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nicht; denn es findet sich auf jeder Seite des Gesichts unterhalb der Augen ein im Ganzen steifes, indessen biegsames knorpeliges oblonges Kissen (Fig. 67), welches zwei oder drei Zoll nach aussen vorspringt; und als wir das lebende Thier beobachteten, schien es Mr. Bartlett und mir selbst, als würden diese Kissen, wenn sie von einem Feinde mit seinen Stosszähnen von unten getroffen würden, nach aufwärts gewendet werden, wodurch sie in einer wunderbaren Weise die etwas vorspringenden Augen beschützten. Wie ich noch nach der Autorität des Mr. Bartlett hinzufügen will, stehen sich diese Eber, wenn sie mit einander kämpfen, direct Gesicht zu Gesicht gegenüber.

Endlich besitzt das africanische Flussschwein (Potamochoerus penicillatus) einen harten knorpeligen Höcker an jeder Seite des Gesichtes unterhalb der Augen, welcher dem biegsamen Kissen des Warzenschweins entspricht. Auch hat es zwei knöcherne Vorsprünge am Oberkiefer oberhalb der Nasenlöcher. Ein Eber dieser Art brach kürzlich im zoologischen Garten in den Käfig eines Warzenschweins ein. Sie kämpften die ganze Nacht durch und wurden am Morgen sehr erschöpft, aber nicht bedenklich verwundet, gefunden. Es ist eine bezeichnende Thatsache, da es auf die Bedeutung der eben beschriebenen Vorsprünge und Auswüchse hinweist, dass dieselben mit Blut bedeckt und in einer ausserordentlichen Weise zerschrammt und abgerieben waren.

Obgleich die Männchen so vieler Thiere aus der Familie der Schweine mit Waffen und, wie wir eben gesehen haben, mit Vertheidigungsmitteln versehen sind, so scheinen doch diese Waffen in einer im Ganzen spätern geologischen Periode erlangt worden zu sein. Dr. Forsyth Major führt[1] mehrere miocene Species an; bei keiner derselben scheinen die Stosszähne bei den Männchen bedeutend entwickelt gewesen zu sein. Auch Prof. Rütimeyer war früher über diese Thatsache überrascht.

Die Mähne des Löwen bietet ein gutes Vertheidigungsmittel gegen die einzige Gefahr dar, welcher er ausgesetzt ist, nämlich gegen den Angriff von rivalisirenden Löwen. Denn, wie mir Sir A. Smith mittheilt, gehen die Männchen die fürchterlichsten Kämpfe ein und ein junger Löwe wagt sich einem alten nicht zu nähern. Im Jahre 1857 brach ein Tiger in Bromwich in den Käfig eines Löwen ein und nun folgte eine fürchterliche Scene: „Die Mähne des Löwen wahrte seinen Hals und Kopf vor bedeutenden Verletzungen, dem Tiger gelang es


  1. Atti della Soc. Italiana di Sc. Nat. 1873, Vol. XV. Fase. IV.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/262&oldid=- (Version vom 31.7.2018)