Die Verwitterung der Gesteine in ihrer Beziehung zum Ackerbau und den Gewerben

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Fausten der Jünger
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Verwitterung der Gesteine in ihrer Beziehung zum Ackerbau und den Gewerben
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 16, S. 184–186
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[184]
Populäre Chemie für das praktische Leben.
In Briefen von Johann Fausten dem Jüngeren.
Dritter Brief
Die Verwitterung der Gesteine in ihrer Beziehung zum Ackerbau und den Gewerben.

Aehnlich wie in der Wissenschaft eine jede Entdeckung zur Quelle wird für eine Menge neuer Wahrnehmungen, indem an die Beantwortung der einen sich sogleich eine Menge neuer Fragen anreiht, die zur Lösung anspornen, daher neue Arbeiten veranlassen, die nun ihrerseits wieder Stoff zu andern liefern und so bis in’s Unendliche fort, – bieten auch mir meine Briefe reichlich Gelegenheit zu neuen, indem ich oft nur Andeutungen geben kann, die erst später zur Ausführung gelangen. Sogleich in den vordersten Zeilen meines ersten Briefes berührte ich im Vorübergehen die große Wichtigkeit, welche das Walten des chemischen Prozesses in der Natur noch heute ausübt. Ist man auch geneigt anzunehmen, daß die großen Umwälzungen, welche die Erde in ihrer Jugend erlitten hat, nicht wiederkehren, scheint auch die starke Kraft, welche das wilde Chaos ordnete, gebrochen, so ist nichts destoweniger doch eben so gewiß, daß unser Erdkörper, sowohl die einzelnen Mineralien, als ganze Gebirge, unausgesetzt von den Einwirkungen der Bestandtheile der atmosphärischen Luft, die bei ihrem Zerstörungswerke von dem Licht und der Wärme unterstützt werden. angegriffen wird. Und doch ist die zerstörende Kraft eine so schwache, daß wir die rastlose Thätigkeit derselben nur erst nach einem sehr langen Zeitraume wahrnehmen können.

Dieser Zerstörungsprozeß, der mit dem Namen „Verwitterung“ belegt worden, ist schon lange bekannt; eine nähere Untersuchung der Veranlassung und der Endproducte der Thätigkeit verdanken wir erst der neuesten Zeit. Auch hier war es die Chemie, welche die Mittel an die Hand gab, das geheimnißvolle Walten der Natur zu enthüllen.

Unter den Bestandtheilen der Luft sind es besonders der Sauerstoff wegen seiner ausgezeichneten Verbindungsfähigkeit mit allen übrigen Körpern, und mehr noch, trotz der geringen Mengen, in denen sie in der Luft enthalten sind, das Wasser, theils für sich allein, theils in Gesellschaft mit dem Sauerstoff, und die Kohlensäure, womöglich in Vereinigung mit dem Regen-, Schnee-, Fluß- und Quellwasser, die bei diesem in seinen Resultaten großartigen Vorgange die Hauptrolle spielen. Der Stickstoff, die bei Weitem größte Menge der Luft ausmachend, bleibt hierbei zwar nicht gleichgültig, doch tritt er nur insofern thätig auf, als er besonders die chemische Einwirkung des Sauerstoffs mildert. In diesem Vorgange spricht sich deutlich der Unterschied der unorganischen – unbelebten – und der organischen – belebten – Natur aus. Der Feind der einen ist der Freund der andern; Luft, Wasser, Licht und Wärme, ohne die Pflanzen, Thiere und Menschen nicht bestehen können, zerstören nicht allein einzelne Mineralien, sondern sogar ganze Gebirgsmassen und diese Zerstörung muß stattfinden, um dem organischen Leben die Bedingungen seines Seins zu gewähren. Denn zu diesen gehören nothwendig, außer den bereits angeführten, gewisse mineralische Stoffe, ohne die weder die Pflanzen, noch die Thiere und Menschen bestehen können. Die Asche, welche die Pflanzen beim Verbrennen zurücklassen, sind nicht zufällige oder unwesentliche Bestandtheile, wie man dies lange annahm, sondern durchaus für das Gedeihen erforderlich. Die Pflanze entzieht sie dem Boden einmal zu ihrem eigenen Nutzen, dann aber ist ihr auch die Aufgabe zu Theil geworden, diese Stoffe für die Aufnahme im thierischen Körper geschickt zu machen; und letzteres scheint der Hauptgrund für die Anwesenheit der mineralischen Bestandtheile in den Pflanzen zu sein. Ohne diese Verwitterung aber ist keine Ackererde denkbar.

Wie ist nun diese entstanden? Sind auch die Felsmassen, welche man das Knochengerüste unserer Erde nennen kann, dem Anschein nach fest und dicht, so findet das Wasser dennoch überall Eingänge und einmal eingedrungen, vermag selbst der größte Koloß der allmäligen Zerbröckelung durch diesen winzigen Feind nicht zu widerstehen. Theilweise ist die Wirkung eine mechanische, indem das Wasser sich beim Gefrieren beträchtlich ausdehnt und so kleinere oder größere Stücke absprengt, die in die Tiefe hinabrollen und hier demselben Geschick verfallen, bis sie gänzlich zerstört, zu Staub zerbröckelt sind. Andererseits aber ist die Wirkung auch eine chemische; schon an und für sich benagen die eben aufgeführten Feinde die bloßliegende Oberfläche der Gesteine und bereiten so das Eindringen des Wassers vor, indem sie die feste Masse auflockern und so die Pforten öffnen; dann aber sind in einem jeden Wasser Sauerstoff und Kohlensäure enthalten, die, in das Innere eingedrungen, einen Zersetzungsprozeß bedingen und so Gelegenheit geben, zur Bildung neuer Verbindungen, die dem Einfluß des Wassers leichter unterliegen; sie werden ausgewaschen und fortgeführt, das Gestein wird lockerer und das Wasser erhält um so mehr Macht, seine zerstörenden Wirkungen zu üben.

Auf Versuche gestützt, die der Chemiker freilich in einem sehr kleinen Maßstabe im Laboratorium anstellt, sagt er zwar, diese oder jene Substanz ist unlöslich in Wasser, aber er weiß sehr wohl, daß dieser Ausspruch nur in gewisser Beziehung richtig ist, bedingt durch die Beschränktheit der Mittel, die ihm zu Gebote stehen. Im großen Haushalt der Natur ist von einer Unlöslichkeit keine Rede; sie gebietet über mächtigere, wenngleich sehr einfache Mittel und diese sind: die Massen, die Zeit, starker Druck und hohe Temperatur. Die Macht dieser Bundesgenossen hat bereits auch der Chemiker erkannt und sie sich dienstbar gemacht, so weit seine geringen Mittel es zulassen.

Ist die Zerstörung durch die Einwirkung der Atmosphäre beendet, so werden die Trümmer theils von dem Regen fortgeschwemmt, theils von den Flüssen in’s Meer geführt, wo sie sich ablagern. Noch heute finden solche Ablagerungen in den Flüssen statt, sobald der rasche Lauf gemäßigt worden ist. Daß in früherer Zeit diese Zerstörung in einem weit großartigeren Maßstabe stattgefunden hat, dafür geben uns die geschichteten Bildungen unserer Erde, Absätze der verwitterten Gesteine aus dem Wasser, die später aus demselben hervorgehoben sind, Zeugniß. Mit ihrem Auftreten waren die Bedingungen des organischen Lebens erfüllt, das Erscheinen desselben vorbereitet.

Vermögen wir auch dem Werke der Zerstörung selbst mit unserem Auge nicht zu folgen, nehmen wir auch nicht wahr, daß sich die Gebirgsmassen im Laufe der Zeit auffällig vermindern, so lehren uns die Flüsse doch, daß die Einwirkung der Atmosphäre auf den festen Erdkörper ungehindert fortgeht. Die ganze Wirkung können wir nicht berechnen, da die nöthigen Grundlagen fehlen. Ueber die Massen, welche die Flüsse dem Meere zuführen, haben wir nur wenige und unsichere Angaben, die aber doch zeigen, daß diese Vorgänge gerade nicht unwesentlich sind, wenngleich die fortgeführten festen Theile, im Hinblick auf die ganze Erde, sich dem Raume nach nur winzig klein herausstellen. So z. B. führt der Rhein alle 5 Jahre ungefähr eine Kubikmeile Wasser in die Nordsee; die festen Bestandtheile betragen davon den tausendsten Theil, so daß er also in 5000 Jahren eine Kubikmeile davon in dem Meere absetzt. Hingegen gelangen mit den drei mächtigsten Strömen Asiens: Obi, Jenisei und Lena, die zusammen 37 Mal größer sind als der Rhein, in 500 Jahren 72/5 Kubikmeilen feste Masse in das Eismeer.

Hat die Verwitterung mit dazu beigetragen, den Boden für die Pflanze zu bereiten, so sorgt sie auch unausgesetzt dafür, daß es den Pflanzen nicht an Nahrung fehle. Das mit Kohlensäure beladene Wasser, nach allen Richtungen den Erdboden durchdringend, nimmt die Stoffe auf, welche die Pflanze zu ihrem Gedeihen bedarf und führt diese den Wurzeln zu. Neuere Untersuchungen eines amerikanischen Chemikers haben uns die große auflösende Kraft des Kohlensäure enthaltenden Wassers gegen Mineralien deutlich vor Augen geführt. Er unterwarf eine große Reihe dieser Gebilde der Einwirkung des in der Natur überall verbreiteten Auflösungsmittels und so gelang es ihm stets nicht unbeträchtliche Mengen des Aufgelösten nachzuweisen.

Gleichfalls von großer Bedeutung ist die Verwitterung der Gesteine auch für den Gewerbebetrieb. Hier bietet sich uns Gelegenheit einige Beispiele dieses merkwürdigen Vorganges näher in’s Auge zu fassen, durch die wir einen ausgedehnten und geordneten [185] Fabrikbetrieb der Natur kennen lernen werden; Fingerzeige, die der Mensch sich nutzbar zu machen gewußt hat.

Unter allen Schwefelmetallen ist besonders das in verschiedenen Arten unter den Namen Speerkies, Strahlkies, Kammkies, Leberkies und Haarkies in großer Menge in der Natur vorkommende Schwefeleisen geneigt durch den Einfluß des Sauerstoffs und der Feuchtigkeit eine Veränderung zu erleiden und in Eisenvitriol – schwefelsaures Eisenoxydul überzugehen. Auf dieses Verhalten hat man eine hüttenmännische Gewinnung des Eisenvitriols, der besonders in der Färberei und dann auch zur Darstellung der rauchenden Schwefelsäure viel gebraucht wird, begründet. Man überläßt ihn, in großen Haufen aufgeschichtet, sechs Monate hindurch der Einwirkung der Luft, in welcher Zeit die Umwandlung vollendet ist. Man zieht das neue Product einfach mit Wasser aus und dampft es ein, damit der Eisenvitriol in Krystallen anschieße. Oft hat man auch nicht einmal die Laugen zu bereiten, da diese sich in den Grubenwässern schon darbieten, die den Eisenvitriol aus dem Gesteine selbst ausgezogen haben. Die ganze Arbeit beschränkt sich hier auf das Verdampfen der Grubenwässer. Aehnlich ist der Vorgang beim Kupferkies – Schwefelkupfer. Hier bereitet man aus dem Grubenwasser entweder Kupfervitriol oder man schlägt aus ihnen dadurch, daß man altes Eisen hineinlegt, das Kupfer als Metall nieder, wobei das Eisen sich mit der Schwefelsäure verbindet und als Vitriol wieder gewonnen werden kann.

Die Umwandlung der Zinkblende – des Schwefelzinks – in Zinkoxyd, wobei der Schwefel durch den Sauerstoff der Luft abgeschieden und ersetzt wird, würde für die Bereitung des Zinks, das in neuerer Zeit vielfache Anwendung erfahren hat, von besonderer Wichtigkeit sein, wenn sie in einem ausgedehnteren Maßstabe stattfände, oder wenn die Bedingungen dieser Veränderung so genau erforscht wären, daß sie künstlich hervorgerufen werden könnten. Die Zinkblende gehört mit zu den am häufigsten vorkommenden Zinkerzen, das Metall selbst ist daraus aber so schwierig herzustellen, daß das Erz bis jetzt dazu nicht benutzt wird, während gerade andere Metalle z. B. Blei hauptsächlich aus den Schwefelverbindungen gewonnen werden.

Von besonderem Interesse ist die einfache Weise, auf welche die Natur Bittersalz – schwefelsaure Magnesia – fabricirt; sie wird uns klar durch einen Blick auf das geognostische Vorkommen zweier Mineralien: des Gypses – schwefelsauren Kalkes – und des Dolomits, Bitterspaths – einer Verbindung von kohlensaurer Magnesia und Kalk – und ihr Verhalten gegen Wasser. Besonders der fasrige Gyps tritt in der Natur auf entweder wechselweise geschichtet mit buntem Sandstein oder zwischen diesem und Muschelkalk, in allen diesen Gesteinen kommt nun Dolomit vor, der im Sandstein oft als Bindemittel dient, um die kleinen Quarztheilchen zusammen zu halten. Oft ist der Gyps hier auch unmittelbar von dolomithaltigem Mergel umgeben. Freilich ist das Auflösungsvermögen des Wassers für Gyps ein äußerst geringes, so daß erst 460 Theile Wasser im Stande sind, einen Theil Gyps aufzulösen, – aber doch immer beträchtlich genug, um diesen interessanten Zersetzungsprozeß durchzuführen.

Große Wassermassen, von der Oberfläche der Gewässer und der feuchten Erde als Dunst in die Luft aufgestiegen, fallen aus dieser als Regen auf die Erde nieder und durchdringen sie nach allen Richtungen; auch durch die Gypslager sickert es hindurch und beladet sich auf diesem Wege, so viel es vermag, mit Gyps. Gelangt es nun weiter in die dolomithaltigen Schichten, so macht die Schwefelsäure ihre größere Verwandtschaft zur Bittererde geltend. Sie verläßt den Gyps und bildet mit der Bittererde das bekannte und viel gebrauchte Bittersalz, während auf der andern Seite aus dem Gyps Kalkspath – kohlensaurer Kalk entsteht, der unlöslich ist und daher zurückbleibt. Auf gleiche Weise kann der Chemiker diese Umwandlung in kurzer Zeit ausführen, wenn er in Gypslösung kohlensaure Bittererde schüttet. Diese Thatsache erklärt uns die Entstehung des in der Natur vorkommenden Bittersalzes.

Die rastlose Bewegung des Wassers im Schooße der Erde läßt es nun wieder in feinen Spalten und Rissen zur Oberfläche aufsteigen und hier verfällt es der Macht der Sonnenwärme; das Wasser verdampft und das Salz bleibt zurück, namentlich im Sommer manche Gegenden wie mit einer Schneedecke bekleidend. Dem Menschen bleibt nur übrig zu sammeln, was die Natur für ihn fabricirt hat; er erntet, wo er nicht säete.

Auf keinem andern Grunde, als diesem schönen Beispiel des Kreislaufes gegenseitiger Bildung und Zerstörung in der Natur, der Grundlage des gesammten Lebens auf der Erde, beruht die Entstehung der geschätzten und weit bekannten Bitterquellen von Seidschütz, Sedlitz und Püllna in Böhmen und von Epsom in England. In Böhmen hat man der Natur das Geheimniß abgelauscht, man fabricirt das Mineralwasser auf die Weise, daß man Gruben in den Mergel gräbt, in denen sich nach und nach Wasser ansammelt und die Zersetzung einleitet. Je länger es darin steht, um so reichhaltiger wird es, weil das Wasser mit der Zeit verdampft. Dieser Umstand hat hauptsächlich mit zur Gründung der Fabrikation der künstlichen Mineralwasser, die jetzt in einem ausgedehnten Umfange zum Heile der leidenden Menschheit betrieben wird und auf die wir bei Gelegenheit einmal ausführlicher zurückkommen werden, mit beigetragen. Es bedurfte der Jahrtausende, um die Richtigkeit eines bereits von Aristoteles aufgestellten Satzes: „die Natur des Wassers hängt ab von den Erdschichten, durch die es gegangen“, darzuthun. Dies ist eines der unzähligen Beispiele, die dem Menschen Bescheidenheit predigen; es zeigt uns, wie wenig Ursache man hat, dem menschlichen Geiste maßlose Hymnen zu singen.

Es sollte mir leicht werden, von der natürlichen Industrie, die auf der Verwitterung beruht, eine noch viel reichhaltigere Musterkarte zu liefern; doch ich muß mich bescheiden, um den mir zugemessenen Raum nicht zu sehr zu überschreiten. Nur auf die Alaunerde und die Thone will ich hier noch eingehen, da sie für unsere Industrie von so großer Wichtigkeit sind. Die erstere bildet die natürliche Grundlage bei der Fabrikation des Alauns, der hauptsächlich in sehr großen Mengen in der Färberei und bei dem Farbendruck, in der Weißgerberei, bei der Fabrikation der Kerzen und des Kobaltblau gebraucht wird, und die letztere bei unserer sammten Thonwaaren- und Porzellanfabrikation.

In dem Alaunschiefer – Kieselsäure und Thonerde, gemengt mit reichlichen Mengen von Kohle – findet sich fein eingesprengt Schwefeleisen, aus dem sich durch die Einwirkung des Sauerstoffs und des Wassers, unter anderem auch freie Schwefelsäure bildet, die nun ihrerseits wieder auf den feinzertheilten Thon wirkt, und sich mit der Thonerde daraus verbindet. Bei diesen Vorgängen erzeugt sich so bedeutende Wärme, daß da, wo die Lager zu Tage ausgehen, oder wo sie bloßgelegt sind, – also dem Sauerstoff der Luft freier Zutritt gewährt ist, - Feuer ausbricht, welches in dem reichen Kohlenstoff hinlänglich Nahrung findet. Erdbrände dieser Art sind nicht selten. Hierauf gründet sich die künstliche Darstellung des Alauns, indem man die Alaunerze thonige Gesteine, als Alaunstein, Alaunschiefer, auch Thonschiefer, Stein- und Braunkohlen, welche die Bedingungen zur Bildung der schwefelsauren Thonerde in sich vereinigen, an der Luft verwittern läßt, dann das neue Gebilde mit Wasser auszieht und durch Zusatz von Aschenlauge, Pottasche oder Ammoniak enthaltendem Harn in Alaun umwandelt. Auch hier ist die Natur Lehrmeisterin des Menschen.

Im ausgedehntesten Umfange und als das wichtigste Produkt der Verwitterung tritt die Thonerde auf. Trotz der anscheinenden Festigkeit und der Krystallgestalt der zahlreichen Feldspatharten und verwandten Gesteine – Verbindungen von Kieselsäure, Thonerde und Alkalien, welche letztere oft ganz oder theilweise durch Kalk, Bittererde etc. ersetzt sind – unterliegen sie dennoch den unausgesetzten Angriffen der Kohlensäure und des Wassers; die Alkalien und deren Stellvertreter werden entführt, die regelmäßige Krystallgestalt zerstört und Kieselsäure und Thonerde bleiben in einem sehr fein zertheilten Zustande zurück, dem die Thone – denn dies sind im Allgemeinen die Zersetzungsprodukte, – ihre Bildsamkeit, die Eigenschaft mit Wasser einen Teig zu bilden, der einerseits weich genug ist, um sich selbst in die feinsten Vertiefungen einer Form eindrücken zu lassen, andererseits aber durchaus keine Elasticität besitzt, so daß er jeden einmal empfangenen Eindruck treu bewahrt, verdanken. Ebenso mannigfaltig, wie die Produkte, ist auch die Entstehung dieser Gebilde; es hat von Seiten der Wissenschaft eine eiserne Ausdauer erfordert, hier das geheime Walten der Natur zu enthüllen. Die meisten Thone sind verunreinigt durch eine Menge von Stoffen, die ihrem Ursprunge fremd sind und meistens, wie ihre ursprünglichen Gesellschafter, die Alkalien, gleichfalls durch die Gewalt des [186] Wassers dem Orte ihrer Entstehung entrückt und in Umgebungen versetzt, die keinen Schlüssel zu dem Räthsel der Thonbildung lieferten. Als man aber einige wenige Fundorte entdeckt hatte, wo die Reinheit der Produkte, die man in den verschiedenen Stadien ihrer Entstehung verfolgen konnte, und die umgebenden Gesteine wahrscheinlich machten, daß auch hier die Bildung vor sich gegangen, da gelang es dem angestrengten Studium auch hier, trotz der verwirrenden Mannigfaltigkeit, in der diese Zersetzung auftritt, Licht zu verbreiten und das Räthsel der Natur chemisch zu entziffern. Eben aus dem verschiedenen Verhalten dieser großen Klasse von Mineralien gegen die Verwitterung hat man nun weiter zurückschließen können auf ihre ursprüngliche Entstehung.

Besonders dem Landwirth ist zu empfehlen, sich bei der Natur Rath zu holen und sich eine genaue Kenntniß der Vorgänge bei der Verwitterung zu verschaffen, wenn er vorhat, die Ertragfähigkeit seiner Aecker zu verbessern. Einen Beleg von der Wichtigkeit einer solchen Einsicht liefert ihm der Mergel, der je nach seiner Zusammensetzung und seinem Verhalten gegen die Einwirkung der Atmosphäre auch eine ganz verschiedene Wirkung auf den Ackerboden ausübt. Während ein jeder Mergel besonders Wasser und Luft anzieht, einen schweren Ackerboden auflockert – der Luft und dem Wasser leichter Eingang verschafft – und einen lockeren verdichtet – den zu schnellen Durchgang des Wassers verhindert, – wirkt der Gypsmergel besonders chemisch auf den thierischen Dünger ein, zersetzt diesen und hält dann vorzüglich daraus den Stickstoff fest. – Durch die Beobachtung von Verwitterungsprodukten – Gyps – ist man in Böhmen auf eine sinnreiche Verbesserung der Vegetation gekommen. Um sich die angedeuteten Vortheile des Gypses zu verschaffen, begünstigt man seine Bildung auf den Aeckern dadurch, daß man sogenannte fressende Wasser – Lauge von Schwefelkies – darauf bringt.

Auch der Baumeister und Bildhauer müssen die Fingerzeige der Natur bei der Auswahl des Materials zu Bauwerken und Skulpturen beachten. Daß dies nicht immer geschieht, davon geben die häufig vorkommenden salzartigen Ausschläge der Mauern, die jedoch in den seltensten Fällen ihrem Namen – Salpeter – entsprechen, Zeugniß. Auch hier ist wieder der Schwefelkies meistens der böse Feind; um ihn und die durch seine Zersetzung veranlaßten leicht löslichen Gebilde zu entfernen, muß man den verdächtigen Thon, der zu Ziegeln und Geschirr verarbeitet werden soll, lange Zeit der Luft aussetzen. Ebenso sind Kochsalz, Kalk und Gyps enthaltende Materialien zu vermeiden, weil sich hier durch gegenseitige Zersetzung kohlensaures und schwefelsaures Natron erzeugen, die gleichfalls auswittern, d. h. sich an der Oberfläche bemerkbar machen. Auch bei den verschiedenen Thonschiefern, die zur Bedeckung der Dächer dienen, ist auf ihr Verhalten in der Natur zu achten.

Die Unfruchtbarkeit der Gehänge, da wo eisenfreier Dolomit auftritt, lehren dem Baumeister und Bildhauer, daß dieses Gestein den atmosphärischen Einflüssen einen unüberwindlichen Trotz entgegensetzt. Den großen Werth desselben kannten die Alten sehr wohl. Viele daraus gefertigte Statuen haben Jahrtausenden getrotzt und noch heute ist „der harte, griechische Marmor“ bei den Bildhauern Italiens in großem Ansehen. Während das von Talk- und Kalkbeimengungen freie Hornblendegestein öde Felswände bildet, auf denen nur auf den weniger abhängigen Flächen einige wenige verkümmerte Binsen und dürres Haidekraut angetroffen werden, gilt der Syenit – ein Gemenge von Feldspath und Hornblende – als Sitz einer üppig wuchernden Vegetation und hierin ist ihr Verhalten gegen die Verwitterung ausgesprochen. Ersteres ist unempfindlich gegen die Einflüsse der Atmosphäre, letzterer aber fällt ihrer Macht anheim. So sehen wir auf alten ägyptischen Bauwerken aus diesem Material die Schriftbilder auf der Wetterseite ausgelöscht, während sie sonst daran noch gut erhalten sind. Bei den Graniten deutet ein größerer Natrongehalt die Dauer des Gesteines an; dieser verleiht ihnen eine Unveränderlichkeit für die Ewigkeit. Dafür bürgen die Trümmer von Theben, zahlreiche Pyramiden und Bauwerke in alten Städten, der auf dem Lateransplatze zu Rom aufgerichtete Obelisk, auf Antrieb eines Königs von Theben 1300 Jahre vor unserer Zeitrechnung zu Syena ausgehauen, sowie auch der auf dem Petersplatze zu Rom – von einem Sohne des Sesostris vor mehr als 3000 Jahren der Sonne geheiligt.

Sehr empfindlich macht sich der Eisenspath – das kohlensaure Eisenoxydul – der oft in fast unsichtbaren Körnern in sonst schneeweißen Marmorarten eingesprengt ist, bemerkbar. Durch den Regen verliert er die Kohlensäure, nimmt dafür aber Sauerstoff und Wasser auf und tritt nun in gelblichen Flecken auf, die nach und nach eine bräunliche und schwärzliche Färbung erhalten und so oft die zierlichsten Bildwerke verunstalten. Auffallend zeigt sich diese Veränderung bei manchen alten Bauwerken, die zum Theil verschüttet waren; so geht diese Färbung z. B. bei dem Triumphbogen des Kaisers Septimius Severus zu Rom bis zu der Höhe, wohin der Schutt reichte.

Weiter ist die Verwitterung noch eine Quelle vieler anderer Erscheinungen; ich will hier nur erinnern an die wunderbaren Tropfsteingebilde in den Höhlen, die unser Staunen erregen, an den Schwefelgeruch, den manche Stein- und Braunkohlen verbreiten, durch den sie für die Feueranlagen und Geräthe nachtheilig wirken und endlich auch an den fast unerträglichen Gestank der Rinnsteine, der wohl jedem im Gedächtniß sein wird, der einmal zur Sommerzeit die Straßen von Berlin durchwandelt hat. Die Bedingungen zu letzterem sind reichlich gegeben in dem Eisen, welches sich von den Beschlägen der Räder und Pferde abnutzt, schwefelsaure Salze und organische Substanzen liefert der Rinnstein in hinreichender Menge. Es bildet sich Schwefeleisen und dieses giebt Veranlassung zu einer Schwefelwasserstoffgasentwickelung, einem jeden durch die faulen Eier bekannt. Wie energisch organische Substanzen schwefelsaure Salze in Schwefelverbindungen umwandeln, dafür zum Schluß noch ein Curiosum als Beleg. Eine Maus, die in eine Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxydul gefallen, war in kurzer Zeit durchweg in Schwefelkies verwandelt.