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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

Als ob die Flamme aus ihrem Dache schlüge eilten sie heim, aber Hülfe brachten sie keine; hier wie dort streckte der Tod das Vieh; Wehgeschrei von Menschen und Thieren erfüllten Berge und Thäler, und die Sonne, welche das Thal so fröhlich verlassen, sah in entsetzlichem Jammer hinein. Als die Sonne schien, sahen endlich die Menschen, wie es in den Ställen, in denen das Vieh gefallen war, wimmle von zahllosen schwarzen Spinnen. Diese krochen über das Vieh, das Futter, und was sie berührten, war vergiftet, und was lebendig war, begann zu toben, ward bald vom Tode gestreckt. Von diesen Spinnen konnte man keinen Stall, in dem sie waren, säubern, es war als wüchsen sie aus dem Boden herauf; konnte keinen Stall, in dem sie noch nicht waren, vor ihnen behüten, unversehens krochen sie aus allen Wänden, fielen Haufenweise von der Diele. Man trieb das Vieh auf die Weiden, man trieb es nur dem Tode in den Rachen. Denn wie eine Kuh auf eine Weide den Fuß setzte, so begann es lebendig zu werden am Boden, schwarze lange Spinnen sproßten auf, schreckliche Alpenblumen, krochen auf am Vieh, und ein fürchterlich wehlich Geschrei erschallt von den Bergen nieder zu Thale. Und alle diese Spinnen sahen der Spinne auf Christinens Gesicht ähnlich wie Kinder der Mutter, und solche hatte man noch keine gesehen.

Das Geschrei der armen Thiere war auch zum Schlosse gedrungen, und bald kamen ihm auch Hirten nach, verkündend, daß ihr Vieh gefallen von den giftigen Thieren, und in immer höherm Zorne vernahm der von Stoffeln, wie Herde um Herde verloren gegangen, vernahm, welchen Pacht man mit dem Grünen gehabt, wie man ihn zum zweitenmale betrogen

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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/64&oldid=- (Version vom 31.7.2018)