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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

So ging es zu im Hause drunten, und das sämmtliche Gesinde glich bald einer Rudel Katzen, wenn sie am wüstesten thun. Von beten wußte man nichts mehr, hatte darum weder vor Gottes Willen, noch vor seinen Gaben Respekt. Wie die Hoffart der Meisterweiber keine Grenzen mehr kannte, so hatte der thierische Uebermuth des Gesindes keine Schranken mehr. Man schändete ungescheut das Brod, trieb das Habermuß über den Tisch weg mit den Löffeln sich an die Köpfe, ja, verunreinigte viehisch die Speise, um boshaft den Andern die Lust am Essen zu vertreiben. Sie neckten die Nachbarn, quälten das Vieh, höhnten jeden Gottesdienst, läugneten alle höhere Gewalt und plagten auf alle Weise den Priester, der strafend zu ihnen geredet hatte; kurz sie hatten keine Furcht mehr vor Gott und Menschen und thaten alle Tage wüster. Das wüsteste Leben führten Knechte und Mägde, und doch plagten sie einander wie nur möglich, und als die Knechte nicht mehr wußten, wie sie auf neue Art die Mägde quälen konnten, da fiel es einem ein, mit der Spinne im Loche die Mägde zu schrecken oder zahm zu machen. Er schmiß Löffel voll Habermuß oder Milch an den Zapfen, und schrie, die drinnen werde wohl hungerig sein, weil sie so viele hundert Jahre nichts gehabt.

Da schrien die Mägde gräßlich auf und versprachen alles was sie konnten, und selbst den andern Knechten graute es. Da das Spiel sich ungestraft wiederholte, so wirkte es nicht mehr, die Mägde schrien nicht mehr, versprachen nichts mehr, und die andern Knechte begannen es auch zu treiben. Nun fing der an mit dem Messer gegen das Loch zu fahren, mit den gräßlichsten Flüchen sich zu vermessen, er mache den

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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/100&oldid=- (Version vom 31.7.2018)