ADB:Ludwig, Johann Paul

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Artikel „Ludwig, Johann Paul“ von Siegfried Isaacsohn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 600–601, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludwig,_Johann_Paul&oldid=- (Version vom 5. Mai 2024, 18:16 Uhr UTC)
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Ludwig: Johann Paul L., geb. im Anfang des 17. Jahrhunderts, † am 15. April 1665 als kurbrandenburgischer Hofrath und Oberkriegscommissar in Cleve-Mark, gehört in die erste Reihe der Mitarbeiter Kurfürst Friedrich Wilhelms zur Herstellung des modernen brandenburgisch-preußischen Staatswesens. Seine erste Schule machte er während des dreißigjährigen Krieges in hessischen Diensten, wo er die Stelle eines Kriegscommissars bis Ausgang Sommers 1647 versah. Hier lernte ihn der Große Kurfürst gelegentlich seines Aufenthaltes in Cleve-Mark und den Niederlanden 1646 kennen und schätzen. Es gelang ihm den tüchtigen und energischen Mann im Herbst 1647 in seine Dienste zu ziehen. L. wurde zum kurfürstlichen Kriegscommissar und Obercontroleur [601] der Kriegs- und Kammer-Intraden aller rheinisch-westfälischen Lande des Kurfürsten gemacht und mit der Aufgabe betraut, das verrottete Steuer- und Finanzsystem zu reformiren und damit die Unterthanen zu erleichtern und gleichzeitig leistungsfähiger zu machen. Es war ihm zu diesem Zweck das Recht der Kontrole aller Finanzstellen des Landes und die Correspondenz mit dem Kurfürsten und seinen Geh. Räthen über die Köpfe der cleve-märkischen Regierung und Amtskammer hinweg gegeben. L. unterzog sich seiner schwierigen Aufgabe, die ihn fast beständig in Conflikt wie mit den Ständen so auch mit den meist ständisch gesonnenen Landesbehörden und Räthen brachte, mit Selbstverleugnung und Energie. Der Erfolg blieb nicht aus. Es gelang ihm, gestützt vom Gouverneur der Lande, Generallieutenant v. Norprath, von dem Statthalter, Fürst Joh. Moritz von Nassau und dem trefflichen Kanzler Daniel Weiman den Trotz der Stände, der Amtskammerräthe und Drosten zu brechen, die Unterthanen mit der Erkenntniß von den Zwecken der angebahnten Reformen zu erfüllen und die äußerst ungerechte, schwerfällige und verworrene Finanzverwaltung durch Peräquation der Kriegssteuer oder Kontribution, Vereinfachung der übrigen Leistungen und stärkere Heranziehung der Eximirten übersichtlicher, minder drückend und gleichzeitig ergiebiger zu machen. Der erbittertste Haß der Stände, offene und geheime Verfolgungen und Verdächtigungen waren der Lohn für diese seine Thätigkeit. Doch war der Kurfürst ein unerschütterlich fester Rückhalt für ihn, so daß alle Anklagen wirkungslos verhallten. In eine noch schwierigere Lage gerieth L. mit Ausbruch des nordischen Kriegs 1655. Erst General Sparr, dann Graf Waldeck, versuchten als Militär-Gouverneure der Rheinlande 1655–58 sich eigenmächtig über seine Anordnungen als Oberkriegscommissar und oberster Kontributionseinnehmer dieser Lande hinwegzusetzen. Da Waldeck ihn nicht entfernen konnte, suchte er ihn mindestens dadurch zu lähmen, daß er ihm einen zweiten Kriegscommissar als Adjunkten zur Seite stellte, mit dem er dann alle ökonomischen Fragen allein zu regeln gedachte. Doch auch diesmal verblieb dem unerschrockenen Commissar, der den Kurfürsten unmittelbar um sofortige Enthebung aus seiner unmöglich gewordenen Stellung ersuchte, der Sieg. Fr. Wilhelm gewährte dem Grafen Waldeck, Herbst 1658, die erbetene Dimission, entließ gleichzeitig den zweiten Commissar, bestätigte L. dagegen in allen seinen bisherigen Chargen, auch als Mitglied des Kriegsraths für die westlichen Lande und gewährte ihm gleichzeitig die von ihm erbetene Erleichterung in der Geschäftslast. Nach Schluß des nordischen Krieges wurde seine Bestallung erneuert und ihm die erste Stelle unmittelbar nach der höchsten Landesbehörde, dem Geh. Regierungsrath, verliehen. In dieser Stellung wirkte er unermüdet wie vor dem Kriege bis zu seinem schon vier Jahre später in Folge übermäßiger Anstrengung erfolgenden Tode. So theilte er das Geschick mit seinem Zeit- und Gesinnungsgenossen Daniel Weiman. Beide sind als die festesten Säulen zu betrachten, auf denen sich das brandenburgische moderne Regiment in den Rheinlanden erhob, und beiden spendete ihr Fürst gelegentlich ihres Hinscheidens Worte aufrichtigsten Bedauerns und höchster Schätzung.

Isaacsohn, Gesch. des Preuß. Beamtenthums II, 143–148, 175; Urk. u. Aktenst. zur Gesch. des Kurfürsten Fr. Wilhelm v. Brandenburg V, 120, 353 ff., 450 ff., 891, 892.