ADB:Libavius, Andreas

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Artikel „Libavius, Andreas“ von Albert Ladenburg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 530–532, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Libavius,_Andreas&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 10:02 Uhr UTC)
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Libavius: Andreas L., Chemiker und Arzt. Sein eigentlicher Name ist Libau, den Gewohnheiten jener Zeit entsprechend latinisirt. Geboren zu Halle etwa um die Mitte des 16. Jahrhunderts, † in Koburg 1616 als Director des dortigen Gymnasiums. Er studirte Medicin und Chemie, daneben aber auch Geschichte und Sprachwissenschaften und bekleidete sogar eine Professur derselben in Jena von 1588–1591, dann ward er Gymnasiallehrer zu Rothenburg an der Tauber und zuletzt in Koburg. An diesen beiden Orten war er zugleich Physikus, wie er auch als Arzt seine Carriere in seiner Vaterstadt begonnen hatte. Unter den Anhängern des Paracelsus zeichnet sich L. als kritischer Kopf aus, der es zuerst wagte, einige Irrthümer der Paracelsischen Lehre von den Wahrheiten derselben zu sondern. Er war gründlich gebildet, wenn er sich auch nicht von allen Vorurtheilen seiner Zeit frei machen konnte. So glaubte er noch fest an die Möglichkeit der Metallverwandlung und an die Wirksamkeit des trinkbaren Goldes. Doch halfen ihm seine genauen medicinischen Kenntnisse über andere Vorurtheile hinweg und er erwarb sich ein bleibendes Verdienst um die Würdigung der Chemie als Wissenschaft und besonders um ihren Einfluß auf die Arzneikunst. Er eiferte gegen die bilderreiche, mystische Sprache der Schriften aus der Paracelsischen Schule, hinter der sich Unwissenheit verstecke, gegen die Geheimmittel und Lebenselixire, deren Natur er durch seine chemischen Untersuchungsmethoden klar zu legen vermochte. Dagegen benutzte er die Chemie zur Darstellung von Präparaten als Arzneimittel und vertheidigte ihre Anwendbarkeit als solche gegen die Beschlüsse der medicinischen Facultät zu Paris. Aber auch durch rein chemische Untersuchungen förderte L. seine Wissenschaft. Am bekanntesten ist seine Entdeckung des nach ihm genannten [531] „spiritus fumans Libavii“, des Zinnchlorids. Er stellte es durch Destillation von Quecksilbersublimat mit Zinn dar und erwähnt es als einer rauchenden Flüssigkeit. Ferner entdeckte L. verschiedene Methoden Glas zu färben, unter Anderem den sehr bekannten Goldpurpur. Auch wies er die Identität der aus Schwefel entstehenden Schwefelsäure mit der in den Vitriolen vorkommenden nach und war einer der ersten, der diese Säure aus Schwefel durch Verbrennen mit Salpeter darstellen lehrte, eine Methode, welche die später versuchten überdauert hat und die mit den Principien der heutigen Fabrikationsmethode der Schwefelsäure übereinstimmt. Für die frühe Zeit, in der L. lebte, waren seine Kenntnisse der analytischen Chemie besonders bemerkenswerth. Bei den Gasen beschränkten sich diese allerdings nur auf die Unterscheidung der brennbaren und der nicht brennbaren Gase. (Schlagende Wetter.) Dagegen verdanken wir ihm die ersten Kenntnisse über Mineralwässer. In verschiedenen Schriften legte er die Resultate seiner Untersuchungen einzelner solcher Heilwässer nieder; so beschrieb er das Wasser zu Liebenstein (im Meiningenschen) im „Tractatus medico-physicus“ (1610). Zur allgemeinen Entscheidung, ob ein Wasser mineralisch sei, lehrt L., ein leinenes Tuch mit dem fraglichen Wasser zu tränken und trocknen zu lassen: die Zunahme an Gewicht lasse auf die Größe des Gehalts an mineralischen Substanzen schließen. Bemerkenswerth ist auch, daß er in seiner Schrift „De judicio aquarum mineralium“ die damals noch nicht bekannte Kohlensäure als etwas besonderes unterscheidet. Damit gab L. einen Ausgangspunkt für die späteren Untersuchungen dieser wichtigen Verbindung. Daß er aber trotz seiner gediegenen analytischen Kenntniß bedeutende Fehler beging, ist bei dem damaligen allgemeinen Zustand dieser Forschungen natürlich: – so hielt er z. B. das Eisen im Schwalbacher Wasser für Kupfer. Dagegen hat L. wiederum in anderen Theilen der analytischen Chemie wichtige Thatsachen aufgefunden, so die Fällung des salpetersauren Wismuth’s durch Wasser (Entdeckung des magisterium bismuti) und ferner das so sehr wichtige Probiren der Erze, d. h. ihre Untersuchung auf trockenem Wege. Er konnte bereits Silber und Blei von einander unterscheiden und wies das Silber im Bleiglanz nach. Für die Genauigkeit seiner Methoden spricht der Nachweis des Silbers in allen käuflichen, auch den sog. reinen Bleisorten. Auch kannte er eine der feinsten Kupferproben, indem er die blaue Färbung beobachtete, welche die Kupfersalze mit Ammoniak bilden. Sehr wichtig für die Untersuchungsmethoden in der Chemie ist dabei seine Einführung des Löthrohrs überhaupt und dessen Anwendung zum Zuschmelzen von Glasröhren, worüber er 1613 eine genaue Vorschrift gibt. Zuletzt muß noch das besondere Verdienst erwähnt werden, das sich L. durch das „erste Lehrbuch der Chemie“ erworben hat. Er sammelte die bis dahin nur zerstreut vorkommenden Untersuchungen und Beobachtungen, schrieb alles der Chemie zugehörige Material deutlich und geordnet zusammen und versuchte es unter allgemeinen Gesichtspunkten darzustellen. Sein Werk führt den Titel „Alchymia - collecta - accurate explicata et in integrum corpus redacta“. Es erschien zuerst 1595, erlebte viele Auflagen und galt lange für das vorzüglichste Werk über Chemie. Es zerfällt in zwei Theile, in die Encheria, in der er die chemischen Operationen im Allgemeinen beschrieb, und in die Chymia, die Lehre von der Darstellung der chemisch eigenthümlichen Substanzen. Theoretische Betrachtungen finden sich nicht darin; dagegen enthalten die Commentarien zu seiner Alchimie die Pläne eines großartigen chemischen Laboratoriums in der Art der Akademieen Athen’s mit Säulengängen, Bädern und Gartenanlagen. – Titel anderer Schriften des L.: „Rerum chemicarum epistolica forma ad philosophos et medicos scriptarum III lib.“, 1595–99. „Praxis alchymiae, hoc est, de artificiosa praeparatione [532] praecipuorum medicamentorum chymicorum II lib.“, 1605 et 1607. „Defensio et declaratio alchymiae transmutatoriae“, 1615. „Syntagma selectorum alchymiae arcanorum“, 2 vol. 1611 et 1613. Noch viele chemische Schriften, in deren einigen er sich Basilius de Varna nannte, sind gesammelt in „Opera omnia medico-chymica“, 1615.

Poggendorff, Biogr.-lit. Handwörterbuch. Hermann Kopp, Geschichte der Chemie. Gmelin, Geschichte der Chemie.