Russische Suppen

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Titel: Russische Suppen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 740
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
E. M. Schranka: Die Suppe. Ein Stückchen Kulturgeschichte. 2. Auflage. Hans Lüstenöder, Berlin 1890 SLUB Dresden
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[740] Russische Suppen. In einem Schriftchen: „Die Suppe, ein Stückchen Kulturgeschichte“, giebt Eduard Maria Schranka auch eine Schilderung der russischen Suppen, die nicht ohne Interesse ist. Da giebt es zunächst Fischsuppen, den Rassol, aus dem delikaten Sterlet bereitet mit gesalzenen Gurken und langgeschnittenen Wurzeln, worin aus Mehl und Kaviar gemachte Klöße schwimmen. Auch die Ucha ist eine russische Fischsuppe, zu welcher das Fleisch der Fische ganz fein verrieben wird. Bei den 1791 von Potemkin in St. Petersburg gegebenen Bällen erschien stets eine Fischsuppe im Werth von 1000 Rubeln in einem 300 Pfund schweren Silbergefäß. Einstmals lud sich die große Katharina bei Potemkin plötzlich zum Abend auf eine Sterletsuppe ein. Nun war aber gerade zur Zeit kein Sterlet aufzutreiben und nur aus besonderer Gefälligkeit überließ ein Kaufmann dem Minister einige Fische, wofür er sich ein Gemälde der Madonna von Andreas del Sarto ausbedungen, das der Fürst und Liebling der Katharina kurz zuvor für 10000 Rubel erstanden. Das war allerdings die theuerste russische Fischsuppe und wohl die theuerste Suppe überhaupt, von welcher die Anekdotensammler berichten.

Die berühmte russische Nationalsuppe, die so weit gekocht und gegessen wird, als es Russen in der Welt giebt, ist die Kohlsuppe, der „Schtschi“. Täglich findet sie sich in der Schüssel der Armen sowie neben den feinsten Ragouts und Pasteten auf den Tafeln der Reichen. Weder eine politische noch eine moralische Revolution war bis jetzt im Stande, den Schtschi von der russischen Tafel zu verdrängen. Die Zubereitung ist eine sehr verschiedene: es giebt zunächst so viele Arten des Schtschi, wie es Kohlvarietäten giebt. Das Hauptrecept ist: gehackter weißer Kohl, sechs bis acht Köpfe, ein halbes Pfund Mehl, Graupen, ein viertel Pfund Butter, eine Hand voll Salz und zwei Pfund Schaffleisch. Dazu ein paar Kannen Kwaß, des bierähnlichen russischen Getränkes. Wird statt Butter Oel genommen, so entsteht der Posdnoi-Schtschi, der Fasten-Schtschi; außerdem giebt’s noch eine große Menge Abarten: dazu gehört auch der kleinrussische Borschtsch. Dem Schtschi als Wintersuppe steht die berühmte russische Botwinje, die Sommersuppe, gegenüber. Sie enthält dieselben Ingredienzien wie dieser, nur kalt. In Rußland herrscht überhaupt die Eigenthümlichkeit, daß jedem warmen Gericht oder Getränk ein kaltes Gegenstück entspricht. So ist das Gegenstück des kalten „Kwaß“, der unserem Bier entspricht, der heiße Sbiten. Ueberhaupt haben die Russen für jede Jahreszeit eigene Suppen, ja eine eigene Speisekarte.