Ein deutscher Kunstschatz

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Titel: Ein deutscher Kunstschatz
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aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 72
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[72] Ein deutscher Kunstschatz. Am letzten Mai 1872 trug man in Leipzig einen Künstler zu Grabe, der durch seine Darstellungen des Thier- und Pflanzenlebens sich weitverbreiteten Ruf erworben: Robert Kretschmer. Am bekanntesten ist derselbe geworden durch seine Illustrationen zu dem Prachtwerke des Bibliographischen Instituts: „Brehm’s Thierleben“ und zu Settegast’s „Thierzucht“, sowie durch seine Theilnahme an der Reise des Herzogs Ernst von Coburg-Gotha nach den Bogosländern in Afrika im Jahre 1862. Außerdem zeugen die besten illustrirten Zeitschriften für die Vortrefflichkeit und Gesuchtheit seiner Leistungen. Wie sein Bruder Albert als der „Costüm-Kretschmer“, war Robert als der „Thier-Kretschmer“ in der Kunstwelt allbekannt. – In künstlerischer Gewissenhaftigkeit machte er zu jeder seiner Illustrationen ernste Studien und führte viele davon in Aquarellbildern aus. Da nun nicht blos die afrikanische Reise, sondern auch der Besuch vieler zoologischer und botanischer Gärten ihm Gelegenheit zu Studien bot, so sind dieselben nach und nach zu einer Sammlung angewachsen, die, wohlgeordnet in drei Mappen, hundertzweiundachtzig Cartons umfaßt, auf welche etwa tausend Gegenstände aufgeklebt sind. Davon enthalten 60 Blätter 521 Vögel, 62 Blätter 205 Säugethiere und 60 Blätter 90 afrikanische Studien, meistens aus Abessinien und Aegypten, Menschen, Thiere, Pflanzen, Landschaften aus den Bogosländern, Geräthschaften, Vogelnester etc. Außerdem enthalten die Mappen noch 124 Vögel und 53 Säugethiere in unaufgeklebten Zeichnungen und Aquarellbildern.

Ueber den wissenschaftlichen und künstlerischen Werth dieser reichen Sammlung haben Fach-Autoritäten die glänzendsten Zeugnisse abgegeben, und einstimmig wurde gewünscht, daß dieselbe nicht zerstreut, sondern als Ganzes erworben und womöglich Deutschland erhalten werde.

Gewiß ist dieser Wunsch beherzigenswerth; nur sollten doch Alle, die denselben, namentlich bei verschiedenen Naturforscher-Versammlungen, mit Entschiedenheit äußerten, nun auch das Ihrige dazu beitragen, daß ein Käufer für das Ganze sich finde, und bald finde. Dieser deutsche Kunstschatz bildet das einzige Erbe, welches Robert Kretschmer, der rastlos thätige Mann, seiner Familie hinterlassen konnte. Wie schön nun auch jener patriotische Wunsch klingt, so haben die Sorgen einer Mutter und Wittwe doch auch ihr Gewicht – und die Sammlung liegt schon in’s zweite Jahr vielgepriesen, aber von Käufern unbeachtet da. Alle öffentlichen naturwissenschaftlichen und Kunst-Anstalten kennen sie, aber die meisten bedauern den Mangel an Mitteln zum Erwerbe derselben. Folglich bliebe Nichts übrig, als Versteigerung oder Verkauf in’s Ausland, wäre nicht eine Hoffnung noch vorhanden: die, daß ein reicher und edeldenkender Mann diesen Kunstschatz erwerbe, um einer öffentlichen Sammlung ein Geschenk damit zu machen und so seinem Namen ein unvergängliches Denkmal zu setzen. Sollte unter den vielen reichen und edeldenkenden Männern und Frauen deutscher Nation dieser Gedanke nicht recht bald eine werkthätige Hand, das rechte Herz finden?

Gegenwärtig liegt die ganze Sammlung bei dem Maler, Herrn Albert Kretschmer in Berlin, Ritterstraße Nr. 56 drei Treppen, täglich von zwei bis vier Uhr zur Beschauung auf.