BLKÖ:Weinberger, Michael

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Weinberger, Rudolf
Band: 54 (1886), ab Seite: 18. (Quelle)
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Weinberger, Michael (Taubstummenlehrer, geb. in Wien 11. April 1772, gest. daselbst am 13. Juni 1809). Der Sohn eines Sattlermeisters in Wien, besuchte er daselbst zunächst die bekannte Zoller’sche Hauptschule auf dem Neubau, an welcher er zu den fleißigsten Schülern zählte. Später setzte er seinen Unterricht in der Normalschule bei Sanct Anna fort. Um diese Zeit trat Gottfried Freiherr van Swieten [Bd. XLI, S. 50], der Sohn des großen Gerhard van Swieten, als Präsident an die Spitze des österreichischen Studienwesens und bestrebte sich, dasselbe dem Geiste der Zeit möglichst anzupassen, weshalb denn auch entsprechende Kräfte aufgesucht, die Lage der vorhandenen verbessert, kurz in das Schulwesen ein wohlthätiger Umschwung gebracht wurde, der manchen jungen Mann veranlaßte, sich dem Lehrfache zuzuwenden. Auch Weinberger, [19] der von früher Jugend Neigung für den Schulstand trug, beschloß, sich demselben zu widmen, betrieb mit besonderem Eifer das Schönschreiben und Zeichnen, zu welchen Lehrgegenständen er überhaupt sehr veranlagt war und in denen er solche Proben seines Talentes gab, daß er auch auf diesem Wege sich emporgearbeitet haben würde, wenn er nicht für den Beruf des Lehramtes sich entschieden hätte. Gelegenheit zur Ausbildung dafür war ihm aber an der trefflichen Schule bei St. Anna in Wien reichlich geboten. Da van Swieten, die Wichtigkeit des Schulamtes erkennend, die Verfügung getroffen hatte, daß jeder Lehrer der deutschen Schulen seinen Dienst bei der untersten Stelle, nämlich der eines Gehilfen (Unterlehrers) in einer Trivialschule anfangen und von da nach seinen Fähigkeiten und seiner Verwendbarkeit, aber immer nur allmälig vorrücken solle, so trat Weinberger auch vorerst als Gehilfe in einer Vorstadtschule ein und verrichtete mit geringem Gehalte einen nicht unbeschwerlichen Dienst, welcher aber für ihn eine gute Schulung war und ihn vornehmlich für die spätere Stellung, zu welcher er berufen wurde, tüchtig vorbereitete. Als er nach einiger Zeit in Erfahrung brachte, daß im Wiener Taubstummeninstitute ein Lehramt erledigt sei, bewarb er sich um dasselbe und fand bei dem damaligen Director dieser Anstalt, dem späteren Capitular-Domherrn von St. Stephan, Friedrich Stork (nach Anderen heißt er Stark), Unterstützung in seiner Bewerbung, so daß er 1791 zum Schreib- und Zeichenlehrer im Institute ernannt wurde. Als Zeichenlehrer und bei dem Umstande, daß er sich stets zur Kunst hingezogen fühlte, suchte er auch den Umgang mit Künstlern auf, so unter andern mit den Kupferstechern Friedrich John [Bd. X, S. 235], Junker und mit dem Weimarer Professor und Maler Jagemann. Als dann 1793 Veränderungen im Institute eintraten, wurde er unter Director Johann May [Bd. XVII, S. 170] zum zweiten Lehrer in demselben befördert. Indessen arbeitete er an seiner Selbstbildung weiter, verlegte sich vornehmlich auf Erlernung mehrerer Sprachen, deren Kenntniß ihm beim Unterrichte der Taubstummen nicht geringen Nutzen gewährte, und hörte philosophische Vorträge an der Wiener Hochschule. Die Ergebnisse seines Unterrichtes und die mit seinen Zöglingen gewonnenen Erfahrungen veröffentlichte er in den folgenden zwei Schriften: „Der taubstumme und dessen Brauchbarmachung zu bürgerlichen Handwerken und anderen Gewerben“ (Wien 1805, 4°.) und „Versuch über eine allgemein anwendbare Mimik in Bezug aut die methodischen Geberdezeichen der Taubstummen“ (Wien 1806, 4°.). Bald wurde Weinberger’s Tüchtigkeit in den betreffenden Kreisen erkannt und er infolge dessen zum Lehrer des Kronprinzen Erzherzog Ferdinand berufen. Aber bei dem Eifer, mit welchem er sich seinem ebenso schönen als anstrengenden Berufe hingab, schädigte er dermaßen seine Gesundheit, daß er sich ein Brustleiden zuzog, welches ihn im vollen Mannesalter von 37 Jahren dahinraffte. Sein Ruf als Taubstummenlehrer war bis ins ferne Ausland gedrungen, und widerfuhr ihm die nicht geringe Ehre, daß im Prüfungssaale des Taubstummeninstitutes zu Kopenhagen seine Büste aufgestellt wurde.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann, Bd. VI, S. 55. – Oesterreichisches Archiv. Herausgegeben von Riedler (Wien, 4°.) 1831, S. 360, im Aufsatze über das Taubstummen-Institut. – Annalen [20] der Literatur und Kunst des In- und Auslandes (Wien, Anton Doll, 8°.) Jahrg. 1810, Bd. I, S. 335.