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Gewandert ist er kaum. Er hätte dies angemerkt, als er sich mit seinem Bildungsgang ver­teidigte. Zur Erwerbung des Meisterrechtes waren zwar Wanderjahre vorgeschrieben, doch konnte Dispensation vor allem an Meistersöhne erteilt werden. Die Zimmerordnung von 1752 sucht Dispensationen möglichst einzuschränken, ein Zeichen, daß solche häufig waren.

Beim Bau der Frauenkirche (1726–40) hat er „vom Anfang bis zum Ende die aller­meisten Zeichnungen und Modelle gefertigt und ausführen helfen“. Auf den sauber gezeichneten und wirkungsvoll abschattierten Blättern der Kupferstichpublikation über die Frauenkirche vom Jahre 1736 ist ausdrücklich neben dem Stecher, J. G. Schmidt als der Zeichner vermerkt. Er ist jedenfalls einer der beiden Kondukteure, die der Meister nach Schmidts eigener Angabe reichlich hat bezahlen müssen (Sponsel, Frk.).

In Schmidt, dem Gehilfen Bährs, fand auch Landbaumeister Schatz bei seiner statischen Unter­suchung der Frauenkuppel im August 1738 den berufenen Führer, der ihm die Intentionen Bährs am besten vermitteln konnte. Schatz hebt ausdrücklich hervor, daß Schmidt alle Risse mundieret, d. h. aufs Reine gezeichnet habe (Sponsel, Frk). Unter Bähr war er u. a. auch an der Neustädter Dreikönigs­kirche (1732–39) mit tätig.

Nach Bährs Tode 1738 führte er für dessen zweite Frau und ihre sechs unmündigen Kinder die Klage gegen den Rat um das Architektenhonorar des Verstorbenen. Bald darauf heiratete er, ein angehender Dreißiger, die noch junge Witwe seines Meisters. Damit fiel ihm Bährs Haus in der Seestraße, Ecke an der Mauer, zu, dessen Nachlaß an Studienmaterial, sowie die Privatkundschaft. Gleichzeitig wird er sein Meisterrecht erworben haben. Die Verheiratung mit einer Meisterswitwe erleichterte dies.

Über Schmidts selbständige Tätigkeit kurz nach Bährs Tode sind wir wenig unterrichtet. Jedenfalls wird er als Nachfolger Bährs den Bau der Neustädter und der Frauenkirche bis zum Ende geleitet haben. Nach Steche[1] hat er auf Befehl des Königs 1740 die steinerne Laterne der Frauen­kirche mit dem hölzernen Dache nach eigener Zeichnung ausgeführt. Das würde mit den Angaben der verschiedenen, freilich sehr unzuverlässigen Künstlerlexika übereinstimmen, die Schmidt den Frauenturm zuschreiben. Nach Sponsel (Frk.) bestimmte der König zunächst einen Entwurf von Fehre, der ganz in Stein gedacht war, zur Ausführung, für die auch Knöffel einen Riß vorgelegt hatte. Der Rat schrieb dann, daß er die Laterne mit hölzernem Dachhelm unter Kommunikation mit dem Ober­landbaumeister Knöffel auszuführen gesonnen sei. Wer diesen Riß gefertigt, wird nicht gesagt. Die Tradition macht es wahrscheinlich, daß ein Plan Schmidts inzwischen die Billigung des Rates gefunden hat. Obwohl Schmidt damals nicht Ratsbaumeister war, dürfte er doch die Bauleitung gehabt haben.

Der große Stadtbrand von Großenhain am 8. Juni 1744 gab unserm Baumeister erstmalig Gelegenheit zu eigener Kirchenplanung. Die mitzerstörte gotische Pfarrkirche war kurz vorher in den dreißiger Jahren im Innern vollständig erneuert worden, vermutlich nach Plänen Bährs. Die Be­auftragung Schmidts legt das nahe und beweist, daß sich dieser eines ziemlichen Ansehens erfreute. Schmidt hat den Bau der Kirche „nicht nur gezeichnet, sondern auch ausgeführt“. „Ein gleiches (Planung und Ausführung) ist bei hiesiger Annenkirche und bei vielen anderen privaten Gebäuden bis anhero (1767) geschehen, so daß es mir weder an Theorie noch Praxis fehlt.“ Nur bei drei Privathäusern ist uns seine Urheberschaft überliefert. Fünf weitere von den noch erhaltenen bedeutenderen Wohngebäuden der Zeit können wir ihm auf Grund stilistischer Übereinstimmung sicher zuschreiben. Da Schmidt nach eigener Angabe eine ausgedehnte Bautätigkeit entfaltet hat, sind uns viele seiner Bauten nicht bekannt.

Als Zimmermeister finden wir ihn an der katholischen Hofkirche, der bedeutendsten Bau­ausführung seiner Zeit. Im Jahre 1762 war er an zwei Bauten Lockes als solcher tätig.[2] Daß es ihm als entwerfenden Architekten oder als Gewerken an Arbeit gefehlt habe, ist nicht anzunehmen.

Bis 1760 wuchs die Dresdner Bevölkerung und die Häuserzahl stetig und nach dem Kriege gab es erst


  1. Die Bauten von Dresden. 1878. Baugeschichtlicher Teil. S. 102.
  2. Hauptstaatsarchiv loc. 2256, Bausachen zu Dresden betreffend.
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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/22&oldid=- (Version vom 26.4.2024)