BLKÖ:Vávra, Johann

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vávra, Vincenz
Band: 50 (1884), ab Seite: 15. (Quelle)
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Vávra, Johann (čechischer Schriftsteller, geb. zu Lomnitz am Popiel 10. Mai 1792, gest. zu Prag 27. August 1866). Pseudonym Lomnitzký. Nachdem er die Pfarrschule seines Geburtsortes beendet hatte, kam er zu einem Weber in die Lehre. Aber geistig gut veranlagt, fühlte er in sich den Trieb nach Edlerem und bezog, bereits neunzehn Jahre alt, das Gymnasium in Gitschin, auf welchem zu jener Zeit in deutscher Sprache vorgetragen wurde. ''Vávra, der bis dahin nur čechisch gesprochen und nur in dieser Sprache Unterricht genossen hatte, besiegte mit seinem Fleiße bald alle Schwierigkeiten, welche ihm das noch ungekannte neue Idiom bot, und war einer der besten Schüler. Nach Beendigung des Gymnasiums hörte er die philosophischen Studien zu Prag, und nachdem er auch diese zurückgelegt hatte, trat er bei dem Kaurczimer Kreisgerichte zu Prag in den Staatsdienst; da sich ihm aber während der Jahre, die er daselbst verbrachte, keine Aussichten auf ein baldiges Vorrücken boten, ließ er sich zur Staatsbuchhaltung übersetzen. In diesem Amte wurde er nach einiger Zeit zum Official befördert und nach fünfjährigem Dienste als solcher in den Ruhestand versetzt. Gleich als er zur Fortsetzung seiner Studien nach Prag gekommen war, schloß er sich gleichgesinnten Collegen an, und in seiner Stellung bei der Staatsbuchhaltung befreundete er sich mit Franz Bohumil Tomsa [Bd. XLVI, S. 117], durch welchen er mit dem čechischen Verleger Joh. Hostivit Pospíšil bekannt wurde. Er heiratete nun des Letzteren Tochter Anna und kam bald mit dem čechischen Buchhandel und Verlagsgeschäfte seines Schwiegervaters in engere Berührung. Dieser nahm ihn als Genossen auf in seinem weitverzweigten [16] Verlagsgeschäfte und bestellte ihn als seinen Vertreter in Fällen seiner Abwesenheit. In diesen Verhältnissen verlebte Vávra zehn Jahre, und da die Verlagsgeschäfte Pospíšil’s zum großen Theile durch seine Hände gingen, ward er nicht nur mit den Verhältnissen der eben werdenden heimischen Literatur vertraut, sondern eignete sich auch immer gründlichere Kenntnisse in der čechischen Sprache und Literatur an, und zwar in solchem Grade, daß er nach dem Tode des Professors Johann Nejedlí [Bd. XX, S. 165] sich um die erledigte Lehrkanzel der čechischen Sprache an der Prager Hochschule bewerben konnte. So wurde ihm denn auch im December 1836 die Supplentur derselben übertragen, welche er bis zur Ernennung des Nachfolgers J. P. Koubek [Bd. XIII, S. 54] versah. Später ward er zum Lehrer der čechischen Sprache im ständischen – seitdem aufgehobenen – Convicte, dann im polytechnischen Institute und an der deutschen Realschule in Prag ernannt. Die Muße, welche ihm seine vielseitige Beschäftigung übrig ließ, benützte er zu literarischen Arbeiten und entwickelte durch Uebersetzungen der besten deutschen Jugendschriftsteller, wie Christoph Schmid und Philipp Körber, eine sehr verdienstliche Thätigkeit. Von Ersterem übersetzte er „Das Weihnachtsgeschenk“ („Dárek velikonočni“); – „Der wunderthätige Zigeuner“ („Divotvorný cikán“); – „Eustachius, eine Begebenheit aus der christlichen Vorzeit“ („Eustachius. Příběh z dávnověkosti křesťanské“); – „Ferdinand oder Erlebnisse eines jungen spanischen Grafen“ („Ferdinand aneb příběhy mladého hraběte“); – „Genovefa“ („Jenovefa“); – „Klärchen oder wie bewahrt man die Unschuld“ („Klárka aneb: Jak nevinnost zachovati“); – „Die Ostereier“ („Kraslice čili: Pomláková vajička“); – „Die beste Erbschaft“ („Nejlepší dědictví“); – „Der Rosenstrauch. Angelika“ („Růžový keř. Angelika“); – „Der Christabend“ („Štědrý večer“); – „Titus und seine Familie. Der diamantene Ring. Anselmo“ („Titus a rodina jeho. Démantový prsten. Anselmo“); – „Der Krug im Wasser. Die Capelle in der Wildniß. Die Melone“ („Žbán na vodu. Kaple u Vlkovsi. Meloun“); – von Philipp Körber: „Reise nach dem Goldlande Californien“ („Еl Dorado. Vyobrazení cesty konané do zlatonosných dolů v Kalifornii roku 1848“); – „Des Feodor Golovin Verbannung nach Sibirien“ („Feodora Golovina vypovězení do Sibirie“); – „Das Jägerhaus auf dem St. Morizberge“ („Myslivna na hoře sv. Maurice aneb: Trest bezbožníka nemine“); – „Der junge Matrose“ („Mladý plovec“). Außerdem übersetzte er Einzelnes, Theaterstücke und Erzählungen, aus dem Französischen und aus dem Deutschen, so von Bayard: „Vicomte von Letorière“; – von Benedix: „Die Gefangenen“ („Vežně“); – von der Birch-Pfeiffer: „Die Waise von Lowood“ („Sirotka Lowoodského“); – von Blum: „Der Ball zu Ellerbrunn“ („Bál v Miloticích“); – von Castelli: „Peter und Paul“; – von Kotzebue: „Das Epigramm“; – von der George Sand: „Der Teufelssumpf“ („Dáblvou bařínu– von der Weißenthurn: „Das Gut Sternberg“; – von Zschokke: „Kleine Ursachen“ („Malé příčiny“); – „Der zerbrochene Krug“ („Roztlučený džbán“). Alle oben aufgezählten Schriften sind im Verlage seines Schwiegervaters Pospíšil erschienen. Vávra starb während [7] des Einfalles der Preußen in Böhmen im Jahre 1866, im Alter von 74 Jahren, an der Cholera. – Des Vorigen Sohn, gleichfalls Johann mit Vornamen (geb. zu Prag am 19. October 1843), lebte mehrere Jahre als Assecuranzbeamter in Ungarn, trat aber 1865 zu dem in Königgrätz neu gegründeten Credit-Vorschuß-Vereine (Záložní úvěrní ústav) über, bei welchem er 1874 noch in Diensten stand. 1871 gründete er das Wochenblatt: „Hradečan“, d. i. Der Königsberger, welches er im ersten Jahrgange allein redigirte und in welchem er mehrere historische Erzählungen drucken ließ. Andere Arbeiten veröffentlichte er in verschiedenen Jahrgängen des im Verlage von Pospíšil erschienenen „National-Kalenders“ („Národní Kalendář“), selbständig aber gab er heraus: „Opatovický klàster neb: Pomsta vypovězence. Původní povídka“, d. i. Das Kloster von Opatov oder die Rache des Verbannten. Original-Erzählung (Königgrätz 1863, Pospíšil).

Šembera (Alois Vojtěch). Dějiny řeči a literatury česko-slovanské. Věk novější, d. i. Geschichte der čechoslavischen Sprache ‘und Literatur. Neuere Zeit (Wen 1868, gr. 8°.) S. 302.