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als das Männchen. Bei vielen Säugethieren und was die Vögel betrifft, wenigstens bei einem, ist das, Männchen stärker riechend als das Weibchen. In beiden Classen ist die Stimme des Männchens kräftiger als die des Weibchens. Betrachtet man diesen Parallelismus, so lässt sich nur wenig daran zweifeln, dass hier eine und die nämliche Ursache, welche dieselbe auch gewesen sein mag, auf die Vögel und Säugethiere gewirkt hat, und soweit ornamentale Charactere in Betracht kommen, kann das Resultat, wie mir es scheint, getrost der lange fortgesetzten Bevorzugung von Individuen des einen Geschlechtes durch gewisse Individuen des anderen Geschlechtes zugeschrieben werden, in Verbindung mit ihrem Erfolge, eine grössere Anzahl von Nachkommen zu hinterlassen, welche ihre höheren Anziehungsreize erbten.

Gleichmässige Ueberlieferung ornamentaler Charactere auf beide Geschlechter. – Bei vielen Vögeln sind Ornamente, von welchen uns die Analogie veranlasst anzunehmen, dass sie ursprünglich von den Männchen erlangt wurden, gleichmässig oder beinahe gleichmässig auf beide Geschlechter überliefert worden, und wir wollen nun untersuchen, inwieweit diese Ansicht auf Säugethiere ausgedehnt werden kann. Bei einer beträchtlichen Anzahl von Species, besonders von kleineren Arten, sind beide Geschlechter unabhängig von geschlechtlicher Zuchtwahl zum Zwecke eines Schutzes gefärbt worden; soweit ich es aber beurtheilen kann, weder in so vielen Fällen, noch in nahezu so auffallender Art und Weise wie in den meisten niederen Classen. Audubon bemerkt, dass er die Bisamratte,[1] während sie an den Ufern eines schlammigen Stromes sass, häufig für einen Erdkloss gehalten habe, so vollständig wäre die Aehnlichkeit. Der Hase ist ein sehr bekanntes Beispiel von Geschütztsein durch Farbe, und doch schlägt dieses Princip in einer nahe verwandten Species fehl, nämlich beim Kaninchen; denn sobald dieses Thier nach seinem Baue läuft, wird es dem Jäger und ohne Zweifel allen Raubthieren durch seinen nach oben gewendeten reinweissen Schwanz auffallend. Niemand hat jemals bezweifelt, dass die Säugethiere, welche mit Schnee bedeckte Gegenden bewohnen, weiss geworden sind, um sich gegen ihre Feinde zu schützen oder um das Beschleichen ihrer Beute zu begünstigen. In Gegenden,


  1. Fiber zibethicus, Audubon und Bachman, The Quadrupeds of North America. 1846, p. 109.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/290&oldid=- (Version vom 31.7.2018)