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an die Stelle todter Bildsäulen und verbleichender Gemälde getreten ist – die Bühne! – Wenn ich aber in den Tempel trete, muß ich seine Götter ehren, ich muß ihnen Weihrauch streuen, und, ich frage Sie, für wen dampft jetzt noch Weihrauch empor? – Etwa für einen Phidias, einen Raphael? – Nein, für Künstlerinnen der Bühne!

Graf. Wenn Du Dich nur beruhigen wolltest –

August. Ich kann mich nicht beruhigen! Dieses Wort: „Coulissen-Heldin“ empört mein innerstes Wesen. Ich wollt’ es Ihnen wohl vergeben, aus kindlicher Liebe; aber daß Sophie es lesen mußte, daß ihr unglücklicherweise ein Brief in die Hände gefallen ist, in welchem Sie diesen Ausdruck gebraucht haben – das kann ich nie vergessen.

Graf. Ein Brief von mir? – Das thut mir leid! Damit hab’ ich die Mademoiselle wohl sehr beleidigt?

August. Sie können ja Ihr Unrecht wieder gut machen mit einem einzigen Wort. Nennen Sie Sophie Ihre Schwiegertochter!

Graf. Das geht nun einmal nicht!

August. Warum denn nicht?

Graf. Fragtest Du mich tausend Mal, so hätt’ ich nur eine Antwort darauf: Weil Du der Graf von Klockenberg bist.

August. Wie nun, wenn ich der Graf Rossi wäre?

Graf. Wer ist der Graf Rossi?

August. Vater! – Bekümmern Sie sich nicht um die Kunstgeschichte? – Lesen Sie keine Zeitungen? – Der Graf Rossi ist der Hochbeglückte, der die unsterbliche Sontag geheirathet hat.

Graf. Ja so – dem willst Du nun nachahmen, und die Unsterbliche – wie heißt sie?

August. Sternfeldt!

Graf. Sternfeldt – heirathen?

August. Ja, mein Vater!

Graf. Den Gedanken schlage Dir aus dem Sinn, so lange Du noch einen sterblichen Vater hast! Ueberhaupt, mein Sohn, eine Liebe wie die Deinige, so wie Du sie jetzt vor mir darlegst, verfliegt wie Champagner-Rausch. Ich habe das empfunden! Ich habe auch einmal geliebt, ehe ich Deine Mutter heirathete. Es war, als ich in Prag studirte. Ich erinnere mich sehr wohl der Zeit –

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Clementine Schrader: Der Hohlweg. Lustspiel in einem Akt. Vereins-Buchhandlung, Berlin 1843, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Clementine_Schrader_-_Der_Hohlweg_(1843).pdf/6&oldid=- (Version vom 28.5.2023)