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ADB:Naubert, Benedikte

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Artikel „Naubert, Benedicte“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 295–296, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Naubert,_Benedikte&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 08:16 Uhr UTC)
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Band 23 (1886), S. 295–296 (Quelle).
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Naubert: Christiane Benedicte Eugenie N. wurde am 13. September 1756 zu Leipzig geboren. Ihr Vater war der berühmte Professor der Medicin, Dr. Johann Ernst Hebenstreit, der schon im December 1757 als ein Opfer seiner Berufstreue am Lazarethtyphus starb. Die vaterlose Waise wurde von einer trefflichen Mutter in allen damals üblichen weiblichen Arbeiten, vorzüglich im Sticken unterrichtet, worin sie es zu einer solchen Geschicklichkeit brachte, daß sie ganze Gegenden mit leichter Mühe mit der Nadel aufnahm. Ihre wissenschaftliche Ausbildung leitete besonders ihr Stiefbruder, der Professor der Theologie Hebenstreit, der sie sogar in die alten classischen Sprachen, in die Philosophie und Geschichte einführte. Die Kenntniß der französischen, italienischen und englischen Sprache verdankte sie ihrem eigenen Studium. Ihre Mußestunden waren der Musik gewidmet: sie spielte Clavier und Harfe, letztere sogar noch in ihrem Alter mit einer gewissen Virtuosität. Dieser gelehrten Bildung ungeachtet, versäumte sie nie die dem weiblichen Berufe eigenthümlich angewiesenen Pflichten; sie war häuslich und lebte eingezogen, führte in früherer Zeit die Wirthschaft ihrer Mutter und war die unverdrossene Pflegerin am Krankenbette derselben. Die Schriftstellerin war zweimal verheirathet, zuerst mit Lorenz Holderieder, Kaufmann und Rittergutsbesitzer in Naumburg, mit dem sie sechs glückliche Jahre verlebte, und nachmals mit Johann Georg Naubert, einem angesehenen Kaufmann ebendaselbst, der sich später nach Leipzig wandte. Die Beschäftigung ihres regen Geistes war ihr in den frühesten Zeiten Erholung, in den späteren Jahren Bedürfniß, und als sich eine Schwäche des Gehörs und Gesichts bei ihr einstellte, konnte sie doch ihren Geist nicht zur Unthätigkeit verweisen, und so dictirte sie ihre Romane. Im Herbste 1818 siedelte sie nach Leipzig über, um sich hier auf eine Operation an den Augen vorzubereiten. Eine Erkältung, die sich zunächst in einer rheumatischen Hals- und Brustentzündung äußerte, ging schnell in Lungenlähmung über, und schon nach vier Tagen machte der Tod am 12. Januar 1819 ihrem Leben ein Ende. Benedicte N. war eine äußerst fruchtbare [296] Schriftstellerin; ihre Schriften, theils Originalwerke, theils Uebersetzungen aus dem Englischen, zählen mehr als 80 Bände. Bis fast an das Ende ihres Lebens war ihr eifriges Bestreben, sich in eine dunkle Anonymität zu hüllen, von einem glücklichen Erfolge gekrönt; erst ihren Roman „Rosalba“ (II, 1817) unterzeichnete sie mit ihrem Namen. Daher kam es auch, daß ihre Romane bald dem Forstrath Cramer in Meiningen, bald dem Buchhändler Heinse in Zeitz, bald Johann C. Friedrich Wilhelm Müller (Filidor) in Leipzig, bald dem Professor Milbiller in Wien zugeschrieben wurden. Zu ihren Romanen verwerthete die Verfasserin vorwiegend historische Stoffe. Sie entwickelte darin mannigfaltige historische Kenntnisse und gute Auffassung der Zeitverhältnisse, besonders des Mittelalters. Bei einer reichen und lebendigen Phantasie zeigte sie klaren Verstand in der Composition ihrer Werke, die sich außerdem durch tiefe Kenntniß des menschlichen Herzens, durch echten Sinn für alles Schöne und Gute und durch die reinste Weiblichkeit auszeichnen. Zu erwähnen wären besonders „Walther von Montbarry“ (II, 1786); „Geschichte der Gräfin Thekla von Thurn“ (II, 1788); „Hermann von Unna“ (II, 1788); „Konradin von Schwaben“ (II, 1788); „Elisabeth, Erbin von Toggenburg“ (1789); „Werner Graf Bernburg“ (II, 1790); „Konrad und Siegfried von Feuchtwangen“ (II, 1792.) u. v. a. Von ihren sonstigen Schriften sind besonders die „Neuen Volksmärchen der Deutschen“ (V, 1789–93) hervorzuheben, die man wohl hie und da für Nachahmungen des Musäus erklärt, die aber völlig freie Erfindungen sind und manchem Schriftsteller (Oehlenschläger, Hoffmann u. a.) Stoff zu seinen Dichtungen geboten haben.

Schindel, die deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrh. Leipzig 1825. 2. Bd., S. 32. – Damenconversationslexikon. Adorf 1846. 7. Bd., S. 373.