BLKÖ:Zierotin, Ladislaus Welen

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Zierotin, Kunka
Band: 60 (1891), ab Seite: 91. (Quelle)
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42. Ladislaus Welen (geb. 1579). Todesjahr unbekannt). Ein Sohn Johanns IV. von Zierotin auf Lundenburg und Kunigundens geborenen von Boskowitz, zählte er zu den reichsten und angesehensten Magnaten des Landes Mähren. Ohnehin schon reich durch eigenen Besitz, erbte er nach dem Tode seines Oheims Johann Šembera von Boskowitz, des Letzten seines Geschlechtes, [92] die großen Herrschaften Trübau, Hohenstadt und Eisenberg. In Trübau hielt er wie ein Fürst einen glänzenden Hofstaat und versammelte um sich eine Menge Gelehrte, Künstler, so z. B. die Theologen und Dichter: Beruntius (aus Meißen), Spaldholz, Manigius, Pistorius; die Alchymiker und Chemiker: Phönix, Rab, Klinger und Marco Eugenio Bonacina (aus Mailand); die Aerzte: Rencius, Brechart, Denart, Schwabacher; die Bildhauer: Koler (aus Meißen), Fauler, Gatschke (aus Eibenschitz), Pari; den Kupferstecher Kaspar Schum; die Architecten: Hans und Andreas Balzer (aus Neisse), Jacobus, Firne, Motal de Bona (alle drei Italiener); die Tonkünstler: Müller, Koch, Borner (die letzteren zwei aus Meißen); die Goldschmiede: Knorr, Deutschländer, Bisnowsky. Unter solchen ästhetischen Genüssen wendete er den politischen und religiösen Wirren im Lande anfänglich nicht eben große Aufmerksamkeit zu, aber als Graf Thurn mit einer Macht von 16.000 Mann aus Böhmen in Mähren einbrach und sich in Znaim festsetzte, da that auch Ladislaus Welen mit. Brünn, welches bis dahin kaiserliche Truppen dem Kaiser erhalten hatten, fiel durch Meuterei in die Hände der Rebellen. Oberstlieutenant Stubenvoll spielte die Stadt in die Hände der meuternden Stände. Daselbst traten dieselben im Kaunitz’schen Hause zur Berathung zusammen. Diese hatte etwa eine Stunde gedauert, als ein Fenster des Rathsaales, der gegen den großen Platz hinauslag, plötzlich aufgerissen wurde und Ladislaus Welen, mit mächtiger Stimme der unten ungestüm harrenden Volksmenge zurief: „Wollt Ihr zu den evangelischen Ständen halten?“ Ein einstimmiges Freudengeschrei war die Antwort. Dann, indem man vorher noch die Thore schloß und Plätze und Straßen mit deutschen Reitern besetzte, ging es auf den Krautmarkt, und Stände und Bürger schwuren mit zum Himmel erhobenen Händen gegenseitige Treue und Hilfe. So war denn auch Mähren vom Kaiser abgefallen. Die Umgestaltung des Landes unter den Händen der Rebellen ging rasch vor sich. Die Katholiken verloren ihre Aemter und Würden, die Kirchen wurden den Evangelischen überantwortet, die Jesuiten vertrieben, die geistlichen Güter, wie es die Deutschen gethan, eingezogen und zum Theil verkauft. Ein Vertheidigungscorps ward sofort aufgestellt, und zwar 2000 Reiter und 3000 Mann Fußvolk unter Friedrich von Teuffenbach’s und Ladislaw Welen von Zierotin’s Befehl, und in den nun folgenden Kämpfen mit den Truppen Dampierre’s focht Letzterer siegreich. Als dann der bisherige Landeshauptmann von Mähren Ladisl. Popel von Lobkowitz abgesetzt worden, wählten die Stände Ladislaw Welen zum Landeshauptmann. „Was er als solcher“, schreibt d’Elvert, „in wilder Hitze, Hohn, Uebermuth und schonungsloser Härte mit seinen rohen Trinkgesellen gethan, hat die Geschichte mit dem Griffel der Unvergänglichkeit aufgezeichnet“. Am 5. Februar 1620 wurde der Winterkönig zur feierlichen Huldigung von den mährischen Ständen zum Einzuge in Brünn eingeholt, und Ladislaus Welen führte das Pferd desselben am Zügel. Aber nicht lange dauerte die Glorie. So lange der alte Hochverräther Thurn mit einigen Tausend Magyaren in Brünn hauste, ging Alles gut. Als aber Thurn aus der mährischen Hauptstadt nach Ungarn eilte, da folgte der Umschlag. Die Rebellen flüchteten Einer nach dem Andern und auch Ladislaus Welen. Diese Flucht rettete ihn vor dem Blutgericht. Unstät irrte er umher in Venedig, beim Pascha von Ofen, am Hofe Bethlen Gábor’s. Letzterer nahm gebildete Ausländer und verfolgte Glaubensgenossen immer gern auf, so fand denn auch Ladislaus Welen bei ihm eine Zuflucht. Dieser, zum Oberstallmeister Bethlen’s ernannt, knüpfte ein Liebesverhältniß mit dessen Gemalin Katharina, einer Schwester Wilhelm Georgs Kurfürsten von Brandenburg, an. Als Bethlen davon Kenntniß erhielt, machte er doch, wie nahe ihm auch die Sache ging, davon weiter keinen Gebrauch, als daß er seinen Oberstallmeister unter einem geeigneten Vorwande vom Hofe und aus dem Lande entfernte. Derselbe zog nun zu einem Bekannten im Ugócser Comitate, einem Herrn von Prinyi. Aber das Verhältniß dauerte fort, bis Stephan Bethlen, ein Bruder Gábors, Ladislaus Welen aus der Nachbarschaft verdrängen konnte. Uebrigens hatte die Fürstin an Csáky einen neuen Liebhaber und Ersatz für Ladislaus Welen gefunden. Als dann Gericht über die Rebellen gehalten wurde, verlor Zierotin alle seine Herrschaften: Trübau, Hohenstadt und Eisenerz schenkte der Kaiser dem [93] Fürsten Karl von Liechtenstein, Lundenburg wurde gegen eine Schuldforderung von 190.000 fl. der Gräfin Esther von Meggau überlassen. Die Häuser in Brünn und Olmütz fielen der Kammer anheim. Wo Ladislaus Welen in letzter Zeit gelebt und gestorben, ist nicht bekannt geworden. Er war zweimal verheiratet, zuerst mit Bohunka Kunowicz, dann mit Elisabeth von Thurn, welche 1624 starb. –