Der Winterkönig in Hamburg

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Textdaten
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Autor: Otto Beneke
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Titel: Der Winterkönig in Hamburg
Untertitel:
aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 273–274
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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Quelle: Google, Commons
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[273]
92. Der Winterkönig in Hamburg.
(1621.)

Als der Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, den die protestantischen Böhmen zum König gewählt hatten, nach der verlorenen Schlacht am weißen Berge bei Prag sein Reich lassen und in kalter Winterszeit umherirren mußte (weshalb man ihn auch den Winterkönig nannte), da kam er auf seiner Reise am 14. Februar 1621 nach Harburg und von da übers Eis nach Hamburg. Er hatte bei sich seine Gemahlin, eine stolze Königstochter aus England, der zu Gefallen er die dornige Böhmenkrone genommen, sonst hätte er wohl lieber auf seinem schönen Schlosse zu Heidelberg gesessen und in Frieden gelebt, denn er war ein gutmüthiger lustiger Herr, der gern bankettirte und becherte. Ferner waren mit ihm sein junger königlicher Sohn, ein Graf von Solms, auch ein Herzog von Holstein-Sonderburg, nebst unterschiedlichen Böhmischen Herren und anderen Standespersonen. Diese Herrschaften, deren Logiement im Englischen Hause in der Gröningerstraße war, blieben etliche Wochen allhier, und besahen sich die Stadt und ihre Gelegenheit.

[274] E. E. Rath, welcher den König als einen protestantischen Reichsfürsten gebührlich empfangen hatte, war am 19. Februar bei ihm zu Gaste, da er denn ein stattlich Convivium veranstaltet hatte, bei dem er sich trefflich bene gethan haben soll. Es wurde über Tische so gar stark poculiret, daß unser ältester Bürgermeister, Herr Vincent Moller Lt., der sonsten, wie in allen löblichen Dingen, also auch beim Trinken seinen Mann gar wohl stand und ein tüchtiges Maaß fassen konnte, des Guten zu viel bekam; wie ihm denn, als der vornehmsten Rathsperson, von allen Herrschaften beständig zugetrunken wurde, worauf er den herkömmlichen Bescheid zu Ehren unserer Stadt nicht schuldig blieb, auch selber zum guten Trunk manchen löblichen Spruch zu thun wußte, bis daß er sich wegen des zu scharfen Trinkens sehr übel befand und in sein Haus in der Deichstraße heimbringen ließ. Und ist dies Gastmahl dem wackern Herrn Bürgermeister so ungünstig ausgeschlagen, daß er von Stund’ an siech wurde und etliche Wochen darauf, nämlich am 30. März, dieses irdische Jammerthal verlassen mußte. Starb also der gute Herr, wie er gelebt: zu Nutz, Ehr’ und Frommen unsrer Stadt.

Der Winterkönig aber zog am 7. März mit den Seinen wieder von hinnen, anfangs nach Segeberg, allwo viele der protestantischen Fürsten und Stände zusammenkamen und über die vorgehenden Kriegsläufte insgeheim tractirten; später nach den Niederlanden, allwo ihm zu Harlem sein ältester Prinz im Wasser ertrank; dann auch nach England. Zuletzt ist er in die Pfalz wieder eingezogen, so König Gustav Adolf von Schweden ihm eroberte, und ist Ao. 1632 zu Mainz verstorben, erst 36 Jahre alt.

Anmerkungen

[385] Aus handschriftl. und gedruckten Chroniken. – Buek, genealogischen Notizen S. 63.