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sorgfältig bei verschiedenen Rassen in Beziehung auf die Körpergrösse, den Umfang des Halses und der Brust, die Länge des Rückgrates und der Arme angestellt, und alle zeigten beinahe, dass die Männer viel mehr von einander verschieden waren als die Frauen. Diese Thatsache zeigt, dass, soweit diese Merkmale in Betracht kommen, es der Mann ist, welcher hauptsächlich seit der Zeit modificirt wurde, in welcher die Rassen von ihrer gemeinsamen und ursprünglichen Stammform divergirten.

Die Entwickelung des Bartes und das Behaartsein des Körpers sind bei Menschen merkwürdig verschieden, welche zu verschiedenen Rassen und selbst zu verschiedenen Stämmen oder Familien in einer und derselben Rasse gehören. Wir Europäer sehen das schon unter uns. Auf der Insel von St. Kilda erhalten nach der Angabe von Martin[1] die Männer nicht eher Bärte, welche selbst dann noch sehr dünn sind, als bis sie in das Alter von dreissig oder noch mehr Jahren gelangen. Auf dem europäisch-asiatischen Continente kommen Bärte vor, bis wir jenseits Indien kommen, obschon sie bei den Eingeborenen von Ceylon, wie in alten Zeiten von Diodorus angeführt wird,[2] häufig fehlen. Oestlich von Indien verschwinden die Bärte, so bei den Siamesen, Malayen, Kalmucken, Chinesen und Japanesen. Nichtsdestoweniger sind die Ainos,[3] welche die nördlichsten Inseln des japanesischen Archipels bewohnen, die behaartesten Menschen der Welt. Bei Negern ist der Kinnbart dürftig oder fehlt ganz, auch haben sie keine Backenbärte; in beiden Geschlechtern fehlt häufig das feine Wollhaar am Körper fast ganz.[4] Auf der anderen Seite besitzen die Papuas des malayischen Archipels, welche nahezu so schwarz sind wie die Neger, wohlentwickelte Bärte.[5] Im stillen Ocean haben die Einwohner des Fiji-Archipels grosse buschige Bärte, während diejenigen der nicht weit davon entfernten Archipele von Tonga und


  1. Voyage to St. Kilda (3. edit.). 1753, p. 37.
  2. Sir J. E. Tennent, Ceylon; Vol. II. 1859, p. 107.
  3. Quatrefages, Revue des Cours scientifiques. Aug. 29. 1868, p. 630. Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 159.
  4. Ueber die Bärte der Neger s. Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 159. Waitz, Anthropologie der Naturvölker, Bd. 1, S. 110. Es ist merkwürdig, dass in den Vereinigten Staaten (Investigations in Military and Anthropological Statistics of American Soldiers. 1869, p. 569) die reinen Neger und ihre gekreuzten Nachkommen beinahe so behaarte Körper zu haben scheinen wie die Europäer.
  5. Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II. 1869, p. 178.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/314&oldid=- (Version vom 31.7.2018)