RE:Genucius

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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altes, bedeutendes plebeisches Geschlecht im Ständekampf
Band VII,1 (1910) S. 12061207
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Genucius, Name eines alten und bedeutenden plebeischen Geschlechts. Plebeische Genucier spielen in der Geschichte des Ständekampfes eine wichtige Rolle und erscheinen in den Fasten der Consulartribunen, der Consuln und der Auguren sofort, nachdem diese Collegien den Plebeiern zugänglich gemacht worden sind (vgl. Nr. 10. 14. 3). Damit nicht zufrieden, haben sie ihren Namen auch in die Fasten der älteren Zeit, in der die Staatsämter nur den Patriziern offen standen, eingeschmuggelt, so daß sie sich selbst zu Patriziern erhoben, und zwar ist diese Fälschung schon in sehr früher Zeit, in den Fasten des Aedilen Cn. Flavius 450 = 304, vorgenommen und deshalb bis in die neueste Zeit hinein nicht entdeckt worden. Zuerst hat Mommsen (Röm. Forsch. I 65–68) erkannt, daß das Cognomen Augurinus den G. erst beigelegt sein kann, nachdem einer von ihnen unter den ersten plebeischen Auguren gewesen war (Nr. 3), und daß es daraufhin von dem Redactor der Capitolinischen Fasten den ältesten Consuln und Consulartribunen dieses Namens zugewiesen wurde. Dann hat Enmann in der (mir unzugänglichen) Ztschr. f. alte Gesch. I 93 (vgl. Rh. Mus. LVII 521 Anm. K. J. Neumann Straßburger Festschr. z. Philologenvers. 1901, 326. Sigwart Klio VI 278) die weiteren Konsequenzen daraus gezogen. Nicht nur das Cognomen, sondern die ganze Existenz patrizischer Genucii Augurini ist eine Fälschung, begangen im Interesse der plebeischen G. um 450 = 304 des Consuls Nr. 15 und des Augurs Nr. 3. Damit fallen dahin die Consuln von 303 = 451 (zugleich Decemvir, Nr. 12) und von 309 = 445 (Nr. 11), gegen die ohnehin Bedenken erhoben werden können. Dagegen ist wohl nur das Cognomen gefälscht bei dem Consulartribunen Nr. 10; er ist wohl der Begründer des Ansehens seines Geschlechts, das sich nach der Licinisch-Sextischen Gesetzgebung darin zeigt, daß unter den fünf ersten plebeischen Consuln neben Licinius und Sextius selbst dreimal G. erscheinen. Ihr Beiname Aventinensis stammt vom Plebeierberg, dem Aventin, und muß, wenn die in den Fasti Cap. bei ihnen angegebene Filiation Glauben verdient, bis auf den Urgroßvater zurückgehen, d. h. bis [1207] in die Zeit des Decemvirats, der gefälschten patrizischen G. und der Überweisung des Aventins an die Plebs. Eine spätere Generation der plebeischen G. sind jene Zeitgenossen des Appius Caecus und des Cn. Flavius; eine noch jüngere, mit dem Beinamen Clepsina, gehört in die Periode des Tarentinischen Krieges. Im Zeitalter der Punischen Kriege ist das Geschlecht erloschen.