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Gesetz, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern.
Abkürzung:
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1874, Nr. 14, Seite 43 - 44
Fassung vom: 4. Mai 1874
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 6. Mai 1874
Inkrafttreten:
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(Nr. 1001.) Gesetz, betreffend die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern. Vom 4. Mai 1874.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Einem Geistlichen oder anderen Religionsdiener, welcher durch gerichtliches Urtheil aus seinem Amte entlassen worden ist und hierauf eine Handlung vornimmt, aus welcher hervorgeht, daß er die Fortdauer des ihm entzogenen Amtes beansprucht, kann durch Verfügung der Landespolizeibehörde der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden.
Besteht die Handlung desselben in der ausdrücklichen Anmaßung des Amtes, oder in der thatsächlichen Ausübung desselben, oder handelt er der gegen ihn ergangenen Verfügung der Landespolizeibehörde zuwider, so kann er seiner Staatsangehörigkeit durch Verfügung der Centralbehörde seines Heimathsstaats verlustig erklärt und aus dem Bundesgebiete ausgewiesen werden.

§. 2.

Die Vorschriften des §. 1 finden auch auf diejenigen Personen Anwendung, welche wegen Vornahme von Amtshandlungen in einem Kirchenamte, das den Vorschriften der Staatsgesetze zuwider ihnen übertragen, oder von ihnen übernommen ist, rechtskräftig zu Strafe verurtheilt worden sind.

§. 3.

In der Verfügung (§§. 1, 2) sind die Gründe der angeordneten Maßregel anzugeben.
Behauptet der Betroffene, daß er die ihm zur Last gelegten Handlungen nicht begangen habe, oder daß dieselben den im §. 1 bezeichneten Thatbestand nicht enthalten, so steht ihm binnen acht Tagen nach Zustellung der Verfügung die Berufung auf richterliches Gehör offen. [44]
Zuständig ist in denjenigen Bundesstaaten, in welchen ein aus ständigen Mitgliedern zusammengesetzter besonderer Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten besteht, dieser Gerichtshof; in den übrigen Bundesstaaten das höchste Gericht für Strafsachen.
Das Gericht entscheidet, ob der Berufende eine der im §. 1 bezeichneten Handlungen begangen hat. Wird festgestellt, daß keine Handlung vorliegt, auf Grund deren dieses Gesetz die angefochtene Verfügung für zulässig erklärt, so ist die letztere durch die anordnende Behörde aufzuheben.
Die Berufung muß von dem Berufenden in gerichtlich oder notariell beglaubigter Form unterzeichnet und dem zuständigen Gericht eingereicht werden.
Für das Verfahren kommen die bei dem zuständigen Gericht geltenden Vorschriften zur Anwendung. Erforderliche Abänderungen und Ergänzungen derselben werden bis zur gesetzlichen Regelung durch das Gericht festgestellt. Die für den Fortgang des Verfahrens gesetzlich vorgeschriebenen Fristen können nach Ermessen des Gerichts abgekürzt werden.
Die Berufung hält die Vollstreckung der angefochtenen Verfügung nur dann auf, wenn die letztere den Verlust der Staatsangehörigkeit ausgesprochen hat. In diesem Falle kann dem Berufenden bis zur richterlichen Entscheidung der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt oder angewiesen werden.

§. 4.

Personen, welche nach den Vorschriften dieses Gesetzes ihrer Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate verlustig erklärt worden sind, verlieren dieselbe auch in jedem anderen Bundesstaate und können ohne Genehmigung des Bundesraths in keinem Bundesstaate die Staatsangehörigkeit von neuem erwerben.

§. 5.

Personen, welche wegen Vornahme von Amtshandlungen in einem Kirchenamte, das den Staatsgesetzen zuwider ihnen übertragen, oder von ihnen übernommen ist, zur Untersuchung gezogen werden, kann nach Eröffnung der gerichtlichen Untersuchung durch Verfügung der Landespolizeibehörde bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt werden.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 4. Mai 1874.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst v. Bismarck.