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dass ihre runden Köpfe und Gesichter ihre hauptsächlichsten charakteristischen Merkmale seien, und fügt dann hinzu: „Die Rundung des ganzen Gesichts ist bei den Frauen noch auffallender, welche in dem Verhältnisse für schön erklärt werden, als sie diese Form des Gesichts darbieten“. Die Siamesen haben kleine Nasen, mit auseinanderstehenden Nasenlöchern, einen grossen Mund, etwas dicke Lippen, ein merkwürdig grosses Gesicht mit sehr hohen und breiten Wangenknochen. Es ist daher nicht zu verwundern, dass Schönheit unserem Begriffe nach für sie fremd ist. Und doch betrachten sie ihre eigenen Frauen als viel schöner als die von Europa“.[1]

Es ist wohlbekannt, dass bei vielen Hottentottenfrauen der hintere Theil des Körpers in einer wunderbaren Weise vorspringt; sie sind steatopyg; und Sir Andrew Smith erklärt es für sicher, dass diese Eigenthümlichkeit von den Männern sehr bewundert wird.[2] Er sah einmal eine Frau, welche für eine Schönheit gehalten wurde; dieselbe war hinten so ungeheuer entwickelt, dass, als sie sich auf ebenem Boden niedergesetzt hatte, sie nicht aufstehen konnte, sondern sich soweit fortziehen musste, bis sie an einen Abhang kam. Manche von den Frauen in verschiedenen Negerstämmen sind ähnlich characterisirt; der Angabe von Burton zufolge sollen die Somali-Männer „ihre Frauen auf die Weise wählen, dass sie alle in eine Reihe stellen und diejenige auswählen, welche am meisten a tergo vorspringt. Nichts kann für einen Neger hassenswürdiger sein, als die entgegengesetzte Form“.[3]

In Bezug auf die Farbe verhöhnten die Neger Mungo Park wegen der weissen Farbe seiner Haut und des Vorspringens seiner Nase, welche sie beides für „hässliche und unnatürliche Bildungen betrachteten“. Er rühmte in Erwiederung das glänzende Schwarz ihrer Haut und die liebliche Depression ihrer Nasen. Dies hielten sie für „Schmeichelei“, gaben ihm aber nichtsdestoweniger etwas zu essen. Auch die africanischen Mohren „zogen ihre Augenbrauen zusammen


  1. Prichard, nach den Angaben von Crawfurd und Finlayson, in: Phys. Hist. of Mankind, Vol. IV, p. 534, 535.
  2. „Idem illustrissimus viator dixit mihi praecinctorium vel tabulam foeminae, quod nobis teterrimum est, quondam permagno aestimari ab hominibus in hac gente. Nunc res mutata est, et censent talem conformationem minime optandam esse“.
  3. The Anthropological Review, November 1864, p. 237. Wegen weiterer Verweisungen s. Waitz, Introduction to Anthropology. 1863. Vol. I, p. 105.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/339&oldid=- (Version vom 31.7.2018)