RE:Furius 32

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Alpinus, bei Horaz erwähnter Dichter s. Nr. 37
Band VII,1 (1910) S. 318319
Bildergalerie im Original
Register VII,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VII,1|318|319|Furius 32|[[REAutor]]|RE:Furius 32}}        

32) Furius Alpinus. Horaz schreibt Sat. I 10, 36 turgidus Alpinus iugulat dum Memnona dumque diffindit (so ist zu lesen, s. u. S. 321, 15) Rheni luteum caput, haec ego ludo. d. h. er macht sich über einen schwülstigen Dichter lustig, der den Tod des Memnon und das Rheindelta besungen hat. Sat. II 5, 40 heißt es zur Bezeichnung winterlicher Kälte seu pingui tentus omaso Furius hibernas cana nive conspuet Alpes. Daß hier eine Parodie vorliegt, ist ohne weiteres klar; [319] greifbar wird sie durch die Scholiasten: F. (nach den Scholiasten: Furius Bibaculus) hatte gedichtet: Iuppiter hibernas cana nive conspuet Alpes. Daß Horaz an beiden Stellen denselben Dichter meint, bezweifelt wohl niemand. Neben dem äußeren Grund, daß Acro zu I 10, 86 ebenfalls von Furius Bibaculus spricht (Porphyrio faselt von einem Cornelius Alpinus), beweist namentlich der Zusammenhang der Stoffe (Rhein und Alpen; vgl. z. B. Catull. 11, 9ff. Verg. ecl. X 47) und die Übereinstimmung des offenbar doppelsinnigen turgidus mit pingui tentus omaso. Daraufhin kann man nun allenthalben von einem Dichter Furius Alpinus lesen (z. B. Th. Hildebrand Quaestiones de Furiis poetis, Halle 1892. Schanz Röm. Lit.-Gesch. I 13 221. Kiessling-Heinze zu Sat. I 10, 36 u. a.). Unter denen, die demgegenüber die mir einzig zulässig scheinende Auffassung vertreten haben (neuerdings bes. L. Müller und G. Friedrich Zur Geschichte d. röm. Satire, Schweidnitz 1899. 10f.), ist glücklicherweise auch Bentley: Alpinus vel quia Gallus vel quia bellum Gallicum versibus scripsit vel (quod ego potius existimo) ob male natum istum versiculum ,Conspuit Alpes‘ usw. Die Möglichkeit dieser Interpretation muß jeder zugeben; das genügt aber völlig, um einen besonderen Dichter Furius Alpinus unter die imaginären Größen zu verweisen; denn dann wird das völlige Schweigen aller andern Quellen über eine solche Persönlichkeit vernichtend. Man hat nun freilich wiederholt eingewendet (so z. B. A. Wissowa Über die den Dichter F. betreffende Stelle in Hor. Sat. II 5, 39–41, Breslau 1867 S. IX), diese Auffassung von Alpinus hätte nur dann ,Glaubwürdigkeit, wenn Horaz in dem früheren Gedichte den parodierten Vers mit dem Namen F. angeführt und in dem späteren ... ihn Alpinus genannt hätte‘. Bentley hat darauf schon mit dem Schluß seiner Anmerkung geantwortet: versiculum ,Conspuit Alpes‘; quo risus iocosque (Furius) dedit illius aevi poetis‘, nicht bloß dem Horaz. Ja, es mag (wie das ja auch schon Bentley andeutet) gar nicht bloß ein einzelner Vers gewesen sein, der den Spott erweckte, sondern eine längere Beschreibung der Alpen, und es wird unter Nr. 37 zu untersuchen sein, ob dergleichen in dem Gedichte eines F. vorkommen konnte. Endlich kann auch in Alpinus zu allem anderen ein Doppelsinn liegen, wenn nämlich der Verspottete aus einer Alpengegend stammt. Dazu stimmt pingui tentus omaso; vgl. den sog. Philoxenus Corp. gloss. lat. II 138: omasum βόειον κόπαιον λιπαρὸν τῇ τῶν Γάλλων γλώττῃ; die oberitalischen Gallier stehen überhaupt im Rufe, an fetten Fleischspeisen Freude zu haben, und der Gallier Plotius Tucca hatte daher seinen Beinamen (Schol. Pers. 2, 42). Da nun zwei reale römische Dichter des Namens F. existieren (s. Nr. 34 und 37), hat man selbstverständlich den Alpinus mit einem von ihnen zu identifizieren. Wem die obigen Erwägungen über die Nationalität des Alpinus einleuchten, braucht nicht weiter zu suchen: Alpinus kann nur Furius Bibaculus sein, der aus Cremona stammte; Acro und Porphyrio behalten recht. Literatur s. bei Nr. 37.