Beschreibung des Oberamts Aalen/Kapitel B 1

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B.


Ortsbeschreibung,


in alphabetischer Reihe der den Oberamtsbezirk bildenden 19 politischen Gemeinden oder Schultheißereien, jedoch unter Vorausstellung der Oberamtsstadt.[1]

Die am Schluß beigefügten Tabellen gewähren übersichtliche Zusammenstellungen I. der Bevölkerung, der Gebäude und des Viehstandes, II. des Flächenmaßes nach den verschiedenen Bestandteilen, und III. des Steuerkatasters, des Gemeinde- und Stiftungs-Haushaltes.

Die Oberamtskarte zeigt die geographische Lage der Orte, auch ist der Ortsbeschreibung noch ein Anhang über die Etymologie der Ortsnamen beigefügt.


Aalen.[2]


Gemeinde II. Kl. mit 3574 Einwohnern, a. Aalen, Stadt, 3512 Einw., worunter 65 Kath. b. Aalwirthshaus, 9 Einw. c. der Drahtzug auf der Erlau, 28 Einw. d. Dreherei, Hs. 4 Einw. e. Erzhäusle, Hs. 16 Einw. f. Lauchhof, H. 5 Einw., wor. 2 Kath. – Evang. Pfarrei; die Kathol. in a. u. f. sind nach Unterkochen eingepfarrt.

In der südöstlichen Ecke des Oberamtsbezirks, ziemlich nahe am Neresheimer Bezirk, zunächst jedoch umschlossen – östlich von den | Bezirken Hofen und Unterkochen, südlich von Unter- und Oberkochen und Essingen, westlich von Essingen und Unter-Rombach, nördlich von Wasseralfingen – liegt die Markung der Stadt, welche unter 27° 45′ 27,0″ Länge und 48° 50′ 16,35″ n. Breite, 20 geogr. Stunden von Stuttgart – im Kocherthale erbaut ist, am Fuße der Alp und zwar da, wo kaum erst der Kocher das Gebirg verlassen hat, welches als Albuch gegen Westen, als Hertsfeld zunächst gegen Norden sich ausdehnt. Die beträchtliche Markung zeigt deßwegen auch – mit zwei Exclaven, welche jedoch nur in Wäldern bestehen, – die verschiedenen Juraformationen, indem die Höhe des Albuchs und seines letzten Ausläufers, des sogenannten Langerts, so wie der höhere Abhang des Hertsfeldes (an welchem auch ein Stadtwald liegt) dem weißen Jura angehören, während an den untern Berghängen der braune Jura zu Tag tritt, in welchem gerade hier der Thoneisensandstein in reichhaltigen, bauwürdigen Flözen sich entwickelt hat. Den Fuß des Gebirgs bedeckt der obere Lias, welcher von der Erlau an auch die Sohle des Kocherthals bildet und über den zu Aalen gehörigen Theil des Wellands, den Rohrwang, sich erstreckt.

Die Markung durchziehen Kocher, Aal und mehrere kleine Bäche s. oben II. 2.

Soweit Grund und Boden cultivirt sind, besitzt die Stadtmarkung vorherrschend einen guten, schweren Dinkelboden; nur der kleinere Theil ist sandig und leicht. Daneben finden sich am Langert Brüche von Kalksteinen für die Straße, wie für den Brennofen; etwas tiefer ganz brauchbare Sandsteinquader und unweit der Stadt eine Leimgrube für die Ziegler, theilweise auch für die Häfner u. dgl. m.; auf dem Galgenberge besitzt die Stadt eine ansehnliche Sandgrube.

Der Ort selbst liegt frei und eben, etwa 1/2 Stunde vom Hauptabfalle des Albuchs und Hertsfeldes, ziemlich geschützt und ebendeßwegen auch mit einem vergleichungsweise milden Clima, circa 1330 par. Fuß über dem Meere. Nur der durchs Kocherthal sehr häufig herabströmende kühle Luftzug berührt nicht selten einen Theil der Stadt ziemlich unfreundlich, während ihr zum Besten die Gebirgszüge gewöhnlich die Nebel anziehen und festhalten.

Durch die Stadt läuft nur ein kleiner Kanal des Kochers, durch die Vorstädte aber fließen sowohl der Kocher als dessen Mühlarm und der Tauf- und Hirschbach, was Alles der Reinlichkeit sehr förderlich ist und gegen Feuersgefahr viele Hülfsmittel bietet. Als Feuersee und als Wette dient zugleich ein Weiher im Südosten der Stadt. Auch mit hinreichendem und gutem Trinkwasser ist die Stadt versehen. | Die öffentlichen Brunnen sind mit zwei Ausnahmen laufende; viele sind in Privathäusern. Das beste Wasser jedoch liefert ein Brünnchen oben an der Galgensteige.

Die Grundform der Altstadt ist ein rechtwinkliches Parallelogramm mit einer etwas schräg verschobenen schmalen Seite (gegen Norden). Ums Jahr 1670 betrug der Umfang der Ringmauer 1518 Schritte und man zählte zwei Hauptthore nebst fünf Thörlein. Um die Ringmauer lief ein doppelter Graben, von welchen der äußere gegenwärtig bloß an wenig Spuren noch erkennbar und auch der innere großentheils aufgefüllt und mehrfach überbaut ist, ersteres streckenweise schon vor Anfang dieses Jahrhunderts. Denn seit den 1770r Jahren hat sich die Stadt allmählig über ihre Ringmauern ausgedehnt und ihren Umfang vergrößert. Nach einer Beschreibung von 1790 hatte die Stadt 230 Gebäude, und jetzt zählt man, die Parcellen dazugenommen, 537 Haupt-, 103 Neben-Gebäude.

Schon im 14. Jahrhundert wird wiederholt eine Vorstadt erwähnt, auch scheint in der Nähe ein zu Aalen gehöriger Weiler oder Dorf gelegen zu haben (Urk. von 1300 und 1386); beide Ansiedlungen sind aber ohne Zweifel während der Städtekriege untergegangen und von dem Weiler dürfte der Feldbezirk „Ödenweiler“ gegen den Grauleshof zu noch jetzt Zeugniß ablegen.

Nach dem dreißigjährigen Kriege waren außerhalb der Mauern nur das Armenhaus, das Gasthaus zum Adler, die Mühlen, Schafhäuser und eine Ziegelhütte. Jetzt hat sich ringsum eine Reihe von Vorstädten angelegt, hauptsächlich I. die Neuenthorvorstadt – II. die Altethorstadt, welche in die Ellwanger und Heidenheimer Vorstadt zerfällt, III. die Grabenvorstadt, welche die beiden eben genannten längs des südlichen Stadtgrabens verbindet, während im Nordwesten durch gänzlichen Abbruch der Mauer die neuen Häuser mit der alten Stadt verschmolzen sind. Durch freie Zwischenräume von der Masse der Stadt und Vorstädte getrennt sind 1) die Wehrgassenvorstadt seitwärts von der Stuttgarter Chaussee, fast ganz von kleinen Häuschen gebildet; 2) die Wasseralfinger Vorstadt und 3) eine Anzahl zerstreuter Schafhäuser und Kellerhäuser, nebst einzelnen Wohngebäuden, letztere zum Theil an dem letzten Hügelvorsprung des Hertsfeldes, welcher die Stadt gegen Osten umsäumt, längs der Galgensteige sich erhebend, zum Theil auf dem letzten Vorhügel des Albuchs im Süden der Stadt. Westlich eine Viertelstunde von der Stadt erstreckt sich von Süd nach Nord der letzte sanfte Hügelrücken des Wellands mit schönem Laubwald bedeckt, der Rohrwang, – zunächst der Stadt aber das sogenannte Bohl, mit freundlichen Baumgärten. Bis in unser | Jahrhundert herein ist die Stadtmauer sorgfältig erhalten worden und es waren außer den zwei festen Hauptthoren und dem Storchenthorthurm noch drei Mauerthürme übrig, ja auch der Umgang hinter der Brustwehr noch vollständig erhalten. Dieß hat sich jetzt vollständig geändert. 1813 und 15 wurden die Thorgebäude abgebrochen, 1836 auch die Thore ganz abgeschafft, die Häuser überall bis zur Mauer erweitert und Fenster oder Thüren nach Bedürfniß durchgebrochen, ja streckenweise die ganze Mauer abgetragen und so besonders von der Markt-, Schul- und Beingasse durch breite Öffnungen die Verbindung mit den Vorstädten hergestellt.

Im Allgemeinen sind die Straßen der alten Stadt schmal und winkelich, und der Stadtbach, welcher durch eine Anzahl derselben hinfließt, machte sie kothig, eine Menge von Dungstätten beengte noch den Raum, die Häuser aber hatten früherhin fast ausnahmslos ein höchst unansehnliches Äußere, mit ihrem unverputzten Fachwerk, vielfach roth angestrichenen Balken, zum Theil finsteren Wetterwänden u. dgl. Dieß hat sich vielfach geändert; der Stadtbach ist jetzt gefaßt und es sind die Straßen dadurch breiter und reinlicher geworden, die Dungstätten wurden früher schon zum großen Theil vor die Stadt hinaus verlegt und für die übrigen ist nun ein Platz bestimmt, zu dessen Herstellung das Bette des Kochers eine Strecke weit regulirt wurde. Die Häuser aber, zumal in der sogenannten obern – südlichen Hälfte der Stadt ziehen, am vollständigsten längs der Hauptstraße und am Markte, mehr und mehr ein freundliches Gewand an, durch Verputz und Farbe; besonders in den Vorstädten werden die Häuser im neueren städtischen Geschmacke angelegt, während in der alten Stadt fast überall noch sich zeigt, daß dieselben zugleich für den Betrieb der Landwirthschaft bestimmt waren; vergl. IV, 2.

Ein Marktplatz fehlte früher ganz, neuerdings erhält die breite ehemalige Wettgasse diesen Namen und würde auch, zumal wenn der bereits gefaßte Stadtbach ganz bedeckt würde, einen ansehnlichen freien Raum darstellen, mit dem Hauptbronnen der Stadt, nördlich durch das Rathhaus abgeschlossen.

Dem größeren Verkehr dient noch immer einzig die, das alte und neue Thor verbindende Hauptstraße, welche von Stuttgart durchs Remsthal heraufkommend vor dem alten Thore sich spaltet und südlich nach Heidenheim, Ulm, nördlich aber nach Wasseralfingen, Ellwangen und Nördlingen führt.

Die ansehnlichsten Gebäude der Stadt sind folgende: Gleich vor dem alten Thore wurde 1807 die Oberamtei erbaut mit der Front gegen Norden. Das Oberamtsgericht, mit der schmalen Seite an | der Heidenheimer Straße, die Langseite gegen Süden, ist erst 1845/46 massiv von Sandsteinquadern erbaut worden, im Hinterhof mit einem Garten und Gefängnisse, wie auch in der Nähe der Oberamtei ein eigenes Gefängniß erst 1839 hergestellt worden ist. Das Dekanat wurde 1812 neu erbaut am Graben und zum Diakonat 1846 ein Privathaus in der Nähe der Kirche angekauft und hergerichtet. Diese Gebäude gehören dem Staate, ausgenommen das Oberamtsgefängniß, welches der Oberamtskorporation zugehört. Die Stadtgemeinde besitzt ein 1836 durchaus renovirtes Rathhaus, mit einem Thürmchen, Glocke und der einzigen öffentlichen Uhr, indem auf dem Kirchthurme blos mit der Hand nachgeschlagen wird; im Erdgeschosse befindet sich nebst der Wachtstube das sogenannte Brodhaus, das öffentliche gemeinschaftliche Verkaufsinstitut für Bäckerwaaren. Die ehemalige Stadtschreiberei dient jetzt als Wohnung für den Präzeptor und enthält unten das städtische Wag- und Lagerhaus. Der ehemalige Zehntstadel dient als Lokal der aufblühenden Fruchtschranne und gewährt Raum zur Aufbewahrung der Feuerspritzen.

Aalen, früher eine freie Reichsstadt, ist seit 1802 württembergisch geworden und bildet seitdem den Sitz eines Oberamtes, erst zur Landvogtei am Kocher, jetzt zum Jaxtkreise gehörig. Oberamt und Oberamtsgericht haben in der Stadt ihren Sitz; ferner der Gerichtsnotar und ein Revierförster – endlich ein Postamt, so wie auch der Oberamtsgeometer; der Sitz des Kameralamts ist in Unterkochen. Neben dem Oberamtsarzt befinden sich in Aalen zwei praktische Ärzte, von welchen einer zugleich Oberamtswundarzt ist und zwei Apotheken.

Vom Stamme der Einwohner, vom Dialecte – denn gerade bei den Städtern hört man die starken Kehllaute – auch von der körperlichen Beschaffenheit ist im Allgemeinen schon bei III., 2. des ersten Theils die Rede gewesen.

Was die Zahl der Einwohner betrifft, so zählte man 1653 außer dem Rath (10) – 88 Bürger und 18 Wittfrauen; 1672 – 167 Bürger und 22 Wittfrauen; 1767 – 332 Bürger und 70 Wittfrauen; 1802 waren es 460 Familien mit etwa 2000 Seelen. Später lebten

Gesammtzahl und zwar männlich weiblich Ehen
unter 14 J. über unter 14 J. über
1813 2289 348 728 386 827 440
1822 2501 396 822 371 939 419
1851 3589 1781 1808

wovon in der Stadt selber 1742 und 1771, der Rest in den Parcellen.

Am 3. Dec. 1850 besaß die Gesammtgemeinde 3574 Ortsangehörige, und zwar 1785 männliche, 1789 weibliche, wovon, mit | Vorbehalt des Staatsbürgerrechts 28 männliche, 21 weibliche, zusammen 49 im Auslande wohnten. Bei der Volkszählung d. J. 1846 fanden sich hier 3299 Ortsangehörige (1618 männliche, 1681 weibliche), wovon 3221 der evangelischen, 78 der katholischen Confession angehörten.

Im Jahr 1832 1. Nov. zählte man 2765 Angehörige (1328 männliche, 1437 weibliche); davon waren ortsabwesend 173; dagegen hielten sich Fremde hier auf 303; es belief sich also die ortsanwesende Bevölkerung damals auf 2895 Köpfe. Im Jahr 1846 betrug dieselbe 3578[3].

Unter den Ortsangehörigen befanden sich

1832. Nov. 1. 1846. Dec. 3.
Verehelichte 868 1150
Wittwer 78 57
Wittwen 124 152
Geschiedene 5
Unverehelichte 1695 1935
2765 3299

Familien zählte man im Jahre 1846 728. Ehepaare 575; es kommen hienach auf 1 Familie 4,53, auf 1 Ehepaar 5,78 Angehörige. Nach Altersklassen finden wir die angehörige Bevölkerung auf folgende Weise vertheilt:

1832. Nov. 1. 1846. Dec. 3.
männl. weibl. männl. weibl.
unter 6 Jahren 179 174 296 279
von vollendetem 6 bis 14 Jahr 256 250 255 272
von vollendetem 14 bis 20 Jahr 135 145 175 168
von vollendetem 20 bis 25 Jahr 118 133 126 124
von vollendetem 25 bis 40 Jahr 279 306 374 383
von vollendetem 40 bis 60 Jahr 252 300 277 312
von vollendetem 60 bis 70 Jahr 65 80 76 105
von vollendetem 70 bis 80 Jahr 40 42 34 30
von vollendetem 80 bis 90 Jahr 4 7 5 8
von vollendetem 90 bis 100 Jahr
über 100 Jahren
1328 1437 1618 1681
2765 3299
In dem zehnjährigen Zeitraum 1837/47 betragen hier die Geburten | im Durchschnitt jährlich 165,7 und zwar 85,8 männliche, 79,9 weibliche. Darunter waren unehelich 16,3 (8,6 männlich, 7,7 weiblich). Es kommen hienach auf je 1000 Angehörige 51,68 Geburten (1 auf 19,3) und auf 100 Geburten 9,83 uneheliche (1 auf 10,16).

In demselben Zeitraum starben im Durchschnitt jährlich 130,6 und zwar 64,2 männliche, 66,4 weibliche Angehörige. Es kommen hienach auf 1000 Einwohner jährlich 40,7 Sterbfälle (1 Sterbfall auf 24,5), und zwar auf 1000 männliche Einwohner 41,9, auf 1000 weibliche Einwohner 39,6 Gestorbene. Auf 1000 Gestorbene treffen 1268,7 Geborene, und der natürliche Zuwachs zur Bevölkerung betrug in dem gedachten Zeitraum 351 (216 männliche, 135 weibliche), die wirkliche Zunahme aber 671 (354 männliche, 317 weibliche), worunter sich 320 Personen, als Überschuß von Eingezogenen über die Hinausgezogenen, befinden.

Über den Gesundheitszustand der Stadt war schon im Allgemeinen die Rede. Ihre Verhältnisse haben nichts von denen des Bezirks überhaupt Unterscheidendes. Die Lage im Ganzen ist gesund und Leute hohen Alters sind ziemlich häufig. Eigenthümliche Krankheitserscheinungen kommen in der Hauptsache nicht vor. Am häufigsten etwa treten gastrische und rheumatische Fieber auf, im Zusammenhange wohl mit dem im Kocherthal herrschenden Luftzuge und mit der gewöhnlichen Nahrungsweise, mit welcher auch das häufige Vorkommen von Bandwurm und Magenverhärtungen zusammenhängen mag. Näheres enthält wiederum A., III, 2. von der Vorliebe für Mehlspeisen (worunter die eigenthümlichen Großknöpfe) und Kaffee, für Braunbier u. dgl. m.; zur Kirchweihzeit für – Gansviertel. Ebenso war von den Belustigungen der Einwohner, zumal in der Kirchweihzeit, zur Fastnacht u. a. m., auch von der einen oder andern eigenthümlichen Sitte schon die Rede (z. B. von den Gaben der Begrabenen am Palmsonntag, von der Unsitte des Anklopfens u. s. w.). Besonders beliebt ist in der bessern Jahreszeit das Kegeln, auch zählt die Stadt sehr viele Freunde des Schießens und Jagens.

Ausgezeichnete Männer Aalens sind folgende: Johann Gottfried Pahl, geb. den 12. Juni 1768, Pfarrer zu Neubronn, Affalterbach und Viechberg, Decan zu Gaildorf und Generalsuperentendent zu Hall † 1839), ausgezeichnet sowohl durch seine Amtstüchtigkeit nach den verschiedensten Richtungen als durch seine literarische Thätigkeit, hauptsächlich als Publicist und Historiker. Man vergleiche seine „Denkwürdigkeiten aus meinem Leben.“ Johann Philipp Christian Heuchelin, geb. den 3. Januar 1767, Sohn des Stadtschreibers W. F. Heuchelin daselbst. Er hatte in der Karlsacademie das jus studirt und als | württembergischer Kanzleiadvocat seine Laufbahn zu Heidenheim begonnen, welche ihn schnell zu höhern Staatsämtern führte. Als Staatsrath, Director des Kreisgerichtshofes zu Ellwangen überraschte ihn ein frühzeitiger Tod den 14. Januar 1819, da er eben zum Präsidenten der Regierung in Ludwigsburg war ernannt worden. Neben diesen Männern darf auch des Dichters Schubart gedacht werden, welcher in Aalen, obgleich nicht da geboren, doch seine Jugendzeit verlebt und seine erste Bildung erhalten hat, auch sich immer vorzugsweise als Angehörigen dieser Stadt betrachtete.

Was den Nahrungsstand betrifft, so beruht derselbe immer noch hauptsächlich auf Ackerbau und Viehzucht, unterstützt durch eine ansehnliche Markung mit einem großentheils fruchtbaren Boden. Denn obgleich es auch Strecken gibt mit einem sandigen Grund und Boden (auf dem Galgenberg z. B.), so findet sich doch weit mehr guter, schwerer Dinkelboden, welcher circa 70 bis 80 Simri Dinkel, 25 bis 30 Simri Roggen jährlich per Morgen liefert. Dazu kommen die zahlreichen Wiesen, 1164 Morgen, welche zweimädig und fast ohne Ausnahme sehr gut sind, längs Kocher und Aal besonders, mit einem Ertrag von 36 bis 50 Centner per Morgen.

Je nach der Lage steigen die Preise, bei Äckern von circa 30 bis 50 fl. – 200 bis 400 fl., bei Wiesen von 100 bis 300 fl.

Der Ackerbau wird in drei Zelgen betrieben (1250 Morgen), viele Güter (157 Morgen) jedoch auch willkürlich. Die Brache wird zum großen Theile eingebaut, meistens mit Klee und gemischtem Futter von Wicken und Haber. Stark nimmt der Repsbau zu, wogegen der Anbau von Flachs und Hanf fast aufgehört hat. Erdbirnen werden seit circa 100 Jahren gebaut; hauptsächlich in den Theuerungsjahren 1770 ff., fing man an öde Gemeindeplätze umzubrechen und neben Küchengemüß besonders Erdbirnen zu bauen. Eine weitere Allmandvertheilung von 119 Morgen in 451 Theilen – mit einem Zins von 36–24–12 kr. belegt – fand im Jahre 1812 statt. Noch sind 595 Morgen Weiden und Öden übrig.

Die Urbarmachung in den 1770r Jahren erzeugte einen Proceß mit Ellwangen, welcher bis vor den Reichshofrath kam. Die Propstei sprach nämlich den Neubruchzehnten an, 1777, besonders auf dem Burgstaller Neugereut, und ließ denselben – als Aalen widersprach, nächtlicher Weile mit Gewalt factisch erheben. Im Übrigen gehörte der große und kleine Zehnten seit den ältesten bekannten Zeiten zur Kochenburg und – mit dieser – Ellwangen, auch ein Heuzehnte von 991 Morgen. Der kleine Zehnte wurde später dem Stadtpfarrer zum Genuß überlassen und zu 1/3 wußte der Kaplan zu St. Johannes | Ansprüche darauf geltend zu machen. In letzter Zeit wurde ebendeßwegen dieser Zehnte zum Theil von der Stadtpfarrei, welcher Klee- und Obstzehnte allein gehörte, zum Theil vom Kameralamt bezogen, welch letzteres auch den großen Zehnten empfing, den früher in Aalen selbst bestandenen ellwangen’schen Fruchtkasten aber (jetzt Schranne) schon 1825 aufhob. Der Heuzehnte in ältern Zeiten durch Verträge der Städt von Ellwangen zum Genuß überlassen, ist 1823 vom Staate definitiv an die Stadt abgetreten worden. Gültgefälle hatten das Kameralamt (Ellwangen) und die Stiftungspflegen Aalen und Unterkochen zu beziehen. Zehnten und übrige Gefälle werden aber nun abgelöst und die Falllehen allodificirt. Pferde werden wenig gezüchtet; die Rindviehzucht aber wird in der Stadt ziemlich stark betrieben; vorherrschend ist die Limburger Race, näher Gelbfalchen und Leinfalchen. Die Faselviehhaltung war bis 1846 – gegen einen bestimmten Gütergenuß u. s. w. Sache des Hirten, seitdem schafft die Stadt Farren an und verpachtet deren Unterhaltung. Die Beschälplatte ist in dem nahen Wasseralfingen. Auch viele Schafe werden gehalten, feine Bastarde, welche zum Theil auswärts überwintern. Neben den zahlreichen Schäfern sind in der Stadt und zwar von Gemeindswegen drei Hirten für Kühe und Ochsen aufgestellt. Vor hundert Jahren werden genannt ein Kuhhirt unter jedem Thor, ein Ochsen-, ein Roß- und ein Gaishirt. Schweine werden besonders von Müllern und Bäckern gezogen. Ganz unbedeutend ist die Bienenzucht. Obstzucht nimmt, wie überhaupt Gartencultur, seit einiger Zeit merklich zu und mehrere Baumschulen sind für das Bedürfniß edlerer Sorten angelegt worden. Der Umfang der Gärten und Länder jeder Art beträgt 145 Morgen.

Die Gewerbe der Stadt bestehen nach der jüngsten Aufnahme in

a) Fabrikationsanstalten der Stadt Aalen.
Wollenspinnerei zu Streichgarn, 1 Fabrik mit 300 Spindeln, 4 männlichen und 5 weiblichen Arbeitern. Gewebe: a) in Leinen und Halbleinen, 21 Webstühle, mit 17 Arbeitern. b) Strumpfweberei, 3 Webstühle und 3 Arbeitern. Mühlwerke: a) 4 Wassermühlen, mit 17 Mahlgängen und 15 Arbeitern. b) 1 Ölmühle, mit 1 Arbeitern. c) 2 Walkmühlen, mit 3 Arbeitern. d) 1 Lohmühle, mit 2 Arbeiter. e) 3 Sägmühlen, mit 3 Arbeitern. f) 2 Andere Mühlen, mit 2 Arbeitern; Schleif- und Gypsmühlen. 1 Eisen- und Drahtwerk, mit 97 männlichen und 10 weiblichen Arbeitern. 1 Drahtwerk, mit 8 Arbeitern. | 2 Maschinen- und Stiftfabriken, mit 18 Arbeitern. 2 Ziegeleien, mit 8 Arbeitern. 10 Bierbrauereien, mit 27 Arbeitern. 1 Branntweinbrennerei, mit 1 Arbeiter.
b) Mechanische Künstler und Handwerker.
Meister Gehülfen       Meister Gehülfen
Bäcker 19 15 Pflästerer 1 1
Konditoren 13 16 Caminfeger 1 1
Metzger 23 16 Hafner 4 2
Seifensieder 4 2 Glaser 4 3
Gerber 12 9 Zimmermaler 1
Schuhmacher 38 52 Grobschmiede 7 9
Kürschner 3 2 Schlosser 15 10
Sattler 5 5 Kupferschmiede 2
Seiler 4 3 Zinngießer 1 1
Schneider 16 12 Flaschner 2 1
Knopfmacher 3 Nadler 1
Putzmacherinnen 4 Instrumentenmacher 1 7
Hutmacher 3 3 Uhrmacher 2
Tuchmacher u. -scheerer 38 42 Gold- u. Silberarbeiter 2 5
Färber 7 8 Barbirer 3 1
Zimmerleute 4 21 Buchbinder 3 3
Schreiner 9 13 Seckler 3 3
Wagner 4 3 Strumpfwirker 2 1
Küfer und Kübler 5 3 Schirmmacher 1
Dreher 3 1 Gypser 1 3
Kammmacher 3 4 Buchdrucker 2 3
Bürstenbinder 1 Musikanten 8
Maurer 3 15 u. a. m.
c) Für den wenig bedeutenden Handelsbetrieb sind vorhanden:

Getreidehändler 3, Holzhändler 5, Wollhändler 2, Kaufleute 18 mit 2 Gehülfen, Krämer und Händler 3, Frachtfahrer u. Lohnkutscher 16 mit 20 Gehülfen.

Am stärksten vertreten ist die Weberei, zumal Tuchmacherei und Loderei, welche jedoch seit ein paar Jahren sehr in Verfall gerathen. Auch betreiben trotz der Nähe zahlreicher Stiftmaschinen immer noch ungewöhnlich viele Nagelschmiede (9) ihr Geschäft. Von Bedeutung ist auch die Gerberei und die Schusterei, welche viele Arbeiter für fremden Bedarf (Marktwaare) liefert; weniger mehr die Zuckerbäckerei, welche eine Zeitlang starken Absatz nach Außen hatte. Das braune | Bier der zahlreichen Bierbrauereien war einst wegen seiner Güte sehr beliebt und gesucht (besonders in Gmünd und selbst in Stuttgart); späterhin von fremden Bieren sehr in Schatten gestellt, liefern neuerdings wieder mehrere Brauereien einen recht guten Stoff, einfaches und Doppelbier.

Als Fabrikbetriebe sind zu nennen vor Allem das Drahteisenwerk auf der Erlau, nebst dem Simon’schen Drahtzug und der mechanischen Werkstätte von Ankele (näheres s. A.). Dann die Essigfabrik von Hailer und Maier, welche aus 11 Kufen u. s. w. jährlich 800–1000 Eimer liefert, die großenteils ins Ausland gehen. Endlich läßt Herr Widmann von Heidenheim auf der Tuchmacherwalke gegenwärtig (1850) eine Spinnerei mit 3 Assortiments und einem Wolf einrichten.

Viele Nahrung bringen die Königl. Werke, vor Allem in Wasseralfingen, denn viele Bergleute und Hüttenarbeiter wohnen in der Stadt.

An Gastwirthen befinden sich in der Stadt 17 Schild- und 2 Gassenwirthschaften.

Für den Kleinverkehr sind die Bezirksstellen in der Stadt, Oberamtsgericht und Oberamt von Bedeutung, so wie, daß in die Stadtkirche eine Reihe von evangelischen Filialien pfarrt.

Der Verkehr auf dem hiesigen Fruchtmarkt ist ziemlich bedeutend, es wurden nämlich verkauft:

Kernen
Scheffel
Roggen
Scheffel
Gerste
Scheffel
Weizen
Scheffel
Dinkel
Scheffel
1846 36143/8 971/8 6782/8 2001/8 301/8
1847 41155/8 3152/8 15843/8 2784/8 325/8
1848 3053    1160    1617    62    1   
1849 3898    914    1134    28    24   
1850 4703    939    876    13    26   
1851 6615    1879    1378    111    55   
Einkorn
Scheffel
Haber
Scheffel
Hülsenfrüchte
Scheffel
Mischlingfr.
Scheffel
Zusammen
Scheffel
1846 –    8452/8 567/8 –    55221/8
1847 34/8 17511/8 506/8 117/8 81435/8
1848 9    1660    35    15    7612   
1849 –    1960    97    73    8128   
1850 2    1974    99    19    8651   
1851 –    2282    46    23    12.389   
| Der Geldumsatz betrug
1846 96.983 fl. 38 kr.       1849 61.258 fl.   1 kr.
1847 148.150 fl. 41 kr. 1850 66.922 fl.   6 kr.
1848 107.953 fl. 29 kr. 1851 132.999 fl. 16 kr.

Märkte hatte die Stadt in alten Zeiten 3 – an St. Walburgi, am Sonntag vor Martini und vor Lichtmeß (Privileg von 1390). Dazu gewährte Rudolph II. je einen Nachmarkt. Jetzt finden jährlich 5 Märkte statt, je am ersten Tag Krämer-, am zweiten Viehmarkt, 2. und 3. Febr., 1. und 2. Mai, 26–27. Juli, 27–28. Septbr. 11–12. Nov. Dazu kamen noch 2 Schafmärkte (seit erfolgter Erlaubniß 1. Febr. 1839), am 4. Juli und 2. Septbr.

Ein Wochenmarkt wurde erst 13. Nov.–11. Dec. 1809 eingeführt, beschränkt auf allgemeine Lebensbedürfnisse, Früchte und Victualien, Flachs, Hanf und Leinwand, geringe Holzwaaren u. dgl. m. Die ursprünglichen Tage Montag und Freitag sind seit 1819 auf Dienstag und Freitag festgestellt.

Die Stadt wird als Gemeinde II. Classe verwaltet von einem Gemeinderath, welcher 12 Mitglieder zählt, mit dem Stadtschultheißen an der Spitze; dieser ist zugleich Rathsschreiber und besorgt die Unterpfandsgeschäfte. Ihm beigegeben sind, neben einem Rathsdiener, 3 Polizeidiener, für welche seit 1851 im Rathhause selbst eine Wachtstube eingerichtet ist, in welcher auch die Nachtwächter sich aufhalten. Vom Landjägerkorps sind ein Stationskommandant und zwei Mann in der Stadt stationirt.

Die städischen Ämter werden seit 1848 nicht mehr vorzugsweise unter die Stadtrathsmitglieder vertheilt, sondern möglichst an Dritte vergeben, um die Controlle nicht zu schwächen. Es besteht – nebst Untergang, Leichenschau und ähnlichen – eine Feuer-, Brod-, Fleisch- und Ziegelschau; eingegangen sind die Schauen für Weberblätter, kupferne Kühlröhren, Wirths-Trinkgeschirre u. a. Den Feldschutz handhaben zwei „Flurer“, für die städtischen Waldungen sind drei Holzwarte bestellt, wovon Einer in Unter-Rombach seinen Sitz hat. In der Stadt selbst gibts einen Thurmwächter und 2 Nachtwächter, – einen Spritzenmeister und einen Allarmschläger. Dabei stehen drei gute Feuerspritzen und seit 1847 ein Hydrofor gegen Brandgefahr in Bereitschaft, letzteres 1853 sehr bewährt.

Das Grundvermögen der Stadtgemeinde besteht – neben ihren Gebäulichkeiten und wenig Feldgütern – hauptsächlich in 23334/8 Morgen Wald – einst größtentheils im Freipürschbezirk, jetzt mit Jagdrecht, das an eine Anzahl Bürger verpachtet ist. 20587/8 Morgen liegen auf der eigenen Markung und werden unter Leitung des Königl. | Revierförsters mit 36jährigem Turnus bewirthschaftet; im Rohrwang ist ein Pflanzengarten angelegt, mit 1 Schutz- und Geschirr-Häuschen.

Unbedeutend ist das Fischwasser der Stadt im Kocher und Aal, ansehnlich dagegen die Sommer- und Winterschafweide auf der ganzen Markung (7–800 fl. jährlicher Ertrag); das Pflastergeld (um 2586 fl. verpachtet); das Schrannengeld (900 fl.); der Pachtzins von der Stadtwaage (100 fl.); vom Brodhaus und Waschhaus (20 fl. und 50 fl.) u. s. w. Die Stadtpflegerechnung zeigte 1820–21 (vorher wurde sie Bürgermeistereirechnung genannt) im Etat Einnahmen 6571 fl., Ausgaben 9450 fl., also ein Deficit von 2879 fl. Der Etat für 1848–49 berechnete 13.351 fl. 13 kr. Einnahmen und 15.130 fl. 361/2 kr. Ausgaben, weßwegen ein Stadtschaden von 1800 fl. umgelegt wurde. Die Rechnung selbst ergab 27.140 fl. Einnahmen, 26.506 fl. Ausgaben. Die im Anfang des Jahrhunderts bedeutenden Kapitalschulden der Stadt – 1821 noch 41.685 fl. sind inzwischen bedeutend gesunken und betragen jetzt mit dem Kaufschilling für den Osterbuchhof (circa 24.000 fl.) und den dorthin verwendeten Baukosten u. dgl. m. – 34.600 fl. Somit haben sich die Finanzen der Stadt, welche durch die Übernahme von Passiven auf die Staatsschuldenzahlungskasse etc. (s. unten) erleichtert worden war, entschieden gebessert. Was aber den Wohlstand der Einzelnen betrifft, so hat derselbe, obwohl ein Mobiliarvermögen von mehr als einer Million gegen Feuer versichert ist und obwohl auch die Activkapitalien von einer Million nicht ferne seyn mögen, doch in den letzten schweren Jahren abgenommen, indem viele Einwohner in sehr bedrängte Lage gekommen sind.

Für die Bürger bestehen die Beneficien 1) in Holzgaben von 1 Klafter und 100 Wellen (woran auch ledige Personen mit dem 40ten Jahr Theil bekommen, wenn sie ein eigenes Haus bewohnen) und 2) im Genuß eines Almandstückes, in welchen aber die jüngern Bürger erst beim Freiwerden eines Looses von Zeit zu Zeit einrücken.

Im Wappen führte die Stadt von jeher einen – wahrscheinlich schwarzen – etwas gekrümmten Aal, im rothen Felde und so noch jetzt.

Die Ärzte der Stadt, der Oberamtsarzt und Oberamtswundarzt, beziehen für unentgeldliche Behandlung der Armen eine Belohnung aus der Stadtkasse, wofür der erstere auch den Spital und das Armenhaus in medicinischer Hinsicht zu beaufsichtigen; weiter besorgen 3 Chirurgen und 3 Hebammen, was zur Gesundheitspflege gehört.

Für gesellige Unterhaltung bestehen 2 Casinogesellschaften, 2 Liederkränze, | 2 Schützengesellschaften, freilich in dieser durchgängigen Spaltung je mit geschwächten Kräften.

Als Schulanstalten der Stadt bestehen außer der Volksschule eine Colloboratur-, Real- und Präceptoratsschule.

Die Volksschule wird dermalen von 3 Schulmeistern, 1 Unterlehrer und 2 Provisoren besorgt, da jedoch mehrere Lehrzimmer zu enge sind, so ist Herstellung besserer Locale, aber auch eines weitern Lehrzimmers Bedürfniß.

Für Mädchen ist eine Industrieschule gegründet und seit 1853 eine Kleinkinderschule.

Die Kosten der öffentlichen Schulen bestreitet die Heiligenpflege, doch fällt bei der Größe ihres Deficits die Ausgabe eigentlich auf die Stadtkasse, der sie auch vor 1803 oblag.

Kirchlich bildete die Stadt, seit ihrer Reformation, zusammen mit ihrem Landgebiet – eine Parochie; in württembergischer Zeit sind allmählig auch die Evangelischen in den Schuldheißereien Wasseralfingen, Hofen, Unterkochen und einigen Parcellen von Dewangen dahin eingepfarrt worden. Die allmählig eingewanderten Katholiken (1813 – 11, 1846 – 78) pfarren nach Unterkochen. – Geistliche sind 2 aufgestellt, ein Stadtpfarrer, welcher seit der württemb. Besitzergreifung Vorstand eines neugebildeten Dekanates ist, und ein Diakonus, welche Stelle seit 1810 aufgehoben, erst 1847 wieder definitiv besetzt worden ist. – Beide werden vom Staat aus dem allgemeinen Kirchengute salarirt; die Beiträge der Heiligenpflege sind ganz unbedeutend.

Diese ist in ihrem jetzigen Bestande erst 1814 durch Vereinigung von vier bis dahin gesondert verwalteten Pflegen gebildet worden; doch sollte den Leistungen, welche bisher den einzelnen Kassen vermöge Stiftung oder Herkommen oblagen, durch diese Vereinigung der Verwaltung kein Eintrag geschehen.

Die Heiligenpflege hatte 1802/03 – 5287 fl. besessen nebst allerlei grundherrlichen Einkünften, – nach 10jährigem Durchschnitt eine Einnahme von 392 fl. 12 kr. Die Hospitalpflege besaß 1802/03 – 23.073 fl. Kapital und durchschnittlich 1064 fl. 35 kr. Einnahme; 3) die Siechenpflege 10.367 fl. Kapital und durchschnittlich 226 fl. 25 kr. Einnahme; 4) die Almosenpflege 10.717 fl. Kapital und 746 fl. 11 kr. durchschnittliche Einnahme jährlich. Durch Überwälzung von Kriegslasten, durch Mängel der Verwaltung, durch Belastung mit neuen Ausgaben – besonders den Schul- und Medicinalkosten, von Seiten der württemb. Organisationskommission 1803 – sank das Vermögen jener Kassen; 1814 kam noch ein Kapitalvermögen von 40.386 fl. 59 kr. zusammen und die erste gemeinschaftliche Stiftungsrechnung schloß mit einem | Haben von 40.731 fl. 52 kr. – Der Etat berechnete 5014 fl. Einnahme, 8433 fl. Ausgabe, es gab also ein Deficit von 3419 fl., welches 1851/52 auf 3129 fl.

28 kr. berechnet wurde. An Kapitalien besitzt die Stiftungspflege derzeit noch circa 38.000 fl., wobei aber für 6000 fl. ein verpfändeter Hof vorübergehend in Besitz genommen werden mußte. Sonst gehören der Pflege 100 Morgen Nadelwald und eine Anzahl von verpachteten Gärten, Wiesen und Äckern bei Aalen. Die Lehensgefälle dagegen sind alle in der Ablösung begriffen.

Zu stiftungsgemäßen Austheilungen sind von älterer Zeit her 337 fl. und (zu Brodgaben) 720 fl. in Verwaltung, combinirt aus vielen kleinen Stiftungen. In neuern Zeiten haben gestiftet: Leonhard Bezler 300 fl. und 1/2 Tagwerk Wiesen, Joh. G. Koch 500 fl. und Margar. Liezenmaier 50 fl. – zu Brodvertheilungen; Wilh. Koch 500 fl. und Leonhard Bezlers Wittwe 100 fl. zu Geldgaben, Elisab. Winter 200 fl. zu Anschaffung von Bibeln für arme Schulkinder u. a. m. Die Hauptausgaben der Stiftung sind neben Baukosten u. dgl. m. die Gehalte für sämmtliche Lehrer, für Ärzte und Hebammen; alsdann wöchentliche Almosen und Kostgelder im Spital, Krankenunterstützungen u. dgl. m.

Von den Leistungen der Privatwohlthätigkeit, dem Stadtarmenverein, der Handwerksburschen- und der Bettel-Kasse war schon A) die Rede; von dem Frauenverein zur Abreichung von Essen an arme Alte und Kranke ist 1852 auch – mittelst eines Armenbazars eine Suppenanstalt in’s Leben gerufen worden.

Von den beiden Häusern der Stiftungspflege enthält das Spital in der untern Stadt – 12 Zimmer nebst Küche und etlichen Kammern. Ein Zimmer bewohnt der „Spitalvater“, welcher für Kost, Wasche, Flicken der Pfründner, sowie für Zucht und Ordnung zu sorgen hat. In 8 Zimmern wohnen die Spitäler, welche zum Theil die volle Verpflegung genießen, zum Theil bloß Dach und Fach haben; 1 Zimmer ist für Kranke, eins dient als Tobzelle und Arrest u. s. w.

Das Siechenhaus oder Armenhaus in der Heidenheimer Vorstadt enthält 10 Zimmer, wovon eins dem Hausvater eingeräumt ist, einem Polizeidiener; zwei Zimmer sind für männliche und weibliche Kranke – worin besonders Fremde aufgenommen werden, – eins für Krätzige; in 6 Stuben erhalten Arme der Stadt Dach und Fach, ohne alles Weitere.

Die Stadtkirche ist 1765/66 von der Stadt neu gebaut worden, nachdem die ältere, nach den Verheerungen des 30jährigen Kriegs nothdürftig hergestellte Kirche am 28. Mai 1765 durch den Einsturz ihres Thurmes schwer beschädigt worden war. Sie ist massiv von | Quadern, hat aber, wie auch der gleichmäßig massive Thurm, ein schwerfälliges Aussehen, letzterer 21′ im Quadrat und bis zur kupfernen Dachkuppel 90′ hoch, aber nur wenig über das Kirchendach hervorragend. Die Kirche im Lichten ist 120′ lang, 52′ breit, 35′ hoch, ihre innere Einrichtung aber verläugnet alle kirchliche Tradition, indem ein Chor gänzlich fehlt; die Kanzel ist an der südlichen Langseite angebracht, unter ihr, nur um einen Tritt über den Kirchenboden erhöht, der Altar, in der Mitte der Taufstein. Außerdem ist Einfachheit eine Zierde dieses Betsaals, der für die außerordentlich angewachsene Gemeinde eigentlich schon lange zu klein ist, was aber bei dem gegenwärtigen Kirchenbesuche nur selten hervortritt, außer daß es für die Schuljugend an Plätzen sehr mangelt.

Der ganze Bau hat über 40.000 fl. gekostet und große Summen hintendrein der Prozeß beim Reichshofrathe gegen die Propstei Ellwangen, deren subsidiäre Baupflicht die Stadt behauptete und in Anspruch nahm, weil die Propstei das Patronat und den gesammten Zehnten besaß, auch sonst immer als Kirchherrn sich geltend gemacht hatte. Wirklich erfolgte auch zuletzt ein der Stadt theilweise günstiges Urtheil, worin Ellwangen verurtheilt wurde, am Kirchenschiff eine von Aalen noch nachzuweisende Quote zu bezahlen. Der Rath jedoch, wahrscheinlich des ewigen Zahlens müde und an nachdrücklicher Execution verzweifelnd, unterließ es, die Sportel zu bezahlen, so daß jenes Urtheil nicht rechtskräftig publicirt wurde, späterhin versäumte der Magistrat die gesteckte Frist, den Prozeß bei den württemb. Gerichten neu anhängig zu machen, wahrscheinlich im guten Glauben, daß es sich ja doch bloß um die – zum Theil mit Hülfe von Beisteuern fast sämmtlicher deutschen Reichsstädte – schon bezahlten Baukosten von 1765/66 handle. Inzwischen ist die alte Heiligenpflege mit ihrem kleinen Vermögen außer Stands, Hauptbauten zu bestreiten.

Noch steht auf dem Kirchhofe eine St. Johannis-Kapelle, 1561 mit einem Beitrage Ellwangens von 30 Tannenstämmen – neu aufgebaut und 1802 von der Stadt etwas erweitert, um für eine neugestiftete Orgel Raum zu schaffen. Das Gebäude ist durchaus unansehnlich, mit unbedeutenden Grabsteinen und Gedenktafeln, ausgenommen etwa mehrere Tafeln von Häfnersarbeit aus den Jahren 1576, 78 und 79, welche im Hintergrund die Stadt Aalen darzustellen scheinen, freilich oberflächlich genug, während im Vordergrunde Christus am Kreuze steht, zu seinen Füßen je die Personen knieend, denen diese Grabdenkmäler geweiht sind.

Freundlich gelegen und hinreichend geräumig ist der Gottesacker um diese Kapelle her, 5 Minuten westlich von der Stadt, etwas | erhöht gelegen, auf dem Platze, wo einst die römische Niederlassung gestanden.

Außer den genannten gab es ehemals noch zwei Kapellen: In der Nähe des Siechenhauses stand die dazu gehörige St. Leonhards-Kapelle, welche zuletzt als Vorratskammer für die städtischen Baumaterialien gedient hatte.

Der Hospital zum heiligen Geiste stand ursprünglich an der Stelle der jetzigen Stadtwage und es befand sich dabei auch eine Kapelle, in welche der Rath 1460 eine eigene Kaplanei stiftete, welche in der Reformationszeit wieder einging. Die Kapelle aber ist mit dem Spital im Brande von 1634 bis auf wenige Spuren untergegangen. Den Spitalstadel hatte 1628 eine Zeitlang die evangelische Bürgerschaft zu Abhaltung ihres Gottesdienstes eingerichtet.

Die Stadtkirche ist von jeher dem heil. Nicolaus geweiht gewesen und hatte ehemals 3 Altäre, für welche mehrere ewige Messen gestiftet wurden. Doch finden sich im 15. Jahrhundert bloß zwei Kaplane neben dem Pfarrer, ein Mittel- und ein Frühmesser, wozu seit 1360 der Kaplan zu St. Johannis kam und 1460 der Kaplan zur heil. Geist-Kapelle; drei dieser Stellen sind in Folge der Reformation aufgehoben worden und nur die Wiederherstellung der St. Johanniskaplanei setzte der Propst von Ellwangen durch, derselbe sollte aber dem Stadtpfarrer adjungirt werden und demselben besonders zu besserer Fortpflanzung der Jugend in der Religion an die Hand gehen. Die Pfarrei selbst erscheint in der ältesten kirchlichen Urkunde von 1340 als dem Abt von Ellwangen zugehörig und – weil durch einen vicarius perpetuus versehen, als incorporirt. Doch gewann dieser Vicar eine selbstständigere Stellung, indem wieder die Benennung „Pfarrherr“ gebräuchlich wurde. Jedenfalls aber blieb der Abt und Propst – wie Zehntherr und Lehensherr aller geistlichen Güter, so auch Patron und Oberherr der Kirche und des Kirchsatzes, weßwegen er auch, als die Stadt zur Reformation übertrat, das gesammte Kirchenvermögen einzog und bloß für die evangelischen Geistlichen einen bestimmten jährlichen Besoldungsbeitrag reichte. Ja das jus patronatus, nominandi et praesentandi hat der Propst bis zu Ende beibehalten und der evangelischen Stadt ihre Geistlichen gesetzt, obwohl mit Zusicherung vorzüglicher Rücksicht auf Recommandationen des Magistrats, zumal von Landeskindern.

Geschichtliches.
Die älteste bekannte Urkunde, in welcher Aulen genannt wird – und zwar „der Maierhof daselbst nebst einer Mühle im Weiler bei | Aulen“ – ist vom Jahr 1300. Wahrscheinlich gehörte die Stadt zu

jener Zeit den Grafen von Öttingen, nachdem sie früher vielleicht den Grafen von Dillingen, hierauf den Hohenstaufen und zuletzt wohl auch einige Zeit – sammt Lauterburg – den edeln Hacken zugehört hatte. Patronat, Kirchsatz und Zehnte war – unbekannt wie und wann? in die Hände des Klosters Ellwangen gekommen, mit ansehnlichen Grundbesitzungen, welche das Kloster theils an Privaten, z. B. 1332, theils (1379) an die Stadt verkaufte.

Im Jahr 1328 ist Aalen bereits eine Stadt und während es ursprünglich wohl ein Bestandtheil der Herrschaft und Vogtei Lauterburg gewesen war, indem noch 1386 mehrfache Einkünfte aus Aalen, besonders das halbe Umgeld zur Vogtei Lauterburg gehörten, – so war doch, seit Erhebung zur Stadt wahrscheinlich, ein eigener Vogt für Aalen aufgestellt, 1345 z. B. Walther der Knüttel, 1357 Fritz v. Schnaitberg.

Durch Verpfändung um 13.000 Pfund Heller kam Aalen mit Lauterburg und Rosenstein sammt Heilbach von Graf Ludwig v. Öttingen an Graf Eberhard v. Württemberg. In der Fehde des Kaisers Karl IV. gegen diesen Grafen 1360 (s. ersten Theil VII.), wurde ebendeßwegen Aalen in der zweiten Hälfte Augusts belagert und erobert, auch im Friedensschlusse Aalen vom Kaiser zurückbehalten. Dieser kaufte im September die ganze Pfandschaft von Öttingen um 26.000 Pfund Heller, wobei dem Württemberger für sein Guthaben Lauterburg allein, sammt Rosenstein und Heubach, als Unterpfand verblieb, Aalen dagegen in den unmittelbaren Besitz Karls IV. kam und zwar, weil er diese Erwerbung aus eigenen Mitteln gemacht hatte, in den Besitz Karls als Königs von Böhmen. Noch im December 1360 vertauschte er aber seine – wahrscheinlich zu diesem Zweck gemachte Erwerbung – an das Reich, um etliche reichslehenbare Herrschaften in Böhmen dadurch freieigen zu machen. So wurde nun Lauterburg u. s. w. – Reichslehen, Aalen aber eine Stadt des heil. römischen Reichs.

Die junge Reichsstadt suchte durch alsbaldigen Anschluß an ihre Schwestern die kaum gewonnene Freiheit zu sichern, hat aber auch dem Schicksal neuer Verpfändung nicht ganz entgehen können, 1377 an Graf Eberhard v. Württemberg, welcher die Stadt weiter verpfändete an Ernst v. Gültlingen, wodurch sie in etliche Fehden beider Herrn verwickelt wurde. Schon am 4. Juli 1379 trat jedoch Aalen auch dem großen schwäbisch-schweizerischen Städtebund in Baden bei und so fortan einer Reihe von Bündnissen; es muß also die Pfandschaft irgend wie vorher abgelöst worden seyn.

Von den besondern Schicksalen der Stadt ist aus dieser Zeit so | viel als nichts bekannt; 1447 entstand eine 1451 vertragene Fehde mit den Grafen v. Öttingen durch Vergewaltigung ihres Zöllners, indem die Grafen bei der Furth über den Kocher einen Zoll zu erheben seit alten Zeiten berechtigt waren. Neue Streitigkeiten mit Öttingen gab’s um 1600, als die Grafen ihre angeblichen Landgerichts-Gerechtsame in der Gegend wollten geltend machen und z. B. 1598 das Hochgericht bei Aalen gewaltsam niederreißen ließen. Mit Württemberg stand Aalen wiederholt im Bunde, z. B. 1417 ff., 1443 u. s. w.; nahm auch Theil an der Fehde gegen die Herrn v. Geroldseck und gegen Höfingen. 1449 sagte A. dem Markgrafen Albrecht v. Brandenburg ab, 1462 dem Herzog Ludwig v. Bayern; 1488 trat die Stadt dem schwäbischen Bunde bei.

Die Bevölkerung der Stadt bestand im 14. und 15. Jahrhundert theilweise noch aus ritterlichen und ehrbaren Familien, zu welchen z. B. die Herrn v. Rinderbach, Mangold, v. Roden und v. Aalen gehörten, sowie Florenzer, Benkler, Kieß u. a. mehr, die als Burgschafts- und Siegel-fähig erscheinen. Daneben finden sich allerlei Gewerbsleute (besonders Tuchmacher, Tuchscheerer und Färber seit alten Zeiten), Landwirthschaft und Viehzucht bildeten jedoch immer einen Haupttheil der Nahrung des Ortes.

Besondere Beachtung verdienen die Herrn v. Aalen, wovon 1317 Engelhard v. A. erscheint, 1345, 57, 58 ein Hans v. A., Öttingenscher Vogt zu Lauterburg, dann wieder ein Engelhard mit den Söhnen Burkhard (1393 †) und Hans Engelhard. Die Kinder eines Hans Engelhards waren 1410 von Anverwandten beerbt worden, doch aber lebt noch 1426 ein anderer Hans Engelhard v. Aalen, der letzte uns bekannte Sprößling seines Geschlechts, das in der Nähe der Stadt Güter besaß, zum Theil ellwangisch Lehen, und 1393 den halben Bauhof zu Westhausen kaufte. Im Siegel führten sie einen aufgerichteten Löwen.

Eine ritterliche Dienstmannenfamilie Namens Vickel oder Fickel, scheint ebenfalls nach Aalen zu gehören und besaß jedenfalls zu Onatsfeld, Röthhard, Osterbuch u. s. w. Lehengüter, Zehnten u. a. m.

Endlich wollen wir noch an die Herrn von Winkenthal erinnern, deren Andenken in Urkunden sich erhalten hat. Ihr Stammsitz ist unbekannt und somit ließe sich annehmen, dieser könnte in dem „Winkenthal“ bei Aalen gelegen seyn, wie nämlich der Anfang des Hirschbachthälchens innerhalb der Berge des Hertsfeldes heißt. Da jedoch die Theil A, VII. geschilderte runde Umwallung für die Ruine eines ritterlichen Sitzes nicht kann gehalten werden und bis jetzt wenigstens Spuren einer Burg u. dgl. in unserem Winkenthal nicht bekannt | sind; da auch die Herrn v. Winkenthal ihre bekannten Besitzungen mehr in der Umgegend von Gmünd und weiter abwärts im Remsthale haben, so bleibt es sehr zweifelhaft, ob jene Herrn, deren Name in die Geschichte des Oberamts nirgends eingreift, hieher gehören.

An der Spitze des reichsstädtischen Gemeinwesens von Aalen stand zuerst ein Reichsamman, neben ihm ein Rath mit dem Bürgermeister an der Spitze (magister civium et consules oppidi Aulen z. B. 1394), welche allmählig die ganze politische Gewalt an sich zogen. Karl IV. verlieh ihnen bereits 1374 eine gewisse Competenz in peinlichen Justizsachen und schon vor 1418 hatte die Stadt das Ammanamt an sich gebracht, gegen eine jährliche Reichung von 10 fl. an die Landvogtei in Schwaben. In Folge davon scheint mit dem Geschäftskreis auch der Titel Amman oder Schuldheiß eine Zeit lang den Bürgermeistern gegeben worden zu seyn, deren es jetzt zwei waren und erst im 17. Jahrhundert drei wurden. Späterhin heißt der ihnen zunächst untergeordnete städtische Officiant – Schuldheiß, z. B. 1628 bis gegen Ende des Jahrhunderts. Neben den Bürgermeistern gab’s ein paar Stättmeister aus dem Rath. Privilegien erhielt die Stadt von den Kaisern Karl IV., Wenzel, Sigmund, Ferdinand I. und Rudolf II. in den Jahren 1366, 1374, 1398, 1418, 1559 und 82, besonders das Bürgerrecht, die peinliche Gerichtsbarkeit, die Befreiung von den kaiserlichen Hof- und Landgerichten sowie auch die Märkte betreffend.

Die Verwaltung der Stadt und die Gerechtigkeitspflege geschah weniger nach geschriebenen Gesetzen, als nach Herkommen und Gewohnheit. Der Rath übte das Recht der Selbstergänzung und je am weißen Sonntag war Schwörtag, an welchem die ganze Bürgerschaft den Bürgermeistern und dem Rath jährlich schwören mußte auf die Artikel der Stadt. Doch blieben Mißhelligkeiten nicht aus; besonders klagte man über Vetterschaftswesen im Rathe, über eigennützige Verwaltung der Einkünfte, Mißhandlung von Bürgern u. dgl. Dieß führte zu einem Vertrage zwischen Rath und Bürgerschaft 1514, worin Abhülfe versprochen und die Aufstellung von auch zwei Stättmeistern aus der Bürgerschaft zugestanden wurde, – offenbar zur Kontrolle.

Unter Karl V. entging Aalen einer Reformation seiner Verfassung nicht; eine kaiserliche Kommission am 24. Januar 1552 änderte dieselbe in mehr aristokratischem Sinn, in Folge davon kehrten aber innere Zerwürfnisse wieder und unter Vermittlung etlicher Reichsstädte, besonders Ulms, kam 1591 ein neuer Vertrag zu Stande, in welchem wahrscheinlich vom Rathe eine Bürgerrepräsentation von 24 Männern zugestanden wurde. Doch bedurfte es 1605 und 1614 schon wiederum der Vermittlung und wurde den 22. April 1615 ein neuer | Vertrag abgeschlossen, welcher etliche Mißbräuche abschaffte und „eine Polizeiordnung der Stadt Aalen“ sanktionirte, welche für die ganze Stadtverwaltung Norm geben und alle Willkür beseitigen sollte. Die Rathsbestellung wurde jetzt auf Mittwoch vor Invocavit gesetzt, der Schwörtag auf den Mittwoch nach Invocavit.

Inzwischen war in Aalen eine wichtige Veränderung vor sich gegangen; die Stadt hatte 1575 den evangelischen Glauben angenommen. Spuren reformatorischer Regungen finden sich schon frühe und der katholische Kult kam sehr in Zerfall; doch erklärte noch 1548/49 der Rath unerschütterlich beim alten katholischen Glauben bleiben zu wollen. Bald aber zeigen sich wieder Anhänger des Evangeliums, der Schulmeister fing an den Katechismus auszulegen und deutsche Lieder ertönten in der Kirche. Vergeblich suchte jetzt der so eifrig katholische Kardinal und Bischof Otto von Augsburg, zugleich als Propst von Ellwangen – Patron der Pfarrkirche in Aalen, für bessern katholischen Religionsunterricht zu sorgen und den evangelischen Geist zu ersticken. Der Bürgermeister A. Bader und Stadschreiber Preu stellten sich an die Spitze der evangelisch Gesinnten und erbaten sich den gerne gewährten Beistand des Herzogs Ludwig von Württemberg. Dieser schickte Jakob Andreä, der an Peter und Paul 1575 zu predigen anfing und in vier Wochen angestrengter Thätigkeit das neue Kirchenwesen ordnete, alsdann vor seinem Abgang einen evangelischen Stadtpfarrer einsetzte. Die Unterthanen der Stadt auf dem Land nahmen 1576 ebenfalls den evangelischen Glauben Augsburgischer Konfession an. Über die Besoldungen für den Stadtpfarrer und Helfer wurde 1576 unter württemb. Vermittlung ein Vertrag mit Ellwangen abgeschlossen, der in der Hauptsache bis 1803 in Geltung blieb.

Mit dem großen Aufschwung, welchen die katholische Sache am Ende des 16. Jahrhunderts nahm, versuchte auch Ellwangen wieder in Aalen Erlaubniß zur Einrichtung eines katholischen Simultangottesdienstes oder die Aufstellung eines Kaplans zu St. Johannes zu erreichen, besonders 1606. Vorerst ohne Erfolg; nach den kaiserlichen Siegen aber im 30jährigen Kriege kam 1628 (in welchem Jahre man die Kriegsunkosten seit 1625 auf 26.566 fl. berechnete) eine kaiserliche Kommission nach Aalen, welche zuerst im März die Kirche wieder einem katholischen Pfarrer einräumte und unter Androhung von Kommissären mit Schwert und Spieß die Bürgerschaft aufforderte, zum alten Glauben zurückzukehren. Ein Theil fiel ab, der evangelische Rest hielt in der Spitalscheuer Gottesdienst, die im August erscheinende zweite kaiserliche Kommission aber vertrieb den evangelischen Stadtpfarrer und ließ nur zwischen Messe und Auswanderung die | Wahl. Der Rath wurde im katholischen Sinne erneut und ohne Zweifel auch die ganze Stadtverfassung revidirt, insbesondere die Vierundzwanziger abgeschafft.

Gustav Adolfs Siege erlaubten 1632 der Stadt, zum evangelischen Glauben zurückzukehren, der nicht mehr angefochten wurde, dagegen aber brach bald ein anderes schweres Unglück herein. Am 28. und 29. Angust 1634 kamen fliehende Schweden von Nördlingen her durch die Stadt und ließen der Überlieferung nach ein paar Munitionswägen stehen, welche, von den nachsetzenden Kaiserlichen angezündet, einen gewaltigen Brand verursachten. Zwar beweist eine Reihe von Thatsachen[4], daß die Localsage irrig ist, nach welcher „kein Haus, keine Hütte“ innerhalb der Ringmauer, und von dieser nur ein Thurm soll stehen geblieben seyn. Doch ging allerdings ein ansehnlicher Theil der Stadt durch den Brand unter, und der Rest wurde ganz ausgeplündert. Häufige Durchzüge, Einquartierungen und Winterquartiere bald der Baiern, bald der Franzosen, bald der Schweden und der Kaiserlichen, erschöpften von Jahr zu Jahr die Kräfte der heruntergekommenen Stadt, in welcher auch große Theuerung einkehrte (ein Viertel Korn 3 fl., ein Ei 10 kr. u. s. w.), so daß Roß-, Hunde- und Katzenfleisch gegessen, Nesseln als Gemüse gekocht, Kleien- und Leinbrod gebacken wurde. Natürlich sind auch verheerende Seuchen im Gefolge von all dem ausgebrochen und selbst das Ende des Kriegs 1648 brachte zunächst wenig Hülfe, weil immer noch Kontributionen gezahlt werden mußten an die Schweden in Nördlingen (welche in Aalen selbst eine Abtheilung von 12 Mann zu Pferd liegen hatten, noch 1649), Satisfactionsgelder an die Kreiskasse u. s. w. u. s. w. Erst 1650, „nachdem man aller Garnisonen entledigt“, wurde deßwegen am 14. und 15. September ein öffentliches Dankfest gefeiert und nun rüstig Hand angelegt, die noch im Schutt liegenden Gebäude wieder aufzubauen oder herzurichten, besonders die Kirche und Schule, die Pfarrhäuser, Rathsschreiberei und Spital, Mauer und Mauerthürme, Mühlen und Dörrhäuser u. s. w. Dieß war bis 1672 geschehen und auch die gemachten Schulden bis auf 800 fl. abbezahlt, freilich aber nur, weil die Bürger alle „recht sparten, schlecht sich kleideten, aßen und tranken, auch hart arbeiteten“ u. s. w.

Da Rathhaus und Archiv ebenfalls verbrannt waren, so sammelte man Abschriften der nöthigen Urkunden und ging nach dem Frieden an eine neue Redaction der städtischen Gesetze. 1653 wurden „der Reichsstadt Aalen Artikul, Ordnungen und Statute“ schriftlich | aufgesetzt, 1659 eine Raths- und Wahlordnung sanctionirt, eine Eheordnung 1651 erlassen, eine Zollordnung 1656, eine Feuerordnung 1664, eine Schulordnung 1696, revidirt 1740.

Der Rath sollte aus drei Bürgermeistern bestehen, zwei Geheimen und sieben Rathsverwandten, zu ihnen kam der Stadtschreiber mit berathender Stimme. Selbstergänzung blieb; die jährliche Vertheilung der einzelnen Ämter geschah am Aschermittwoch; jeden Donnerstag war die regelmäßige Rathssitzung, beginnend mit Gebet. – War die Gemeinde zu hören, so geschah dieß in der Regel Viertelweise; die Zünfte hatten in Aalen keine politische Stellung eingenommen. Wiederkehrendes Mißtrauen und allerlei Mißhelligkeiten führten schon 1692 dahin, daß der Rath einmal in jedem Viertel zwei Vertrauensmänner von der Bürgerschaft wählen ließ; 1736 endlich gab es einen offnen Bruch, welcher zu einem neuen Vertrag führte, in welchem die Vierundzwanziger wieder in’s Leben gerufen wurden; daneben stellte er neue, feste Normen für die ganze Stadtverwaltung auf. Kaiser Karl VI. bestätigte den (auch gedruckten) Vertrag den 9. April 1737. Die Vierundzwanziger controllirten, hauptsächlich durch das Organ ihres Hauptes, des Bürgerstättmeisters, die Finanzverwaltung des Raths, doch waren ihre Befugnisse ziemlich schwankend und unbestimmt, auch sind sie nur das erste Mal direkt von der Bürgerschaft gewählt worden, worauf Selbstergänzung eintrat. Vergeblich führte dieses Collegium 1775–79 einen Prozeß beim Reichshofrath gegen den Rath und besonders einzelne Glieder desselben; derselbe endigte mit Abweisung und schweren Kosten, auch Ausstoßung mehrerer aus den Vierundzwanzigern.

Die Verwaltung der Stadt geschah nach den oben erwähnten Grundgesetzen, die Justizpflege „nach des Reichs Constitutionen und örtlichem Herkommen;“ in peinlichen oder sonst wichtigen Fällen holte man bei auswärtigen Rechtsgelehrten oder Juristenfakultäten Rath ein, auch bei der Stadt Ulm nicht selten. Der Galgen stand auf dem sogenannten Galgenberge, östlich von der Stadt, zunächst der Straße nach Himmlingen. Polizeiliche Verbote und Vorschriften, z. B. gegen das Tabakrauchen, Kleiderpracht, Trunkenheit, Unzucht u. a. m. wurden häufig erlassen. Gegen Vergehen wider das sechste Gebot blieb auch Kirchenbuße lang im Gebrauch und zwar bildeten für solche gemischte Angelegenheiten, aber auch für alle Kirchen- und Schulsachen, die fünf Geheimen sammt den beiden Geistlichen das Consistorium. Zwei Geheime waren zugleich Hospitalpfleger, je ein Rathsherr: Heiligenpfleger, Siechenpfleger, Almosenpfleger; zwei andere Geheime verwalteten als | Kastenpfleger die städtischen und spitalischen Frucht- und Naturalgefälle, ein Rathsherr endlich die Stadtzinspflege.

Die Haupteinnahmsquellen waren: Frevel und Strafen, Umgeld und Accis, Bürgergeld, Schutz- und Schirmgeld von den Fremden, Nachsteuer und Abzugsgelder, grund- und lehensherrliche Einnahmen, Wald- und Wassererträge, Zinse, Zölle, Zehnten, Dispensationen und Frohnen. Die eigentliche Steuer betrug – von der Bauerschaft auf dem Lande jährlich vier Steuern à 187 fl., von den Bürgern jährlich drei Steuern à 10 kr. von 100 fl. schuldenfreien Vermögens neben einer gleichmäßigen Bürger- und Kreisprästandenstener von 1 fl. 30 kr. u. s. w.

Unter den Ausgaben spielen neben den reichsstädtischen Kosten, als Malefizkosten, Besoldungen u. dgl. eine Hauptrolle die Reichs- und Kreisprästanden, namentlich Kammergerichtszieler (je 211/2 Reichsthaler; – die Reichssteuer betrug ursprünglich 100 Pfund Heller z. B. 1402, später 75 Pfund), Vertretung- und Verschickungskosten u. dgl. m., endlich Militärkosten aller Art. Die Beziehung zu Kreis und Reich war ursprünglich Sache der Bürgermeister und des Stadtschreibers, mehr und mehr ließ aber die Stadt durch die Gesandten befreundeter Städte oder sonstige besoldete Agenten an Ort und Stelle ihre Stimme führen und ihre Angelegenheiten vermitteln.

Die Finanzen der Stadt wurden seit 1736 im Ganzen mit dem besten Erfolge verwaltet und statt der damals vorhandenen großen Schulden sammelte sich allmählig ein baarer Schatz. Indessen die große Theuerung 1771/73 (wo fast die ganze Nachbarschaft allmählig die Fruchtausfuhr sperrte und der Rath von weit her Lebensmittel herbeischaffen mußte und den armen Bürgern zu niedrigeren Preisen abgab) – verschlang 9000 fl. und den Rest zehrten schnell die französischen Revolutionskriege auf, so daß 1803 wieder 75.750 fl. Schulden aufgewachsen waren, denen ein Lieferungsguthaben von 33.763 fl. bei dem K. K. Ärar gegenüber stand.

Unmittelbare Kriegsgefahr hatte die Stadt seit dem dreißigjährigen Kriege nicht mehr durchgemacht. 1688 kam man mit Kontributionen an die Franzosen davon (General Fauquière), welche zu zahlen zwar die Zünfte im Anfang verweigern und sich bis auf’s Äußerste vertheidigen wollten, beim Nahen einer Streifparthie gaben sie jedoch der Forderung des Rathes willig nach. Im spanischen Erbfolgekrieg schickte der Rath eine ausgeloste Deputation den 25. Juni 1707 in’s französische Hauptquartier bei Bargau, welche aber sogar auch das zur Vorsorge mitgenommene Geld – 2500 fl. – wohlbehalten wieder zurückbrachte, indem die Franzosen bereits die Gegend zu räumen anfingen. Weiterhin berührten höchstens Durchmärsche die Stadt bis | 1796, wo am 22. August General Desaix von Heubach her die Kaiserlichen bei Aalen zurückdrängte auf das Hertsfeld und nun die Stadt zum Theil sammt der Umgegend von den Franzosen ausgeplündert (der Schaden in der Stadt auf 28.930 fl. angeschlagen, bei den Unterthanen auf 8645 fl.), auch durch Schändung von Frauen, Mißhandlung von Männern u. dgl. viel Abscheuliches verübt wurde. In der Stadt herrschte ein solcher Schrecken, daß man drei Wochen lang keine Glocke zu läuten, keinen öffentlichen Gottesdienst zu halten wagte, bis der Kommandant der französischen Besatzung selbst aufforderte, die gewohnte Lebensweise wieder herzustellen. Am 6. und 7. August war Moreau selbst in Aalen. Am 16. September zogen die Franzosen wieder ab.

Noch einmal vom Kriege berührt wurde Aalen im Jahre 1800, wo am 23. Juni eine im Quartier liegende Abtheilung Österreicher Abends 9 Uhr durch ein Detachement der französischen Brigade Sabathier überfallen und bis Essingen verfolgt wurde. Nachts 2 Uhr zogen sich die Franzosen wiederum den Kocher hinauf zurück, nachdem sie von der Stadtkasse und Privaten Geld erpreßt, auch mehrfache Mißhandlungen verübt hatten.

In großen Massen kamen 1805 die Franzosen durch die Stadt; nachdem am 17. September 4000 retirirende Baiern durchgezogen waren, erschien am 6. Oktober Napoleon selbst mit seinem ganzen Generalstab und einem Theil seiner Garden. Er hielt sich im Gasthof zur Krone (Post) einige Stunden auf und durchstieß da, als er rasch durch’s Fenster sehen wollte, mit dem Kopf eine Scheibe, an deren Stelle jetzt eine farbige mit Namenszug an ihn erinnert. Über 50.000 Franzosen kamen vom 5. bis 8. Oktober durch Aalen, am 15. und 16. Oktober langte da Erzherzog Ferdinand auf seinem fluchtähnlichen Rückzug von Ulm an und gönnte einem Theile seines Korps zwei Tage Rast. Beim Abzug blieben auf der Hard etliche 40 Vorrathswägen stehen, die ein paar Tage herrenloses Gut schienen und ziemlich ausgebeutet wurden von hoch und nieder; bald nachher vom 9. bis 20. November passirten 15.000 kriegsgefangene Österreicher die Stadt. Im Jahr 1806, vom 1. Februar bis 5. März kam eine württembergische Besatzung, indem Württemberg und Baiern Miene machten, den Besitz der benachbarten Deutschordens-Kommende Kapfenburg selbst mit Waffengewalt sich streitig zu machen.

Inzwischen war nämlich die große Veränderung mit Aalen gleich andern Reichsstädten und mehreren Klöstern vorgegangen, daß es in Folge des Friedens von Luneville die Bestimmung erhielt, zur Entschädigung für die auf dem linken Rheinufer an Frankreich abgetretenen | reichsständischen Besitzungen verwendet zu werden, und zwar gehörte Aalen zu den für den Herzog von Württemberg vorläufig bestimmten Entschädigungen. Dieser – gleich andern Fürsten – wartete jedoch nicht, bis den 25. Februar und 24. März 1803 der Reichsdeputations-Hauptschluß vom Reichstage genehmigt und den 28. April vom Kaiser bestätigt war, sondern am 7. September 1802 schon erschien der Besitzergreifungscommissär, v. Reischach, und am 9. Sept. eine Kompagnie Infanterie. Das eigentliche Besitzergreifungspatent ist datirt von Ludwigsburg den 23. Nov., am 24. Nov. wurden überall die württembergischen Wappen angeschlagen und ein herzogliches Oberamt eingerichtet. S. Theil A, VII.

Es wurden nun von der Organisationscommission die Einkünfte und Besitzungen der Reichsstadt ausgeschieden, wie weit sie als staatlicher Natur von Württemberg angesprochen, oder als städtischer Natur der Stadtgemeinde bleiben sollten, welche zugleich eine neue Verfassung erhielt, nach welcher unter vorwiegendem Einfluß des Oberamtmanns und des Stadt- und Amtsschreibers als Actuar, einem Gerichtskollegium aus zwei Bürgermeistern und acht Gerichtsverwandten und einem Rathscollegium aus acht Mitgliedern die Verwaltung übertragen wurde.

Diese Stadtverfassung blieb bis zu den spätern, unter der Regierung des Königs Wilhelm eingetretenen allgemeinen Reorganisationen; gegen die frühere Vermögensausscheidung aber erhob die Stadt ihre Stimme und im Mai 1823 kam es mit einer königl. und ständischen Commission zu einem Vertrag, durch welchen der Stadt 4000 fl. Schulden (nebst einer verhältnißmäßigen Summe von den Gebietsorten, siehe Regbl. von 1824, S. 604) abgenommen und eine weitere Revenue von 700 fl. jährlich, auch der Stiftungspflege eine von circa 25 fl. 40 kr. zurückgegeben wurde.

Sonstige interessante Ereignisse hat die Stadt inzwischen nicht erlebt. Nur ihr Wahrzeichen, ihren weitberühmten Spion hat sie, bei der Reparation des Rathhauses 1836, – aus falscher Prüderie Einzelner – verloren. Der wahre Spion Aalens nämlich – welchen erst die böse Welt zu einer (mythischen) Person gemacht und ihm eine Anekdote treuherziger Einfalt nacherzählt hat – ist Niemand anders gewesen als im Uhrthürmchen des Rathhauses ein Mannskopf mit Pfeifchen im Munde, der vom Perpendikel in Bewegung gesetzt, beständig rechts und links sich drehte und also – umherspionirte. Dieser allein ächte Spion ruht jetzt in der Rathhausregistratur im Winkel aus. Die Sage vom andern Spion ist in seiner angeblichen Heimath ziemlich unbekannt, und es fühlt sich deßwegen auch das Ehrgefühl der Städter durch seine Erwähnung nicht empfindlich verletzt.

| Das ehemalige reichsstädtische Gebiet, welches größtentheils im Freibürschbezirke (s. 1. Thl.) lag und durch welches Öttingen und Württemberg das Geleitsrecht übten, erstreckte sich bis in die jetzigen Schuldheißereien Unterrombach, Essingen und Unterkochen; es umfaßte nämlich (siehe diese Schuldheißereien) ganz oder theilweise die Weiler und Höfe Unterrombach, Neßlau, Hammerstadt, Spagenweiler, Sandberg, Pumpelhof, Osterbuch, Forst, – Schnaitberg, – Himmlingen und Hirschhof, in letztern zwei Orten die Oberherrlichkeit bestritten von Ellwangen. Ohne obrigkeitliche Rechte gehörten zur Stadt ein paar Höfe in Oberkochen und Sulzdorf; verkauft aber hatten Aalener Bürger in älterer Zeit schon das Volkmarsholz (wo jetzt Volkmarsweiler) und einen Theil des Birkhofs –; die Stadt selber hat 1553 drei Fallgüter zu Mögglingen an Gmünd abgetreten und 16[??] einen Hof in Forst verkauft. Die Güter der Stadtpfarrei, darunter Höfe in Unterrombach, Neßlau und Mögglingen hat, nach der Reformation in Aalen, Ellwangen an sich gezogen.

Ganz abgegangen ist die Vorstadt, von welcher im 14. Jahrhundert die Rede ist und der Weiler bei Aalen, der in jener Zeit erwähnt wird. Er dürfte wohl da gelegen haben, wo gegen den Grauleshof zu der Feldbezirk heutzutage noch Ödenweiler heißt. Ein Wiesenfeld am Rohrwang heißt Hofstett.

Die jetzigen Wohnparcellen der Gemeinde Aalen stehen alle auf der Stadtmarkung und sind fast ohne Ausnahme erst in neuern Zeiten errichtet worden, während durch die große Ausbreitung der Stadt über ihre Ringmauern hinaus die ehemaligen außerhalb gelegenen Parcellen – das Adlerwirthshaus, die Mahlmühlen und die Schleif- und Lohmühle sammt Walke, sowie die alte Ziegelhütte – mit derselben vereinigt wurden.

Die abgesondert bestehenden Parcellen (nach dem Staatshandbuch von 1847) sind:

a) Aalwirthshaus oder der Aal, bei welchem aber neuerer Zeit noch ein weiteres Haus erbaut worden ist, liegt 1/2 Stunde von Aalen, an der Chaussee nach Gmünd. Die Reichsstadt ließ 1788 dieses Wirthshaus zur Koncurrenz mit dem benachbarten freiherrl. v. Wellwartschen Hofherrn-Wirthshause aufrichten; späterhin haben die Besitzer einen entsprechenden Gütercomplex allmählig dazugekauft.

b) Der Drahtzug auf der Erlau, welcher 1828/29 gebaut wurde, seit 1847 jedoch bedeutend erweitert und mit einem Hammerwerk und Walzwerk, einer Kettenfabrik und Drahtstiftfabrikation verbunden wurde. Das Nähere über den Betrieb dieses Werkes, sowie über c) u. s. w. siehe im ersten Theil. Durch die Errichtung von | mehreren Laborantenwohnungen, wozu auch ein Wirthshaus kommt, hat sich bereits ein Weiler gebildet. Die Besitzer gaben dem Ganzen den Namen „Eisen- und Drahtwerk auf der Erlau“, welches nämlich der alte Namen des umliegenden Wiesenfeldes ist, von dem aber die Erlen schon längst verschwunden sind; 3/4 Stunden von A. thalaufwärts.

c) Die Dreherei wurde 1835/36 als mechanische Werkstätte errichtet, 1851 jedoch ist ein Drahtzug da eingerichtet worden. Das Werk liegt im Kocherthale aufwärts, 1/4 Stunde von Aalen.

d) Erzhäusle, 1/4 Stunde von Aalen, den Kocher aufwärts, besteht aus der Wohnung des Obersteigers am Abhange der Thalwand, beim Eingang des alten Grubenstollens, und aus einem weiteren Wohnhause am Fuße des Bergs, worauf Wirthschaft betrieben wird. Ursprünglich stand an der Stelle des „Erzhäuschens“ nur eine Bretterhütte zur Aufbewahrung des Geschirrs der württembergischen Bergleute, nachdem aber dieses einmal muthwilligerweise weggebrannt worden war, errichtete Württemberg trotz des Widerspruchs der Reichsstadt ein Haus, in welchem ein Knappe zum Schutz schlafen konnte und späterhin wurde eine förmliche Wohnung gebaut, mit welcher das Betzimmer der Knappschaft verbunden ist. Über das Bergwerk siehe den 1. Theil.

e) Lauchhof, 1/2 Stunde von Aalen, zunächst hinter dem Aalwirthshause gelegen, ist ein 1801 von der Reichsstadt an Privaten verkaufter Schafhof. Ursprünglich stand auf diesem Platze ein Wäldchen „im Lohe“ oder „im Lauch“, das kurz vor 1606 ausgereutet und worauf dann ein Haus erbaut wurde. Im dreißigjährigen Kriege ging aber „der Lochhof“ wieder ein und die Stadt verkaufte 1645 die Güter, mit Ausnahme von 20 Jauchart Waide, auf welchen späterhin der jetzige Schafhof errichtet wurde.

Außer den genannten befinden sich auf der Stadtmarkung noch folgende einzelne Wohnsitze, deren Bewohner in der Bevölkerungszahl der Stadt begriffen sind:

1) Die Fallmeisterei liegt 10 Minuten von Aalen im Hirschbachthälchen, nächst der Fallhütte. Die Wohnung ist im Anfang dieses Jahrhunderts erst dahin verlegt worden, und befindet sich jetzt im Besitze der Amtscorporation.

2) Das Spagenhaus, 1/2 Stunde von Aalen, liegt hart am Spagenweiler, Gemeinde Unterrombach, steht aber noch auf städtischer Markung und der Besitzer gehört deßwegen auch politisch durchaus zur Stadtgemeinde.

3) Die Walke der Tuchmacher (früher bei der Schleif- und Lohmühle), wurde 1842 von denselben auf gemeinschaftliche Rechnung | 10 Minuten oberhalb der Stadt am Kocher neu erbaut; sie wird von einem Pächter betrieben und im obern Stockwerke ist 1852 eine Wollenspinnerei eingerichtet worden; s. Theil A.
  1. Die Bevölkerungsangaben der Gemeinden und deren Parzellen sind vom Jahr 1850.
  2. Gedruckte Hülfsmittel: Muthmassungen über den Ursprung und das Alterthum der F.R.Stadt Aalen – v. Zapf. Schwabach 1773. Sämmtliche Reformationsurkunden etc. von Aalen, herausgegeben v. Zapf. Ulm 1770. Über den Zustand der Reichsstadt Aalen und den Überfall der Franzosen 1796. Aalen bei J. L. Rieger. Eine kurze Beschreibung Aalens enthält die Schwäbische Chronik von 1790. Geschichte und Beschreibung der ehemaligen Reichsstadt Aalen, v. H. Bauer. Stuttgart 1852. Diese mag zur Ergänzung des hier Gegebenen dienen.
  3. Im Jahr 1809 war die Zahl der Angehörigen Aalens 2155 (s. Staatshandb. v. 1809 S. 552), die Vermehrung seit 41 Jahren beträgt hienach 1419 oder 66 Prozent.
  4. S. die Geschichte Aalens v. H. Bauer S. 35 f.
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