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die Antichrist-Tradition)[1], und Namenerklärungen, wie Hieronymus sie liebt, in demselben vorkommen, so finden sich entschiedene Anklänge an spätere Kommentare (Ansbertus, Haymo) in demselben[2]. Die Frage, ob Hieronymus einen Kommentar zur Apk geschrieben hat, wird also noch in dubio bleiben müssen.

Sehr interessant ist des Hieronymus prinzipielle Auslegung über die Methode der Auslegung der Apk in Isaiam Lib. XVIII Prooem. (Vallarsi IV 767f.): quam si juxta litteram accipimus, judaizandum est, si spiritualiter, ut scripta est, disserimus, multorum veterum videbimur opinionibus contraire Latinorum Tertulliani, Victorini, Lactantii, Graecorum ut ceteros praetermittam Irenaei tantum Lugdun. episcopi faciam mentionem, adversus quem vir eloquentissimus Dionysius Alexandrinae ecclesiae pontifex elegantem scribit librum irridens mille annorum fabulam et auream atque gemmatam in terris Jerusalem ... cui duobus voluminibus respondit Apollinaris, quem non solum suae sectae homines, sed et nostrorum in hac parte dumtaxat plurima sequitur multitudo, ut praesaga mente jam cernam, quantorum in me rabies concitanda sit[3]. — Hieronymus steht deutlich in der Übergangsperiode von einer in der lateinischen Kirche allgemein herrschenden realistischen Auslegungsmethode zu einer spiritualistischen. — H. selbst schwankt in der Auslegung sehr stark zwischen den beiden Methoden, er gab mit doch nur schwachen Änderungen den realistischen Kommentar des Victorin heraus. In dem hier in Betracht kommenden Danielkommentar ist er beeinflußt durch die echt historische Betrachtungsweise des Porphyrius, den er bekämpft. Daneben zeigt er ziemlich genaue Bekanntschaft mit der Tradition vom Antichrist[4]. Er (wie Augustin) kennt noch die Nerodeutung, aber er lehnt sie ab: (in Dan 11,30 Vallarsi V 715) unde multi nostrorum putant ob saevitiae et turpitudinis magnitudinem Domitium Neronem Antichristum fore. In der Auffassung der beiden Zeugen schwankt er zwischen der Elias-Henoch-Deutung und der andern, daß dieselben die beiden Testamente seien: in Sacharjam 4,11f. VI 814, in Am 9,2ff. VI 347, [in Mal 3,5f. VI 985]. Eine spiritualisierende Auslegung von Apk XI gibt er ep. 46,6 I 203; sein Wort (ep. 53,8 I 280): apocalypsis tot habet sacramenta quot verba, drückt seine Stimmung


  1. So wird vom Tier zu Apk 13,18 gesagt: quia fingebat se legem observare per septem dies.
  2. So in der Auslegung der sieben Posaunen; - die singuläre Deutung des Schwanzes des Drachen auf den Antichrist finde ich bei Haymo.
  3. Im Kommentar des Joachim von Floris (s. u.) finde ich unter des Hieronymus Namen (fol. 146b) folgende Ausführung: licet autem non contradixerit H. ei, qui se interrogavit, utrum Henoch et Elias secundum apocalypsim Joannis essent morituri, in spiritu tamen esse intelligendum, potius quam ad litteram asseruit dicens: de Enoch et Helya, quos venturos apocalypsis refert et esse morituros, non est huius temporis disputatio, cum omnis ille liber aut spiritualiter intelligendus sit, aut si carnalem interpretationem sequemur, judaicis fabulis acquiescendum sit. - Woher stammt dieser Satz? Ein echtes Wort des H. scheint es zu sein.
  4. S. Bousset Antichrist im Register unter Hieronymus, vgl. noch Vallarsi V,468 in Ezech 40,5 (der Antichrist ein König der Juden).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 062. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S062.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)