eröffnet. Sie wurde in Treptow auf dem Gelände abgehalten, das im vorigen Jahre das bunte Treiben der großen Berliner Industrieausstellung geschaut hatte. Von den stehen gebliebenen Bauten wurden ihr vier eingeräumt: das Chemiegebäude, das Fischereigebäude, das Haus der Stadt Berlin und der Heftersche Pavillon; natürlich wurde auch das zwischen diesen liegende freie Land für Ausstellungszwecke benutzt und mit Kindern der Flora reichlich besetzt. [379] Wenn auch auf diesem Plane des friedlichen Wettkampfes zahlreiche auswärtige Gärtner mit ihren Erzeugnissen erschienen waren, so zeigte die Ausstellung doch vorwiegend die Leistungen der Berliner Kunstgärtnereien, war eine Berliner Ausstellung und stellte dem Gewerbefleiß der deutschen Reichshauptstadt das glänzendste Zeugnis aus. Der norddeutsche Gärtner muß vielfach gegen die Unbill des rauhen Klimas ankämpfen, und doch hat er in vielen seiner Leistungen seine Rivalen in dem sonnigeren Frankreich erreicht, auf manchen Gebieten sie sogar überflügelt!

Den besten Beweis für den Fortschritt unseres Gartenbaues lieferte ein Blick auf den Mittelraum der Ausstellungshalle, die den Besuchern der vorjährigen Industrieausstellung als das Chemiegebäude bekannt ist. Der ganze Platz war in ein herrliches Rosenparterre verwandelt. Die Zeiten, wo wir unseren gesamten Bedarf an Frührosen aus Frankreich und Italien bezogen, liegen noch nicht weit zurück; aber in unermüdlicher Ausdauer erreichten unsere Gärtner das schwierige Ziel, auch im Norden die Rosenblüte im Winter zu erzwingen, und auf der Ausstellung sah man nicht nur die leichter treibenden Theerosen, sondern auch prächtige Remontantrosen in großer Zahl. Einem Rosenzüchter, dem Gartenbaudirektor Bunzel in Nieder-Schönweide, wurde auch der Ehrenpreis des Kaisers zuerkannt. Er bestand in einer prächtigen Bowle, einem Meisterstück der Königlichen Porzellanmanufaktur, das unsere obenstehende Abbildung wiedergiebt.

Der Kaiserpreis für die Berliner Gartenbau-Ausstellung.
Nach einer photographischen Aufnahme von Hugo Rudolphy in Berlin.

In derselben Halle fesselten die von Spindler-Spindlersfeld ausgestellten Pflanzengruppen das Auge. Neben herrlichen vielfarbigen Croton- und Caladiumarten sah man hier prächtige Nepenthesarten und duftende großblütige Orchideen. Die mustergültigen Leistungen dieser Privatgärtnerei wurden durch den Ehrenpreis der Kaiserin ausgezeichnet, der in einer schönen Porzellanvase bestand. Eine dritte Sehenswürdigkeit desselben Raumes bildeten die Pfleglinge eines Dresdener Gärtners T. J. Seidel. Auf einer steilen Bergwand, die durch einen Wasserfall belebt wurde, befand sich eine Sammlung, von Rhododendronbüschen, die in glühendem Rot, Gelb und Purpur blühten; nur selten kann man in Europa die Pracht dieser asiatischen Alpenrosen in solcher Vollkommenheit bewundern, wie sie hier zu schauen war. Es fehlte aber in der Ausstellung auch nicht an der leuchtenden Blütenpracht der deutschen Alpenpflanzen. Th. Echtermayer von der Gärtnerlehranstalt in Wildpark stellte viele von ihnen in prachtvollen Exemplaren aus: da sah man den citronengelben Polarmohn neben dem hellroten Alpenveilchen, schneeige Ranunkeln neben tiefblauem Enzian.

In unseren Gewächshäusern gedeihen unter sorgsamer Pflege auch die stolzen Kinder der Tropen, die vielgestaltigen Palmen. Eine der herrlichsten Gruppen dieser Pflanzen war in der zweiten Haupthalle arrangiert. Eine breite Wandfläche war hier mit prächtigsten Palmen und ihren Verwandten dekoriert. Neben der Kokospalme der Südsee sah man die Schirmpalmen Ostindiens; Java, Brasilien, das Kapland waren durch die schönsten Arten vertreten, und zwischen den Palmen waren Cycadeen und wunderbar geformte Baumfarren zu sehen. Der Aussteller dieser Mustergruppe, die eine unserer Abbildungen veranschaulicht, war Th. Jawer in Niederschönhausen; für diese treffliche Leistung wurde ihm der Ehrenpreis der Stadt Berlin zuerkannt.

Eine besondere Beachtung verdiente endlich die Gruppe der Blumenbinderei, in welcher Blumensträuße zu sehen waren, die man als kleine Kunstwerke bezeichnen konnte, Sehr anziehend wirkte auch eine Anzahl geschmackvoller Tischdekorationen, so z. B. eine Konfirmandentafel, die über und über mit Maiglöckchen, Lilien und weißen Orchideen geschmückt war.

Die Palmengruppe von Th. Jawer in der Berliner Gartenbau-Ausstellung.
Nach einer photographischen Aufnahme von Zauder und Labisch in Berlin.

Die Ausstellung lehrte auf Schritt und Tritt, welche Fülle von Blütenpracht durch menschliche Ausdauer in der einst so verrufenen, sandigen Mark erzeugt werden kann. Berlin hat sich längst zu einem weltberühmten Mittelpunkt des Gartenbaues emporgeschwungen; möge der rastlosen Arbeit seiner Gärtner auch fernerhin der Segen des Himmels in reichstem Maße beschießen sein!

Nicht weniger anziehend als die Berliner ist die Hamburger Ausstellung. Ja, an Eigenart übertrifft sie die meisten ihrer Vorgängerinnen. Man behauptet sogar, daß die diesjährige Hamburger Ausstellung, wenigstens in solchem Umfange, ihresgleichen nicht gehabt hat, seit es Gartenbau-Ausstellungen giebt.

Denn Eintagsfliegen pflegen sie zu sein, glänzend, farbenschillernd, aber ach, so kurzlebig … [380] binnen wenig Tagen entblättert die Blüten, verwelkt die Sträuße und Kränze, verblichen die erst so üppige Pracht! – Der kühne Gedanke, eine Ausstellung zu veranstalten, die vom 1. Mai bis Ende September dauern soll, ist aufgetaucht in den Kreisen des Gartenbauvereins von Hamburg und Umgegend bei der Vorbereitung der Feier seines 60jährigen Bestehens. Den ganzen Gartenbau eines Jahres, vom ersten Erscheinen des Lenzes bis zum Blätterfall im Spätherbst, zur Darstellung zu bringen in der Reihenfolge seiner natürlichen Entwicklung von Blumen, Stauden, Gemüsen, Früchten, daneben die vielen Treibhausgewächse sowie wissenschaftliche Darbietungen, auch Mustersammlungen gewerblicher Erzeugnisse, kurzum: Zusammenfassung alles dessen, was Bezug auf Gartenbau und Pflanzenkunde hat – das ward geplant. Aber die Hamburger allein konnten’s nicht vollbringen, so viele Besitzer von Gärten, groß und klein, auch die reiche Hansestadt zählt. Darum luden sie die ganze Welt zur Beteiligung ein, und aus allen Zonen erfolgten die Anmeldungen in ganz unerwartetem Maße. Die Handelsgärtner, die begüterten Liebhaber, die Regierungen, die Fachgelehrten – alle begeisterten sich für das großartig angelegte Unternehmem. Der ursprünglich in Aussicht genommene Platz mußte bis auf 19 Hektare vergrößert werden (etwa der Umfang der Binnenalster Hamburgs); auch in dem Aussetzen ansehnlicher Preise, wetteiferten Fürsten, Behörden, Vereine wie einzelne Burger. So ist das „noch, nicht Dagewesene“ zustande gekommen, und schon die Eröffnung am 1. Mai bewies, daß das Werk seinen Schöpfern Ehre macht.

An dieser Stelle soll keineswegs versucht werden, auch nur einen Ueberblick dessen zu geben, was die Ausstellung gegenwärtig bietet und was sich ich Laufe der schönen Jahreszeit, namentlich bei den sechs großen Sonderausstellungen, noch bieten wird, ganz abgesehen vom Pomologenkongreß, vom Gärtnertage etc. Nur einige hervorragende Einzelheiten wollen mit in knappen Umrissen skizzieren.

Der Eingang zur Hamburger Gartenbau-
Ausstellung beim Holstenthor.

Nach der Natur gezeichnet von H. Haase.

Die Haupthalle bedeckt eine Grundfläche von 7600 Geviertmetern. Der stolze Kuppelbau ihres größten Saales überspannt 5600 Geviertmeter. Er nimmt solche Pflanzengruppen auf, die wegen ihrer Größe oder Fülle eine weite Raumwirkung beanspruchen, beispielsweise die stolzesten Palmen, daneben, zunächst bei der Frühjahrsausstellung, getriebene Azaleen-, Rhododendren- und Cinerarienkulturen. Auch „das Auge der Landschaft“, das Wasser, fehlt hier nicht; ein geräumiges Becken wird von dem über Felsblöcke herabplätschernden Wasserfall gespeist. Zur Abendzeit oder bei dunklem Wetter, wenn die elektrische Beleuchtung aufflammt (allein der Kronleuchter im Mittelpunkt zählt 260 Glühlampen), gewährt dieser Prunksaal einen geradezu überwältigenden Eindruck. Und doch umfaßt er nur einen geringen Bruchteil der in der Ausstellung vereinten Schätze; stundenlang dauert die Pilgerfahrt durch die vielen Nebenhallen und Wandelgänge. Unsere untenstehende Abbildung zeigt links vom Beschauer die Haupthalle nebst dem vorliegendem Weinrestaurant „Bella Vista“, rechts das Unionrestaurant.


Die Haupthalle mit „Bella Vista“ und Unionrestaurant auf der Gartenbau-Ausstellung in Hamburg.
Nach der Natur gezeichnet von H. Haase.

Unter den weiteren Anlagen im Freien erzielt eine mächtige Wirkung ein Riesenbeet, das zunächst mit rund 40 000 holländischen Tulpen von einem einzigen Züchter in Harlem besetzt ist – und welche Fülle von Duft und Farbenschimmer wird nicht zu Anfang Juli der internationale Rosenwettbewerb bringen, angesichts der gewaltigen Beteiligung aus fast aller Herren Ländern! Rosenbeete wie diese, meist aus den seltensten und kostbarsten Sorten zusammengestellt, wird in der That die Welt noch nie gesehen haben. Doch schon heute finden sich überall Massenwirkungen, teils blendend und bezaubernd durch den Blütenschimmer, teils trotz der Schlichtheit den Kenner entzückend, wie das bei den in unzähligen Spielarten vorhandenen Koniferen der Fall ist. Das alles wurde und wird auch ferner wohlbedacht zusammengefügt nach dem von Landschaftsgärtnern ersten Ranges entworfenen Gesamtplan, sorgfältig abgetönt zu einem einheitlichen, anmutigen [382] Bilde. Den Nahmen geeignetster Art hierzu gewährt der aus der Festungszeit Hamburgs stammende Stadtgraben zwischen Holsten- und Millernthor. Seine höhen Abhänge sind von mächtigen alten Bäumen, namentlich Ulmen und Akazien, umkränzt, von deren Grün die vielen Baulichkeiten mit ihrem Rot und Weiß sich hell abheben. Der prächtige Park bildet den würdigen Schrein für so viele auserlesene Juwelen der Gartenbaukunst.

Eine Perle eigener Art darf hier nicht unerwähnt bleiben, und das ist – darin stimmen alle Besucher überein ––die „Vegetationsgalerie“. Innerhalb fast dunkler Räume genießt man den Ausblick auf zehn hellerleuchtete Landschaftsbilder. In ihrem Vordergrunde stehen kunstvolle Nachbildungen der dem einzelnen Lande eigenen Gewächse in geeigneter Umgebung, die sich unmerklich an den gemalten Hintergrund anschließt: Japan, Mexiko, Urwald von Brasilien, Schweizer Alpenhalde, herbstlicher Park, Landschaft auf Ceylon, norwegischer Fjord – alles das und noch mehreres andere wird gebührend bestaunt und bewundert, und doch drängen sich die Besucher stets Kopf an Kopf gerade vor dem einfachsten Bilde, das „Norddeutsche Heide bei aufziehendem Gewitter“ darstellt und in seiner stimmungsvollen Naturtreue wirklich bezaubernd schön ist! Eins dieser Bilder, die Landschaft auf Ceylon, führt unsern Lesern die Abbildung auf S. 373 vor.

Doch genug der Versuche, zu beschreiben, was sich eben nicht beschreiben läßt! – Wenige Worte noch mögen unserem Bilde gewidmet sein, das den Thorbau am Eingang beim Holstenthor darstellt; er ist im altdeutschen Stil ausgeführt, der auch bei mancher anderen der vielen Bauten der Ausstellung mit Vorteil zur Anwendung gelangt ist. Mögen durch die weit geöffneten Thorbogen recht viele Besucher zur Ausstellung wandern, denn wahrlich, sie verdient es!