Pomologische Monatshefte:1. Band:6. Heft:Die Obstausstellung zu Staefa am Zürcher-See im Oktober 1854

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Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 6, Seite 249–256
Eduard Lucas
fortgesetzt von:
Pomologische Monatshefte:1. Band:3. Heft:Die Obstausstellung zu Stäfa am Zürcher See, und Bemerkungen über die Obstcultur in der Schweiz
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Sollen wir unsere Obstbäume durch Aussäen von Kernen vorzüglicher Früchte, ohne Veredlung heranzuziehen suchen …?
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Das Pfropfen in den Spalt
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Die Obstausstellung zu Staefa am Zürcher-See im Oktober 1854, nebst allgemeinen Bemerkungen über Obstausstellungen.
(Fortsetzung und Schluß des Artikels in Heft III.)
Vorbemerkung. Einestheils lag der Grund, warum die Fortsetzung des in Rede stehenden Artikels nicht früher dem Anfange folgte in der Menge werthvoller Beiträge, welche der Redaction von vielen Seiten zugingen, weshalb ich diese Arbeit stets wieder bei Seite legte, andererseits aber stand ein ausführlicher Bericht meines verehrten Freundes, des Herrn Obergärtner Regel in Aussicht, welchen ich glaubte noch vor dem Schluß des Ganzen benutzen zu können. Derselbe wird aber wohl erst später erscheinen, da eine Reihe Abbildungen der schätzbarsten Sorten der Ausstellung beigegeben werden sollen, und somit mag jetzt der Schluß jenes Artikels hier folgen.

Wir betreten nun die Säle der Ausstellung und werfen zuerst einen Blick über das Ganze, worauf wir eine Anzahl der interessantesten Sammlungen und den Inhalt derselben kurz betrachten wollen. Es war das ganze Festlocal, das Gasthaus zum Rößli, festlich geschmückt, und schon das Aeußere zeigte den Schönheitssinn und Geschmack, so wie den Fleiß und Kunstsinn derer, denen das Arrangement oblag. Die grünen Moose wechselten mit der silbergrauen Flechte, um Säulen zu bilden und Geländer zu schmücken, und auf dem grauen Grunde der letzteren nahmen sich die kunstgebildeten Füllhörner, die die herrlichsten Früchte auszugießen schienen, besonders schön aus. Eine eigenthümliche Zierde bildeten zwei Riesenexemplare der Aschenpflanze, Cineraria maritima, die in Kübeln stehend, frei auf zwei Säulen am Eingange postirt waren. Diese allbekannte alte Glashauspflanze, die gewöhnlich ganz vernachläßigt wird, ist zu solchen Decorationen vortrefflich und ihre silbergrauen filzigen Blätter nehmen sich bei solcher üppigen Cultur vortrefflich aus. Diese Fülle von Guirlanden und Festons hätten an andern Orten beträchtliche Ausgaben erfordert, hier kosteten sie fast nichts, denn eine namhafte Zahl von Frauen und Jungfrauen aus Staefa widmeten mit Freuden Fleiß und Mühe dieser Arbeit, und suchten ihren Lohn nur in dem Gelingen derselben. Sinnvolle Sprüche begrüßten an mehreren Orten den [250] Besucher. So stand über dem Eingang: „So sey denn dieses Fest ein Sporn zu neuem Streben und trage dazu bei, die Landwirthschaft zu heben!“, ein Wort, dessen Erfüllung wir jedem solchen Feste von Herzen wünschen wollen.

Was die zwei zur Aufstellung der Früchte und andern Ausstellungsgegenstände bestimmten Säle nun betrifft, so war hier allerdings mehr für den bloßen Freund des Land- und Gartenbaues, als für den Forscher gesorgt, und im Grund genommen der Raum für diese außerordentliche Menge von Früchten zu gering. Es ist dies übrigens ein sehr allgemeiner Fehler, der bei Ausstellungen gemacht wird, daß man zu sehr auf Totaleindrücke, auf ein recht harmonisches und schönes Ganzes hinarbeitet, als für jene Besucher gehörig Sorge trägt, welche wissenschaftlichen Forschungen wegen die Ausstellung besuchen. Auch bei der schönen und großartigen Ausstellung in Naumburg waren die Arrangements überaus geschmackvoll, aber für pomologische Forschungen großentheils unbequem. Soll das Obst nicht vorzugsweise nur Decoration seyn, so dürfen durchaus keine amphitheatralischen Stellagen, Pyramiden und dergleichen gebildet werden, sondern es müssen die Obstsorten auf geräumigen Tafeln, womöglich in Kapseln von steifem blauem Papier (die überaus billig sind), so groß, daß eine drei Aepfel von mittlerer Größe oder vier kleinere fassen kann, aufgestellt werden. Werden dann eine kleinere Anzahl noch größerer Kapseln angefertigt für Ramboure und Traubensorten, so wie eine Parthie halb so große wie oben angedeutet für Steinobstsorten, so ist für das Bedürfniß gesorgt, und man kann leicht in jede solche Kapsel den Namen legen oder schräg aufstellen, oder mit einer Oblate an den hinteren Rand so befestigen, daß Jedermann, ohne die Frucht wegnehmen zu müssen, die Namen lesen und sich merken kann. Die Prüfungscommission hat in diesem Falle nur die für echt erkannten Sorten mit einem * oder sonstigen Zeichen, die zweifelhaften mit ? zu versehen und jenen, die ohne Namen oder falsch bezeichnet waren, und die sofort genau bestimmt wurden, die richtigen Namen beizusetzen. Allein auch schon dieses ist eine Arbeit, die für den prüfenden Pomologen bei größeren Ausstellungen zu viel Zeit hinwegnimmt und es ist besser, diese Abänderung der Namen geübten Gehülfen zu überlassen, dagegen harmonirend mit den ausgestellten Früchten auf nummerirten Listen, die bei Eröffnung oder nach der Ausstellung eingesammelt werden, jene Zeichen und Berichtigungen einzutragen, die dann von dem Gehülfen auf das jeder Fruchtsorte beigegebene Etiquett übertragen werden, während die Listen dazu dienen, einen Hauptbericht anzufertigen und dem Besitzer später zurückgegeben, ihm als Leitfaden zur Berichtigung seiner Obstsorten dienen. Dabei ist es sehr förderlich, wenn solcher Gehülfen jedem prüfenden Pomologen zwei zur Verfügung stehen und wenn in folgender Weise verfahren wird: Der Pomolog durchsieht alle aufgestellten Collectionen zuerst flüchtig und beginnt dann erst mit der genaueren Prüfung einer einzelnen. Die Früchte sind entweder nach der Nr., die ihnen der Aussteller gegeben, aufgestellt, oder sie sind systematisch geordnet. Letzteres läßt sich nur bei Sammlungen erfahrner Pomologen erwarten, bei denen es gewöhnlich nur in geringer Zahl Berichtigungen gibt, es seyen denn Früchte von solchen mit ? aufgestellt und damit angedeutet, daß eine Berichtigung gewünscht werde. Der prüfende Pomolog verfährt [251] nun in folgender Weise. Er nimmt Sorte nach Sorte vor und nennt die Nr. oder den beigeschriebenen Namen oder beides; z. B. Nr. 21 Rosenapfel, Calvillartiger Wtr. Der Gehülfe hat die Liste vor sich und sucht die betreffenden Nr. nach und macht, wenn die Sorte für richtig befunden wird (wie wir hier annehmen wollen), ein * hinter den Namen; man geht zur folgenden Sorte, es sey Nr. 22, der Name fehlt; sie wird als Engl. Spital Reinette erkannt und der Name bei der betreffenden Nr. in die Liste des Einsenders eingetragen. Kommen neue und unbekannte Sorten vor, so gibt der Untersuchende die Klasse, Ordnung und Unterordnung einer systematischen Anordnung an, die ihm geläufig ist, z. B. einen Plattapfel mit rother Sonnenseite und offenem Kelch, würde ich XV 2a beisetzen lassen; einer Herbsttafelbirn mit saftreichem Fleisch und sternförmigem Kelch von rundlicher Gestalt, IV 1a u. s. w. – Derjenige Gehülfe, welcher bis zum Schluß einer Sammlung die Namen oder sonstigen Bemerkungen notirt hat, besorgt nun das Uebertragen auf die jeder Frucht beigelegten Etiquetten, und ein zweiter Gehülfe tritt bei der nächsten Sammlung an seine Stelle. Jene Sorten, die nicht sicher erkannt und berichtigt werden können, werden auf die eine Seite bei jeder Collection zusammengestellt, und nachdem jedes Mitglied der Prüfungscommission so eine Anzahl Sammlungen durchgangen, gehen sämmtliche Mitglieder diese noch zu berichtigenden Sorten durch. Allein immer noch werden gar manche Sorten nicht sicher bestimmt werden können. Dann werden an zwei oder drei der tüchtigsten Männer des Fachs diese Sorten zur Nachprüfung überwiesen, während am Ort der Ausstellung ein möglichst vollständiges Sortiment den Winter durch aufbewahrt wird und geeignet aufgestellt bleibt. Damit für dieses Sortiment, welches alle aufgestellten Sorten, so weit dies möglich, in 2–3 Exemplaren umfassen muß, nichts verloren gehe, wird schon während der Ausstellung damit begonnen, ein solches, systematisch geordnet, zusammenzustellen und eine der vollständigsten und reichsten, bestbestimmten und characteristischsten Sammlungen wird zur Grundlage derselben verwendet und von vornherein sogleich svstematisch geordnet aufgestellt, und zwischen jeder Klasse ein gehöriger Zwischenraum gelassen und diesen Früchten auch größere Etiquetten gegeben. Diese übersichtliche Zusammenstellung wird allen jenen Obstfreunden, die den Namen einer ihnen sonst bekannten Frucht auffinden wollen, ein herrlicher Leitfaden seyn und stets habe ich gefunden, daß solche gut durchgeführte systematische Aufstellungen am meisten von Obstfreunden durchforscht wurden.

Zu alledem gehört aber genügender Raum und hauptsächlich eine solche Art des Arrangements der ganzen Ausstellung, die eine leichte und genaue Durchsicht der einzelnen Sammlungen gestattet. Dies wird am besten erreicht, wenn je nach dem Raume 5½–6½ Fuß breite Tafeln von gewöhnlicher Tischhöhe aufgestellt werden. Die Mitte derselben dient zur Aufstellung von Gegenständen der Decoration, Vasen mit Blumen oder Früchten, Topfobstbäumchen, schönblühenden und reichbelaubten Glashauspflanzen u. s. w., während 2¼–2½′ rechts und links in je 4–5 Reihen hinter einander die Obstsorten der einzelnen Sammlungen aufgestellt sind. Will man die Tafeln stellagenartig einrichten, so dürfen die einzelnen Bretter nur je 2″ höher seyn als die vorhergehenden und nicht mehr wie drei solcher Erhöhungen eingerichtet werden, für [252] je zwei Reihen Kapseln. Hat man solche Pappkapseln nicht, so mögen Teller ihre Stelle vertreten; das Legen der Früchte aber in Moos und dicht zusammen gedrängt oder in besonders künstlich geordneten Pyramiden, Körbchen u. s. w. kann nur der Bestimmung der Früchte hinderlich seyn, ja wird sie oft ganz unmöglich machen.

Nach dieser Abschweifung kehren wir in die Ausstellungssäle in Staefa zurück. Die Mitte des Hauptsaales nahm eine ausgedehnte Gruppirung von hohen Glashauspflanzen aus dem Botanischen Garten in Zürich ein, an welche sich die von einzelnen Einsendern eingeschickten Erzeugnisse aus dem Bereich der Topfpflanzencultur in einzelnen kleinen Gruppen anreiheten, so wie auch ausgezeichnete Gemüse- und Wurzelgewächse dort placirt waren und im Vordergrund sich mehrere größere Obstsortimente anschlossen. Die Wände waren in der verschiedensten Weise mit Getreidearten, Trauben in allerlei Guirlanden und Topfpflanzen decorirt und auf zwei breiten Terrassen lag ringsum die ungeheure Menge des aufgestellten Obstes, unterbrochen hie und da durch andere landwirthschaftliche Producte und durch sehr mannigfache hübsche besondere Arrangements, die mit einem Aufwand von Kunst und Mühe gefertigt waren, die in der That Jedermann überraschte; da waren riesige Fruchtkörbe, Pyramiden aller Art, riesige Hänglampen, sogar ein Schweizerhaus, alles mit den buntfarbigsten Obstsorten decorirt.

Betrachten wir das Obst selbst, so ist die Schönheit so vieler Früchte und die Größe der Exemplare zu bewundern, allein einestheils ist das Klima gar sehr günstig für die Entwicklung und Ausbildung des Obstes, anderntheils waren sehr viele Exemplare von Pyramiden und Spalieren aufgestellt, die in jedem Garten auf dem Lande wie in der Stadt zu finden sind. Die Anzahl der wirklich edlen Sorten des Tafelobstes war nicht so groß, wie ich sie auf manchen anderen Ausstellungen fand, aber die Menge des überaus werthvollen Wirthschaftsobsts zum Mosten und Dörren war beträchtlicher, als mir sonst jemals vorgekommen war. Besonders reich fanden sich die Mostbirnen vor, deren reiche Tragbarkeit und Ergiebigkeit mir vielfach gerühmt wurde.

Die größeren Sammlungen waren von Vereinen ausgestellt, z. B. von der Lesegesellschaft Herrliberg, Gemeindsverein Küßnacht, Gemeinde Mänedorf, Gemeinsverein Thalweil, Schulgenossenschaft Kirchbühl und Fellbach u. A.; aber auch von Privaten waren sehr reichhaltige Sortimente da, so z. B. von Gärtner Muggli aus Greuth, von Gärtner Temperli am Uster, von Gebrüder Wetli in Hirslanden, von Oberrichter Stocker in Enge, von Cantonsrath Huber in Staefa u. A. Daß die Betheiligung eine sehr rege war, beweist die Zahl der Aussteller, deren es nahezu hundert waren.

Bevor ich die wichtigsten Sorten, die ich in der Ausstellung fand, kurz anführe, muß ich einige der dortigen Gegend eigenthümliche Bezeichnungen erwähnen. Die eine ist das Wörtchen Ar, ein uraltes Wort für Apfel, so daß z. B. Klingar soviel heißt wie Klapperapfel, Breitar, Breitapfel; Spitzar, Spitzapfel; Leuenar, Löwenapfel; Frühar, Frühapfel u. s. w. Es ist dieses Wort mehrfach falsch gedeutet worden, so z. B. hat Walker im Hohenheimer Obstsorten-Catalog aus Breitar „Breitohrapfel“ gemacht, und letzteren Namen als synonym bei dem Pomeranzenapfel (Diel) angeführt. Eine zweite, häufig vorkommende Bezeichnung ist Gruniker, [253] soviel als Grünling und Nahtapfel, was gleichbedeutend scheint dem Wort Rippapfel oder Kantapfel, denn die Sorten, die so genannt werden, gehören alle in die Klassen der Calvillen und Schlotteräpfel, z. B. wie der weiße Winter-Calvill, der einzeln Edler Nahtapfel genannt wurde.

Von Calvillen waren außer der ebengenannten, sehr viel als Spalier verbreiteten Sorte, da der Rothe Herbst C. – Edelkönig – Gestreifter gelber und rother Herbst C., Holländ. rother Wtr. C. – Jerusalems A. – Gravensteiner – Schwaben A., Frühar, Herbst C., Welscher Erdbeer A., Welscher früher, Thurgi A. und noch unter anderen Synonymen; – er kam in mehreren Abänderungen fast vom reinen blassen Strohweiß, bis zur schön carmoisinroth stark gestreiften Färbung vor, war aber überall durch seinen halb offenen Kelch und herrlichen Geruch bald kenntlich; Heers weißer Wtr. Calvill, ein dem hochverdienten Präsidenten des dortigen Landwirthsch. Vereins, Herrn Prof. Heer zu Ehren so genannter, in dortiger Gegend erzogener Apfel.

Schlotteräpfel waren in ziemlich beträchtlicher Anzahl vorhanden, namentlich unter den sogen. Nahtäpfeln, wie der Grüne N. A., Breiter N. A., dann der sehr gerühmte Klingar, der Engl. Sommer Gewürz A. – Ernte A., Paradies A., Jacobi A. – Ananasapfel, Fäßli A., Rother Back A. – Groß Leuen A. etc.

Von Gulderlingen fanden sich hier verhältnißmäßig sehr viele vor, so die Gruniker, von denen es einen welschen, einen kleinen, einen großen, einen spätblühenden u. s. w. gab.

Sehr empfohlen wurde wegen Wuchs und Tragbarkeit der Baarapfel.

Aus den Rosenäpfeln waren besonders die schönen Milchäpfel oder Züricher Transparent interessant, von denen mehrfache Abänderungen vorkamen, der Calvillartige Wtr. Rosen A. – Rothar, Galvillar, Blutrother Erdbeer A. – Vielfach war der schöne und dort hochgeachtete Frauenrothacher oder Frauenrothlicker vorhanden. Unter dem Namen Schwabenapfel waren mehrere Rosenapfelsorten vorhanden. Ein prachtvoller Apfel war als Meyringer Rosen A. aufgestellt.

Aus der Klasse der Taubenäpfel war ein Apfel von vorherrschendem Interesse, nämlich der Usterapfel, welcher außer diesem, dem Städtchen Uster entlehnten Namen auch noch Kreidebüchsli, Citronen A., Leiacher genannt wird. Wir gedenken später noch einmal ausführlicher auf diesen werthvollen Apfel zurückzukommen und eine genaue Abbildung und Beschreibung zu liefern, jetzt möge nur die Bemerkung hier Platz finden, daß er im Canton Zürich und Thurgau als einer der einträglichsten und nutzbarsten Aepfel gilt und zum Rohgenuß und zum Dörren vorherrschend verwendet wird, wozu sein gelbes würzig süßes Fleisch ihn besonders qualificirt. Früher rechnete ich denselben zu den Calvillen, allein die hier in Staefa in großer Menge beobachteten Exemplare ließen keinen Zweifel, daß er ein wirklicher Taubenapfel ist. Als verwandte Sorten sind zu nennen Hans Müller A., Saurer Uster A., auch waren einige Sorten Rosmarin Aepfel vorhanden und der Rothe Winter Tauben A., so wie der Rothe Herbst T. A., der die Namen Jerusalems A., Taubenherz, Spitzarli (Spitzäpfelchen) führte.

Ramboure prahlten in wahren Riesenexemplaren in beinahe allen Sammlungen, [254] besonders der riesige Gloria Mundi und obwohl seltner, der Kaiser Alexander und Dominisca.

Besonders reich war die Classe der Rambour Reinetten vertreten, und vor allem kam die Pariser Rambour R. unter den sehr allgemeinen Namen Englische R., Große englische R., R. d’Angleterre (der beiläufig bemerkt doch wohl als der verbreitetere Name, unter dem auch Metzger diese Frucht aufführt, mehr Geltung verdient, als die Bezeichnung Pariser Rambour R.), und unter den zum Theil bekannten Synonymen Canada R., Stern R., Windsor R., sowie als Mauerner R. sehr häufig vor. Bei dem Ort Mauer soll dieser Apfel besonders gut gerathen und ganz allgemein angepflanzt werden; die von dort aufgestellten Exemplare waren in der That ganz ausgezeichnet. Eben so häufig kam der Pomeranzen A., eine wirkliche Reinette, der hier als Breitar sehr verbreitet ist, vor, ein überaus tragbarer und köstlicher Winterapfel, welcher auch noch Breiticker, Scheibles A. genannt wird. Diel hat ihn mit Unrecht unter die Plattäpfel gestellt. Trotz der etwas frühen Blüthe trägt dieser Apfel auch hier in Hohenheim stets sehr reichlich. Der Goldzeug A. war da als Gold R. und Dielsdorfer R., und die Franz. Edel R., sowie die Pracht R., Credes Quitten R., und andere Sorten fanden sich mehrfach vor. Interessant war der hieher gehörige heimische Schinzen A.

Von Einfarbigen oder Wachs Reinetten war die Zahl der Sorten nicht groß, es mangelten namentlich fast gänzlich die kleinen Pepping Arten oder waren nur seltner vorhanden. Die Goldgelbe Sommer Reinette (Ernte A., Schmalzar), die Weiße Wachs Reinette (Frühe Reinette, Weiße Rein.), Hieroglyphen R., Grüne R., Ananas R., Gaesdonker R. (Rost R., Gold A., Grüne Leder R.), R. v. Breda, Champagner R., Wellington, Walliser Limonenpepping, Character R. waren mehrfach zu finden.

Unter den Bosdorfer Reinetten waren überaus interessante Formen da, wenn auch der Edle Winterborsdorfer nur in zwei oder drei Exemplaren zu finden war. Abänderungen der Tyroler- oder Glanz- R. waren es, die in fast allen Sammlungen bald größer, bald kleiner, bald fast glatt, bald ziemlich rostig punktirt vorkamen und den Namen Margalar führten, dem je nach der Größe und sonstigen Abweichungen noch Beinamen gegeben waren. Es wurden diese interessanten Aepfel dort allgemein gerühmt. Mehrere andere Borsdorfer, wie der Zwiebel B., einer unter dem Namen Wettinger A., süßer rother Borsdorfer als süßer Breitar fanden sich nicht selten vor.

Rothe Reinetten waren viele und in sehr schönen Exemplaren aufgestellt, so Baumanns rothe Wtr. R., Superintendenten A., Engl. rothe Winterparmäne, Engl. Scharlachparm., Röthliche R., u. a. Carmeliter R. (Forellen R.), Platte Granat R. u. a.

Auch Lederäpfel fehlten nicht in den bekannteren Sorten; eigenthümlich waren hier die Synonyme Heiden A. und Juden A. für einzelne dieser Sorten, während sie im Württemb. Oberlande sogar Zigeuner A. genannt werden.

Die Engl. Wintergoldparmäne kam unter den Gold Reinetten nur einzeln vor, ihre Vorzüge werden aber bereits anerkannt; die Große Casseler R., die Orleans, die Engl. Granat R., [255] Franz. Gold R., Königl. rother Kurzstiel waren ziemlich häufig vertreten.

Die Klasse der Streiflinge war, wie in fast allen Ausstellungen, hier auch eine sehr an Sorten reiche; es mag genügen, wenn ich nur den kleinen Granar, der wegen seiner reichen Tragbarkeit und seines Werths zu Most gerühmt wurde, anführe und einige minder bekannte Synonyme erwähne; so hieß der Weiße Mat A. Lembler und Nägelis A., der Große rheinl. Bohn A. Kupferschmid und Eisen A., der Schwarzschillernde Kohl A. Brombeer A. und Mohren A.

Unter den Spitz-Aepfeln müssen der Brändli A., der Spitzweiße (Spitz Wisicker) und der Hans Uli A. als dort heimische sehr verbreitete und allgemein gerühmte Sorten erwähnt werden, und unter den Plattäpfeln verdienen die Campaner – soll vielleicht Champagner heißen – von denen auch einige Abarten vorkamen, Großer C., Kleiner C., Welscher Campaner, ganz besondere Beachtung. Es sind dies sehr verbreitete und ungemein fruchtbare Aepfel, die in diesem Frühjahr in großer Menge von dem benachbarten Thurgau auf der Eisenbahn eingeführt, den Obstmarkt in Stuttgart schmücken. Der Apfel gehört wohl freilich nicht zu den edleren Tafelsorten, allein er wird doch gern gekauft und ist sehr haltbar und von lachend schönem Ansehen; seine Farbe ist herrlich blutroth verwaschen und der Apfel ist von mittlerer Größe. Die Bäume sind ganz mit kurzem Fruchtholz besetzt, wie bei der Champagner R., mit welcher die Campaner in Wuchs, Geschmack und Haltbarkeit ziemlich viele Verwandtschaft zeigen. Mehrere Taffet- und Wachsäpfel sowie die bekannten Apisorten waren häufig zu finden, der Rothe Stettiner dagegen nur in einzelnen Exemplaren.

Die Birnen waren in sehr bedeutender Sortenzahl vorhanden, sowohl Tafelbirnen, als vorzüglich Mostbirnen. Die von Bollwiller aus verbreiteten Tafelbirnen, Beurré blanc und gris, Chasserie, Chaumontel, Crassanne, Angoulème, Belle et bonne, Beurré d’Hardenpont (Goulu Morceau) Verte longue und V. l. panachée, B. van Marum, Saracin u. a. vorzügliche Sorten waren in wahren Prachtexemplaren, größtentheils von Spalieren vorhanden. Ziemlich häufig fand sich noch die Engl. Sommerbutterbirn (unter dem Namen Engl. Butterbirn) vor. Unter den Bezeichnungen kommen manche arge Verketzerungen vor, wie Dellemot statt Bezi de la Motte, Schengschermeng statt St. Germain. Besonders häufig war die Sommer Apothekerbirn als Grüne oder auch als Große Mailänderin zu finden in wahrhaften Riesenexemplaren, und nur der sehr kenntliche Geschmack führte mich auf den wahren Namen, denn die Früchte waren meist fast ganz ohne Röthe und so wunderschön, wie ich sie nie gesehen habe. Hier und an andern mir bekannten Orten ist diese Birn vollständig im Rückgang und droht zu verschwinden; die Bäume tragen fast nichts mehr und die Früchte sind sehr oft fleckig.

Die Mostbirnen hier aufzuzählen, möchte viele der geehrten Leser dieser Zeitschrift ermüden; da diese Sorten noch größtentheils nirgends beschrieben sind, trotzdem daß sie hier in allgemeiner Verbreitung vorkommen und zu den nutzbarsten und einträglichsten Obstbäumen gezählt werden. Ich nenne nur einige der verbreitetsten und werthvollsten Sorten: die Thailersbirn, Schweizer Wasserb. (Thurg. B., Glockenb., Kugelb.), Höhnenb., Guntershauser B., [256] Strickb., Fischbächler, Späte Weinbirn, Bergler, Sülibirn, Eschemer Holzbirn, Kalchbühler.

Die Ausstellungskommission hatte zur Aufzeichnung einer jeden Sorte Tabellen vertheilt, die auch von vielen Ausstellern sehr genau ausgefüllt worden waren und welche von den Herren Seminarlehrer Kohler und Obergärtner Regel bearbeitet und zusammengestellt ein reiches Material zu einer Pomona der dortigen Gegend liefern werden.

Welchen großen Werth diese Ausstellung hatte und welche segensreichen Wirkungen für Hebung und Vervollkommnung des Obstbaus in ihrem Gefolge sind, brauche ich bei dem regen Sinne der Schweizer für Land- und Gartenkultur und bei der Energie, mit welcher der hochverehrte Präsident des Landw. Vereins, Herr Prof. Dr. Heer und die oben genannten Herrn sich den Angelegenheiten des Vereins widmen, wohl nicht erst zu versichern. Eine Menge von Bestellungen auf Edelreiser und Bäume, die von dorther in Hohenheim einliefen, mögen ebenfalls Beweis des neu erwachten Eifers für die Obstkultur geben.

Ed. Lucas.