Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Rochsburg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: † † †
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Rochsburg
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 54–55
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons = SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[Ξ]
[54]
Rochsburg.


Die alte Veste Rochsburg deckt den Gipfel eines etwa hundert Ellen hohen Berges, welcher aus den Höhen des linken Muldenufers schroff hervortritt. Der Strom ist hier ziemlich schmal und drängt sich um den Fuss des Schlossberges, wodurch ein von bedeutenden Berghöhen umgebener Kessel gebildet wird, den jedoch das Vorgebirge, auf dem das Schloss ruht, fast gänzlich ausfüllt. Die Berge sind nach der linken Seite hin mit dem Flecken Rochsburg und seinen Obstgärten, sowie mit herrschaftlichen Fluren und Buschholz bedeckt, während die rechts gelegenen Höhen mit ihren herrlichen Waldungen die unbeschreiblich reizende Aussicht vom Schlosse noch mehr vervollständigen. Die herrliche Lage des Schlosses Rochsburg lässt sich mit der des königlichen Schlosses Wesenstein vergleichen, doch liegt ersteres weniger einsam und wegen seiner grösseren Erhebung über den Fluss viel freier, ist aber trotzdem nur von wenigen entfernten hohen Orten, zum Beispiel dem Rochlitzer Berge und der Langenberger Höhe bei Hohnstein, sichtbar, weil die ringsumher liegenden Berge den Schlossberg überragen. Vor der Erfindung des Pulvers und selbst noch zu der Zeit, wo die Artillerie auf keiner hohen Stufe der Ausbildung stand, war die Rochsburg ein äusserst festes Schloss, dessen Widerstandsfähigkeit allerdings durch die Kunst bedeutend vermehrt wurde, denn tief in den Felsen arbeitete die Menschenhand feste Kasematten, sowie einen Graben über den eine Brücke nach dem inneren Thore führt. Ehe man indessen die Brücke, vormals eine Aufziehbrücke, erreicht, geht der Weg durch ein sogenanntes Rondel, einen runden mit hohen Mauern und Schiessscharten versehenen Vorhof. Das erste Schlossthor ist zum Theil aus dem Felsen gesprengt und führt zwischen dem eigentlichen Schloss und einem kleinen vom Castellane bewohnten Thurme in den Zwinger, welcher auf einer Seite von den ungeheuren Mauern des Schlosses, auf der anderen von einer Ringmauer mit bedecktem Gange und Schiessscharten begrenzt ist. Am Ende des Zwingers befindet sich das zweite Thor, durch welches man in den äusseren Schlosshof kommt, der grösstentheils von Oekonomiegebäuden umschlossen, nach ziemlicher Ausdehnung an dem Pulverthurme endigt. Westlich von diesem Hofe gelangt man nach dem eigentlichen inneren Schlosse und steigt auf einer breiten Treppe durch einen Flügel desselben hindurch in den inneren Hof. Das Schloss ist im Quadrat erbaut und enthält in drei Etagen die prachtvoll eingerichteten herrschaftlichen Wohnzimmer, mehrere zum Theil sehr alterthümliche Säle, die Schlosskapelle und den Hauptthurm, welcher rund und fast in der Art gebaut ist wie die Wartthürme auf den Schlössern Gnandstein und Scharfenstein. Durch eine 1582 im Schlosse ausgebrochene Feuersbrunst wurde auch der obere Theil des Thurmes zerstört, so dass er bis auf etwa sechzig Ellen abgetragen werden musste und ein haubenförmiges Schieferdach erhielt. Die im Jahre 1500 erbaute Capelle, in welcher der Ortspfarrer den Gottesdienst zu verrichten verpflichtet ist, woher er den Titel eines Hofpredigers führt, erlitt nach dem schon erwähnten Brande eine gründliche Restauration, zu welcher Zeit Adam Lorenz zu Freiberg auch die schöne Altartafel anfertigte. Die Capelle wird nur noch bei besonderen Gelegenheiten benutzt. Der erste Hofprediger, welcher 1576 sein Amt antrat, nicht aber zugleich auch das Pfarramt im Flecken Rochsburg verwaltete, hiess Held, und war ein tüchtiger Geistlicher, den man zu Lausigk als Flacianer removirt hatte. Er starb als Pfarrer zu Burgstädt. Bevor Held als Hofprediger auf die Rochsburg kam war der Dorfpfarrer zugleich auch Schlossprediger, durfte indessen nicht den Titel eines Hofpredigers führen, welche Auszeichnung Churfürst August erst um das Jahr 1560 aus besonderem Wohlwollen für den damaligen Besitzer des Schlosses, Wolf den Aelteren Grafen von Schönburg, dem Pfarrer der Schlosskapelle ertheilte. Graf Wolf von Schönburg hatte bei dem Churfürsten angesucht, dass der Hofprediger nur dem Superintendenten zu Chemnitz untergeordnet sein möge, der Churfürst aber bewilligte, dass er dem Superintendenten zu Rochlitz untergeben sei, welche Abhängigkeit indessen bereits 1588 wieder aufhörte. Die Kirche befindet sich im westlichen Theile des Schlosses der eine Schieferbedachung trägt und durch eine Anzahl verzierter Spitzgiebel ein stattliches Ansehen erhält. Der Hauptthurm und der viereckige Pulverthurm, welcher letztere nur etwa vierzig Ellen hoch ist, sind mit Blitzableitern versehen. Im Schlossgraben bemerkt man den Eingang zu einer Höle.

Das Schloss ist mit Gärten und bei aller Einfachheit herrlichen Spaziergängen umgeben, die bald frei bald in Laubgehölzen an den felsigen Rändern des Berges auf- und abwärts führen und dem Auge unaufhörlich die reizendsten Landschaftsbilder, indessen nirgends eine Fernsicht, bieten. Die letzten Besitzer des Schlosses haben auch einige benachbarte Berge durch einfache Anlagen zu trefflichen Spaziergängen umgeschaffen, doch ist nirgends eine kostspielige gartenkünstlerische Ausschmückung wahrnehmbar, indem man die richtige Ansicht hegte, dass hier die Gebilde der schöpferischen Natur nicht corrigirt, sondern in ihrer grossartigen Einfachheit erhalten werden müssten. Eine vorzüglich reizende Aussicht geniesst man von der einstigen Zugbrücke der Burg hinab auf die Mulde, das Wehr und die nahe Mühle. Ein an Naturschönheiten unbeschreiblich reich ausgestattetes Thal öffnet sich hier in der Richtung nach Lunzenau; von wahrhaft grossartiger Schönheit aber ist der zwischen Rochsburg und Penig gelegene Muldengrund. Hier hat der Muldenstrom in unzähligen kurzen Windungen das mit Schwarzwald bedeckte Gebirge durchbrochen und füllt das enge Thal, welches er durchfliesst, gänzlich aus. Die Berge ragen steil und gewaltig empor und von ihrer Höhe zeugen die Felsenwände, welche hier und da fast hundert Ellen aus dem Thalgrunde aufstreben. Kaum eine halbe Stunde von Rochsburg erhebt sich eine Gruppe solcher riesigen Felsen, welche an einzelne Parthieen des Plauenschen Grundes erinnern. Nicht weit davon ragt ein achtzig Ellen hoher Fels empor, an dessen Gipfel der Eingang einer Höle sichtbar ist, wie es denn hier überhaupt mehrere interessante Klüfte und Hölen, z. B. „die Amtsmannskluft“ und das „Brauseloch“ giebt. Unweit dieser Felsengruppen befindet sich ein Steinbruch, der sehr guten Granit liefert. Einige Bäche rinnen durch finstere, verwaldete in das Hauptthal auslaufende Seitenthäler, [55] mischen ihr Plätschern in das durch häufige Hemmnisse und Fälle bewirkte Rauschen des Muldenstromes und vermehren das Interesse eines Thales, welches unbedingt zu den reizendsten Parthieen unseres Vaterlandes gehört.

Die Herrschaft Rochsburg war ursprünglich nur ein altschriftsässiges Meissnisches Rittergut führt aber wegen ihres bedeutenden Umfangs den Namen einer Herrschaft schon seit mehreren Jahrhunderten und die Burgherren waren stets mächtige und einflussreiche Männer. Bis in das vierzehnte Jahrhundert gehörte die Rochsburg den Burgrafen von Altenburg, welche einen grossen Theil des an den Pleissner oder Altenburger Gau grenzenden Gaues Chutici innehatten und daselbst die Burgen Rochsburg, Drachenfels, Zinneberg und Liebchnstein erblich besassen. In frühester Vorzeit war die Herrschaft Rochsburg nördlich von der Grafschaft Rochlitz – zu welcher das damalige Kloster Zschillen mit dem grössten Theile der jetzigen Herrschaft Wechselburg gehörte – östlich und südwestlich vom Chemnitzer Reichslande und mehreren adeligen Besitzungen, südwestlich von dem Gebiet der Bolkenburg oder jetzigen Wolkenburg und westlich vom Pleissnerlande umgeben; die später sogenannte Herrschaft Penig gehörte zu Rochsburg.

Der Ursprung des Schlosses Rochsburg ist unbekannt. Die Annahme, es sei die Burg Resigeberg, bis zu welcher im Jahre 830 die um Colditz wohnenden Slaven zurückgedrängt wurden, entbehrt jedes historischen Beweises, soviel ist indessen gewiss, dass Rochsburg zu den ältesten Schlössern des Landes gehört und bereits im neunten Jahrhundert vorhanden war. Urkundlich wird die Burg zuerst im Jahre 1200 erwähnt, wo ihr Besitzer Ritter Günther von Rochsberg bei dem allgemeinen Landtage, welchen Markgraf Dietrich auf dem Colmberge hielt, sich unter den versammelten Vasallen befand. Noch 1220 lebte Ritter Günther und trug damals seine Güter vom Markgrafen Conrad, Dedos Sohne, zur Lehn. Vielleicht starb Günther von Rochsberg 1229, denn in diesem Jahre wird Rochsburg zuerst eine Besitzung der Burggrafen von Altenburg genannt. Burggraf Albrecht besass das Schloss von diesem Jahre bis 1270, und als er starb theilten die beiden hinterlassenen Söhne Albrecht und Dietrich des Vaters Besitzungen dergestalt, dass unter anderen auch die Rochsburg an Dietrich gelangte. Dietrich bewohnte die Rochsburg, nannte sich nach ihr und brachte 1290 auch die burggräfliche Würde wieder an seine Linie. Um das Jahr 1320 vermählte sich Burggraf Otto I. von Leissnig mit Elisabeth, Burggräfin von Altenburg, wodurch die Rochsburg an die später mit fürstlicher Würde begabten Burggrafen von Leissnig kam, bei denen sie fast zwei Jahrhunderte blieb. Die Burggrafen von Leissnig legten auf die Herrschaft Rochsburg hohen Werth, indem sie in derselben mancherlei Gestifte und Anstalten von Bedeutung gründeten, und ihrem Titel fast immer auch den eines Herrn von Rochsburg hinzufügten. Zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts verpfändeten die Burggrafen das Schloss und die Herrschaft Rochsburg an den Herzog Albrecht von Sachsen, und da der Pfandschilling nicht zurückgezahlt wurde, verlieh der Herzog selbige den mächtigen und reichen Rittern von Ende, von denen Wolf von Ende Oberster und Statthalter des Bischofs Philipp von Zeitz und später der Churfürsten Moritz und August geheimer Rath der letzte Besitzer Rochsburgs war, indem er es um 60000 Gulden an die Vormünder der Gebrüder Johann Ernst, Georg, Hugo und Wolf von Schönburg verkaufte. Nach einer anderen Nachricht soll schon Burggraf Albrecht III. von Leissnig der letzte Herr seines Geschlechts auf Rochsburg gewesen und 1448 die Herrschaft an Heinrich Reuss den Mittlern zu Gera verkauft haben. – Wolf von Ende verkaufte Rochsburg am 17. Januar 1548, doch ertheilte ihm der Churfürst nur ungern die Erlaubniss dazu. Als die Gebrüder von Schönburg ihr Erbe antraten, empfing Wolf die Herrschaft Rochsburg, Penig und Wechselburg, und seitdem ist das Schloss nie wieder aus dem Besitz der Familie Schönburg gekommen. Zur Zeit residiren auf dem Schlosse Rochsburg J. Erlauchten die Grafen Heinrich und Ernst von Schönburg-Rochsburg, Söhne des verstorbenen Grafen Ludwig von Schönburg-Hinterglauchau.

Der unter dem Schlosse befindliche Flecken Rochsburg liegt beinahe gänzlich am linken Ufer der Mulde, grösstentheils am Abhange mehrerer Berge und namentlich desjenigen, aus welchem der felsige Schlossberg in südöstlicher Richtung als ein Vorgebirge hervortritt. Der Ort ist etwas zerstreut gebaut, weil Gänge und Felsklippen die freie Benutzung des Raumes nicht erlaubten, und dehnt sich fast eine Viertelstunde hin bis zu den nordöstlich gelegenen herrschaftlichen Gebäuden, worunter die berühmte Stammschäferei, welche man früher für die edelste in Deutschland hielt. Die hiesige Kirche stand einst unter dem Kloster Zschillen und war schon 1333 bedeutend dotirt, namentlich durch den Pfarrer Conrad, denn es gehörte bereits damals eine Mühle in Lunzenau dazu, in welcher später der Pfarrer einen Dingestuhl hegte. Kirche, Pfarre und Schule sind ziemlich hoch gelegen und mithin von Norden und Westen weithin sichtbar. Die meisten Bewohner Rochsburgs (700 Köpfe) besitzen schöne Obstgärten und treiben Spinnerei, Weberei, Strumpfwirkerei und Waldarbeit. Ausser dem Pfarrer (Hofprediger) fungirte seit 1678 an hiesiger Kirche auch ein Diakonus, der aber seit 1834, wo das Städtchen Lunzenau zu einer selbstständigen Parochie erhoben wurde, das Pfarramt daselbst erhielt, durch welche Trennung die Einkünfte des Rochsburger Pfarrers bedeutend geschmälert worden sind.

Zur Herrschaft Rochsburg gehören die beiden Städte Burgstädt und Lunzenau, Schloss und Flecken Rochsburg, die Dörfer Arnsdorf, Burkersdorf, Dittmannsdorf, Höllsdorf, Hoyersdorf, Mohlsdorf, Nieder- und Oberelsdorf und Antheile an Berthelsdorf, Kleinchursdorf, Obergräfenhain, Schlaisdorf und Wernsdorf; dazu kommen die Obergerichte über den grössten Theil von Thierbach, Antheile an Dürrengerbisdorf und Dittmannsdorf und über die andere Hälfte von Berthelsdorf.

† † †