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Es ist merkwürdig, dass über die ganze Welt die Rassen, welche fast vollständig eines Bartes entbehren, Haare im Gesichte und am Körper nicht leiden können und Sorgfalt darauf verwenden, sie auszuziehen. Die Kalmucken sind bartlos, und man weiss, dass sie, wie die Americaner, alle zerstreut stehenden Haare ausreissen, und dasselbe gilt für die Polynesier, einige Malayen und die Siamesen. Mr. Veitch führt an, dass die japanesischen Damen „sich sämmtlich an unsere Backenbärte stiessen, sie für sehr hässlich erklärten und mir riethen, sie abzuschneiden und wie japanesische Männer auszusehen“. Die Neuseeländer haben kurze, gekräuselte Bärte; doch rissen sie früher die Haare im Gesichte aus. Sie hatten ein Sprichwort, „dass es für einen haarigen Mann keine Frau gibt“; die Mode scheint sich aber in Neu-Seeland, vielleicht in Folge der Anwesenheit von Europäern, geändert zu haben; man hat mir versichert, dass jetzt Bärte von den Maoris bewundert werden.[1]

Auf der anderen Seite bewundern bärtige Rassen ihre Bärte und schätzen sie sehr. Unter den Angelsachsen hatte jeder Theil des Körpers ihren Gesetzen zufolge einen anerkannten Werth. „Der Verlust des Bartes wurde auf zwanzig Schilling geschätzt, während das Brechen des Oberschenkels nur zu zwölf festgesetzt war“.[2] Im Oriente schwören die Männer feierlich bei ihren Bärten. Wir haben gesehen, dass Chinsurdi, der Häuptling der Makalolo in Africa, offenbar der Ansicht war, dass Bärte eine grosse Zierde seien. Bei den Fiji-Insulanern im stillen Ocean ist der Bart „üppig und buschig und ist der grösste Stolz der Männer“, während die Eingeborenen der benachbarten Archipele von Tonga und Samoa „bartlos sind und ein rauhes Kinn verabscheuen“. Nur auf einer einzigen Insel der Ellice-Gruppe sind „die Männer stark bebartet und nicht wenig stolz darauf“.[3]


  1. Ueber die Siamesen s. Prichard a. a. O. Vol. IV, p. 533. Ueber die Japanesen: Veitch, in: Gardener’s Chronicle 1860, p. 1104. In Bezug auf die Neuseeländer s. Mantegazza, Viaggi e Studi, 1867, p. 526. Wegen der andern oben erwähnten Nationen s. Verweisungen in: Lawrence, Lectures on Physiology, 1822, p. 272.
  2. Sir J. Lubbock, Origin of Civilization. 1870, p. 321.
  3. Dr. Barnard Davis citirt Prichard und Andere wegen dieser Thatsachen von den Polynesiern in: Anthropological Review, April 1870, p. 185, 191.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/342&oldid=- (Version vom 31.7.2018)