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Grunde die Beanspruchung des Steinmauerwerks gering ist und bis auf 2–5 kg / qcm sinken muß. Exners Verhalten beim Grundbau zeigte eine übertriebene Ängstlichkeit, Furcht vor Verantwortung, die zur Gewissenlosigkeit wurde, da sie auf Kosten der Kirchgemeinde ging. Und Exner, der selbst noch keinen Kirchenbau ausgeführt hatte, sprach Schmidt die Kenntnis in der Anlage ihrer Gründungen ab, einem Schmidt, der von Jugend auf an den Bährschen Kirchenbauten reiche Erfahrungen gesammelt, der zwei große Kirchen selbständig ausgeführt hatte, nicht als Zimmermeister, sondern als Baumeister. Ebenso unwahr, ja lügnerisch waren die übrigen, äußerst oberflächlichen Anmerkungen Exners, die nur dazu dienen konnten, das Vorurteil über Schmidts Persönlichkeit noch weiter herabzuziehen. „Wegen dargetaner Unerfahrenheit“, heißt es in späteren Kabinettsberichten, „mußte Schmidt die Bau­leitung genommen werden.“

Rein sachlich, ohne jede persönliche Spitze war Schmidts Eingabe. Die angebliche Unbescheidenheit Schmidts konnte nur darin bestehen, daß er immer wieder den Mut fand, aus seinem besseren Wissen und Gewissen heraus die gefährdeten Interessen des Kirchenbaues, der Kirchgemeinde und des Rates mannhaft und furchtlos zu vertreten wider einen persönlichen und unfähigen Gegner, der eigennützig seine Pläne hinter dem Staatsinteresse zu verstecken suchte, der gewissenlos die Spar­pfennige und Steuergroschen einer verarmten Kirchgemeinde zweckwidrig beim Bau vergeudete, der die sachliche Entgegnung als Insubordination eines Untergebenen brandmarkte und mit Intriguen bekämpfte. Und weiter wagte es Schmidt, seine gute Sache zu verteidigen vor einer schlecht beratenen, aber allmächtigen Regierung, die das Rechte nicht zu erkennen, das Lügengewebe nicht zu durchschauen vermochte und die zu befangen war, um zu merken, daß sie sich mit einer Partei im Streite identifizierte, auf deren Seite das Recht nicht lag, die sich aber Kraft ihrer Stellung im Staatsorganismus infallibel dünkte.

Ferber ging in seinem Vortrag auf die einzelnen Streitpunkte nicht ein. „Es dürfte Exner betreffs der Solidität um so mehr Glauben beizumessen sein, da die Oberbaukommission seiner Meinung längst beigetreten und deswegen das gebrochene Dach bei etwaiger Beibehaltung der Schmidtschen Pfeiler vorgeschlagen. Der Vorwurf der geringeren Sitze bliebe übrig. Er ist an sich nicht dergestalt erheblich, daß man das ganze Gebäude um deswillen verstellen sollte, dennoch vom Rat, welcher aus dem Verkauf viel Geld schlagen will, besonders urgiert.“ Bleiben Schmidts Pfeiler, so falle das Innere weit unansehnlicher aus, und werde auch das Äußere durch das dann nötige gebrochene Dach verunstaltet, aber mehr Stühle würden gewonnen. Das Geheime Konsil sei dem Wunsch des Rates, wenigstens diese Lösung ausführen zu dürfen, beigetreten und habe vorgeschlagen, gemäß der Bitte des Rates, Exner und die Hofgewerken zurückzuziehen und die Bauleitung Schmidt unter Zuziehung Eigenwilligs zu übertragen. Zur Entschließung des Kurfürsten schlug nun Ferber vor, der Rat solle seines ungebührlichen Benehmens, besonders der Verzögerung des Berichtes wegen ernst verwiesen werden. Erlaubnis, die Schmidtsche Haupteinrichtung und Turmpfeiler, soweit solche nicht im Detail einer Verbesserung fähig, solle erteilt werden, jedoch mit der ausdrücklichen Bedingung, ein hölzernes Dach aufzusetzen und den Turm als das übrige Äußere nach Exners Rissen auszuführen. Zur Vermeidung aller, obwohl ungegründeter Klage seien der Oberlandbaumeister und die Hofgewerken zu dispensieren, dahingegen auch der Ratsbaumeister Schmidt von aller Teilnehmung am Bau, es sei als Bau- oder Zimmermeister, völlig und bei sonst vom Rat zu erwartendem ernsten Einsehen ausgeschlossen sein. Hingegen sei das Werk allein dem Kondukteur Eigenwillig mit Zuziehung eines anderen Zimmermeisters anzuvertrauen. Damit Exner sich nicht unverschuldeter Weise zurückgesetzt sehe, sollen ihm 300 Taler als außerordentliche Zulage ohne Konsequenz für seine Nachfolger gereicht werden.

Der Kurfürst resolvierte demgemäß von seinem Sommerschloß Pillnitz aus eigenhändig. Nur solle der Oberlandbaumeister von Zeit zu Zeit nachsehen, was beim Bau geschehe und ob selber vorschriftsgemäß geführt werde.

Friedrich August III. wird geschildert[1] als „gewissenhaft, streng rechtlich, sparsam, dabei eifer­süchtig

auf seine fürstliche Würde, so daß er weder seiner ehrgeizigen Mutter Maria Antonia, noch


  1. Kämmel, Deutsche Geschichte, Dresden 1889, S. 942.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/106&oldid=- (Version vom 17.4.2024)