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der Paarungszeit gemacht wird, so ist es als ein Liebesgesang angesehen worden; es ist aber strenger genommen vielleicht nur ein Lockruf. Wenn das Weibchen von seinem Neste getrieben wird, so hat man beobachtet, dass es sein Männchen in dieser Weise ruft, welches dann in derselben Weise antwortet und bald an Ort und Stelle erscheint. Endlich verbindet auch der männliche Wiedehopf (Upupa epops) Vocal- mit Instrumentalmusik. Denn während der Paarungszeit zieht er, wie Mr. Swinhoe gesehen hat, zuerst Luft ein und schlägt dann die Spitze seines Schnabels senkrecht gegen einen Stein oder den Stamm eines Baumes, „worauf dann die durch den röhrenförmigen Schnabel abwärts gestossene Luft den richtigen Laut hervorbringt“. Wenn der Schnabel nicht in der eben geschilderten Weise aufgestossen wird, ist der Laut völlig verschieden. Gleichzeitig wird Luft verschluckt und die Speiseröhre schwillt stark auf; dies dient zur Resonanz und wahrscheinlich nicht blos beim Wiedehopf, sondern auch bei Tauben und andern Vögeln.[1]

In den vorstehend angeführten Fällen werden Laute hervorgebracht mit Hülfe von bereits vorhandenen und anderweit nothwendigen Gebilden, aber in den folgenden Fällen sind gewisse Federn speciell zu dem ausdrücklichen Zwecke modificirt worden, die Töne hervorzubringen. Das meckernde, schnurrende oder summende Geräusch, wie es die verschiedenen Beobachter bezeichnen, welches die Bekassine (Scolopax gallinago) hervorbringt, muss einen Jeden, der es nur einmal gehört hat, überrascht haben. Dieser Vogel fliegt zur Zeit der Paarung „vielleicht tausend Fuss in die Höhe,“ treibt sich in solcher Höhe flatternd im Kreise herum und schiesst aus dieser mit ganz ausgebreitetem Schwanze und zitternden Flügeln in einem Bogen mit überraschender Schnelligkeit zur Erde herab. Der Laut wird nur



  1. Wegen der verschiedenen oben angeführten Thatsachen s. über Paradiesvögel: Brehm, Thierleben, Bd. 3, S. 325; über Waldhühner; Richardson, Fauna Bor. Americana: Birds. p. 343 und 359; Major W. Ross King, The Sportsman in Canada, 1866, p. 156; Mr. Haymond, in Prof. Cox’s Geol. Survey of Indiana, p. 227. Audubon, American Ornitholog. Biograph. Vol. I, p. 216; über den Kalij-Fasanen: Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 533; über die Webervögel: Livingstone, Expedition to the Zambesi. 1865, p. 425; über Spechte: Macgillivray, Hist. of British Birds. Vol. III. 1840, p. 84, 88, 89 und 95; über den Wiedehopf: Swinhoe in: Proceed. Zoolog. Soc. 23. Juni 1863, p. 264, und 1871, p. 348; über die Ziegenmelker: Audubon, a. a. O. Vol. II, p. 255 und American Naturalist, 1873, p. 672. Der englische Ziegenmelker macht gleichfalls im Frühlinge ein merkwürdiges Geräusch während seines rapiden Flugs.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/71&oldid=- (Version vom 31.7.2018)