Die Bewegungen der Erdrinde

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Titel: Die Bewegungen der Erdrinde
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aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 72
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[72] Die Bewegungen der Erdrinde. „Fest wie der Erde Grund,“ sagt zwar unser Schiller, doch wie es um die Festigkeit dieses Grundes steht, zeigen nicht nur die neuesten furchtbaren Erschütterungen im südlichen Italien, sondern auch die stetigen, ihrem Umfange nach so ungemein beträchtlichen Veränderungen auf dem Erdballe. Von letzteren sagt v. Rougemont in seinem neuesten Werke: „Geschichte der Erde,“ übersetzt von Favarius (Stuttgart, Besser): „Andere Thatsachen deuten dagegen an, daß unser Planet noch nicht in seinen definitiven Zustand eingetreten ist, daß er jeden Augenblick seinen Continenten eine neue Form geben kann und daß er sich für irgend eine ungeheure Katastrophe bereit hält. Ein großer Theil der Erdoberfläche ist beständig in Bewegung, hier sich senkend, dort sich erhebend und dem Meere Gebiete abgewinnend oder verlierend. An der Küste von Puzzuoli ist der berühmte Tempel des Serapis bis fünf Meter unter das Wasser hinabgestiegen und später wieder über den Meeresspiegel erhoben worden. Mittelitalien, Sardinien, Schweden haben gewisse Stellen, die in jenen Zeiten, als sie schon von Menschen beobachtet waren, versanken, darauf aber von im Innern der Erde unaufhörlich thätigen plutonischen Gewalten emporgehoben wurden. (Der Uebersetzer schrieb das Wort „thätig“ am 25. Juli 1857 gegen 12 3/4 Uhr, als sein Pult sich durch einen verticalen Stoß erhob, dem einige Secunden nachher eine Schwingung von Nordwest nach Südost folgte, die die Klingel des Hauses in Bewegung setzte.) Ganz Schweden (Schonen ausgenommen) steigt langsam, doch ungleichmäßig über das baltische Meer, welches sich zurückzieht und seine ehemaligen Ufer trocken läßt. Die Westküste Arabiens bietet dieselbe Erscheinung. Die Küste Grönlands hingegen hat sich seit vier Jahrhunderten auf einer Länge von 200 französischen Meilen fortwährend gesenkt. Im Jahre 1819 ist der untere Lauf des Indus durch das plötzliche Erscheinen eines Erdrückens von zwanzig Meilen Länge und sechs Meilen Breite und durch das Einsinken eines parallelen Erdgürtels bedeutend verändert. In der neuen Welt sinken, während heftige Erdbeben die Küste von Chile emporheben, die Chiloe-Inseln im Süden unter den Spiegel des Oceans. Die erstaunten Eingebornen finden ein tiefes Wasser, wo jüngst noch eine Muschelbank war, die sie mit ihren Reichthümern ernährte, und der Wald, der ihnen das Holz lieferte, ist mit mehreren Fuß Wasser bedeckt, oder ist von irgend einer ungeheuren Welle mit fortgerissen, die von einem Erdbeben in Bewegung gesetzt wurde, und dabei den Boden hoch mit Produkten des Oceans bedeckt hat. Von Otahaiti bis Madagaskar sind, wenn man sich auf Beobachtungen verlassen kann, alle Länder in Bewegung: die Gesellschafts- und die niedrigen Inseln senken sich allmählich auf einem Raum von 500 Meilen Länge und 150 Meilen Breite. Die neuen Hebriden, die Salomonsinseln und die Inseln von Neuirland haben sich dagegen erhoben, und in den weiten Seestrichen zwischen diesen Herden entgegengesetzter Thätigkeit sieht man steigende und sinkende Inseln regellos unter einander zerstreut, und durch die Erdbeben alle gleichmäßig in Bewegung gesetzt. Mehr nach Westen wiederholen sich dieselben Erscheinungen. Neuguinea, Timor, Java, Sumatra steigen empor, wie es ihre Ufer bezeugen, während an der Ostküste von Australien in Folge eines langsamen Sinkens der Canal, der sie von ihrer ungeheuren Vormauer der Korallenbänke trennt, sich mehr und mehr erweitern soll. Im Südwesten der Sundastraße sinken die Keeling- und Cocosinseln, die in zehn Jahren durch drei Erdbeben erschüttert wurden, unbestreitbar.“ So sieht es auf der Erde aus, das feurig-flüssige Erdinnere erkaltet nach der früher erkalteten starren Erdkruste immer mehr, letztere zieht sich zusammen und ruft die gewaltigsten Veränderungen und Erschütterungen dadurch hervor.