Gesetz, betreffend die elektrischen Maßeinheiten
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(Nr. 2491.) Gesetz, betreffend die elektrischen Maßeinheiten. Vom 1. Juni 1898.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§. 1.
- Die gesetzlichen Einheiten für elektrische Messungen sind das Ohm, das Ampere und das Volt.
§. 2.
- Das Ohm ist die Einheit des elektrischen Widerstandes. Es wird dargestellt durch den Widerstand einer Quecksilbersäule von der Temperatur des schmelzenden Eises, deren Länge bei durchweg gleichem, einem Quadratmillimeter gleich zu achtendem Querschnitt 106,3 Centimeter und deren Masse 14,4521 Gramm beträgt.
§. 3.
- Das Ampere ist die Einheit der elektrischen Stromstärke. Es wird dargestellt durch den unveränderlichen elektrischen Strom, welcher bei dem Durchgange durch eine wässerige Lösung von Silbernitrat in einer Sekunde 0,001118 Gramm Silber niederschlägt.
§. 4.
- Das Volt ist die Einheit der elektromotorischen Kraft. Es wird dargestellt durch die elektromotorische Kraft, welche in einem Leiter, dessen Widerstand ein Ohm beträgt, einen elektrischen Strom von einem Ampere erzeugt.
§. 5.
- Der Bundesrath ist ermächtigt,
- a) die Bedingungen festzusetzen, unter denen bei Darstellung des Ampere (§. 3) die Abscheidung des Silbers stattzufinden hat, [906]
- b) Bezeichnungen für die Einheiten der Elektrizitätsmenge, der elektrischen Arbeit und Leistung, der elektrischen Kapazität und der elektrischen Induktion festzusetzen,
- c) Bezeichnungen für die Vielfachen und Theile der elektrischen Einheiten (§§. 1, 5b) vorzuschreiben,
- d) zu bestimmen, in welcher Weise die Stärke, die elektromotorische Kraft, die Arbeit und Leistung der Wechselströme zu berechnen ist.
§. 6.
- Bei der gewerbsmäßigen Abgabe elektrischer Arbeit dürfen Meßwerkzeuge, sofern sie nach den Lieferungsbedingungen zur Bestimmung der Vergütung dienen sollen, nur verwendet werden, wenn ihre Angaben auf den gesetzlichen Einheiten beruhen. Der Gebrauch unrichtiger Meßgeräthe ist verboten. Der Bundesrath hat nach Anhörung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt die äußersten Grenzen der zu duldenden Abweichungen von der Richtigkeit festzusetzen.
- Der Bundesrath ist ermächtigt, Vorschriften darüber zu erlassen, inwieweit die im Absatz 1 bezeichneten Meßwerkzeuge amtlich beglaubigt oder einer wiederkehrenden amtlichen Ueberwachung unterworfen sein sollen.
§. 7.
- Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt hat Quecksilbernormale des Ohm herzustellen und für deren Kontrole und sichere Aufbewahrung an verschiedenen Orten zu sorgen. Der Widerstandswerth von Normalen aus festen Metallen, welche zu den Beglaubigungsarbeiten dienen, ist durch alljährlich zu wiederholende Vergleichungen mit den Quecksilbernormalen sicherzustellen.
§. 8.
- Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt hat für die Ausgabe amtlich beglaubigter Widerstände und galvanischer Normalelemente zur Ermittelung der Stromstärken und Spannungen Sorge zu tragen.
§. 9.
- Die amtliche Prüfung und Beglaubigung elektrischer Meßgeräthe erfolgt durch die Physikalisch-Technische Reichsanstalt. Der Reichskanzler kann die Befugniß hierzu auch anderen Stellen übertragen. Alle zur Ausführung der amtlichen Prüfung benutzten Normale und Normalgeräthe müssen durch die Physikalisch-Technische Reichsanstalt beglaubigt sein.
§. 10.
- Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt hat darüber zu wachen, daß bei der amtlichen Prüfung und Beglaubigung elektrischer Meßgeräthe im ganzen Reichsgebiete nach übereinstimmenden Grundsätzen verfahren wird. Sie hat die [907] technische Aufsicht über das Prüfungswesen zu führen und alle darauf bezüglichen technischen Vorschriften zu erlassen. Insbesondere liegt ihr ob, zu bestimmen, welche Arten von Meßgeräthen zur amtlichen Beglaubigung zugelassen werden sollen, über Material, sonstige Beschaffenheit und Bezeichnung der Meßgeräthe Bestimmungen zu treffen, das bei der Prüfung und Beglaubigung zu beobachtende Verfahren zu regeln, sowie die zu erhebenden Gebühren und das bei den Beglaubigungen anzuwendende Stempelzeichen festzusetzen.
§. 11.
- Die nach Maßgabe dieses Gesetzes beglaubigten Meßgeräthe können im ganzen Umfange des Reichs im Verkehr angewendet werden.
§. 12.
- Wer bei der gewerbsmäßigen Abgabe elektrischer Arbeit den Bestimmungen im §. 6 oder den auf Grund derselben ergehenden Verordnungen zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu vier Wochen bestraft. Neben der Strafe kann auf Einziehung der vorschriftswidrigen oder unrichtigen Meßwerkzeuge erkannt werden.
§. 13.
- Dies Gesetz tritt mit den Bestimmungen in §§. 6 und 12 am 1. Januar 1902, im Uebrigen am Tage seiner Verkündigung in Kraft.
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Berlin im Schloß, den 1. Juni 1898.