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die Erwachsenen, so verhält es sich auch mit den Kindern der verschiedenen Rassen des Menschen. Einige Forscher haben sogar behauptet, dass Rassenverschiedenheiten am kindlichen Schädel nicht nachgewiesen werden können.[1] Was die Farbe betrifft, so ist das neugeborene Negerkind röthlich nussbraun, was bald in schiefergrau übergeht; die schwarze Farbe entwickelt sich im Sudan innerhalb des ersten Jahres vollständig, aber in Aegypten nicht vor drei Jahren. Die Augen des Negers sind zuerst blau und das Haar ist mehr kastanienbraun als schwarz und nur an den Enden gekräuselt. Die Kinder der Australier sind unmittelbar nach der Geburt gelblich braun und werden in einem späteren Alter dunkel. Die Kinder der Guaranys von Paraguay sind weisslich gelb, erlangen aber im Laufe weniger Wochen die gelblich braune Färbung ihrer Eltern. Aehnliche Beobachtungen sind in mehreren andern Theilen von America gemacht worden.[2]

Ich habe die vorstehenden Verschiedenheiten zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlechte beim Menschen speciell angeführt, weil sie in einer merkwürdigen Weise dieselben sind wie bei den Quadrumanen. Bei diesen Thieren ist das Weibchen in einem früheren Alter geschlechtsreif als das Männchen, wenigstens ist dies der Fall beim Cebus azarae.[3] Bei den meisten der Species sind die Männchen grösser und stärker als die Weibchen, für welche Thatsache der Gorilla ein wohlbekanntes Beispiel darbietet. Selbst in einem so unbedeutenden Merkmale, wie dem grösseren Vorspringen der Augenbrauenleiste, weichen die Männchen gewisser Affen von den Weibchen ab[4] und stimmen in dieser Hinsicht mit dem Menschen überein. Beim Gorilla und gewissen anderen Affen bietet der Schädel des erwachsenen Männchens einen scharf ausgesprochenen Sagittalkamm dar, welcher


  1. Schaaffhausen, Anthropological Review, a. a. O. p. 429.
  2. Pruner-Bey, über Negerkinder, angeführt von C. Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 238. Wegen weiterer Thatsachen über Negerkinder, nach Winterbottom’s und Camper’s Angaben s. Lawrence, Lectures on Physiology, 1822, p. 451. In Bezug auf die Kinder der Guaranys s. Rengger, Säugethiere von Paraguay, S. 3. s. auch Godron, De l’Espèce, Tom. II. 1859, p. 253. Wegen der Australier s. Waitz, Introduction to Anthropology. 1863, p. 99.
  3. Rengger, Säugethiere etc. 1830, S. 49.
  4. Wie bei Macacus cynomolgus (Desmarest, Mammalogie, p. 65) und bei Hylobates agilis (Geoffroy St. Hilaire und F. Cuvier, Hist. natur. des Mammifères. 1824. Tom. I, p. 2).
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/311&oldid=- (Version vom 31.7.2018)