BLKÖ:Mind, Gottfried

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Mindszenti, Gedeon
Band: 18 (1868), ab Seite: 339. (Quelle)
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Mind, Gottfried (Maler, der sogenannte „Katzen-Raphael“, geb. zu Lipcse in Oberungarn im Jahre 1768, gest. zu Bern in der Schweiz 15. November 1814). Die Angabe seines Geburtsortes Lipcse in Oberungarn, welcher zufolge M. ein geborner Ungar wäre, wie auch, daß er zu Kremnitz das Tischlerhandwerk erlernte, enthält die „Oesterreichische National-Encyklopädie“. Alle anderen Quellen geben Bern als seinen Geburtsort an. Woraus die „Oesterreichische National-Encyklopädie“ obige Angabe schöpfte, gibt sie weder selbst an, noch ist es irgendwie zu vermuthen. Und doch lautet sie zu bestimmt, um sie unbedingt verwerfen zu können. In Folge dessen wird Mind eine Stelle in diesem Werke eingeräumt. Wenn es sich aber mit seiner Geburt in Ungarn richtig verhält, so ist er wahrscheinlich auf seiner Wanderung als Tischlergeselle nach Bern gekommen, und hat dort die Bekanntschaft des nicht ungeschickten Landschaftsmalers Segel gemacht, der das Talent des cretinähnlichen Jungen alsbald erkannte, und aus demselben Nutzen schöpfte, so viel er konnte. Mind, schwächlicher Natur, sich selbst überlassen, stellte sich gern unter die Obhut des Künstlers, der ihm überall folgte, und ihn durch Vorzeigen von Kupferstichen unterhielt. Bei seiner großen körperlichen Unbeholfenheit gerieth er bald in die volle Dienstbarkeit des erwerbsamen und eigennützigen Schutzpatrons, dem er seine eigenen Bilder – ländliche Familienstücke – coloriren mußte. So kam er fast nicht mehr von seinem Stuhle, worauf er saß und malte, und als Segel starb, wußte dessen Witwe aus des Knaben Unbeholfenheit weiteren Nutzen zu ziehen. In dieser Verlassenheit waren ihm die Katzen, die er vorzüglich liebgewonnen, und die mit ihm spielten und sich neckten, sein einziger Trost und wurden allmälig seine Künstlerstudie. Gewöhnlich saß ihm, wenn er zeichnete, eine Katze im Nacken oder auf der Schulter, und er duldete sie so stundenlang in der unbequemsten Stellung, nur um sie nicht zu stören. Oft saß noch eine zweite neben ihm auf dem Tische, und sah zu, wie er arbeitete; zuweilen lagen einige Junge in seinem Schooße unter dem Tische, Laubfrösche in Gläsern standen neben seinem Reißbrette, und mit allen diesen Thieren sprach er auf die liebkosendste Weise. Er zeichnete auch Bären und sonst noch mancherlei Thiere, aber den meisten Fleiß und die sorgfältigste Zierlichkeit wandte er auf die Darstellung seiner geliebten Katzen. In richtiger Zeichnung ihrer Formen wußte er die allgemeine Natur dieser Thiere und in der porträtähnlichen Auffassung ihrer besonderen Physiognomien den eigenthümlichen Charakter derselben treu wiederzugeben. Der schmeichelnde Blick voll Falschheit, die zierlichen Bewegungen der jungen Kätzchen, deren bisweilen mehrere eine Mutterkatze umspielen, alles dieß ist in den mannigfaltigsten Stellungen, Wendungen, Gruppen, Spielen und Balgereien höchst naturgemäß, ja man möchte sagen, mit Liebe und Treue geschildert. Zunächst den Katzen standen die Bären in seiner Gunst, und nicht selten besuchte er die, welche in Berns Thiergraben gehalten werden. Sobald sie ihn sahen, hoben sie sich auf die Hinterfüße, denn sie wußten schon, er brachte ihnen immer ein Stück Brot oder einen Apfel mit. Daher hieß er auch der [340] „Bären-Friedli“, Friedli von seinem Taufnamen Gottfried. Den Namen „Katzen-Raphael“ legte ihm die berühmte Künstlerin Lebrun bei, die ihn die erste „le Raphael des chats“ nannte, welche Bezeichnung bald in deutscher Uebertragung populär wurde. Auch Kinder zeichnete er, und es sind mehrere Blätter seiner Hand mit Kindergruppen, spielenden Kindern, ganz in seiner Weise, untersetzte, vierschröttige, bausbackige Jungen vorstellend, bekannt; der Weigel’sche Kunstkatalog bewerthet zwei Aquarelle: „Bauernmädchen und Bauernjunge mit Milchkarren“ (4°.) mit 12 Thalern. Es erschienen von Mind eine Sammlung von Kinderspielen in 10 Blättern; – Katzengruppen nach Mind, lithographirt von C. Brodtmann in 6 Blättern; – Katzen, nach ihm radirt von Joh. F. Hegi, in vier Blättern; – zehn Blätter Katzengruppen (Leipzig, bei Gerh. Fleischer), mit der Kreide lithographirt, denselben ist eine biographische Notiz über Mind beigefügt, die ihn auch in Bern geboren sein läßt. Aber Mind zeichnete nicht bloß, er schnitzte an Winterabenden zum Zeitvertreibe beim Licht aus wilden Kastanien kleine niedliche Bären, Kätzchen und andere Thiere mit solcher Wahrheit und Kunst, daß sie reißenden Absatz fanden, und man sich ein Vergnügen machte, Kamine oder Konsole von Stubenuhren damit zu verzieren. Leider wurden diese trefflichen Schnitzereien bald von Gewürmen zernagt und so für immer vernichtet. M. starb im Alter von 46 Jahren. Seine Arbeiten stiegen nach seinem Tode hoch im Preise, und wanderten vorzugsweise nach England, wo sie in den Sammlungen der Großen viel häufiger anzutreffen sind, als in jenen des Continents.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. VI, S. 555. – Journal für Literatur, Kunst und geselliges Leben (Weimar, 4°.) 1827, Nr. 123: „Der Katzenmaler Mind“. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, (E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. IX, S. 302. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 103. – Raczyński, Geschichte der neueren deutschen Kunst, Bd. III, S. 578. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XXI, S. 797.