Der Marienfelsen auf Großskal bei Turnau in Böhmen

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Titel: Der Marienfelsen auf Großskal bei Turnau in Böhmen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 30, S. 425–426
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1859
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Der Marienfelsen auf Großskal bei Turnau in Böhmen.

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Der Marienfelsen auf Großskal bei Turnau in Böhmen.

Wie die Städte ihre Promenaden, so haben landschaftlich begünstigte Länder ihre Touristen-Bahnen mit einer Exclusivität gebildet, welche nicht immer in dem überragenden Reize der conventionell besuchten Punkte, sondern in mancherlei äußerlichen Begünstigungen, namentlich in bequemen Communicationsmitteln ihren Grund hat. Abseits von ihnen liegen oft die anmuthigsten und großartigsten landschaftlichen Formen, in die nur der Zufall den Schritt einzelner Wanderer leitet, bis die Verkehrsverhältnisse auch sie weitem Kreisen erschließen.

Das beiliegende Bild – der Marienfelsen auf Großskal – zeigt uns einen dergleichen Punkt aus vielen in einer bisher wenig bekannt gewordenen überaus schönen Gegend des an solchen sehr reichen Böhmerlandes. Der Standpunkt des Zeichners ist ein beschränktes Plateau auf einem etwa 180 Fuß hohen auf 3 Seiten isolirten, und nur von einer Seite bequem zugänglichen Felsen.

Rechts von demselben erblicken wir im Mittelgründe das Schloß Großskal. Nach ihm ist das ganze dem Freiherrn Johann von Aehrenthal gehörige Besitzthum genannt, in dessen weiten Wald- und Feldrevieren wir uns befinden. Der Name ist bezeichnend, denn Skála ist die czechische Benennung für Felsen; und in der That steht das auch historisch sehr bedeutende Schloß auf dem mächtigsten derselben in dieser interessanten Sandsteinformation.

Die Mitte des Hintergrundes beherrscht die auf mächtigen Basaltpfeilern stehende Ruine Trosky, – „Ich kenne,“ sagt Karl Julius Weber in seinem Deutschland: „doch wenigstens 100 Burgen, aber keine vereint mit dem Großen, Kühnen und Erhabenen soviel Abenteuerliches. Man weiß nicht, ist’s Spiel der Natur oder menschliche Kunst, wenn man die beiden Felsenkegel erblickt, jeder mit einer Burg auf dem Gipfel, durch eine Doppelmauer vereint.“

Die Trosky sind zwei abenteuerlich geformte, hohe und isolirte Basaltkegel, auf einer gemeinschaftlichen Basis, auf einem nicht unbedeutenden klippigen Felsenhügel ruhend und von fern in der That nicht unähnlich zwei schlanken Pyramiden, mit welchen man dieselben gern zu vergleichen pflegt. Mauerwerk verbindet ihre Sockel, Mauerwerk krönt ihre luftigen Spitzen. Weithin sichtbar thürmen sie in einer offenen, vielfach zerklüfteten Ebene nahe bei Turnau und Großskal empor, nahe der Großskaler „Felsenstadt“, deren imposante Gebilde immer mehr gewürdigt werden. Zwischen diesen Hauptpunkten breitet sich die Landschaft in dem malerischesten Wechsel von Fels, Wald und Wiese aus. Tiefe, dunkle Schluchten, von riesigen Felsen gebildet, führen plötzlich an ihren Ausgängen auf die üppigsten Wiesen, umsäumt wieder von einem Walde, der in gleicher Schönheit selbst in dem waldreichen Böhmen wenige seines Gleichen und vornehmlich etwas hat, was hervorgehoben zu werden verdient, einen vergleichsweise großen Reichthum an den in Europa stets seltener werdenden Tannen, zudem in Exemplaren von vollendeter Schönheit. Und scheut der Naturfreund die geringe Mühe nicht, auf den Fußpfaden, welche das ganze Revier durchziehn, einen der vielen günstigen Höhenpunkte zu ersteigen, so gewinnt er die reizendsten Fernsichten und Einblicke in das tiefe Walddunkel zu seinen Füßen. Daß dies herrliche Stück Landes früher selbst dem größten Theile der Bewohner Böhmens wenig bekannt wurde, hatte nur in Verhältnissen, wie die Eingangs erwähnten, seinen Grund; wenn es gleich nicht ganz erklärlich bleibt, daß bisher bei den Abbildungen merkwürdiger Punkte Böhmens das Schloß Großskal eine gar so geringe Berücksichtigung fand, da es doch am malerischen Effect in seiner Lage am Rande eines schroffen Felsens, umgeben von dunklen Schluchten mit den herrlichsten Baumformationen, fast unvergleichlich dasteht.

In neuerer Zeit hat der Ruf Großskal’s eine große Verbreitung gefunden; und hierzu mag vielleicht die hier im Jahre 1842 gegründete und bisher zahlreich besuchte Kaltwasserheilanstalt Wartenberg auf Großskal einiges beigetragen haben. Ihre Lage am Fuße des Bergabhanges, auf welchem sich die von uns geschilderte und abgebildete Gegend ausbreitet (die Originalzeichnung ist von einem Curgaste im Herbste des vorigen Jahres entworfen), macht es möglich, daß man von hier aus nicht nur in wenigen Stunden alle diese schönen Punkte, wie Waldstein, Bisker, Großskal, Trosky u. s. w., besuchen, sondern auch in Partien für einen halben oder ganzen Tag weitere Ausflüge machen kann; so z. B. nach dem Prachover Felsen bei Jičín[WS 1], nach dem durch seine Edelsteine berühmten Berg Kozakov, nach Turnau mit seinen Granatschleifereien, mittelst der Reichenberg-Pardubitzer Eisenbahn durch das schöne Iserthal nach den Felsenpartien des Rik und des reizenden Kleinskal, nach dem herrlichen, dem Fürsten Rohan gehörigen Schlosse Sichrov mit seinem großen Parke u. s. w.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Jiun